Außerordentlicher Landesparteitag
Innere Sicherheit und Öffentlicher Raum
Hamburg, 4. und 5. April 2003
Rede des Landesvorsitzenden Olaf Scholz
"Gute Innenpolitik für Hamburg"
Liebe Genossinnen und Genossen,
bei diesem Parteitag geht es um die Innere Sicherheit und den Öffentlichen Raum in Hamburg. Das ist ein regionales Thema, und das ist ein wichtiges Thema. Dieser Parteitag findet aber in einer schwierigen internationalen Situation statt. Deshalb will ich zunächst etwas zu einem anderen Thema sagen:
Der Krieg im Irak hat begonnen. Es ist ein Krieg, von dem die Bundesrepublik Deutschland gesagt hat, dass sie ihn für falsch hält, dass sie ihn nicht will, und dass sie ihn gerne verhindert hätte.
Liebe Genossinnen und Genossen, bevor ich etwas zu den schrecklichen Bildern sage, die wir jeden Tag im Fernsehen sehen, will ich auch etwas sagen zur Vorgeschichte dieses Krieges. Es ist wichtig, dazu etwas zu sagen. Denn es hat etwas mit der Glaubwürdigkeit und Kontinuität der Friedenspolitik zu tun, die die Bundesregierung und Bundeskanzler Schröder seit langer Zeit entwickeln. Wir haben im letzten Sommer, wir haben vor der letzten Bundestagswahl gesagt: Deutschland will sich mit seinen Soldaten an einem Krieg nicht beteiligen. Wir wollen nicht, dass es zu einem Krieg im Irak kommt.
In dieser Situation ist gesagt worden: wie kann man nur? - Wie kann man sich festlegen so lange vor einem möglichen Krieg, zu einem Zeitpunkt, zu dem noch alles zur Diskussion steht? - Ich glaube, eines muss ganz deutlich sein: In einer demokratischen Gesellschaft kann es nicht anders sein. Besonders, wenn Wahlen bevorstehen, dann müssen die Menschen wissen, was sie wählen. Und sie müssen in diesem konkreten Fall wissen, ob deutsche Soldaten in einen Krieg ziehen oder nicht. Für eine Klärung der wichtigen politischen Fragen ist die Zeit vor Wahlen der richtige Zeitpunkt. Die Bundesregierung hat auch vor den Bundestagswahlen klar Position bezogen, und es ist falsch, dass das kritisiert wurde.
Liebe Genossinnen und Genossen, der Bundeskanzler hat gesagt, er wolle diesen Krieg nicht. Und es ist von unseren politischen Gegnern gesagt worden, das sei Populismus. Was Populismus ist, liebe Genossinnen und Genossen, das wissen wir in Hamburg ziemlich genau: Populismus - das ist, wenn man mit Ressentiments auf Wählerfang geht - oder mit Stimmen, die gegen die Demokratie gerichtet sind. Populismus - das ist nicht, wenn die Mehrheit der Menschen und die Regierung einer Meinung sind. Und ich glaube, deshalb war es richtig, dass wir uns so festgelegt haben.
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Das Bürgerhaus Wilhelmsburg - traditionell Ort der SPD-Parteitage in Hamburg
Liebe Genossinnen und Genossen, wir haben viel gehört in den letzten Wochen und Monaten. Wir haben gehört, Deutschland sei in der Irak-Frage isoliert. Immer wieder hat man uns das vorgehalten. Aber tatsächlich ist Deutschland nie isoliert gewesen. Die klare eindeutige Haltung, die die Bundesrepublik Deutschland eingenommen hat, die war die Voraussetzung dafür, dass immer mehr Staaten, immer mehr Regierungschefs und immer mehr Menschen auf der Welt eine Chance gesehen haben, diesen Krieg noch aufzuhalten. Dass es am Ende eine Unterstützung für den Kurs der Bundesregierung gegeben hat, von Frankreich, von Russland und vielen anderen Ländern, dass auch die kleinen Länder im Weltsicherheitsrat gesagt haben, wir wollen hier nicht diesen Krieg legitimieren, das ist das Ergebnis der Politik der Bundesrepublik Deutschland gewesen. Darauf können wir stolz sein, wenn wir jetzt die Bilder aus dem Krieg sehen, die uns alle betroffen machen.
Liebe Genossinnen und Genossen, wir sagen: Der Krieg ist falsch. Wir haben Recht damit. Und man kann das auch begründen - und zwar nicht nur, weil wir jetzt sehen, wie viele Menschen die falsche politische Entscheidung für den Krieg mit ihrem Leben bezahlen müssen. Britische Soldaten, amerikanische Soldaten und ihre Angehörigen, Kinder, Frauen und Männer aus dem Irak, sie alle zahlen den Preis für eine falsche politische Entscheidung. Eine Sache war uns in Deutschland immer klar: dass nämlich das übergeordnete Ziel Entwaffnung des Irak - mit diesem Krieg gar nicht erfolgreich erreicht werden kann. Die Abrüstung des Iraks von Massenvernichtungswaffen war schon gelungen durch das Regime der Inspektoren bis 1998. Die Beseitigung der irakischen Massenvernichtungswaffen ist weitergegangen. Dafür haben die UN-Inspektoren seit dem letzten Jahr gesorgt, und sie haben in diesem Jahr Stück für Stück an Aufdeckungsarbeit geleistet. Am Ende war es so, dass die Langstreckenraketen des Irak zerstört wurden - Stück für Stück. Trotzdem hat der Krieg begonnen. Das macht sehr deutlich, dass es dem einen oder anderen ganz sicher um vieles gegangen ist, aber nicht um die Abrüstung. Das wäre mit Inspektoren gegangen. Der Weg, den die deutsche Regierung und andere vorgeschlagen haben, wäre der richtige gewesen.
