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Foto: Olaf Scholz hält Rede beim SPE-Kongress
Götz Schleser
15.10.2022 | Berlin

Rede auf dem SPE-Kongress

Dear Sergei,

Dear Stefan,

Dear comrades and friends,

I am delighted that social democrats from all over Europe have been able to meet here in Berlin over the past couple of days. Berlin is located in the heart of Europe, and so it is the ideal meeting place for all those who have Europe in their hearts.

And it is definitely the right place at the right moment. Just across the street, only a few steps away from here, you will see the Eastside Gallery. Every single day, this remaining section of the Berlin Wall serves as a reminder of how the city of Berlin was divided, and how Europe was formerly divided into “East” and “West”.

This division is now a thing of the past – it was a division that the people of Europe refused to accept. And thanks to many brave citizens, this wall – that divided the people – was finally brought down.

And the people joined together in solidarity and sealed the end of the East-West conflict.

This solidarity can still be perceived today. And we Social Democrats are working hard to guarantee that this kind of solidarity continues to exist throughout Europe!

Dear comrades,

Now, we are again faced with the question where the new dividing line between a free Europe and a neo-imperial autocracy will run in the future.

I called it a Zeitenwende when the Russian attack on and invasion of Ukraine began in February. Putin wants to draw a new border through our continent by force - something we never wanted to experience again in Europe. Consequently, the brutal invasion of Ukraine is an assault on the European security order. We resolutely oppose this, not only as individual states and in association with our transatlantic partners, but also as the European Union.

Never again should there be war between its member states. This was the founding promise of the European Union. It is now up to us to preserve and develop this promise of peace. This is what most people, both in the former “West” and in the former “East”, expect from Europe.

That is why we cannot accept Russia's assault on peace in Europe. We cannot simply watch women, men and children being killed, see free countries being wiped off the map and disappearing behind walls or iron curtains. We do not want to return to the 19th and 20th centuries, with their wars of conquest and totalitarian excesses.

Europe must assume responsibility for its own security and defence and strengthen European defence capabilities in order to support and strengthen NATO as the key pillar of our common security policy.

Dear Magdalena, dear Sanna,

I am delighted that we will soon strengthen our NATO alliance by welcoming Sweden and Finland as members.

At the same time, however, we do not intend to react purely on a military level: we are confronting the autocrats and dictators of this world with strong European cohesion. This is reflected in the sanctions we have introduced. We are committed to our common values of peace, democracy and freedom by conviction. This is how we defend our European values against attacks from the outside.

This is also what distinguishes the life's work of Willy Brandt, who spoke to the people of Berlin in front of the Schöneberg Town Hall on 10th November 1989.

In the wake of the emotional events of the previous day, he talked about a wind of change blowing across Europe, and that Germany and Berlin could not avoid being part of these changes.

Brandt spoke about our duties towards peace and towards Europe and emphasized that there could be no political solutions if we failed to respect these duties. Willy Brandt spoke of "the need to continue the development of the European Community and to overcome the fragmentation of our continent once and for all."

Dear friends,

this is exactly what our task in Europe is about: overcoming divisions and putting those pieces together again that belong together. To do this, we need a solid set of shared values, combined with great courage and determination.

European social democracy is sending this courage today from Berlin.

Courage for Europe!

Liebe Freundinnen und Freunde,

ich bin deshalb sehr froh, dass wir beim Europäischen Rat im Juni geschlossen „Ja“ gesagt haben. Ja, die Ukraine, die Republik Moldau, perspektivisch auch Georgien und natürlich die Staaten des westlichen Balkans gehören zu uns, zum freien und demokratischen Teil Europas.

Wir stehen bei unseren Beitrittskandidaten im Wort, bei den Ländern des Westlichen Balkans sogar schon seit fast 20 Jahren, und diesen Worten müssen jetzt endlich Taten folgen.

Dafür steht die SPE, dafür stehe ich ein!

Das ist gut für uns alle, wenn wir in einer Welt mit bald zehn Milliarden Menschen unsere Werte behaupten wollen.

Ein geeinte Europäische Union aus 27, 30 oder 36 Staaten mit dann mehr als 500 Millionen freien und gleichberechtigten Bürgerinnen und Bürgern kann ihr Gewicht in dieser Welt noch stärker zur Geltung bringen.

