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11.09.2010

Für Hamburg handeln

Hamburg hat einen neuen Ersten Bürgermeister und ein teilerneuertes Senatskollegium von der regierenden Koalition vorgesetzt bekommen. Schauen wir uns die neue Truppe an, können wir nur feststellen: Wir sind nicht beindruckt. Da müssen viele abgesagt haben. Sonst wäre nicht ein entlassener Kulturstaatsrat jetzt Kultursenator geworden und nicht jemand Wirtschaftssenator, der sagt, es gebe Bessere und er könne das gar nicht und nicht jemand Innensenator, der bisher nicht zum Zuge kam, weil ihm offenbar die eigenen Parteifreunde das Amt bis dato nicht zugetraut hatten. In unserer schönen Stadt Hamburg sind Leute Senatoren geworden, die ihre Zukunft schon hinter sich haben. Manche sind sogar Senatoren geblieben und man fragt sich, wie kann das angehen; z.B. der Finanzsenator. Gegen den wird von einer Staatsanwaltschaft ermittelt. Das ist doch unfassbar. Aber offenbar glaubt niemand mehr, dass es einen CDU-Bürgermeister über den nächsten Wahltermin hinaus geben wird. So ist es auch. Die Party ist vorbei.


Der neue Senat ist ohne das Volk gebildet worden. Die Hamburgerinnen und Hamburger hätten gerne selbst über den künftigen Kurs und den künftigen Bürgermeister angestimmt. Für die Nichtbeachtung des Bürgerwillens werden wohl beide Regierungsparteien, CDU und GAL, einen hohen Preis zahlen müssen. Bei den nächsten Wahlen. Denn die kommen bestimmt.


Diese beiden Parteien scheinen die Wählerinnen und Wähler überhaupt eher zu fürchten. Sonst kämen sie bestimmt nicht mit dem Vorschlag daher, die Legislaturperiode zu verlängern und künftig nur alle fünf Jahre zu wählen.


Wenn die Bürgerinnen und Bürger die Verhandlungen und die Verständigungen zwischen den Koalitionsparteien in den Zeitungen, im Radio, im Fernsehen oder im Internet verfolgen, dann geht es ihnen immer öfter wie uns. Man versteht, warum die das tun, man versteht , warum das gut ist für die GAL oder die CDU, aber man versteht nicht, warum das gut ist für die Stadt. Wir werden immer gefragt: Was habt ihr z.B. der GAL zu bieten? Ich bin dagegen, diese Frage zu beantworten. Unter Funktionären und professionellen Politikbeobachtern, mag eine solche Haltung als cool gelten. Sie ist aber undemokratisch. Es geht doch um die Bürgerinnen und Bürger, denen muss gute Politik geboten werden. Um es mit Bürgermeister Voscherau zu sagen: kein spielerischer Umgang mit den Existenzgrundlagen der Stadt. Der Senat ist doch keine WG in der sich alle lieb haben müssen. Ich bin sicher, die nächste Wahl wird ein Plebiszit gegen Geschäfte unter Politikern, gegen das Klüngeln. Wir sind in Hamburg und nicht in Köln. Die Bürger wissen, dass eine Partei, die nicht die Mehrheit der Mandate hat, Kompromisse machen muss. Aber die Bürgerinnen und Bürger wollen auch in der Regierungstätigkeit, den Kurs der politischen Partei, der sie ihre Stimme gegebenen haben, noch wiedererkennen. Das ist heute weder für die Wählerinnen und Wähler der CDU, noch der GAL wirklich möglich. Das Klüngeln muss aufhören. Damit das Klüngeln aufhört, brauchen wir ein starkes Votum für die SPD. Das sehen immer mehr Bürgerinnen und Bürger so, nicht nur wir.


Hamburg wird nicht gut regiert. Das Gefühl verbreitet sich immer mehr. Und die Bürgerinnen und Bürger erinnern sich, dass Hamburg nicht schlecht gefahren ist mit seinen sozialdemokratischen Bürgermeistern.