Es ist ausdrücklich falsch, andere Ziele zu verfolgen etwa einen Regierungswechsel im Irak. Einen Krieg zu beginnen, um ein Regime zu stürzen - das könnte geradezu ein Appell an andere Staaten sein, ähnlich zu verfahren. Und es gibt, wenn wir uns die Welt ansehen, noch viele, viele gefährliche Staaten auf dieser Welt. Es gibt viele Regierungschefs, die eine unselige Vergangenheit haben. Gleichzeitig gibt es viele Diktatoren auf dieser Welt, deren Völkern man wünscht, diese Diktatoren wären lieber heute als morgen davon. Und Saddam Hussein im Irak gehört dazu. Er ist einer der Schlimmsten. Aber was würde passieren, wie veränderte sich unsere Welt, wenn wir tatsächlich anfingen, Kriege zu führen, um Regierungswechsel anderswo durchzusetzen? Das wäre ein Bruch mit den bisherigen Traditionen unseres Völkerrechts, die eben zur Voraussetzung haben, dass eine Gefahr für die Nachbarn oder den Weltfrieden droht, oder die zur Voraussetzung haben, dass ein Völkermord im Gange ist. Unser Völkerrecht auf die Idee aufgebaut, dass ein Krieg nur in einer solchen Situation zu vertreten ist und nicht, um Regierungen abzusetzen. Wir sollten dafür sorgen, dass die Vereinten Nationen wieder das Gewicht bekommen, um diese Sicht der internationalen Ordnung durchzusetzen. Deutschland wird dabei mithelfen.
Wir müssen uns darüber Gedanken machen, was wir jetzt tun können. Jetzt können wir nur mit humanitären Maßnahmen helfen. Und es ist gut, dass wir 80 Millionen Euro zur Verfügung gestellt haben, um die dringendsten humanitären Leistungen für die Menschen in und um den Irak herum zu gewährleisten. Es ist gut, dass wir mithelfen, in dem UN-Sanktionsausschuss dafür zu sorgen, dass diese internationale Hilfe koordiniert wird. Ich glaube, dass Deutschland nur im Rahmen der Vereinten Nationen helfen kann. Und deshalb werden wir auch dafür Sorge tragen, dass die Vereinten Nationen wieder eine wichtige Rolle spielen, wenn es um diese Diskussion geht.
Wir müssen auch über das irakische Öl reden. Das gehört den Menschen im Irak, dass brauchen sie für den Wiederaufbau und für den Aufbau einer ordentlichen Gesellschaft. Das darf nicht aufgeteilt werden unter irgendwelche, die das als Kriegsergebnis betrachten.
Liebe Genossinnen und Genossen, dieser Krieg bewegt die Menschen, und ich glaube, dass es wichtig ist festzustellen, dass die Mehrheit der Bevölkerung die Politik von Gerhard Schröder und der Bundesregierung in dieser Frage unterstützt. Sie unterstützt die sozialdemokratische Partei, die von vornherein gegen diesen Krieg gearbeitet hat. Und es ist etwas irritierend festzustellen, was sich die politische Opposition in dieser Frage in den letzten Tagen so geleistet hat. Wir erinnern uns noch an den Wahlkampf. Was Edmund Stoiber wirklich meint, hat er nie wirklich gesagt. Und was die CDU/CSU insgesamt wirklich meint, das hat sie in dieser Frage auch nie wirklich gesagt. Was hinter den Worten von Stoiber, Merz und Merkel steckt, ist erst Stück für Stück zutage getreten. Und ich glaube, am Ende ist deutlich geworden, was die Menschen im Wahlkampf gespürt und gefühlt haben. Und eines muss man Frau Merkel vorwerfen: Es war nicht in Ordnung, in die Vereinigten Staaten von Amerika zu fahren und vorher einen Brief abzusenden, veröffentlicht in der Washington Post, mit der peinlich-anbiedernden Überschrift Gerhard Schröder spricht nicht für alle Deutschen.
Für wen, frage ich mich, spricht Angela Merkel? 80 oder sogar 90 % der Bevölkerung unseres Landes sind einverstanden mit dem Kurs, den wir Sozialdemokraten für richtig halten. Diese Menschen kritisieren, was die CDU/CSU tut, sie kritisieren, was Frau Merkel politisch entwickelt, und sie sind auch als CDU-Wähler und -Anhänger nicht einverstanden mit der Politik, die in der Irak-Frage von der CDU entwickelt wurde. Es ist schon bemerkenswert, was da vorgefallen ist: Die deutsche Außenpolitik - und nicht nur unsere, die Außenpolitik fast jedes demokratischen Staates - ist auch davon geprägt, dass man im Ausland zwar eine andere Meinung als die eigene Regierung haben kann dass man aber nicht öffentlich damit auftritt. Dass man der eigenen Regierung und dem eigenen Volk in dieser Frage in den Rücken fällt, das ist ungehörig. Genau das hat Frau Merkel gemacht, und das ist ein Bruch mit den Traditionen unserer Außenpolitik.
Liebe Genossinnen und Genossen, wir müssen uns auch fragen, welche Konsequenzen das Geschehene für die Zukunft haben wird - in den internationalen Institutionen und auch in der Europäischen Union. Eine Lehre jedenfalls kann man bereits ziehen: Es ist richtig, die internationalen Institutionen zu stützen und zu unterstützen. Wir sollten nicht vorschnell sagen, dass die Vereinten Nationen durch den Irak-Konflikt geschwächt worden und gescheitert sind. Ich glaube, dass es eine Meinung der Weltöffentlichkeit gibt, wonach die Vereinten Nationen bei der Frage nach Krieg und Frieden im Mittelpunkt stehen sollten. Um diese Feststellung kann man gar nicht herumkommen angesichts der Demonstrationen, die überall auf der Welt gegenwärtig stattfinden. Angesichts der Kundgebungen und der Millionen Menschen, die sagen, wir wollen diesen Krieg nicht, wir wollen nicht, dass er so stattfindet und wir wollen nicht, dass ohne ein Votum der Vereinten Nationen ein solcher Krieg begonnen wird.