Eine Europäische Union mit dem größten Binnenmarkt der Welt, mit führenden Forschungseinrichtungen, Innovationen und innovativen Unternehmen, mit stabilen Demokratien, mit einer sozialen Versorgung und einer öffentlichen Infrastruktur, die auf der Welt ihresgleichen suchen. Und mit einer Wirtschaft, die durch erneuerbare Energien angetrieben wird, Strom aus Sonne, Wind und Wasser, und die sichere Arbeitsplätze für die Zukunft schafft!

All das ist möglich. Die Erfahrung der vergangenen Monate zeigt doch: Blockaden lassen sich überwinden.

Darum habe ich vor ein paar Wochen in Prag Ideen zur Zukunft der Union vorgestellt.

Erstens: Ich setze mich ein für die Erweiterung der Europäischen Union. Dass die EU weiter in Richtung Osten wächst, ist für uns alle ein Gewinn.

Natürlich sind die Kandidatenländer gefordert, die Kriterien für den Beitritt zu erfüllen. Dabei werden wir sie bestmöglich unterstützen. Doch auch die EU selbst müssen wir fit machen für diese Erweiterung.

Die EU wird neue Mitglieder aufnehmen können, wenn sie die Dynamik der europäischen Vertiefung aufrechterhält und damit die Grundlage für eine deutlich größere EU schafft.

Im Ministerrat ist schnelles und pragmatisches Handeln gefragt. Ich habe deshalb vorgeschlagen, in der gemeinsamen Außenpolitik, aber auch in anderen Bereichen wie der Steuerpolitik, schrittweise zu Mehrheitsentscheidungen überzugehen.

So kommen wir einer solidarischeren und enger verzahnten EU ein großes Stück näher.

Ich weiß, dass wir hier noch viel Überzeugungsarbeit leisten müssen. Aber ich sage auch klar: Wenn ein geopolitisches Europa unser Anspruch ist, dann sind Mehrheitsentscheidungen ein Gewinn und kein Verlust an Souveränität.

Dabei dürfen wir die Sorgen gerade der kleineren Mitgliedstaaten nicht aus dem Blick verlieren. Auch in Zukunft muss jedes Land mit seinen Anliegen Gehör finden, alles andere wäre ein Verrat an der europäischen Idee.

Hier sehe ich uns Sozialdemokraten in der Pflicht. Lasst uns gemeinsam nach Lösungen suchen, wie ein solches Europa zukünftig entscheiden kann.

Lasst uns gemeinsam voranschreiten für ein souveränes und starkes, für ein demokratisches und freies Europa.

Es kommt auf uns an!

Denn uns geht es um unsere europäische Souveränität!

Das ist mein zweites Anliegen: Im Kern bedeutet europäische Souveränität doch, dass wir auf allen Feldern eigenständiger werden, dass wir mehr Verantwortung übernehmen für unsere eigene Sicherheit, dass wir noch enger zusammenarbeiten und zusammenstehen, um unseren Werten und Interessen Geltung zu verschaffen.

Gerade erst in dieser Woche haben mehr als ein Dutzend EU-Mitglieder eine Initiative von mir aufgegriffen, um ein gemeinsame europäische Luft-Verteidigung zu organisieren, das European Sky Shield.

Solche Souveränität nach außen bedingt Souveränität nach innen.

Das bedeutet auch, solidarisch zusammen zu stehen und gemeinsam daran zu arbeiten, unabhängig zu werden von Rohstoff- oder Energielieferungen einzelner autokratischer Staaten.

Klar ist auch: Europa verdankt seinen Wohlstand dem Handel. Deshalb brauchen wir auch weitere, nachhaltige Freihandelsabkommen und eine ambitionierte Handelsagenda.

Unsere Industrien müssen in der Lage bleiben, Vorreiter bei Schlüsseltechnologien, bei der Digitalisierung oder bei der Mobilität zu sein.

Wir müssen weltweit führend sein beim Ausbau und bei der Nutzung erneuerbarer Energien. Das stärkt unsere Unabhängigkeit, das schafft sichere Arbeitsplätze, das unterstützt unsere Industrie und macht uns attraktiv für unsere Partner in aller Welt.

