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17.06.2011

Im Bundesrat zur Energiewende

 

Meine Damen und Herren!

 

Deutschland steigt ein zweites Mal aus der Nutzung der Atomkraft aus. Ich bin überzeugt, dass dies ein endgültiger Ausstieg ist und dass alle, die hier heute mittun, aber auch die, die das im Deutschen Bundestag tun werden, dafür sorgen, dass die Beschlüsse der Bundesregierung tatsächlich auf einen geordneten endgültigen Ausstieg spätestens im Jahre 2022 hinauslaufen. Es ist gut, dass das jetzt gelingt. Es wäre besser gewesen, man wäre schon beim ersten Anlauf erfolgreich gewesen. Wichtig ist, dass wir diese Entscheidung treffen.

 

Die Langfristigkeit und die Endgültigkeit dieses Ausstiegs sind auch wichtig für die Investitionen, die in Deutschland in den nächsten Jahren notwendig sind. Denn tatsächlich wird niemand in erneuerbare Energien, in neue Stromleitungen, in all das, worüber hier schon gesprochen worden ist und was dringend notwendig ist, investieren, wenn er davon ausgehen muss, dass es doch wieder anders kommt und eine politische Mehrheit die Verlängerung der Laufzeiten der Atomkraftwerke in Deutschland beschließt.

 

Deshalb ist der endgültige Ausstieg ein wichtiges Signal an die Industrie in Deutschland. Deutschland ist ein Industrieland. Wir sind die erfolgreichste Industrienation in Europa. Die wirtschaftliche Kraft Deutschlands resultiert entscheidend aus seiner industriellen Kompetenz. Welche Bedeutung das für uns hat, haben wir zuletzt im Gefolge der Wirtschafts- und Finanzkrise erlebt. Dadurch, dass Deutschland auf diese Fähigkeiten, auf diese Kompetenz und auf diese industrielle Struktur zurückblicken kann, sind wir erfolgreicher als andere durch die Krise und aus ihr herausgekommen. Deswegen können wir heute hohe Wachstumsraten verzeichnen anders als andere.

 

Das bedeutet bei der Gestaltung der Energiewende aber auch, dass wir jetzt nicht nachlassen dürfen, sondern dass alle Investitionen sofort getätigt werden müssen, damit mit dem Abschalten des letzten Atomkraftwerkes auch weiterhin bezahlbare, sichere Energie, die in Deutschland hergestellt wird, zur Verfügung steht. Das geht nur, indem wir auf alle Möglichkeiten erneuerbarer Energien setzen. Es geht nur, wenn wir einsehen, dass die Konzentration auf eine einzige Form der Energieerzeugung ein Fehler war und ist und dass es deshalb nicht richtig wäre, den Königsweg zu beschreiten. Wir haben viele Wege, gewissermaßen viele Königswege. Wir müssen jeden dieser Wege nutzen, damit wir insgesamt ein ausreichendes und finanziell vernünftiges Angebot bekommen.

 

Es geht bei den erneuerbaren Energien auch um Hightech, es geht unmittelbar um die Kompetenzen, die mit der Energieversorgung zusammenhängen, nämlich um die Fähigkeiten, moderne Technik in Deutschland zu entwickeln.

 

Klar ist für mich auch: Es wird für eine Übergangszeit nicht ohne die Nutzung fossiler Energieträger gehen. Wir werden eine überschaubare Zeit lang noch Kohlekraftwerke brauchen. Es wird auch Gaskraftwerke geben. Das alles gehört zum Energiemix der Bundesrepublik Deutschland, damit wir immer die Zielsetzung erfüllen können, einen vernünftig organisierten Ausstieg zu erreichen.

 

Aus meiner Sicht, aus der Sicht eines Landes im Norden, aus der Sicht der norddeutschen Länder, eigentlich aus der Sicht aller spielt die Windkraft dabei eine entscheidende Rolle. Der Streit, ob On- oder Offshore richtig ist, ist völlig überflüssig; denn die Onshore-Nutzung der Windkraft findet dort am meisten statt, wo es in Zukunft auch um die Offshore-Nutzung geht. Selbstverständlich müssen wir miteinander erreichen, dass die Onshore-Nutzung weiter ausgebaut wird, auch im Süden und Westen des Landes. Aber wir müssen auch sicherstellen, dass wir in Zukunft tatsächlich zu einer großen Zahl von Windkrafträdern in der Nordsee und in der Ostsee kommen. Dass das bisher so schleppend vorangeht, ist kein gutes Zeichen für das, was wir regulatorisch, industriell und finanziell zustande gebracht haben. Es wäre sehr bedauerlich, wenn wir weiterhin mit ansehen müssten, dass an den anderen Küsten der Nordsee Windkraftparks entstehen, die aber in Deutschland nicht an die Netze angeschlossen werden.

 

Das ist das, was wir zustande bringen müssen. Darum unterstütze ich die von vielen Ländern eingebrachten Anträge, die sicherstellen sollen, dass das Finanzierungsmodell für die Nutzung der Offshore- Windkraft noch einmal verbessert wird, und zwar nicht in dem Sinne, dass dort mehr Geld ausgegeben wird, sondern in dem Sinne, dass eine zielgerichtetere Förderung der Startinvestition für die Windkraftnutzung auf See ermöglicht wird.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

ich meine, dass wir bei der Grundkonzeption, die dem Umstand Rechnung trägt, dass wir ein Land mit vielen industriellen Schwerpunkten und Fähigkeiten sind, immer auch berücksichtigen müssen, dass eine ganze Reihe von Unternehmen sehr viel Energie verbraucht. Deshalb ist es richtig, dass der Bundesrat die Bundesregierung auffordert, alles dafür zu tun, dass wir auch im Hinblick auf die EU Ausnahmeregelungen bekommen, die es ermöglichen, dass die energieintensiven Unternehmen in Deutschland weiterhin wirtschaftlich betrieben werden und weiterhin in Deutschland investieren. Es reicht nicht, dass wir einen Stand erreichen, der es ermöglicht, dass Anlagen, in die bereits investiert worden ist, weiter genutzt werden. Wir müssen es auch erreichen, dass neu in Unternehmen mit einer Technik investiert wird, die nun einmal viel Energie, viel Strom verbraucht.

 

Wenn uns das alles gelingt, dann wird Deutschland davon profitieren als ein Land, das gezeigt hat, dass man eine sichere, bezahlbare, dem Klimawandel Rechnung tragende Energieerzeugung zustande bringen und trotzdem weiterhin Hightechland, Industrieland sein kann, das seine Exportfähigkeiten weiterentwickelt. Schönen Dank.