Sehr geehrte Frau Zweite Bürgermeisterin,
sehr geehrte Frau Professor Ziemer,
sehr geehrter Herr Larson,
sehr geehrter Herr Sprandel,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
es gibt Situationen, in denen braucht man Lotsen. 1858 hat Hamburg angefangen, Lotsen zu beschäftigen und niemand kann sich heute vorstellen, dass wir jemals ohne sie auskommen.
Nach den Lotsen, auf Englisch pilots, werden auch die Projekte benannt, die im eigentlichen Sinne des Wortes wegweisend sind: die Pilot-Projekte.
Finding Places ist ein solches Lotsenprojekt. Und es hat viele Lotsen.
Als Lotsen haben zunächst einmal die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gearbeitet. Ich habe Frau Prof. Dr. Ziemer im Januar gefragt: Es heißt doch, das CityScope Programm aus Boston könne auch von Nicht-Experten genutzt werden. Können Sie damit ein interaktives Planungstool für die Identifikation von Flächen entwickeln? Genau so streng wissenschaftlich und datenorientiert, wie Sie das im CityScienceLab auch sonst machen? Nur diesmal zu Rationalisierung einer politischen Debatte?
Diese komplexe Aufgabe hat auch die HCU in völlig neue Gewässer geführt. In nur wenigen Monaten hat das Team auf der Grundlage des Open Source-Programms CityScope und mit Unterstützung des ZKF das Stadtmodell Finding Places entwickelt. Das ist eine enorme Leistung!
Liebe Frau Ziemer, Sie und Ihr Team haben auf exzellentem wissenschaftlichem Niveau, ein technisch höchst kreatives und bemerkenswertes Ergebnis geliefert. Sie haben ein Lotsen-Programm der Spitzenklasse geschaffen und damit das Nachdenken über die Stadt neu orientiert. Finding Places ist ein ordentlicher Schub in die Zukunft.
Finding Places führt das Wissen der Demografen, Behörden und Geografen zusammen und macht es unmittelbar nutzbar. Die Beteiligten der Workshops sind in der Position von informierten Stadtplanern, die eine äußerst komplexe Aufgabe zu bewältigen haben. Es ist nicht irgendeine theoretische Aufgabe, sondern die Aufgabe, die unsere Stadt gemeinsam lösen muss: Welche Flächen können wir für die Unterbringung von Flüchtlingen nutzen?
Finding Places ist ein Aufruf der sagt: Das ist Deine Stadt, hier ist die Chance zu prüfen, ob das, was in der Theorie einleuchtet auch für die Praxis taugt.
Das Programm ermöglicht Entscheidungen unter Realbedingungen. Am interaktiven Planungstisch ist sehr gut zu spüren, mit welcher Kleinteiligkeit und Detailtreue die großen politischen Entscheidungen getroffen werden müssen. Das Programm lotst die Nutzer verständlich durch die Datenmengen: An farblichen Markierungen ist zu sehen, wo öffentliche Flächen sind und welche gesetzlichen Anforderungen bestehen.
Alle Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen, sich zu beteiligen. Für jeden Bezirk wird es mehrere Workshops geben. An dem interaktiven Planungstisch von Finding Places, sind Sie in der Positionen derer, die manchmal die da oben genannt werden. Sie sehen die Optionen und Gestaltungsmöglichkeiten, ebenso wie die Grenzen und viele Einschränkungen. Sie können ihre Vorschläge formulieren, entscheiden gemeinsam was wichtig ist und übernehmen Verantwortung für die Gestaltung der Stadt. Das erfordert Geduld, etwas, das wir ja sonst nur von unseren Beamten fordern können.
Die Vorschläge aus den Workshops werden dokumentiert, veröffentlicht und geprüft. Und wenn sie geeignet sind, werden wir auf den vorgeschlagenen Flächen bauen.
In keiner Stadt der Welt ist jemals so ein Projekt gestartet worden. Und es ist kein Zufall, dass ein solches Projekt gerade in Hamburg entwickelt wird. Denn das Kennzeichen unserer Stadt ist, dass wir digitale Technologien für mehr Demokratie und positive Einflussnahme auf gesellschaftliche Veränderungen nutzen.
Nur ein demokratisches Gemeinwesen hat ein Interesse daran, ein solches Stadtmodell mit allen Daten in Echtzeit zu erstellen. Nur eine Gesellschaft mit einer komplexen Verwaltung erfasst, kombiniert und bewahrt überhaupt solche Daten. Und nur eine demokratische Gesellschaft legt sie offen: Die Beschaffenheit von Flächen, ihr Eigentumsstatus, welche Gebäude dort gerade stehen und wie die Einwohnerverteilung ist, kann jeder in Hamburg erfahren. Der Landesbetrieb Geoinformation und Vermessung hat der HCU kontinuierlich und in kürzester Zeit alle Daten geliefert. Jeder kann die Parameter überprüfen.
Finding Places ist das Hamburger Modell der digital informierten Bürgerbeteiligung in einer offenen Gesellschaft. Hier ist ein wahrhaft soziales und interaktives Modell entstanden.
Die Politik der offenen Gesellschaft, das betont der Philosoph Volker Gerhard, braucht ein (apriorisches) Minimum an Zuversicht. Diese Zuversicht ist kein naiver Optimismus und auch nicht der Glaube an eine Utopie. Sie gleicht vielmehr der positiven Neugierde von Reisenden, die eine Stadt für sich persönlich entdecken.
Einen solch offenen und neugierigen Blick ermöglicht auch diese Projekt: Finding Places ist die Einladung, sich die Stadt neu anzueignen und mit Zuversicht gemeinsam Lösungen für eine große Herausforderung unseres Gemeinwesens zu finden.
Sie sind herzlich eingeladen, sich zu beteiligen. Schauen Sie ob Senat und Bezirke etwas übersehen haben. Ich bin mir sicher, Sie werden etwas finden.
Vielen Dank!
Es gilt das gesprochene Wort.