Sehr geehrter Herr Wulff,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
wenige Berufsgruppen mussten sich in den vergangenen Jahren so massiv auf die Herausforderungen durch die Digitalisierung einstellen wie die Einzelhändler. Selbst der klassische Fachhandel läuft inzwischen teilweise über e-shops. Während der direkte Kundenkontakt wichtig bleibt und in manchen Bereichen vielleicht noch wichtiger werden wird, verändert sich die Branche rasant.
Umso wichtiger, dass die zukünftigen Kauffrauen und Kaufmänner, Fachverkäuferinnen und -verkäufer, die im Einzelhandel ihren Beruf und manchmal auch ihre Berufung sehen, modern und vor allem qualitätsvoll ausgebildet sind. Ich bin sicher, dass das berufsschulische Zentrum für den Hamburger Einzelhandel hier in der Anckelmannstraße dafür die besten Voraussetzungen mitbringt. Eine der wichtigsten Wirtschaftsbranchen Hamburgs wird nun noch besser für die Zukunft gerüstet sein.
Hinzu kommt, dass die City Süd, zentral gelegen und gut erreichbar, für die dann über 4000 Schüler und Schülerinnen ein guter Standort ist. Auch im übertragenen Sinne passt ein kaufmännisches Ausbildungszentrum genau in das Dreieck zwischen Berliner Tor, Hafen City und Elbbrücken. Wo so unterschiedliche Verkehrs- und Handelswege aufeinander treffen, wird Hamburgs Bedeutung als Einzelhandelsmetropole ganz besonders gut sichtbar.
720 Millionen Euro wird der Senat bis 2027 in die Erneuerung unserer berufsbildenden Schulen investieren. Allein das Projekt in der Anckelmannstraße hat ein Gesamtvolumen von fast 71 Millionen Euro es ist das aktuell umfangreichste deutsche Schulbauprojekt, das im Rahmen einer Öffentlich-Privaten Partnerschaft an den berufsbildenden Schulen stattfindet, und ein starkes Statement Hamburgs für den Ausbildungsbereich mit den im Branchenvergleich meisten Auszubildenden.
Nach dem Schulentwicklungsplan werden hier nun vier Berufsschulen, die bereits seit Jahren eng miteinander kooperieren, zu zwei großen Einrichtungen fusionieren. Die Berufliche Schule für Handel und Verwaltung Anckelmannstraße verschmilzt mit der Beruflichen Schule an der Alster, und die Staatliche Handelsschule Altona wird mit der Beruflichen Schule Eppendorf eine Einheit bilden.
Wer bei diesen Dimensionen nun Anonymität und Unübersichtlichkeit befürchten sollte, dem sei versichert: Genau das Gegenteil wird der Fall sein. Das bauliche wie inhaltliche Konzept ist auf individuelles Lernen ausgerichtet; es führt die Expertise in der Ausbildung der Einzelhandelsberufe in einem modernen beruflichen Zentrum zusammen geballtes Wissen und kurze Wege also. So entstehen Synergien für die Nutzung der modernen Infrastruktur, für die Schulentwicklung, die weitere Ausarbeitung von Curricula oder modernen pädagogischen Methoden. Damit wird auch eine intensivere Zusammenarbeit mit den Ausbildungsbetrieben in der Lernortkooperation erleichtert.
Jede Schule erhält ein individuell auf ihre Bedürfnisse zugeschnittenes Gebäude mit eigenem Innenhof, Verwaltungstrakt, eigenen Klassenräumen und Lehrerarbeitsplätzen. Das dritte Gebäude ist als eine Art kommunizierende Röhre gedacht und wird von beiden Schulen gemeinsam genutzt. Beide Fusionsschulen teilen sich die zentrale Piazza, die Mediathek mit Selbstlernzentrum, eine multifunktionale Versammlungsfläche mit Cafeteria und Bühne sowie eine Sporthalle. In der Mitte des Campus soll einmal ein großer Baum des Wissens wachsen.
Es wird voraussichtlich noch etwas dauern, bis die dafür vorgesehene 40-jährige Mooreiche eingepflanzt werden kann, aber schon jetzt ist klar, dass dieses Gebäude-Ensemble des dänischen Architekten Karsten Lorenzen ein städtebauliches Highlight in der City Süd darstellen wird. Das Hamburger Architektenbüro APB hat die Baupläne in enger Abstimmung mit dem Hamburger Institut für Berufliche Bildung überzeugend umgesetzt. Die Raumkonzepte wurden gemeinsam mit den jeweiligen Einzelhandelsschulen erarbeitet. Insgesamt befinden sich mehr als hundert Lernfeldräume auf dem Areal, die Klassenräume sind großzügig mit mindestens siebzig Quadratmetern bemessen, und es gibt eine große Anzahl von Differenzierungsräumen für individualisierten Unterricht.
