Sehr geehrte Frau Westphal,
sehr geehrter Herr Diepenhorst,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
das Empire Riverside Hotel ist mit seinem Blick über die Docks ein sehr hamburgischer Ort, und wenn man dann noch mit dem Fahrstuhl ganz nach oben fährt, dann genießt man einen atemberaubenden Blick auf den ganzen Hafen und die Stadt: Hamburg, das Tor zur Welt so ist es, denkt man da in der Höhe und freut sich über die Silhouette der Elbphilharmonie, die dem Panorama ein echtes Highlight hinzufügt. Ab heute sind es übrigens noch genau 355 Tage bis zum Eröffnungskonzert!
Dass die Rotarier sich dort treffen, wo Hamburg am hamburgischsten ist, kann kein Zufall sein. Hamburg und die Rotarier, das passt zusammen, seit der erste deutsche Club in unserer Stadt gegründet wurde. Inzwischen gibt es in Hamburg 21 rotarische Clubs mit einer Fülle an Projekten. Und rund um den Globus hat sich ein tragfähiges Netz gespannt aus 34.000 Clubs in über 200 Ländern und mit insgesamt etwa 1,2 Millionen Mitgliedern. Wir freuen uns schon jetzt darauf, 2019 möglichst viele von ihnen in Hamburg beim Weltkongress begrüßen zu dürfen. Schön, dass Sie sich für unsere Stadt entschieden haben.
Wir sind gerne Gastgeber und wir sind gerne Tor zur Welt, und das nicht nur aus wirtschaftlicher Klugheit. Internationalität prägt das Lebensgefühl der Hamburgerinnen und Hamburger seit Jahrhunderten. Deshalb setzte sich Hamburg einst für ein Zustandekommen der Hanse ein und kämpft heute dafür, dass der Schengenraum erhalten bleibt. Ohne Freizügigkeit keine EU. Ohne EU kein Hamburg, wie wir es uns vorstellen: wirtschaftlich erfolgreich und sozial gerecht.
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir gehen in dieses neue Jahr mit anspruchsvollen Aufgaben. Der Wohnungsbau und die Integration von Flüchtlingen stehen ganz oben auf der To-Do-Liste. Wachstum ist der Schlüssel, um Arbeitsplätze zu schaffen, Bildung und Integration zu finanzieren und den Zusammenhalt der Gesellschaft zu sichern.
Wenn wir die Chancen auf Einkommen und Arbeit für alle erhöhen, werden auch die Flüchtlinge, die bei uns bleiben, davon profitieren. Mit Wachstumsraten unter zwei Prozent ist das aber nicht zu leisten. Wir gehen davon aus, dass ein zusätzliches Wachstum von einem halben Prozent etwa 4.000 Arbeitsplätze schafft gerade mal genug, um jene, die bereits da sind, in Beschäftigung zu bringen.
Wachstum ist die Basis für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft. Mehr Wachstum bildet die Grundlage, auf der wir zum Beispiel noch mehr geförderte Wohnungen bauen oder Verwaltung und Polizei den gewachsenen Aufgaben entsprechend ausstatten können.
2016 hat gute Chancen, ein Jahr des Wachstums zu werden. Hamburg baut die Infrastruktur aus und siedelt innovative, wissensbasierte Unternehmen an. Forschung und Entwicklung marktfähiger Produkte gehen bei uns Hand in Hand, zum Beispiel indem wir für den 3D-Druck ein weiteres Fraunhofer-Institut nach Hamburg holen. Wir rechnen damit, dass das Additive Layer Manufacturing (ALM) in der Stadt etwa 20.000 Arbeitsplätze schaffen wird.
Gleichzeitig entwickeln wir Hamburgs Stärken fort: Wir bringen die Westerweiterung des Hafens voran, bauen die Infrastruktur im Hinterland aus und werden nach einer positiven Entscheidung des Gerichts unverzüglich mit der Anpassung der Fahrrinne beginnen. Eine traditionell starke Branche wie der Tourismus wird durch die Kreuzschifffahrt und den Bau von Hotels weiter wachsen. Wir schreiben Gewerbeflächen aus, teilweise auch in Wohngebieten, denn mittelständische Unternehmen spielen für das Wachstum weiter eine zentrale Rolle. In diesem Zusammenhang arbeiten wir auch an einer Modernisierung des Planungsrechts.
Wachstum hat viele Facetten. Hamburg ist das Zentrum einer Metropolregion, die mit der Region Kopenhagen-Malmö zu einem global beachteten Wirtschaftsstandort aufschließen wird. Und es ist Teil Europas, dessen offener Binnenmarkt die beste Grundlage für Wachstum ist.
Angesichts der Flüchtlinge, die zu uns kommen, ist sichtbar geworden, was sich seit langem abzeichnet: Die Städte und Metropolregionen spielen bei der Bewältigung globaler Herausforderungen eine immer wichtigere Rolle.
Das gilt besonders für eine Stadt von der Größe und Bedeutung Hamburgs. Aber nicht nur wir sind auf Europa angewiesen, auch Europa braucht uns, denn die Städte haben die Union mit vielfältigen Verbindungen durchzogen, die jetzt erheblich zum Zusammenhalt beitragen.
Und noch etwas ist wichtig, wenn wir 2016 einmal als ein gutes Jahr erinnern wollen: Wachstum braucht Zuversicht. Der Zeit-Autor Jan Roß hat es auf den Punkt gebracht, als er sich für das neue Jahr in Deutschland so etwas wie politische Lebensfreude in großem Stil wünschte.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Hamburg hat in den vergangenen Monaten ein ungewöhnliches Maß an Hilfsbereitschaft erlebt. Und das Engagement der Bürgerinnen und Bürger hält immer noch an. Jetzt zeigt sich: Unser Bürgersinn ist kein schnell wieder erlöschendes Feuer, sondern tief in der Gesellschaft verankert.