Wir wollen zeigen, dass Klimaschutz und Wohlstand Hand in Hand gehen können. Und zwar indem wir hier, bei uns in Europa, die Technologien entwickeln und zur Marktreife führen, die weltweit gebraucht und eingesetzt werden.

Wenn uns das gelingt, wird diese große industrielle Transformation dazu führen, dass wir auch in 10, 20 oder 30 Jahren sichere und gute Arbeitsplätze in Europa haben werden.

Das kommt nicht von allein. Das müssen wir gestalten!

Liebe Freundinnen und Freunde,

Ich möchte noch einen weiteren Punkt herausgreifen, weil er beim Thema Souveränität und mit Blick auf den Krieg im Osten unseres Kontinents eine entscheidende Rolle spielt: Wir brauchen in Europa ein besseres Zusammenspiel unserer Verteidigungsanstrengungen.

Zukünftig braucht es in der EU einen koordinierten Aufwuchs der Fähigkeiten, eine gemeinsame Beschaffung, eine schnelle Eingreiftruppe der EU bis 2025 und ein echtes EU-Hauptquartier für eine klare Führungsstruktur.

Wir müssen uns selbstbewusst für gemeinsame, europäische Verteidigungsanstrengungen engagieren.

Das stärkt die Souveränität und die Sicherheit Europas.

Auch der dritte große Handlungsauftrag, den ich für Europa sehe, folgt aus der Zeitenwende, und er geht zugleich weit darüber hinaus: Wir müssen die Reihen schließen, alte Konflikte überwinden und neue Lösungen finden. Das klingt nach einer Selbstverständlichkeit, doch dahinter verbirgt sich viel Arbeit. Das gilt besonders für zwei Felder, die in den vergangenen Jahren wohl die größten Spannungen zwischen den Mitgliedsstaaten hervorgerufen haben, die Migrations- und die Finanzpolitik.

Aber wir haben in jüngster Vergangenheit gezeigt, dass wir auch hier gemeinsam vorankommen können.

Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine hat die EU ihre Handlungsfähigkeit bewiesen und Millionen Ukrainerinnen und Ukrainern unkompliziert Schutz geboten.

Tatsache ist: Europa ist ein attraktiver Kontinent. Viele möchten bei und mit uns leben – sei es um Schutz vor Krieg und Verfolgung zu finden oder auf der Suche nach Arbeit und einem besseren Leben. Von uns Europäerinnen und Europäer erfordert diese Realität, dass wir Migration vorausschauend gestalten müssen. Das bedeutet auch, irreguläre Migration zu verringern und zugleich legale Migration und den Zuzug von Fachkräften aus dem Ausland zu ermöglichen.

In der Fiskalpolitik ist uns in der Corona-Krise mit dem Aufbauprogramm ein historischer Schritt gelungen. Wir haben damit eine solidarische europäische Antwort gegeben und nationale Investitions- und Reformprogramme mit Mitteln der EU unterstützt. Das Aufbauprogramm hilft uns sogar in der gegenwärtigen Krise.

Liebe Freundinnen und Freunde,

in den Gründungsjahrzehnten des vereinten Europas ging es um engere wirtschaftliche Verbindungen. Aber das eigentliche Ziel war es, Jahrhunderte alte Konflikte auf dem Kontinent zu überwinden.

Es ging um Frieden auf dem Kontinent, der nicht zuletzt durch die zwei von Deutschland ausgelösten Weltkriege zu oft ins Verderben gestürzt wurde.

Inzwischen ist aus dem Friedensprojekt auch ein europaweites Freiheits- und Gerechtigkeitsprojekt geworden. Das wiederum verdanken wir auch den Bürgerinnen und Bürger der Länder, die erst später zu unserer Gemeinschaft dazugestoßen sind: Den Spanierinnen und Spaniern, den Griechinnen und Griechen und Portugiesinnen und Portugiesen, die sich nach Jahrzehnten der Diktatur einem Europa der Freiheit und Demokratie zuwandten. Und wir verdanken es den Bürgerinnen und Bürgern Mittel- und Osteuropas, die mit ihrem Kampf für Freiheit, Menschenrechte und Gerechtigkeit den Kalten Krieg überwunden haben.