Diese Meinungsäußerung ist eine wichtige Chance. Sie ist eine wichtige Chance dafür, dass wir erfolgreich dafür werben, dass nicht einer oder einzelne bestimmen, wie sich die Weltgeschicke entwickeln sollen. Das, glaube ich, ist in der Tat die Frage, die in diesen Tagen mit entschieden wird. Ich glaube, wir müssen uns da keine Sorgen machen. Anti-Amerikanismus hat in Deutschland keine Chance, und die relevanten politischen Parteien sind alle nicht in dieser Richtung aufgestellt.
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"Was die Polizei aber braucht, um besonnen und klug und wie es sich gehört darauf zu reagieren, ist eine besonnene politische Führung. Und das ist, was in dieser Stadt fehlt."
Genossinnen, Genossen,
viele Menschen hat es erschrocken, dass Uneinigkeit herrschte unter den Staats- und Regierungschefs des jetzigen und des künftigen Europa. Wobei ich ehrlicherweise glaube, wir alle Old Europe sind - auch die, die jetzt neu dazutreten. Aber es hat Differenzen gegeben, die sind deutlich sichtbar gewesen. Und wir haben alle aus dieser Entscheidung und aus dieser Entwicklung gelernt: Wenn wir Einfluss nehmen wollen, wenn wir eine Rolle spielen wollen, dann muss Europa weiter zusammenwachsen. Deshalb hoffe ich, dass aus der Erfahrung dieser Tage eine ganz besondere Erkenntnis wird: Dass der Integrationsprozess weitergehen muss, die Erweiterung der Europäischen Union, die muss jetzt. Wir müssen für eine ordentliche demokratische Verfassung sorgen und wir müssen dafür sorgen, dass es eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union gibt. Es ist deshalb richtig, dass wir vorgeschlagen haben - zusammen mit den Franzosen - dass es einen gemeinsamen Außenminister geben soll, der die Aufgaben und Aktivitäten zusammenfasst, die bisher in zwei Persönlichkeiten zusammengefasst sind. Das ist nicht nur institutionell, das bedeutet auch, dass ein gewachsenes Gewicht auf diese Person und auf die Zusammenarbeit gelegt wird. Und wir sollten auch den Mut haben, immer mehr dafür zu sorgen, dass Europa die Staaten Europas in internationalen Strukturen vertritt. Wir sollten den Mut haben, auch in diesen Fragen Mehrheitsentscheidungen möglich zu machen, damit eine Zusammenarbeit real stattfinden kann und Europa mit einer Stimme spricht und Einfluss nehmen kann auf die Entwicklung dieser Welt.
Und ich glaube sehr, dass das auch etwas bedeutet für die Zusammenarbeit im Bereich der Sicherheitspolitik, in den militärischen Strukturen Europas. Das ist, da bin ich ganz sicher, sicherlich der schwierigste Aufgabenbereich. Das ist sicherlich die komplizierteste Aufgabe. Denn was gibt ein Staat zuletzt an Souveränität auf? Sicherlich die Verantwortung für seine Soldaten, für die Armee, die man in eigener Verantwortung entwickelt. Deshalb sollten wir auch nicht allzu kühn sein und glauben, dass das in kurzer Zeit bewältigt werden könnte. Aber wir müssen uns auf den Weg machen, auch die militärische Zusammenarbeit in Europa so weit voranzubringen, dass sie begleitend sein kann für die europäische Außenpolitik mit ihrem Schwerpunkt, für Frieden in der Welt zu sorgen, für Entwicklung zu sorgen und dafür, dass alle Menschen in unserer neuen Weltordnung eine gute Chance auf eigene Demokratie und eigene wirtschaftliche Zukunft haben.
Liebe Genossinnen und Genossen,
alles um das Thema Irak-Krieg bewegt uns, und ich will deshalb zu einem lokalen Ereignis Stellung nehmen, das hier auch diskutiert werden könnte. Schließlich geht es bei diesem Parteitag auch um die innere Sicherheit in dieser Stadt. Ich finde es großartig, dass Schülerinnen und Schüler in Hamburg und an vielen Orten in Deutschland und anderswo in der Welt zu Kundgebungen gegangen sind. Dass sie gesagt haben, was sie von diesem Krieg halten. Ich finde es gleichzeitig eigenwillig, sich Gedanken darüber zu machen, ob die Teilnahme an einer Kundgebung irgendwie die Gesundheit gefährdet. Ich finde es eigenwillig, Lehrerinnen und Lehrern Briefe zu schreiben und sie aufzufordern, eine solche urdemokratische Meinungsäußerung von Schülerinnen und Schülern aufzuhalten und zu verhindern. Das ist peinlich, und ehrlicherweise, liebe Genossinnen und Genossen, und ehrlicherweise, sehr geehrter Herr Lange, das ist absolut spießig!
Da finden ja auch Dinge statt, die großen organisierten Parteien manchmal etwas überraschend vorkommen. Die Schülerinnen und Schüler, die hier demonstriert haben, in Hamburg und auch anderswo, die sind ja nicht zentral angeleitet von irgendeinem Komitee. Die machen das von sich aus, die tun es aus eigener Überzeugung. Die finden sich auch auf Arten und Weisen zusammen, von denen einige noch gar nicht gewusst haben, dass es sie gibt Meldungen per SMS und ähnliches. Aber es ist eine neue Welt, und es ist etwas sehr, sehr Beruhigendes, was jetzt passiert. Ich jedenfalls habe schon in den letzten Jahren immer nur mit sehr großem Widerwillen gelesen, dass die junge Generation desinteressiert sein. Dass sie nur konsumieren wolle, Videos gucken, Skateboard fahren oder sonst was. Aber die Wirklichkeit ist anders. Schülerinnen und Schüler, Eltern, Lehrer und manche, die betulich und besorgt auf sie geguckt haben in den letzten Wochen: Seien wir stolz auf diese jungen Leute, seien wir auch stolz auf diejenigen, die sich für sie einsetzen.
