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29.06.2016

"Europa ist es wert, verstanden zu werden" Rede zum Deutsch-Französischen Journalistenpreis

"Europa ist es wert, verstanden zu werden" Rede zum Deutsch-Französischen Journalistenpreis

 

Sehr geehrter Herr Professor Kleist,
sehr geehrte Frau Weiss,
sehr geehrter Herr Botschafter,
meine Damen und Herren,

Freundschaften sind am besten, wenn sie verlässlich sind und viel Raum für Freude geben. Von idealen Freundschaften heißt es, sie sollten auf Gleichheit beruhen und unterschiedliche Perspektiven vereinen. So wie die deutsch-französische Freundschaft eben. Und es ist ja nicht nur eine Freundschaft: Unsere Verbindung basiert auf unzähligen Arbeitsbeziehungen, politischen Freundschaften, Jugendprojekten und immer wieder auch auf Liebesbeziehungen.

Es ist nicht immer einfach, von dieser bemerkenswerten Vielfalt der deutsch-französischen Beziehungen zu berichten. Journalisten kennen das Phänomen: dramatische Ereignisse und harte Konflikte ziehen die meiste Aufmerksamkeit.

Häufig strittig und bisweilen sogar heftig geht es in der EU zu. Das hat einen enormen Anstieg der Berichterstattung ausgelöst. Die Journalistinnen und Journalisten haben damit etwas geschaffen, das nicht übersehen werden sollte: Es sind erste Ansätze von europäischer Öffentlichkeit entstanden.  

Während sich EU-Regierungschefs nach vielen verstrichenen Terminen auf gemeinsame Lösungen einigten, lernten die EU-Bürger, dass Ratingagenturen für ihre Staaten Bonitäten berechnen. Das lernten sie nicht etwa in der Schule, sondern aus Zeitungen, Fernsehberichten und Online-Medien. Je härter die Auseinandersetzungen waren, desto mehr wurden auch die Themen vergemeinschaftet: In Ländern, die äußerst wenig Flüchtlinge aufgenommen haben, diskutieren Zeitungen und Bürger genauso leidenschaftlich wie in Deutschland. Und weil in Schlagzeilen und Kurznachrichten nicht viel Platz ist, entstanden Hashtags, die man in ganz Europa versteht.

Das ist natürlich nur ein Anfang: Stück für Stück kann sich daraus, wie Professor Kleist es genannt hat, ein gemeinsamer europäischer Kommunikationsraum entwickeln. Wie das geht, das zeigen die hier nominierten Arbeiten. Und der deutsch-französische Journalistenpreis ist ja weit mehr als der feierliche Akt heute: Die Projekte und Medienkooperationen gehören zu den Vorbildern des europäischen Journalismus.

Europa befindet sich in einer besonderen Situation. Wir leben auf einem Kontinent des Friedens, es ist das Prinzip der EU, dem wir das verdanken. Die Bürger nutzen die Freizügigkeit, der Binnenmarkt sichert Arbeitsplätze und überall profitieren Regionen von EU-geförderter Infrastruktur. Dennoch gibt es auch Kritik und Skepsis.

In Großbritannien hat eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger für den Austritt gestimmt. Viele hofften wohl, so mehr Einflussmöglichkeiten  auf die Globalisierung und ihre Auswirkungen  durch den eigenen Staat zu gewinnen. Aber das ist ein Irrtum: Nur mit einer handlungsfähigen Gemeinschaft können die Staaten den Gang der Dinge, und das heißt hier der Globalisierung, im Sinne ihrer Bürgerinnen und Bürger beeinflussen.


Dass die Europäische Union nicht als Kraftverstärker in der globalisierten Welt verstanden wird, ist ein Problem. Denn sie ist nur stark, wenn sie von ihren Bürgerinnen und Bürgern getragen wird. Mehr Demokratie nach innen und nach außen handlungsfähig, das ist die EU, für die wir uns gemeinsam mit unseren französischen Freunden einsetzen.

Journalistinnen und Journalisten können einen ganz wichtigen Beitrag dazu leisten. Denn sie sind diejenigen, die die Elemente einer Sprache Europas entwickeln. Sie schreiben, erklären und motivieren. Sie sind in der Lage, die Grenzen der Verständigung zu erweitern und Konsens zu vermitteln. Es geht es um politische Konzepte und um Kommunikation.

Europa ist es wert, verstanden zu werden.
Vielen Dank!

 

Es gilt das gesprochene Wort.