Freiheit und Demokratie sind unser gemeinsam erworbenes Erbe. Gerade jetzt angesichts der erneuten Bedrohung von Freiheit und Demokratie, die wir im Osten unseres Kontinents erleben, spüren wir diese Verbindung ganz besonders stark.

Das ist der vierte Gedanke, den ich mit euch teilen möchte.

Wenn mitten in Europa von illiberaler Demokratie geredet wird, muss uns das sehr beunruhigen. Deshalb können wir es nicht hinnehmen, wenn rechtsstaatliche Prinzipien verletzt und demokratische Kontrolle zurückgebaut wird.

Deshalb unterstützen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten die Europäische Kommission in ihrem Einsatz für die Rechtsstaatlichkeit.

Liebe Freundinnen und Freunde,

Putins Krieg fordert die soziale Sicherheit und den gesellschaftlichen Zusammenhalt überall in Europa heraus. Denn er setzt Energie als Waffe gegen das freie Europa ein.

Wir müssen unsere Gesellschaften in dieser Krise zusammenhalten. Ich habe das mit einem Satz zusammengefasst: „You’ll never walk alone.“.

Das heißt: Wir stehen zusammen, in Solidarität und Einigkeit und lassen uns nicht erschüttern. Gerade jetzt müssen wir den sozialen Zusammenhalt stärken. Ein Kernanliegen der europäischen Sozialdemokratie.

Als gemeinsame Antwort auf die Herausforderungen Inflation und steigende Energiepreise brauchen wir, wie es unsere gestern verabschiedete Resolution auch fordert, einen europäischen Pakt für bezahlbare Energie und sozialen Zusammenhalt.

Ein wichtiger Baustein dafür ist das, was wir gemeinsam in der EU durchgesetzt haben: Dass Zufallsgewinne in der Krise abgeschöpft werden und dass wir dadurch Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen direkt entlasten können.

Dear friends,

times of change and challenges are also times for unity and decisive action.

We are the largest political family, and the one with the longest tradition. Together, we have the best chances of shaping and improving Europe. That is why we strive to become the most powerful force in the European Parliament in 2024.

There is one person who played a big part in this success story. A true European and an experienced political leader: thank you Sergei, for your outstanding job over the last eleven years!

And now, with Stefan at the helm of the PES, European Social Democracy has been further reinforced by a strong leadership figure.

Our movement will enhance its claim to participation in the shaping of a just, sustainable and social Europe in the years to come. Stefan has not only rendered outstanding service as the Prime Minister of Sweden and Chairman of the Swedish Social Democratic Workers' Party (SAP), he has also been the driving force behind a lot of European achievements. The Social Summit he initiated in Gothenburg in 2017 gave the European Pillar of Social Rights the decisive impetus, paving the way for a fairer European Union for everyone.

By staging the Social Summit in Porto, António Costa consistently continued along this path in the course of last year's Council Presidency.

Let me conclude by mentioning a central task that is crucial for Europe’s future: We must forge ahead in achieving equality between women and men! Gender equality has been hit hard, not just by the COVID pandemic.

The Russian invasion of Ukraine brought millions of refugees, mostly women and children, to the EU and other countries. The gender component of wars and conflict is clear: gender-based violence, risk of trafficking and many other factors of armed conflicts disproportionately affect women.

In response to this, we must take fast and determined action.

Gender equality is and will remain a core value of the PES, thanks particularly to the active role of PES Women.

It is you who have put these topics high up on our agenda. And I hope you will carry on.

Women and women’s rights need to be a part of the solutions developed to counteract global challenges. I vouch to you that our political family will head the drive to securing and advancing gender equality in every possible way.

Dear friends,

"We are the people!" was the appeal of the protesters in 1989. It was the appeal of the citizens which made Politburo autocrats understand that the people were no longer prepared to tolerate the suppression of freedom, democracy and the rule of law.

It was the appeal that brought down the wall, peacefully.

Today, as Russia seeks to forcibly redraw the borders between freedom and autocracy, "We are the people of Europe!" must now resound throughout Europe  from the Mediterranean to the North Sea, from Lisbon to Tbilisi, and beyond. Together, we shall lay the foundations for a Europe of freedom, security and democracy.

This is how we can protect and defend Europe's values, both internally and externally.

Europe is our future, and we shall shape this future – with courage.

Thank you.