Ja, dann gibt es immer welche dazwischen, die nutzen das aus für ziemlich dumme Sachen bis hin zur Anwendung von Gewalt. Das ist nichts Neues. Und es ist gut, die Polizei taktisch darauf einzustellen. Was die Polizei aber braucht, um besonnen und klug und wie es sich gehört darauf zu reagieren, ist eine besonnene politische Führung. Und das ist, was in dieser Stadt fehlt, und das ist ein wesentlicher Grund dafür, dass wir nach der großen Schülerdemo in Hamburg Szenen sehen mussten, bei denen es zu Gewalt gekommen ist.
Liebe Genossinnen und Genossen,
eine Bemerkung liegt mir noch am Herzen: Es waren Meinungsumfragen und es waren Friedensdemonstrationen, die auch das Meinungsklima in den Medien verschoben haben. Als alle gesehen haben, dass die Menschen in diesem Lande ganz gleich, was in der Zeitung steht, egal was sie im Fernsehen gesehen haben und ihnen jemand mitteilen wollte - ihre klare Meinung zum Ausdruck bringen, hat sich die Medienwirklichkeit angepasst. Erst dann ist flächendeckend berichtet worden, wie die Stimmung tatsächlich ist. Deshalb ist denen zu danken, die mit ihrem Einsatz tatsächlich Meinungen und die öffentliche Wahrnehmung verändert haben.
Unverkennbar ist: In der Friedenspolitik haben wir die Zustimmung der Menschen. Eine Zustimmung im Bereich der wirtschafts- und sozialpolitischen Aktivitäten der sozialdemokratischen Bundesregierung gibt es in gleichem Maße nicht. Die Menschen haben berechtigte Fragen, denn die wirtschaftlichen Daten und Zahlen, die wir hören und sehen, die sind sehr beeindruckend und teilweise auch bedrückend: Wir haben 4,7 Millionen Arbeitslose. Wir sind 1998 angetreten, um die Arbeitslosigkeit in Deutschland zu senken, und wir sind nicht sehr weit gekommen. Und, liebe Genossinnen und Genossen, wenn man genau hinschaut, dann haben wir seit 20, seit fast 30 Jahren einen kontinuierlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit in Deutschland, der über alle konjunkturellen Erholungsphasen hinweg weitergegangen ist. Das ist eine bedrohliche Entwicklung. Sie ist besonders deshalb bedrohlich, weil wir genau sehen, dass damit ein Anstieg der Langzeitarbeitslosigkeit verbunden ist und dabei geht es um Menschen, die gar nicht herauskommen aus der bedrückenden Perspektive der Arbeitslosigkeit.
Wenn wir uns die wirtschaftlichen Daten anschauen, sehen wir, dass im letzten Jahr das Wirtschaftswachstum gerade mal 0,2 % betragen hat - und das nur, weil wir in der Exportwirtschaft weiterhin gut aussehen. Sehen wir uns das laufende Jahr an: Wir haben 1 % Wachstum prognostiziert. Gewünscht hätten wir uns mindestens 1,5 % fürs dieses und die nächsten Jahre. Die Europäische Union sagt uns jetzt, es werden nur 0,4. Keiner von uns weiß wirklich, wie die Entwicklung weitergehen wird. Und keiner weiß, welche Auswirkungen der Irak-Krieg wirtschaftlich haben wird. Aber eines ist sichtbar. Das ist eine Entwicklung, bei der dringend gehandelt werden muss, bei der wir jetzt alles tun müssen. Es ist eine Entwicklung, von der wir wegkommen müssen und damit auch von einer Arbeitslosigkeit, wie wir sie heute feststellen müssen.
Deutschland ist nicht allein von dieser Problematik betroffen. Das soll nichts beschönigen, aber das ist wichtig, weil wir eine ganz andere Rolle spielen als uns manche beim Schlechtreden immer erklären wollen. Weltwirtschaftlich gibt es Schwierigkeiten. Die Wachstumsschwäche ist kein spezifisch deutsches und auch kein isoliert europäisches Problem. Deutschland, das ist nach wie vor die größte Volkswirtschaft, auch die leistungsfähigste Volkswirtschaft der Europäischen Union. Auf uns kommt es an, wenn wir erreichen wollen, dass nicht nur in unserem Lande wieder mehr wirtschaftliche Dynamik zustande kommt. Und deshalb müssen wir jetzt nicht nur auf die konjunkturelle Situation reagieren. Wir müssen auch die Strukturreformen zu Ende bringen. Das ist dringend notwendig. Und bei dieser Strukturreform muss uns eines klar sein: Wenn wir warten, wenn wir uns nicht trauen, wenn wir nicht das Richtige tun, dann werden die Menschen uns im Jahr 2006 und auch bei vielen anderen Wahlen keine Gelegenheit geben, Verantwortung für Deutschland zu behalten. Deshalb müssen wir jetzt über diese notwendigen Strukturreformen diskutieren, und wir müssen dafür sorgen, dass sie auch schnell und zügig umgesetzt werden.