Von diesen Bürgermeistern haben sie erwartet, dass sie immer auch mal wieder etwas Bemerkenswertes zu sagen hatten, nicht nur zu Hamburg und seinen Themen, sondern auch zur Lage des Landes. Hamburger Bürgermeister müssen auch über die Stadt hinaus gehört werden. Das ist zuletzt aus der Mode gekommen. Und die ersten Interviews des neuen Bürgermeisters erwecken nicht den Eindruck, als ob da jetzt etwas zu erwarten ist. Hamburg braucht wieder eine vernehmliche Stimme.


Hamburg wird nicht gut regiert. Vor allem anderen machen das die Bürgerinnen und Bürger daran fest, dass nicht mal das normale Aufrechterhalten der Infrastruktur gelingt. Das Schnee- und Eis-Chaos des letzten Winters hat nicht nur für sich genommen alle aufgeregt. Es war das deutlichste Zeichen dafür, dass dieser Senat zwar ständig neue oft sehr teure Projekte anstoßen, aber die Stadt nicht instandhalten kann.


Alle Probleme sind noch da. Da hat der Bürgermeisterwechsel nichts daran geändert.

 

Das liebe Geld
Der schwarz-grüne Senat kann nicht mit Geld umgehen. Der Haushaltsentwurf für die nächsten beiden Jahre liegt immer noch nicht vor. Er ist überfällig. Ganz plötzlich, nach bald zehn Jahren CDU -Regierung, stellt der CDU Senat fest, dass er 500 Mio im Jahr zu viel ausgibt. Dass der Senat über unsere Verhältnisse lebt, haben wir schon vorher gewusst. Aber da war immer Geld für neue Ideen und das wurde mit vollen Händen ausgegeben, als die Steuereinnahmen sprudelten. Allein die Kostensteigerungen für alle Bauprojekte betragen 800 Millionen Euro.


Was wir in Hamburg wieder brauchen, ist ein Senat, der sparsam mit unserem Geld umgeht. Wer sparsam wirtschaftet, braucht auch keine Sparpolitik. So wie dieser Senat sie jetzt nötig hat. Es heißt auf das Geld zu achten.


Ich bin übrigens froh, dass wir die Schuldenbremse jetzt im Grundgesetz haben. Ich habe dafür gestimmt. Denn sie zwingt die Politik ehrlich zu werden. Das war bei der Bundesregierung so, weil alle wilden Steuersenkungsversprechen der FDP und der Union an der mittelfristigen Finanzplanung scheitern. Und deshalb haben wir in diesem Frühjahr den Offenbarungseid des Hamburger Senats erlebt. Eigentlich sollte die Stunde der Wahrheit erst nach der nächsten Wahl 2013 kommen. Die Wirtschaftskrise und die Schuldenbremse haben diesen schönen Plan durchkreuzt. Die Schuldenbremse ist auch ein Mittel gegen halbstarke Politik. Es ist halbstark, wenn, um mit unseren Freunden anzufangen, man zwar die Kraft hat mehr Ausgaben zu beschließen, aber nicht die Kraft zu sagen, von wem das Geld kommt. Und es ist halbstark, wenn Rechte zwar die Kraft für Steuersenkungen haben, aber nicht die Kraft zu beschließen, bei wem Leistungen gestrichen werden sollen. Deshalb bin ich dafür, dass wir uns ein Vorbild an der Haushaltspolitik des amerikanischen Präsidenten Clinton nehmen. Der hatte einen völlig maroden Haushalt von Reagan und Bush Senior übernommen. Und dann mit dem Kongress vereinbart, dass jedes Gesetz mit Mehrausgabe auch Bestimmungen zu Mehreinnahmen oder Ausgabenkürzungen an anderer Stelle und in gleicher Höhe beinhalten muss. Das gleich galt für Steuer- und Gebührensenkungen. Auch in dem Fall mussten im selben Gesetz die Minderausgaben gleich festgelegt werden. Nach zwei Amtsperioden war der amerikanische Haushalt saniert und es wurde über die Verwendung der Überschüsse diskutiert. Das Prinzip nennt sich Pay as you go. Wir sollten es auch in unserer Stadt mit ihrer stolzen Kaufmannstradition anwenden.


