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04.02.2016

Grußwort: Eröffnung Amrumbank West (E.ON)

 
Sehr geehrter Herr Dr. Teyssen,
sehr geehrter Herr Staatssekretär,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Singer,
meine sehr geehrten Damen und Herren, 
 
 
Ein neuer Begriff hat weltweit die Schlagzeilen erobert: Anthropozän. Der Chemienobelpreisträger Paul Crutzen hat ihn ins Spiel gebracht als Bezeichnung für eine neue geologische Epoche: Anthropozän bedeutet das menschlich gemachte Neue und steht für die Zeit ab dem späten 18. Jahrhundert, als die Menschen begannen, in großem Ausmaß fossile Rohstoffe zu verbrennen und die Konzentration von Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre in die Höhe schnellte mit den entsprechenden Folgen für das Klima, wie wir heute wissen. Der Worterfinder Crutzen  fordert deshalb zu Recht, der Erderwärmung endlich Grenzen zu setzen.
 
Die 21. Klimakonferenz Ende vergangenen Jahres war ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Das dort beschlossene Ziel, die Erderwärmung auf weniger als 2 Grad oder sogar auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, lässt sich jedoch nur erreichen, wenn die Treibhausgasemissionen international drastisch gemindert werden. 
 
Deshalb blickt die Welt seit der Konferenz in Paris noch genauer als zuvor auf die Energiewende in Deutschland: Dass eine führende Industrienation beschlossen hat, ihre Energieproduktion auf Erneuerbare Energien umzustellen, das ist weltweit einzigartig. 
 
Ihre Ziele hat die Bundesregierung klar definiert: Die nationalen Treibhausgasemissionen sollen bis 2020 um 40 Prozent und bis 2050 um 80 bis 95 Prozent unter das Niveau von 1990 sinken. Um das zu erreichen, müssen wir unsere Anstrengungen weiter verstärken. Für den Stromsektor hat die Bundesregierung deshalb in ihrem Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 zusätzliche CO2-Einsparungen von 22 Millionen Tonnen bis 2020 beschlossen. 
 
Die Offshore-Windenergie in der Nord- und Ostsee wird einen bedeutenden Beitrag leisten, um dieses Ziel zu erreichen. Ich freue mich deshalb sehr, heute mit Ihnen die Inbetriebnahme der  Amrumbank West zu feiern. Die 80 Windenergieanlagen von E.ON, die seit Oktober 2015 im Regelbetrieb sind, können Strom für  weitere rund  300.000 Haushalte erzeugen und helfen, mehr als 740.000 Tonnen CO2 im Jahr einzusparen. 
 
Mit der Inbetriebnahme von Amrumbank West ging 2015 ein Rekordjahr für die Windenergie auf See zu Ende. Die installierte Leistung ist jetzt auf mehr als 3.300 Megawatt angewachsen.
Sie entspricht in etwa der Leistung des größten deutschen konventionellen Kraftwerks  (Niederaußem/Braunkohle) mit einem CO2-Ausstoß von knapp 30 Millionen Tonnen. Wenn wir den Auftrag ernstnehmen, der sich aus dem Wort Anthropozän ergibt dass nämlich nur Menschen Menschengemachtes verändern können , sind wir auf dem richtigen Weg.
 
E.ON ist einer der größten Betreiber von Offshore-Windparks weltweit und Mitbetreiber des größten Offshore-Windparks der Welt. London Array vor der Themsemündung kann rund 500.000 Haushalte mit Strom versorgen. In Deutschland hat E.ON aktuell noch die Projekte Arkonabecken Südost in der Ostsee und Delta Nordsee mit insgesamt 160 Offshore-Windenergieanlagen in der Planung. 
 
Schon jetzt beschäftigt das Unternehmen in seiner Ökostromsparte mehr Mitarbeiter als in der Sparte für konventionelle Energien. Seinen Hauptsitz hat es zwar in Essen, aber mit der E.ON Climate & Renewables Centre Europe GmbH ist das Unternehmen auch in Hamburg angesiedelt und ein wichtiges Mitglied in unserem Cluster Erneuerbare Energien Hamburg.
 
Offshore-Windparks erzeugen große Mengen an Strom, sie produzieren ihn stetig, gut prognostizierbar und an mehr als 340 Tagen im Jahr. Damit ist die Offshore-Windenergie der Ökostrom, der am ehesten grundlastfähig ist. 
Das ist ein weiterer Vorteil, weil die schwankende Erzeugung der Erneuerbaren die bestehende Stromlandschaft beim Netzmanagement vor besondere Herausforderungen stellt. 
 
Zudem hat die Offshore-Windenergie eine hohe industriepolitische Bedeutung. Deutschland ist führend in dieser Technologie, die zunehmend auch in Europa und weltweit eingesetzt wird. Aber internationale Wettbewerber holen allmählich auf. Das gilt vor allem für China mit seinen großen Offshore Wind-Ausbauzielen. Wir müssen uns also anstrengen, wenn wir Marktführer bleiben wollen und das werden wir.
 