Viel zu lange, liebe Genossinnen und Genossen, haben wir uns wahrscheinlich nicht an alle notwendigen strukturellen Veränderungen herangemacht. Und die Konjunktur hat auch immer wieder Hoffnung gegeben, dass man vielleicht nicht ganz so weit gehen muss. Aber jetzt haben wir ein Problem, das sich nicht bewältigen lässt, indem wir uns darauf beschränken, auf eine bessere Konjunktur zu warten. Wir müssen etwas für die Konjunktur tun aber auch etwas dazu, dass tatsächlich die strukturellen Voraussetzungen für mehr Wachstum und für mehr Beschäftigung entstehen. Das ist schwierig. Ich glaube aber, dass wir Möglichkeiten haben. Ich glaube, dass es Weichen gibt, und es ist an uns, diese Weichen richtig zu stellen. Wir müssen Konjunkturprogramme auf den Weg bringen - und das geschieht, in dem wir 15 Milliarden Euro Kredite für die Gemeinden und für die Wohnungsgesellschaften zur Verfügung gestellt werden. Wir müssen die sozialen Sicherungssysteme funktionsfähig machen.
Liebe Genossinnen und Genossen,
das ist unsere Aufgabe. Wir sind es, die wollen, dass Deutschland ein sozialer Rechtsstaat bleibt. Wir sind es, die die soziale Marktwirtschaft verteidigen. Wir sind es, die die sozialen Sicherungssysteme auch für die Zukunft funktionsfähig erhalten müssen. Wenn wir die Modernisierung nicht schaffen, dann werden die anderen diese sozialen Sicherungssysteme abschaffen.
Deshalb, liebe Genossinnen und Genossen, deshalb geht es bei den Reformen, die wir zu diskutieren haben, auch um die Zukunft der sozialen Marktwirtschaft. Und da will auf das hinweisen, was diejenigen wollen, die als unsere politischen Gegner über die Zukunft unseres Landes diskutieren. Guido Westerwelle profiliert sich als deutsche Version von Maggie Thatcher und meint, er könne davon in irgendeiner Weise profitieren. Dazu zählt auch das immer wieder neu vorgetragene Gewerkschaftsmobbing, das wir derzeit fast jeden Tag zu hören bekommen. Eines will ich ausdrücklich sagen - auch jetzt, wo wir nicht in allem einig sind mit den Vorsitzenden der deutschen Gewerkschaften: Die deutschen Gewerkschaften spielen eine zentrale Rolle für die Demokratie in diesem Lande. Sie stammen aus einer gemeinsamen Geschichte mit der SPD, und wir haben überhaupt keine Bedürfnisse, uns von den Gewerkschaften zu distanzieren.
Und sie sind auch nicht, wie Herr Westerwelle sagt, eine Plage für unser Land. Man sollte mal darüber nachdenken, für wen das eher zutrifft. Jedenfalls glaube ich, dass die Politik, die Herr Westerwelle betreibt, falsch ist, wenn es um mehr Arbeit und Beschäftigung für wirklich alle Menschen geht. Aber es geht weiter. Es geht weiter, weil unsere konservativen Freunde von CDU/CSU auch längst dabei sind, den Sozialstaat aufzugeben. Wir wollen hier nicht polemisch werden, aber es ist etwas im Gange bei der Debatte über die zukünftige Politik der CDU/CSU und derjenigen, die bei uns als konservative Politiker gelten. Ich will Herrn Merz zitieren. Herr Merz hat öffentlich gesagt, wenn es eine Kampfabstimmung in der CDU/CSU-Fraktion um den Vorsitz gegeben hätte, dann wäre er wahrscheinlich gewählt worden und nicht Frau Merkel. Ob das so gekommen wäre, weiß ich nicht bei den Worten von Merz spielt vielleicht auch der beleidigte Macker eine Rolle. Aber er hat etwas anderes gesagt, und das finde ich ziemlich wichtig. Er hat sinngemäß gesagt: 16 Jahre Helmut Kohl, das war 16 Jahre falsche Politik. 16 Jahre sei es so gewesen, dass Norbert Blüm mit viel Charme und Charisma die Parteitage der CDU beherrscht hätte, und jetzt müsse mit dieser Sache Schluss sein. Ordnungspolitik müsse treten an die Stelle von sozialer Marktwirtschaft. Und das ist die Alternative zu dem was wir an eigenen Reformanstrengungen zu unternehmen haben.
Deshalb, liebe Genossinnen und Genossen, es ist eine wichtige Weichenstellung, die wir jetzt machen müssen. Wer, wenn nicht wir, ist dazu da, den Sozialstaat, die soziale Marktwirtschaft, Arbeit und Beschäftigung auch aus der Sicht von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern voranzubringen? Und deshalb glaube ich, dass wir uns ernsthaft diesen Reformen zuwenden müssen. Es ist manches vorgeschlagen und in die Diskussion gebracht worden, was nicht überall auf Einverständnis stößt, und ich bin sicher, auch hier nicht. Aber ich glaube, dass es trotzdem richtig ist, dass wir jetzt sehr zügig vorangehen. Wir brauchen vernünftige Einnahme- und Ausgabesituationen bei den sozialen Sicherungssystemen. Und wir brauchen eine Reform des Arbeitsmarktes, die dazu führt, dass Arbeit und Beschäftigung im Mittelpunkt stehen und nicht ein sich Abfinden mit einer dauerhaft großen Langzeitarbeitslosigkeit. Das ist die eigentliche Trendwende. Und das ist das, was wir hinbekommen müssen, wenn wir erfüllen wollen, was in unserem Wahlprogramm steht: die Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe. Wir wollen Service aus einer Hand. Wir wollen, dass die Vermittlung und die Unterstützung der arbeitslos gewordenen Menschen im Vordergrund steht. Und wir wollen erreichen, dass niemand mit der Perspektive Langzeitarbeitslosigkeit leben muss. Das ist unsere Politik, dafür muss sich vieles ändern in diesem Lande, und das ist eine wirkliche Reformaufgabe für uns.