Wohnen

In Hamburg fehlen Wohnungen und die Mieten steigen. Jeder kann das merken, spätestens wenn er in einer Schlange steht. Das ist nicht zufällig so. Sondern mit dem Beginn der CDU Regierungen wurde der Wohnungsbau zurückgefahren. Das war politische Absicht. Im ersten, im zweiten, im dritten Jahr war das noch nicht zu merken. Aber jetzt nach bald zehn Jahren, merkt das jeder. Wenn es in Hamburg keine Wohnungsnot geben soll, müssen jedes Jahr 5 bis 6 tausend Wohnungen gebaut werden. Ein Drittel Sozialwohnungen. Auch der ist fast zum Erliegen gekommen. Bald gibt es weniger als 100.000 Sozialwohnungen in Hamburg. Das alles gefährdet den sozialen Zusammenhalt. Die Stadt zieht auseinander. Es hat immer reiche und arme Stadtteile gegeben. Aber in den ärmeren Quartieren haben immer auch welche mit guten Einkommen und in den wohlhabenderen welche mit niedrigem Einkommen gelebt. Das ist immer weniger so. Das muss wieder anders werden. Wir brauchen bezahlbaren Wohnraum auch in den attraktiven Innenstadtlagen. 


Sicherheit
Um die innere Sicherheit in Hamburg ist es schlecht bestellt. Brennende Autos, bedrückende Gewalttaten gegen junge Leute im öffentlichen Raum. Jeder kennt die schlimme Entwicklung. Das bedroht auch das Freiheitsgefühl unserer Bürgerinnen und Bürger. Natürlich ist der Senat nicht für die Straftaten verantwortlich. Aber er ist verantwortlich für die Sparpolitik an den Polizeikommissariaten, während gleichzeitig eine Reiterstaffel eingerichtet wird und immer mehr Bürokratie in den Oberen Etagen aufgebaut wird. Und was in Sachen Jugendgewalt zu tun ist, ist schon lange bekannt. Aber nach fast zehn Jahren klappt es mit dem Konzept an den bekannten Intensivtätern dran zu sein, mit Polizei, Schule, Sozialarbeitern immer noch nicht. Überrascht stellt der Senat fest, dass es Monate dauert, bis sich alle Beteiligten zusammen setzen. Das ist politisches Versagen. Und empörend.

 

Wirtschaft
Die bald zehn Jahre CDU Senate sind auch zehn Jahre miserabler Wirtschaftspolitik. In der Hamburger Wirtschaft sehen das fast alle so. Wirtschaftspolitik in Hamburg geht nicht so wie in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen oder NRW. Da kann ein Ministerpräsident für Prestigeprojekte das Geld der vielen Steuerzahler dieser großen Länder verteilen. Wir in Hamburg müssen uns kümmern. Das wird vermisst.
Immer noch ist die Basis gut. Hamburg hat einen Ruf als eine wirtschaftlich starke Stadt.


• Vom Hafen haben alle gehört.
Hamburg ist Industriestadt (Airbus, Aurubis etc.). Wer weiß das eigentlich in Hamburg?
• Es gibt wirklich viele Wirtschaftszweige in der Stadt Cluster (Medien, Internet, Luftfahrt, immer noch Schiffbau und -reparatur, Life Sciences, Umwelttechnologie etc.)
• Unterschätzt ist der Finanzplatz Hamburg (Über 50.000 Beschäftigte arbeiten in der Branche aus Banken, Versicherungen, Börsen und Maklern. Damit belegt Hamburg als Bank- und Versicherungsstandort jeweils den dritten Platz in Deutschland)


Viele in der deutschen Politik denken, man muss sich nicht kümmern. Und wirklich. Es kümmert sich nur selten jemand. Wie weit die Dinge gekommen sind, konnten wir Hamburger beim letzten Besuch der Kanzlerin in China feststellen. Von chinesischen Unternehmen auf die noch immer nicht abgeschlossene Fahrrinnenanpassung der Elbe angesprochen, antwortete sie nach vielen Berichten; Wilhelmshaven, da könnten sie doch demnächst hin. Was macht eigentlich der Senat!