Es ist deshalb sehr wichtig, dass der Ausbau in Deutschland nun kontinuierlich weitergeht, damit das energiewirtschaftliche und industriepolitische Potenzial der Offshore-Windenergie auch künftig in unserem Land ausgeschöpft werden kann. Ob das gelingt, hängt unter anderem von den politischen Rahmenbedingungen ab wie Sie wissen, sorgt die Novelle des Erneuerbare Energien-Gesetzes gerade für einige Diskussionen. 
 
Zwei Aspekte dieser Novelle sind für die Zukunft von besonderer Bedeutung: zum einen die Ausschreibungen. Sie sollen die festen Fördersätze ersetzen, und so zu wettbewerbsfähigeren Preisen führen was eine gute Sache wäre. Zum anderen ist die Ausbaumenge entscheidend. 
 
Denn die Windbranche braucht einen Ausbau, der ihre Zukunftsfähigkeit auch weiterhin sicherstellt. Das gilt sowohl für die Offshore-Windenergie als auch für die Windenergie an Land, die derzeit günstigste Erneuerbare Energien-Technologie. Deshalb darf der für das Jahr 2025 angepeilte Anteil der erneuerbaren Energien von 40 bis 45 Prozent am gesamten Stromverbrauch nur ein Richtmaß und keine feste Obergrenze darstellen. Hier werden die Länder des Nordens mit dem Bund noch verhandeln und ich bin mir sicher, dass am Ende eine gute Regelung stehen wird.
 
Die Branche braucht Planungs- und Investitionssicherheit für die Zukunft. Nur so 
lässt sich der technologische Vorsprung, den Deutschland derzeit hat, erhalten und weiter ausbauen. Hamburg und die norddeutschen Bundesländer setzen sich deshalb dafür ein, dass es für das kommende Jahrzehnt eine konstante, verlässliche Ausbauperspektive für Windparks in ausreichendem Volumen gibt. Ausreichend heißt:    zwei oder besser drei neue Offshore-Windparks in Nord- und Ostsee pro Jahr auch in den 20er Jahren.
 
Außerdem muss jetzt schnell die sehr konkrete Frage beantwortet werden, wie der offshore erzeugte Ökostrom in die deutschen Haushalte gelangt. Deutschland kann es sich nicht leisten, die Antwort auf die lange Bank zu schieben. Durch die langen Vorlaufzeiten beim Bau dieser Technologie ist die Zeit jetzt schon mehr als knapp. Wir in Norddeutschland werden genau im Auge behalten, ob der Netzausbau vorausschauend und kompatibel zu den übrigen Rahmenbedingungen erfolgt. 
 
Es liegt im Interesse aller Beteiligten, dass der Übergang in die nächsten Ausbaustufen der Offshore-Windkraft fließend verläuft. Die Vorbereitungen durch den Übertragungsnetzbetreiber für die Nordsee für die Zeit ab 2020 müssen sofort beginnen. An dieser Stelle ist auch die Bundesnetzagentur gefragt. Sie muss ihren Offshore Netzentwicklungsplan 2025 zügig vorantreiben, damit ab 2020 genügend Netzanschlüsse vorhanden sind. 
 
Windparks sind keine Inseln, die nur uns im Norden etwas angehen. Sauberer Strom wird in ganz Deutschland benötigt und der Ökostrom der Nordsee gibt der deutschen Energiewende auch woanders Rückenwind. Der Netzausbau an Land und die Weiterleitung des Offshore-Windstroms nach Süden sind hier von zentraler Bedeutung. Damit das schneller vorangeht als bisher, wäre eine Netzausbau-Initiative durch den Bund denkbar, wie es sie nach 1990 für den Netzausbau zwischen Ost- und West-Deutschland gab.
 
Meine verehrten Damen und Herren,
Deutschlands Energiewende ist ein weltweit beachtetes Leuchtturmprojekt. Da sollte es uns nicht schwerfallen, die Wende für alle Akteure planbar zu gestalten. Niemand hat etwas zu verschenken. Weder die Investoren noch die Betreiber, weder die Zulieferer noch die Entwickler und schon gar nicht die Stromkunden in Deutschland. 
 
Deshalb darf es zum befürchteten Fadenriss beim Ausbau der Offshore-Windenergie nicht kommen. Die norddeutschen Länder setzen sich dafür ein, die großen Potenziale an Wertschöpfung, Arbeitsplätzen, Innovationen sowie für die Exporte zu nutzen und die Rahmenbedingungen so zu setzen, dass die Branche nachhaltig wachsen kann. Von einer wachsenden Branche profitieren nicht nur die norddeutschen Länder, denn die Liefer- und Wertschöpfungsketten reichen bis in den Süden Deutschlands. Das sollte sich allmählich überall herumgesprochen haben.  
 
Eine wachsende Windbranche ist gut für die Wirtschaft und gut fürs Klima. Oder um es mit den Worten von Anthopozän-Kenner Paul Crutzen zu formulieren: Wir müssen dringend zu Hütern und Bewahrern des Erdsystems heranreifen. Und zwar, das möchte ich ergänzen, mithilfe deutscher Zukunftstechnologie und wirtschaftlichem Sachverstand. 
 
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
 
Es gilt das gesprochene Wort.