Deshalb also, liebe Genossinnen und Genossen, lasst uns diese Fragen auch diskutieren. Wir haben uns vorgenommen, das sehr sorgfältig zu tun, und darauf will ich an dieser Stelle auch hinweisen: Am 7. Mai findet in der Fischauktionshalle eine Regionalkonferenz mit dem Parteivorsitzenden und Bundeskanzler Gerhard Schröder statt. Da sind alle eingeladen, die hier sind und alle, die ihr mitbringen wollt - die Distriktsvorsitzenden und die Vorstände der Distrikte, der Ortsvereine, der Kreise, der Landesvorstände, die Landtagsabgeordneten, alle Mandatsträger aus Norddeutschland in Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Bremen und darüber hinaus alle, die in unserer Partei sind. Ich glaube, dass es dort eine breite Diskussion geben wird. Ich bitte alle - auch diejenigen, die Zweifel haben und skeptisch sind - mitzukommen und mitzudiskutieren. Das ist die Zeit und das ist der Ort dazu. Und ich bitte alle zu kommen, auch zu streiten, denn das ist wichtig, wenn man in einer solchen Frage vorankommen will.
Liebe Genossinnen und Genossen,
wir haben heute einen Parteitag zu Fragen der inneren Sicherheit. Ich will zunächst etwas über die Diskussion sagen, die wir dazu in den letzten Wochen und Monaten geführt haben. Aber ich will auch sprechen über das was wir uns für die Zukunft vorgenommen haben.
Aus meiner Sicht ist das ein wichtiger Parteitag. Wir haben eine breite innerparteiliche Debatte über das Thema Innere Sicherheit zustande gebracht. Und diese Debatte war notwendig. Liebe Genossinnen und Genossen, es hilft nicht, Politik auf eine Erklärung von Führungskräften der Partei zu beschränken. Sie muss getragen sein von jedem Mitglied dieser Organisation, sie muss getragen sein von den Distrikten, sie muss getragen sein von den Kreisen, sie muss getragen werden von allen, die aktiv sind.
Wer sich das Antragspaket für diesen Parteitag anschaut, wer sich an die Diskussionen der letzten Monate erinnert, die überall geführt worden sind, der weiß: Hier hat eine breite, eine sorgfältige und eine fundierte Diskussion stattgefunden. Das, was wir heute und morgen beschließen werden, das ist die Position der Hamburger SPD, die von uns allen vertreten werden kann, und ich bedanke mich bei allen für ihre Mitarbeit und ihr Mitwirken in dieser Debatte.
Liebe Genossinnen und Genossen,
dass das Thema innere Sicherheit wichtig ist, das haben wir bei zwei Bürgerschaftswahlen feststellen können. In beiden Bürgerschaftswahlen ist es am Ende so gewesen, dass wir nicht so erfolgreich gewesen sind, wie wir sein wollten. Und der Grund war, dass uns das Thema Sicherheit und die Meinung der Menschen über unsere Kompetenz in dieser Frage erschlagen hat. Spätestens jetzt, wo wir nach zwei solcher Wahlen in der Opposition sind, spätestens jetzt müssen wir Beschlüsse fassen, mit denen wird das Vertrauen der Menschen zur sozialdemokratischen Partei zurückerobern. Wenn ich anschaue, was diskutiert worden ist, dann bin ich sicher, dass uns das gelingen wird. Denn wir haben sehr wohl eine Neubestimmung vorgenommen, eine Neubestimmung, die bedeutet, dass wir die Aufgaben, die sich mit der Tätigkeit von Polizei und Justiz verbinden, sehr, sehr ernst nehmen. Diese Neubestimmung heißt auch, dass wir dafür verantwortlich sind, dass diejenigen, die in den Sicherheitsorganen tätig sind, effiziente Arbeit leisten, dass diejenigen, die Straftaten begehen, nicht durchkommen. Die Bürgerinnen und Bürger in dieser Stadt müssen sicher sein: unter einer sozialdemokratischen Regierung kommt kein Straftäter besser davon als anderswo. Wir können auf eine sehr gute Arbeit von Polizei und Justiz zurückgreifen, aber wir müssen auch weiter daran arbeiten, dass unsere Kompetenz in Fragen der Inneren Sicherheit anerkannt wird.
Ich glaube, dass in dieser Hinsicht auch schon viel geschehen ist. Ich will das unter einem Gesichtspunkt diskutieren, der mir wichtig ist. Wir sind eine liberale Partei, und wir sind im Gegensatz zur FDP wirklich liberal. Die FDP, die wir hier in Hamburg ja zur genüge kennen, ist keine Partei, die im internationalen Rahmen noch als liberal begriffen werden könnte. Wir Sozialdemokraten sind diejenigen, die dafür verantwortlich sind, dass keine Ressentiments das politische Bewusstsein der Menschen bestimmen.
Wir Sozialdemokraten sind es, die sich dafür einsetzen, dass die Menschen bei aller Verschiedenheit miteinander gut leben können. Aber wichtig ist für uns liberale Sozialdemokraten, dass keiner keiner von uns und keiner draußen - Liberalität verwechselt mit Nachgiebigkeit. Dass keiner Liberalität damit verwechselt, dass wir nicht strikt genug sind, wenn es darum geht, die Aufgaben der inneren Sicherheit zu bewältigen. Es muss klar werden, dass wir als liberale Sozialdemokraten willens sind, notwendige Klarheit bei dem Einsatz der Instrumente der inneren Sicherheit an den Tag zu legen. Das ist das, was wir den Menschen, die auf eine liberale Gesellschaft angewiesen sind, schuldig sind.