Hamburg ist Globalisierung! Das ist zwar grammatikalisch eine ebenso furchtbare Formulierung wie Wir sind Papst, aber ich glaube, jeder der schon mal den Blick über den Freihafen hat schweifen lassen, weiß genau, was ich damit meine. Die Containerwelt ist ein sichtbarer Beweis dafür, wie viele Güter und Waren tagein, tagaus durch das Tor zur Welt geschleust werden.


Kann man sich so vor diesem Hintergrund so wenig um den Hafen und die Fahrrinnenanpassung kümmern, wie es die CDU Senate tun. Und wie die ideologische Parole Hafen finanziert Hafen offizielle Senatspolitik werden kann, verstehe wer will! Die Entwicklung der Verkehrsinfrastruktur muss energisch vorangetrieben werden. Aber nichts geschieht. Schienenanbindung des Hafens, Wirtschaftsverkehr, Hafenquerspange, Y Trasse. Das sind alles Stichworte für Unerledigtes.


Schläft Hamburg? Können wir es uns leisten sanft zu träumen? Wir beobachten doch den Wegzug von Medienunternehmen wie Universal nach Berlin, Zentralen von Banken und Versicherungen sind aus Hamburg verschwunden. Es ist Zeit aufzuwachen.


Bildung
Kommen wir zum wohl wichtigsten Thema auch der Hamburger Politik. Wie läuft es mit der Bildung. Schlecht, ist das kurze Fazit der Hamburger Bürgerinnen und Bürger. Und wie wir sehen werden stimmt dieses Stimmungsbild leider wirklich mit der Lage überein.


Wie die Schulen in Hamburg künftig strukturiert sein sollen, das steht nach dem Volksentscheid nunmehr fest. Es wird eine vierjährige Grundschule geben. In diesen Schulen wird es keine Klasse mit mehr als 23 Schülerinnen und Schülern geben. In Stadtteilen mit vielen Hürden auf dem Weg zu guter Bildung sollen es nicht mehr als 19 sein. Das haben wir gegen den Senat durchgesetzt. Die Eltern entscheiden frei auf welche weiterführende Schule ihr Kind wechselt. Das haben wir durchgesetzt. Und es wird nur noch zwei weiterführende Schulen geben. Das Gymnasium und die Stadtteilschule, die beide zum Abitur führen. Dass auch jede Stadtteilschule eine Oberstufe kriegt, haben wir durchgesetzt. Der schwarz-grüne Senat hatte das nicht geplant. Nachdem das Volk entschieden hat, wird es jetzt um eine wichtige Aufgabe gehen: Das Schulsystem jedes Jahr, jeden Monat, jede Woche, jeden Tag besser zu machen.


Alle wissen: Der Erfolg unserer Volkswirtschaft beruht auf der Leistungskraft unserer Arbeitnehmer. Es wird prognostiziert, dass uns am Ende dieses Jahrzehnts bereits bis zu 2 Millionen Fachkräfte fehlen könnten. Das ist eine Folge des demografischen Wandels. Etwas überspitzt formuliert: Uns gehen die jungen Leute aus. Der drohende Fachkräftemangel erstreckt sich aber über die ganze Breite der beruflichen Qualifikationen.


Allerdings ist die Lage nicht hoffnungslos. Wir müssen uns nur in die Lage versetzen, die Fähigkeiten der ganzen nachwachsenden Generation zu nutzen. Das ist heute keineswegs der Fall. 


Hamburg ist eine große Stadt: Kennen Alle in Hamburg alle Stadtteile? Waren Alle schon mal dort? Mümmelmannsberg, Steilshop, Osdorfer Born, Kirchdorf-Süd, Lohbrügge-Nord, Lenzsiedlung, , Neuwiedenthal, Tegelsbarg, Neu-Allermöhe, Iserbrock, Lurup, Jenfeld. Da sind die Fachkräfte für unsere Zukunft.
Heute verlassen - auch in unserer Stadt - zu viele die Schulen entweder ohne Schulabschluss oder mit zu wenig Bildung um einer Berufsausbildung gewachsen zu sein. Das war nie akzeptabel; aber heute können wir es uns schlicht nicht mehr leisten. Diese Realität des heutigen Schulalltages zu ändern, ist nicht leicht. Aber möglich. Schließlich ist das mit Entscheidungen der nach der deutschen Verfassung für die Bildung zuständigen Länder beeinflussbar. Auch in Hamburg! Die Globalisierung spielt da keine Rolle und kann keine Ausrede für politisches Versagen hergeben. 