Daran haben die Hamburger Rotarier ihren Anteil. Seit ihrer Gründung fördern sie gemeinnützige Projekte, bauen Strukturen auf und leben vor, was Zivilgesellschaft praktisch bedeutet.
Anfangen, starke Verbündete suchen, dran bleiben so halten die Rotarier es im Großen wie im Kleinen. Beispielhaft ist die globale Kampagne End Polio now, die seit 1979 die Kinderlähmung fast zum Verschwinden gebracht hat. 2016 ist Flucht das global beherrschende Thema, das nach einer internationalen, langfristigen Strategie verlangt. Weltweit sind etwa 60 Millionen Menschen betroffen, eine Milliarde lebt in Konfliktgebieten (das entspricht etwa 14 % der Weltbevölkerung).
Die Hamburger Rotarier wenden sich bereits mit mehreren Projekten an Flüchtlinge: In Wentorf spielen junge Asylbewerber gemeinsam Fußball, in Sieversstücken finanzieren die Rotarier Deutschunterricht, Fahrräder und Nähmaschinen, im Flüchtlingsheim Lietzowstraße stellen Hamburger Kinder sich den Flüchtlingskindern als Paten zur Seite.
Auf Hamburger Initiative geht auch die Schule für syrische Flüchtlingskinder in der libanesischen Bekaa-Ebene zurück. Den Bau haben die Rotarier in die Hände Beiruter Architekten gelegt und als lokaler Partner wurde die Kayani-Stiftung gewonnen. Isolierte Wände, Heizöfen, Dächer, die Schnee aushalten, und für drei Jahre gesicherte Lehrergehälter 500 syrische Mädchen und Jungen können nun wieder zur Schule gehen.
Rotarier sind weitaus besser geeignet für Taten als für Worte, hat Gründer Paul Harris gesagt, und an ihren Taten lassen sich die Rotarier auch in Hamburg messen. Oft stehen dabei Kinder und Jugendliche im Mittelpunkt. Das Projekt Schüler helfen Schülern (am Wesselyring in Winterhude/ Alsterdorf) läuft bereits seit 13 Jahren, seit acht Jahren gibt es die Spielscheune in Neu-Allermöhe. Die Rotarier unterstützen Jugendliche aus Neuwiedenthal beim Berufseinstieg und unterhalten das Kindermuseum am Osdorfer Born das einzige in Europa, das ohne öffentliche Gelder auskommt. Auch Ästhetische Bildung wird großgeschrieben: Kinder aus Osdorf erkunden unter fachkundiger Begleitung die Hafencity, Kinder der Lichtwark-Schule malen und zeichnen unter der Obhut von Künstlern.
Wenn Sie mich also fragen, was ich mir von den Rotariern fürs neue Jahr wünsche, dann kann ich nur sagen: Machen Sie bitte weiter so. In Hamburg wie weltweit werden die gesellschaftlichen Herausforderungen durch die Fluchtbewegungen noch wachsen. Zunehmend geht es nun darum, nach der Erstversorgung mittel- und langfristige Lebensperspektiven zu finden.
Die Stadt tut viel im Wohnungsbau, in der Bildung und mit dem Projekt W.I.R, das für work and integration for refugees steht, um Flüchtlingen durch Ausbildung, Arbeit und Wohnung eine Perspektive zu geben. Aber ohne ein breites freiwilliges Engagement wird es auch 2016 nicht gehen als Ergänzung, nicht als Ersatz staatlicher Aufgaben, versteht sich.
Die Integration der Flüchtlinge fordert die ganze Gesellschaft heraus. Denn integrieren müssen sich nicht nur jene, die zu uns kommen, sondern auch alle, die schon lange hier leben. Dass dies nicht ohne Spannungen auf beiden Seiten gelingen würde, war abzusehen. Spannungen dürfen aber nicht zu Gewalt, Übergriffen und dem Wiederaufleben von Ressentiments führen. Es ist Aufgabe des Staates und nur des Staates , hier für Recht und Schutz zu sorgen.
Deutschland ist eine starke Zivilgesellschaft. Der kanadische Philosoph Charles Taylor sagt, dass Zivilgesellschaft dort gedeiht, wo freie Vereinbarungen außerhalb staatlicher Kontrolle möglich sind und wo nichtstaatliche Organisationen echten Einfluss auf die Gestaltung des Zusammenlebens nehmen können. In diesem Sinne ist zivilgesellschaftliches Engagement auch ein Seismograf für den Zustand einer Demokratie.
Sehr geehrte Damen und Herren,
vor fast genau 111 Jahren haben ein Jurist, ein Kohlenhändler, ein Ingenieur und ein Schneidermeister in Chicago die Rotarier gegründet. Diese große Berufsvielfalt die ich mir, nebenbei bemerkt, auch manchmal für unsere Verwaltung wünsche , ist typisch für die Rotarier und ein wesentlicher Baustein ihres Erfolgs. Diesen haben sie 2015 auch in Hamburg fortgeschrieben und dafür danke ich Ihnen im Namen des Senats und aller Hamburgerinnen und Hamburger herzlich.
Ich wünsche Ihnen für 2016 auch persönlich alles Gute und den Clubs viele neue Freunde und vor allem Freundinnen.
Besten Dank.
Es gilt das gesprochene Wort.