Besuch mit dem Konsularischen Korps und Ehepartnern beim DESY
Sehr geehrter Herr Dosch,
sehr geehrte Damen und Herren Konsulatsleiter,
sehr geehrten Damen und Herren,
ich freue mich, heute mit Ihnen DESY zu besuchen, Deutschlands größtes Beschleunigerzentrum. Der Name Deutsches Elektronen-Synchrotron ist ein wahrer Zungenbrecher. Da halte ich mich doch lieber an die Abkürzung DESY.
Was manche an einen Frauennamen denken lässt, birgt Hochtechnologie vom Feinsten. Dabei fasziniert mich an naturwissenschaftlicher Grundlagenforschung am meisten, dass die Erkenntnisse über die winzigen Teilchen, die es hier geht, in Zukunft immense Folgen zeitigen können gleichermaßen auf den Gebieten der Physik, Chemie, Biologie, Geologie und Medizin.
Moderne Technologien jeglicher Art haben ohne Grundlagenforschung keine Basis.
Grundlagenforschung schafft die Voraussetzung für immer leistungsfähigere Mikroelektronik sowie für immer effektivere, zugleich ressourcen-schonende Energieerzeugung und dringend benötigte neue Energiespeichertechniken um nur einige besonders wichtige Bereiche zu nennen.
Seit einem halben Jahrhundert entstehen an Orten wie hier in Bahrenfeld Perspektiven für die kommenden Jahrzehnte, vorangetrieben von 1.900 DESY-Mitarbeitern, 90 Prozent davon sind hier am Hamburger Standort beschäftigt.
Daneben nutzen mehr als 3.000 Wissenschaftler aus über 45 Nationen die DESY-Anlagen DESY ist eine Wissenschaftsschmiede, deren Spitzenforschung weltweiten Ruf genießt.
Die Internationalität von DESY wirkt sich auch ganz unmittelbar in der Region aus: In der Kooperation mit dem Großprojekt ESS im schwedischen Lund bei Malmö entwickelt sich ein europäisches Forschungscluster, das Forschungs- und Kooperationsinfrastrukturen für eine Vielzahl von Partnern in Wissenschaft und Wirtschaft im norddeutschen und im skandinavischen Raum bietet.
Übrigens genießt DESY auch bei jungen Leuten einen guten Ruf: Anfang dieses Jahres habe ich das Schülerlabor mit dem programmatischen Titel physik.begreifen besucht und schon Viertklässler bei ihrer engagierten und konzentrierten Arbeit erlebt neben Obenstufenschülerinnen und schülern bei Experimenten rund ums Elektron.
Bei DESY verstauben die wertvollen Erkenntnisse nicht im wissenschaftlichen Elfenbeinturm. Sie vermitteln sich in regem Kontakt mit der Stadt, ihren Bürgerinnen und Bürgern und den hier ansässigen Unternehmen und nicht zuletzt dem Bildungsnachwuchs.
Schon Johann Wolfgang von Goethe wusste: Es ist nicht genug, zu wissen, man muss auch anwenden.
Hamburg unterstützt und fördert die Forschung bei DESY, so etwa die Entwicklung höchstauflösender Röntgenmikroskope für die in dieser Form einzigartige Analyse von Hochleistungsmaterialien und neuen Wirkstoffen, die in Zukunft insbesondere für die High-Tech-Industrie in der Metropolregion besser nutzbar gemacht werden sollen.
Meine Damen und Herren,
ich gebe zu: Auch in der Politik wünscht man sich so manches Mal einen Beschleuniger, damit das, was wir als sinnvoll und nützlich ansehen, noch schneller umgesetzt wird.
Wahr ist aber auch: Politik und politische Prozesse sind im Vergleich zu früheren Jahren ungleich komplexer geworden trotz Verwaltungs¬modernisierung, trotz blitzschnell arbeitenden Informationskanälen rund um den Globus. Die Folgenabschätzung eines Projekts von der juristischen Prüfung bis zum Nachhaltigkeits-Check dauert oft ihre Zeit. Auch das gehört dazu, wenn man versprochen hat, ordentlich, also verlässlich und handwerklich sauber zu regieren.
Im Gegensatz dazu entwickelten sich die Turbulenzen in der Eurozone und auf den globalen Finanzmärkten in jüngster Vergangenheit in einem Tempo, das alles andere als gut für uns alle war. Jedes einzelne Land, das Sie alle repräsentieren, ist davon betroffen die einen weniger, die anderen mehr.
Gemeinsam ist unseren Ländern, dass wir mehr noch als bisher international denken. Wir sehen eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung und Stabilität längst nicht mehr als nationale Aufgabe, sondern als Herausforderung an die Staatengemeinschaft.
Das spiegelt sich auch in der öffentlichen Meinung wider: Wie sehr die im Prinzip banale Aussage zutrifft, dass alles mit allem zusammenhängt, hat sich schon fast zum kollektiven Gedankengut entwickelt. Ich finde das richtig. Der Gemeinschaftsgedanke ist gerade in kritischen Zeiten ein Aspekt, auf dem wir weiter aufbauen sollten.
Als Konsularstandort hat Hamburg eine große Tradition, auf die die Stadt mit Recht stolz sein kann. Das erste Konsulat eröffnete Österreich bereits 1570, Frankreich folgte 1579 und 1625 kamen die Niederlande hinzu. Aktuell freuen wir uns über 97 Landesvertretungen, mit denen wir hervorragend zusammenarbeiten zum gegenseitigen Nutzen.
Damit das auch so bleibt, möchte ich Sie alle herzlich bitten, in Ihren Stammländern intensiv für Ihre Arbeit zu werben.
Neben den wichtigen Serviceangeboten für Hamburg-Besucher aus Ihren Ländern stellen die konsularischen Vertretungen einen unverzichtbaren Bestandteil der wechselseitigen Beziehungen dar, der weit über die wichtige Kontaktpflege in Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur und Politik hinausgeht.
Hamburg als sprichwörtlich weltoffene und tolerante Stadt lebt von der Stärke seiner Verbindungen in alle Welt, auch von den persönlichen Verbindungen, die keine E-Mail, keine Videokonferenz ersetzen kann.
Sie, liebe Frau Tikka, haben unlängst dem Hamburger Abendblatt stolz erzählt: Ich spreche jetzt sogar Platt! Solch ein Bekenntnis der finnischen Generalkonsulin, finde ich, wirbt mehr für die gemeinsame Freundschaft als der eine oder andere Hochglanzprospekt.
Sie, meine Damen und Herren, sind für Viele, die schon lange in Hamburg leben, die uns besuchen oder mit uns zusammenarbeiten möchten, eine Art Türöffner, und für die Hiesigen sind Sie buchstäblich das Gesicht Ihres Landes in Hamburg.
Was Hamburg interessant macht, davon haben wir uns einmal mehr heute hier bei DESY überzeugen können, für Sie ganz nebenbei sicher auch als willkommene Abwechslung vom Alltagsgeschäft.
Ich freue mich auf anregende Gespräche und wünsche uns allen noch eine schöne gemeinsame Zeit.
Vielen Dank.
Es gilt das gesprochene Wort.