Wir müssen daher dringend unsere Schulen verbessern und die Kinderbetreuung schon vor dem Schulbeginn ausbauen.


Was die Kinderbetreuung anbetrifft, hat Hamburg infolge des Einsatzes der SPD immerhin eine gute Ausgangsbedingung. Die sozialdemokratischen Senate haben in Hamburg im Ländervergleich überdurchschnittlich viele Kinderbetreuungsplätze geschaffen, als in weiten Teilen Westdeutschlands die Einsicht in die Notwendigkeit eines umfassenden Angebots noch nicht weit verbreitet war. In Hamburg haben wir mit dem von uns im Jahre 2003 gestarteten Volksbegehren Mehr Zeit für Kinder, einen Rechtsanspruch auf Kitabetreuung für Berufstätige durchgesetzt. In der großen Koalition nach 2005 haben wir einen Rechtsanspruch auf eine Halbtagesbetreuung für alle Kinder ab dem ersten Lebensjahr bis zur Einschulung durchgesetzt. Was die Schulen betrifft, haben wir Sozialdemokraten mit dem Rechtsanspruch auf kleine Klassen in der Grundschule, einen wichtigen Schritt nach vorn durchgesetzt. Und dass das von der CDU durchgedrückte unsoziale Büchergeld ab nun wieder der Vergangenheit angehört ist richtig - und der SPD zu verdanken.


Der Senat scheint das alles nicht zu verstehen. Er erhöht die Kitagebühren. Und da werden Eltern zu Besserverdienern, die zur ganz normalen Mittelschicht gehören. Ein voll berufstätiges Ehepaar, das z.B. als Verkäufer bei Karstadt arbeitet, wird da zu den Besserverdienenden gerechnet. Bisher wussten die das nicht. Aber CDU und GAL haben das jetzt mal klargestellt. Dieser Senat ist auch noch mittelstandsfeindlich. Die Gebühren fürs Mittagsessen werden angehoben. Und nun diskutieren diese Experten im Senat tatsächlich über die Abschaffung der Elternschulen. 


Deutschland führt gerade eine aufgeregte Debatte über Integrationsprobleme. Aber über das, was auf alle Fälle zu tun ist, besteht rhetorisch große Einigkeit. Hebammenbesuche nach der Geburt, kostenlose und ausreichend viele Krippen- und Kitaplätze, Ganztagsschulen, kostenloses Mittagessen in Krippen, Kindertagesstätten und Schulen, Durchsetzung der Schulpflicht und des Besuches von Krippe und Kindergarten bei Familien mit Förderbedarf und Schule, alle sollen - möglichst schon vor der Schule - die deutsche Sprache beherrschen. Alles richtig. Und nicht nur wegen der Integration von Migranten, sondern wegen aller Kinder. 


Aber es darf nicht nur geredet werden. Die Probleme werden nicht kleiner, wenn wir sie liegen lassen. Deshalb bin ich dafür, dass wir uns auf diesen Weg machen und sicherstellen, dass wir ein flächendeckendes Angebot an Krippen- und Kitaplätzen in Hamburg sicherstellen. Es muss auf diese Plätze für alle Eltern Rechtsansprüche geben. Die Gebühren für Halbtagsbetreuung müssen allmählich gesenkt werden. Und für das Mittagessen an Krippen, Kitas und Schulen sollten auch keine Gebühren mehr genommen werden. Die Grundschulen und die Stadtteilschulen, sollten Schritt für Schritt Ganztagsschulen werden. In Krippe, Kita und Grundschule muss die Sprachförderung oben anstehen. Auch deshalb müssen die Gruppengrößen so abgesenkt werden, dass die Erzieherinnen und Erzieher mit den Kindern viel sprechen und sie fördern können. Der Schulbesuch soll flächendeckend durchgesetzt werden. Und Kinder mit Förderbedarf müssen in Krippe und Kita. Das Recht bietet dazu alle Handhabe.