Liberalität darf nicht verwechselt werden mit mangelnder Effektivität bei der Bekämpfung von Straftaten und Straftätern. Wenn uns das gelingt, dann haben wir alle Chancen der Welt gegen diejenigen, die aufbauen auf Ressentiments, Abgrenzung, Vorurteile und alle möglichen absurden Vorstellungen von Härte. Deshalb, liebe Genossinnen und Genossen, deshalb ist es so notwendig, dass wir diese Neubestimmung vornehmen. Sie ist im Interesse einer offenen und liberalen Gesellschaft. Und ich glaube, dass uns das gelungen ist mit den Neubestimmungen, die wir bereits vollzogen haben. Das bedeutet auch, dass wir uns zum Beispiel den neuen Kriminalitätsphänomenen der letzten zehn, zwanzig Jahre zuwenden, die die Bürgerinnen und Bürger immer mehr gestört haben, die sie genervt haben. Das ist die offene Drogenszene gewesen, und sie ist es immer noch. Es ist die Jugendgewalt und Jugendkriminalität, bei der die neue Regierung ja nicht so erfolgreich ist, wie sie behauptet. Diese Phänomene nicht zu leugnen, angesichts dieser Phänomene klar zu sagen, dass wir etwas unternehmen müssen, dass wir müssen neue Konzepte entwickeln müssen, die auch wirklich helfen, das ist unsere Aufgabe.
Wir haben gezeigt, dass uns das gelingen kann. Die Anträge zeigen das auch und im Übrigen auch die Beschlüsse, die ja vorgeschlagen sind zum Einsatz von Mitteln, die bei der Bekämpfung von Kriminalität in diesen Bereichen notwendig sind. Das betrifft zum Beispiel den Umgang mit Drogenhändlern, die ihre Drogen verschlucken, und die wir wieder zum Vorschein bringen, wenn wir diese Dealer belangen wollen. Das betrifft auch die Frage, wie man mit den wenigen Jugendlichen umgehen soll, die durch nichts, was uns bisher an pädagogischen Maßnahmen eingefallen ist, davon abzubringen sind, weiter Straftaten zu begehen. In beiden Bereichen haben wir Entscheidungen getroffen, die sehr klar mit den entsprechenden Stichworten in unseren Anträgen vorkommen. Das ist wichtig, aber es ist nicht alles. Denn es geht uns um das gesamte Konzept. Das sind die Stichworte, an denen man sehen kann, dass wir es ernst meinen. Aber es geht uns insgesamt darum, dass wir effiziente Konzepte entwickeln zur Bekämpfung von Drogenkriminalität und zur Bekämpfung von Jugendgewalt. Das haben wir getan und deshalb können wir uns vor die Bürgerinnen und Bürger stellen und sagen: Innere Sicherheit ist bei uns gewährleistet.
Liebe Genossinnen und Genossen,
es gibt auch in diesem Bereich vieles, was uns von anderen unterscheidet. Ein wichtiges Stichwort habe ich bereits genannt: Besonnenheit. Das ist wichtiger als man denkt. Es fördert die Sicherheit einer Stadt nicht, wenn der Innensenator darüber nachdenkt, ob man lebensgefährliches Giftgas, wie es in Moskau eingesetzt wurde, jetzt für die Hamburger Polizei haben will. Das ist gefährlich und das ist nicht gut für die Sicherheit in dieser Stadt.
Übrigens ist das typisch für die Hamburger Politik, was im Anschluss an die Giftgas-Ideen des Innensenators passiert ist. Es ist ein bekanntes Phänomen: Da haben einige sich sehr daran abgemüht, die Sache herunterzuspielen. Allen voran der Chef-Runterspieler namens Ole von Beust. Aber tatsächlich ist es ein unglaublicher Skandal, der dort geschehen ist. Solchen Leuten kann man doch ernsthaft die innere Sicherheit, die Verantwortung für Polizei und Justiz und all das was mit Gefängnissen und Waffen verbunden ist nicht übergeben. Und deshalb muss hier ein Protest entstehen gegen ein so unverantwortliches Verhalten.
Herr von Beust wird aber nicht nur an dieser Stelle, sondern auch an anderen weiter abwiegeln. Er kann auch gar nicht anders, denn er hat einen ganz großen Fehler gemacht. Und das war, als Herr Schill Hamburg blamiert hat und im Deutschen Bundestag gesprochen hat. Als er übelste Aussagen gemacht hat, die schlecht waren für das Ansehen unserer Stadt. Da hat Herr von Beust gesagt, das sei das letzte Mal gewesen. Nun gibt es eine spannende Frage zu diskutieren: Ändert sich Schill, oder sagt von Beust beim nächsten Ausfall seines Innensenators, das war doch halb so schlimm - weil er ja bei seinem Wort bleiben muss und Schill eigentlich entlassen müsste.
Ich glaube, die Sache ist entschieden. Schill wird sich nicht ändern. Es wird immer wieder so etwas wie seine Giftgasfantasien vorkommen. Es wird weiter kleine und große Skandale von ihm geben. Und Herr von Beust wird es sein, der bei jedem der bevorstehenden Ausfälle sagt: das war doch nichts, das muss man nicht so ernst nehmen, man darf ja wohl mal nachdenken. Und ich glaube, dass wir die Aufgabe haben, den Menschen zu sagen, dass es so nicht geht. Wir müssen sagen, dass es unverantwortlich ist, einen Mann wie Schill mit der Sicherheit unserer Stadt zu betrauen.
Ähnliches ist auch sonst passiert in der neuen Regierung. Und man wundert sich über den bürgerlichen Protest unserer liberalen Stadt. Da fährt der Justizsenator nach Arizona, um sich den absurdesten Gefängnisdirektor der Welt anzuschauen und sich daran zu vergnügen, dass dort Gefängnisinsassen in rosa Unterwäsche herumlaufen. Das, liebe Genossinnen und Genossen, ist nach dem Thema Schill ein weiterer Punkt, der zeigt, wo die Hamburger Regierung steht. Und die Reise von Justizsenator Kusch ist ja nicht nur eine fehl geleitete Vergnügungsreise gewesen, liebe Genossinnen und Genossen diese Reise zeigt den Geist, von dem diese Regierung getrieben wird und der Mann, der für die Justiz in dieser Stadt verantwortlich ist.