Gelernt und gelehrt wird mithilfe modernster Präsentations- und Kommunikationstechnologien, die es so noch an keiner anderen Schule in Hamburg gibt. Statt Tafeln oder Smartboards stehen interaktive Displays zur Verfügung: Jeder Klassenraum verfügt über 84 Zoll große Monitore, die wie ein überdimensionales Tablet mit dem Finger zu bedienen sind. Ergänzt wird die IT-Ausstattung mit Anschlussmöglichkeiten für unterschiedliche Endgeräte, neuester Software und einem hochleistungsstarken WLAN. So können Schüler und Lehrkräfte überall in der Schule eigene Geräte nutzen. Ich weiß nicht, ob Captain Future Nachwuchs hat, aber ich bin sicher, er würde ihn hier einschulen.
Liebe Gäste,
laut einer aktuellen Studie der Bertelsmann Stiftung hat sich in Hamburg die Ausbildungssituation dank des Dualen Systems für Schüler mit einem Ersten Schulabschluss stark verbessert. 2005 begann nur jeder Dritte Bewerber, der höchstens einen Ersten Schulabschluss aufweisen konnte, eine betriebliche oder vollzeitschulische Ausbildung, 2013 war es bereits gut jeder Zweite. In keinem anderen Bundesland ist die Erfolgsquote für die Aufnahme einer Ausbildung bei dieser Bewerbergruppe so stark gestiegen.
Das ist ein beachtlicher Erfolg des Dualen Systems in Hamburg, das auch bei der Integration junger Migrantinnen und Migranten eine Schlüsselrolle spielen wird. In Hamburg lernen etwa 2.700 jugendliche Flüchtlinge an staatlichen berufsbildenden Schulen. Auch andere Jugendliche, die bislang geringe Chancen hatten, ihren Weg in den Beruf zu finden, werden in Hamburg erfolgreich qualifiziert. Das ist ein nicht ganz unwichtiger Nebenaspekt. Wobei natürlich alle vom Ausbau der berufsbildenden Schulen in Hamburg profitieren. Auch Auszubildende mit einem mittleren Schulabschluss oder mit Abitur werden hervorragend auf ihren Berufsweg vorbereitet. Und so dürfen wir uns in Hamburg denn auch darüber freuen, dass die Zahl der Ausbildungsverträge bei uns, anders als im Bundestrend, nicht zurückgegangen ist.
Meine Damen und Herren,
ein prosperierender Einzelhandel bringt aber nicht nur viele Frauen und Männer in Lohn und Brot, er prägt auch das Bild unserer Stadt. Schließlich sind es vor allem die Läden und Geschäfte, durch die unsere Straßen und Plätze lebendig und attraktiv werden. Keine Stadt kann ohne traditionellen Fachhandel und funktionierende Nahversorgung auskommen. Deren Erfolg aber hängt ich habe es schon erwähnt ganz entscheidend von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ab.
Diese Schule ist bestimmt ein gutes Argument, um junge Leute bei der Berufswahl von einer Ausbildung im Einzelhandel zu überzeugen. Aber auch die Unternehmen müssen das Ihre tun, um gutes Personal zu rekrutieren. Dieses erwartet ordentliche Löhne, die Möglichkeit, Vollzeit zu arbeiten, wenn das gewünscht ist, und ein gutes Aufstiegsmanagement. Wenn das alles funktioniert und die Berufsschulen so attraktiv sind wie in Hamburg, dann klappt das auch mit den Human Resources.
Womit ich wieder bei der Ausbildung bin und bei unserem Richtfest. Ich möchte allen, die seit mehr als sechs Jahren an der Planung und Realisierung dieses Bauvorhabens beteiligt waren, danken: den Verantwortlichen am Hamburger Institut für Berufliche Bildung, sowohl in der Zentrale als auch an den vier Einzelhandelsschulen, deren Lehrerinnen, Lehrer und Schulleitungen sich intensiv an der Planung beteiligt haben; beim Landesbetrieb Immobilienmanagement und Grundvermögen, bei der HEOS Berufsschulen Hamburg GmbH und den Partnern der ARGE, bei den beteiligten Architekten sowie den verschiedenen ausführenden Gewerken.
Ich wünsche allen einen erfolgreichen Abschluss des Bauprojektes und einen schönen Festtag!
Vielen Dank.
Es gilt das gesprochene Wort.