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Olaf Scholz ballt entschlossen die Faust.
dpa
09.03.2021

12 Euro Mindestlohn als Zeichen des Respekts

SPD-Kanzlerkandidat und Vizekanzler Olaf Scholz und Bundesarbeitsminister Hubertus Heil machen Tempo bei der Anhebung des Mindestlohns: Sie wollen ihn schon bis 2022 auf zwölf Euro je Stunde anheben. Gewerkschaften befürworten den Vorstoß.

„Viele Bürgerinnen und Bürger unseres Landes arbeiten viel, aber verdienen wenig. Es ist unverändert so, dass ein ganz großer Teil der Beschäftigten so wenig Geld verdient, dass er oder sie nicht in der Lage ist, den eigenen Lebensunterhalt wirklich einfach zu erwirtschaften und im Übrigen hinterher eine gute Rente zu haben“, begründete Kanzlerkandidat Olaf Scholz am Sonntag gegenüber RTL/n-tv den Vorstoß. Ein höherer Mindestlohn sei auch eine Frage des Respekts vor der Leistung dieser Bürgerinnen und Bürger.

Respekt und Würde

In einem Eckpunktepapier [PDF] erläutern Vizekanzler und Arbeitsminister, wie sie den Mindestlohn als absolute Lohnuntergrenze bis 2022 zunächst auf 12 Euro heben wollen. Das Ziel: Wer Vollzeit arbeitet, soll von seinem Lohn anständig leben können. Er oder sie muss die Chance haben, den Anschluss an die Mitte der Gesellschaft zu halten. Arbeit hat ihren Wert und der Lohn muss diesen Wert auch widerspiegeln.

Damit Beschäftigte es künftig leichter haben zu überprüfen, ob der Mindestlohn tatsächlich eingehalten wird, sollen zudem Zulagen und Zuschläge nicht mehr auf den Mindestlohn angerechnet werden. Ausnahmen soll es nicht mehr geben. Schlupflöcher geschlossen werden: Mehr Kontrollen sollen sicherstellen, dass Arbeitgeber den Mindestlohn nicht umgehen.

Schutz vor Altersarmut

Derzeit beträgt der Mindestlohn 9,50 Euro. Zum 1. Juli steigt er auf 9,60 Euro, zum 1. Januar 2022 auf 9,82 Euro und zum 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro. Der Mindestlohn ist eine sozialdemokratische Erfolgsgeschichte. Allerdings bleibt er hinter der allgemeinen Lohnentwicklung zurück. Damit er verlässlichen Schutz vor Armut bietet, wollen Scholz und Heil, dass er kräftiger steigt als bisher.

Insbesondere Frauen profitieren

Von einem höheren Mindestlohn profitieren insbesondere Frauen. Bundesarbeitsminister Heil betonte: „Ich denke an Reinigungskräfte und beispielsweise an die, die an der Supermarktkasse sitzen.“ Die unteren Löhne müssten stärker an die Mitte herangeführt werden, das sei wichtig, um über die Runden zu kommen. „Aber es ist auch wichtig, gerade für Frauen, im Alter besser abgesichert zu werden. Denn bessere Löhne heißt auch bessere Renten.“

Zuspruch von Gewerkschaften

Gewerkschaftsvertreter befürworteten den SPD-Vorstoß. „Wir fordern seit langem einen armutsfesten Mindestlohn von zwölf Euro je Zeitstunde als unterste Haltelinie. Darunter darf in Deutschland nichts gehen“, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) am Dienstag. Der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), Michael Vassiliadis, nannte die Forderungen von Scholz und Heil „überfällig“. Zu lange seien Arbeitgeber aus der gesellschaftlichen Verantwortung geflüchtet.

Tarifverträge stärken

Die sozialpartnerschaftliche Lohnfindung in Tarifverträgen ist ein Grundpfeiler der sozialen Marktwirtschaft - so ist es oft zu hören. Doch in der Realität bröckelt dieser Pfeiler durch stetig abnehmende Tarifbindung der Unternehmen. Unternehmen, die die Sozialpartnerschaft vorbildlich leben und gesellschaftliche Verantwortung übernehmen, geraten zunehmend unter Wettbewerbsdruck. Der Staat hat begrenzte Möglichkeiten, dem entgegenzuwirken. Aber er kann Anreize setzen und zeitgemäße Rahmenbedingungen schaffen.

Lohndumping stoppen

Scholz und Heil schlagen daher in dem Eckpunktepapier auch ein Bundestariftreuegesetz vor. Damit wären öffentliche Aufträge künftig an Tarife gebunden. „Wir werden regeln, dass öffentliche Aufträge des Bundes, der Länder sowie der Kommunen für Bau- und Dienstleistungen ab einem noch festzulegenden Schwellenwert nur noch an Auftragnehmerinnen und Auftragnehmer vergeben werden dürfen, die ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die einschlägigen durch Rechtsverordnung festgesetzten tarifvertraglichen Entlohnungsbedingungen gewähren“, fordern die Minister. DGB-Chef Hoffmann begrüßte auch das. „Ein Staat, der Aufträge an nicht tariftreue Betriebe vergibt, macht sich zum Komplizen beim Lohndumping.“

CDU/CSU blockieren

Dass dies mit der Union als Koalitionspartner noch unter der aktuellen Regierung umgesetzt wird, hält Kanzlerkandidat Scholz für ausgeschlossen. „Ich mache mir nichts vor. Mit der jetzigen Regierung wird das nichts werden. Unser Koalitionspartner hat schon den Mindestlohn bei seiner Einführung hart bekämpft“, sagte er im Interview. Die Erhöhung des Mindestlohns „zunächst auf mindestens zwölf Euro“ ist eine zentrale Forderung im SPD-Zukunftsprogramm.