Schon diese beiden Beispiele zeigen: Es gibt auch in der Innenpolitik einen großen Unterschied zwischen uns und den anderen. Wir sind besonnen, wir gehen sorgfältig mit den Machtinstrumenten um, die man braucht, wenn man die innere Sicherheit gewährleisten will. Und wir geben den Bürgerinnen und Bürgern eine Garantie - und das ist dann auch ein bisschen anders als in der Vergangenheit: Wir garantieren, dass sie sich darauf verlassen können, dass wir das Thema Innere Sicherheit ernst nehmen und auf Effizienz setzen. Wir garantieren, dass kein Straftäter bei uns besser durchkommt als anderswo. Das ist die wichtigste Änderung in unserem Kurs Innere Sicherheit. Die haben wir beschlossen, und die vollziehen wir auf diesem Parteitag.
Liebe Genossinnen und Genossen, es gibt einen weiteren Gesichtspunkt, auf den ich kurz noch zu sprechen kommen will. Auch bei dem glaube ich, dass er eine große Rolle bei der politischen Debatte der nächsten Zeit spielen wird. Wir werden uns nicht nur mit den Aufgaben der inneren Sicherheit beschäftigen. Wir werden auch darüber diskutieren müssen und darüber diskutieren, was wir dafür tun können, dass sich die Menschen in dieser Stadt wohl und sicher fühlen. Und da gibt es Themen, für die man nicht in allen Stadtteilen Hamburgs wirklich aufgeschlossen ist. Weil es sich um Themen handelt, die in den schönen Stadtteilen nicht so auf der Tagesordnung stehen. Aber wer sich umschaut, der stellt fest: Es gibt fast in allen unseren Stadtteilen Probleme mit der Qualität des öffentlichen Raums, mit der Möglichkeit, sich in Parks, auf Straßen, auf Plätzen aufzuhalten. Und das ist den Bürgerinnen und Bürgern wichtig.
Viele Menschen haben zu diesem Grundgedanken ein etwas distanziertes Verhältnis. Ich warne davor. Ich warne vor diesem distanzierten Verhältnis, denn es handelt sich bei der Frage nach Wohlfühlen, nach Lebensqualität, nach Sicherheitsgefühl um eine Frage, die den Menschen sehr wichtig ist. Und im Übrigen: Jeder, der ein aktiver Wahlkämpfer ist, stellt nach einiger Zeit fest, dass die Menschen in dieser Frage ganz klare Meinungen haben. Am Infostand stellt man es spätestens fest, wenn die nächste Wahl ist. Und in einer öffentlichen Debatte stellt man es spätestens fest, wenn die Menschen sich zu Wort melden. Diesen Menschen ist es nämlich wichtig, dass sie ihre Kinder unbesorgt auf den Spielplatz lassen können. Denen ist nicht egal, ob Parks und Grünflächen vermüllt sind, ob sie fast überall Schmierereien sehen müssen. Auch das sind neben den schon erwähnten Punkten der Inneren Sicherheit und Kriminalitätsbekämpfung - Faktoren, die sich auf die Lebensqualität der Menschen auswirken. Und deshalb müssen wir das ernstnehmen.
Die Menschen in unserer Stadt stellen fest - egal welche Werbeaktion die neue Regierung sich jetzt wieder gerade ausgedacht hat - dass es täglich schlechter wird mit dem Zustand des sogenannten Öffentlichen Raumes. Und darum ist es richtig, wenn wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten uns um dieses Thema kümmern. Es ist ein berechtigtes und ureigenstes Anliegen der Bürgerinnen und Bürger, dass sie sich versammeln und treffen können, dass die Wege, Parks und Straßen, dass die Spielplätze, dass der gesamte Raum, in dem wir miteinander zusammenkommen, so ist, dass man sich sicher und wohl fühlt. Wir müssen dafür sorgen, dass wir bei den Menschen in Hamburg in einer ganz besonderen Weise wahrgenommen werden. Nämlich als die Partei, die sich um die Menschen kümmert. Das ist eine Aufgabe, die Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten annehmen sollten. Das ist eine Aufgabe, bei der wir klare Vorschläge machen und sagen müssen, wie es weitergeht. Und dabei müssen wir auch deutlich sagen, wo sich etwas ändern wird, wenn wir regieren. Dazu haben wir die notwendigen Schritte hier vorbereitet und zur Diskussion gestellt, und auch das ist ein wichtiger Teil der politischen Aufgaben, die wir zu bewerkstelligen haben.
Liebe Genossinnen und Genossen,
ich glaube, dies ist in der Tat ein wichtiger Parteitag, und ich will enden wie ich angefangen habe: Die Diskussion, die wir hier miteinander führen, das ist unsere Debatte. Das ist eine Diskussion, die überall in der Partei geführt worden ist, und ich möchte mich ausdrücklich übrigens bedanken bei denen, die mit viel Arbeit und Fleiß diesen Parteitag vorbereitet haben. Besonders bei Michael Neumann und Jochen Mehmel, die gemeinsam dafür gesorgt haben, dass die Debatte über Innere Sicherheit und Öffentlichen Raum in dieser Partei Stück für Stück vorbereitet und geführt worden ist. Ich möchte mich bei den Freunden bedanken, die mit diskutiert und mitgeholfen haben, bei den Experten, die bei der Polizei arbeiten, bei der Justiz und die als Anwälte in diesem Bereich tätig sind. Alle zusammen haben dafür gesorgt, dass die Hamburger SPD eine wichtige Sache offensiv und selbstbewusst zeigen kann: Innere Sicherheit herstellen und garantieren, das können wir besser als die, die jetzt regieren. Und liberal, das sind wir auch noch.
Schönen Dank.