Das wird teuer. Und das geht nicht über Nacht. Aber das geht in einer Legislaturperiode. Natürlich heißt das auf Anderes zu verzichten. Denn die Steuereinnahmen wachsen nicht wie diese Aufgaben. Aber es bedroht das Vertrauen in die Demokratie, es fördert die viel besprochene Politikverdrossenheit, wenn alle sagen: Das muss man tun. Und keiner tut es.


Wir brauchen einen Paradigmenwechsel. Ein großer Erfolg der von Sozialdemokraten vorangetriebenen Bildungsreformen der 60er, 70er und 80er Jahre war die Erhöhung der Durchlässigkeit unseres Bildungssystems. Viele haben die Chance genutzt und bessere Bildungsabschlüsse erreicht, als ihre Eltern. Heute müssen wir feststellen: Offene Türen reichen nicht. Wir müssen aktiv etwas dafür tun, dass mehr junge Leute durch die manchmal sperrangelweit offenen Türen gehen als bisher. Das gilt insbesondere für die Grundqualifikation, für Schulabschluss und Lehre. In diesem Sinne brauchen wir: Mehr Staat. 


Und in Sachen Migration helfen auch manche Gesten, die zeigen dass sich Anstrengung lohnt. Warum sagen wir nicht, dass geduldete junge Leute in Deutschland ein sicheres Aufenthaltsrecht erhalten, wenn sie in Deutschland einen Hauptschulabschluss erwerben. Die Botschaft sollte sein: Anstrengung lohnt sich.
Eins steht jedenfalls fest. Die Zahl der Arbeitsplätze für Arbeitnehmer ohne berufliche Qualifikation nimmt ständig ab. Und die Unternehmen müssen ihre Anstrengungen verstärken, junge Leute beruflich zu qualifizieren. Wie die für Bildung zuständigen staatlichen Institutionen, müssen sie dabei zunehmend auch die am Anfang der Ausbildung noch nicht so Leistungsfähigen in den Blick nehmen.


Gleichzeitig müssen wir die Zahl derjenigen erhöhen, die höchste Bildungsabschlüsse erreichen. In dieser Hinsicht ist durchaus Optimismus angebracht. Immer mehr erreichen immer bessere Bildungsabschlüsse. In großen Städten wie unserem Hamburg ist das Abitur längst der häufigste Bildungsabschluss. Das ehrgeizige Ziel darf aber nicht aus dem Blick verloren werden. Wir müssen erreichen, dass in Deutschland 40 % eines Altersjahrganges studieren. Und darunter möglichst viele Ingenieur, Mathematiker, Naturwissenschaftler oder Techniker werden wollen. Natürlich braucht Hamburg dazu keine verlagerten, sondern exzellente Universitäten.
Gerade was den Nachwuchs z.B. an Ingenieuren angeht, müssen wir allerdings mit einer deutschen Besonderheit Schluss machen. In unserem Land studieren nur sehr wenige, die nicht über eine schulisch erworbene Hochschulzugangsberechtigung verfügen. Ich halte es für notwendig, die Zahl derjenigen, die nach einer beruflichen Ausbildung und einigen Jahren beruflicher Praxis studieren, sollte nicht weniger als ein Prozent betragen, sondern eher zehn. Das ist anderswo auch so z.B. in der Schweiz oder in Österreich, und richtig, wenn wir alle Talente fördern wollen.


Schluss
Schauen wir zurück, dann sehen wir, was Hamburg in den Jahrzehnten nach dem letzten Krieg stark gemacht hat: Das gedeihliche Zusammenwirken von erfolgreichen Unternehmern Kaufleute in bester hanseatischer Tradition und einer selbstbewussten und aufgeklärten Arbeiterschaft. Das hat in unserer Stadt gut funktioniert. Blicken wir in die Zukunft, so kann ich nur sagen: So etwas brauchen wir wieder! Eine gemeinsame Identität, die alle Bürgerinnen und Bürger Hamburgs umfasst. Gemeinsinn und Verantwortung für das Ganze. Für eine lebenswerte Stadt.