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07.10.2014

Grußwort zur Verleihung des Hannelore-Greve-Literaturpreises 2014

 

Sehr geehrte Frau Professor Greve,
sehr geehrter Herr Erster Vizepräsident der Hamburgischen Bürgerschaft,
sehr geehrte Preisträgerin,
sehr geehrter Herr Doyen,
sehr geehrter Herr Leineweber,
sehr geehrte Frau Stoltenberg,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

ich begrüße Sie herzlich zur Verleihung des Hannelore-Greve-Literaturpreises 2014, und es ist mir eine besondere Freude, dies zum zehnjährigen Jubiläum des Preises wieder hier im Festsaal des Rathauses tun zu dürfen.

In diesen zehn Jahren hat sich der Preis in der deutschen Literaturszene als bedeutende Auszeichnung etabliert und ganz nebenbei vielleicht auch zu einer Renaissance anderer Literaturpreise beigetragen. Die Liste der Preisträgerinnen und Preisträger ist Ausdruck dieser Erfolgsgeschichte.

Dieser Erfolg war so durchschlagend, dass mittlerweile mit dem Walter-Kempowski-Literaturpreis ein kleiner Bruder entstand, der hilft, den Stellenwert der Literatur in Hamburg weiter zu stärken.

Mit dieser Aufgabe sind Senat und Kulturbehörde auf einem guten Weg. In diesem Zusammenhang möchte ich aus jüngerer Zeit das seit 2009 stattfindende Harbour Front Literaturfestival hervorheben ebenso wie die Lange Nacht der Literatur, die in diesem Jahr ihre Premiere feierte. Sie belegen neben etablierten Einrichtungen wie dem Literaturhaus oder dem Writers‘ Room Hamburg die lebendige Literaturszene unserer Stadt, die wir nach Kräften unterstützen und fördern.

Meine Damen und Herren,
dieses kulturelle Engagement wie es auch die Hamburger Autorenvereinigung und das Ehepaar Greve seit vielen Jahren zeigen ist in unserer digitalisierten Welt nicht immer ein leichtes Unterfangen; und deswegen umso wertvoller.

Denn das Verlagswesen und damit auch die Lesekultur und die Literatur insgesamt , sie sehen sich mit fundamentalen Herausforderungen konfrontiert. Die zentrale Frage lautet: Wie kann erreicht werden, dass Zeitschriften und Bücher, die mit dem Papierdruck entstanden und groß geworden sind, eine Zukunft in der digitalen Welt haben? Die Distributionswege und damit viele klassische Geschäftsmodelle sind einem atemberaubenden Wandel unterworfen, und die Marktmacht des größten Online-Händlers der Welt wird nicht nur in Deutschland kontrovers diskutiert.

Manche Experten sehen bereits das Aussterben des Buchhandels bevorstehen und beklagen, dass Bücher vom Markt nicht mehr als Kulturgut wahrgenommen würden. Demgegenüber gibt es andere Stimmen wie die von Frank Häger, Vorstandsmitglied der Hamburger Verlagsgruppe Ganske, der jüngst in einer Podiumsdiskussion prophezeite, dass auch in zehn oder 20 Jahren mit gedruckten Büchern mehr Umsatz gemacht werde als mit digitalem Lesestoff.

Vermutlich liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte. Neue internetbasierte Formen werden das klassische Buch nicht verdrängen, sondern eher ergänzen. Zumal die Befürchtung, dass eine visuelle Kultur unsere Schriftkultur ersetzen wird sich nicht bewahrheitet hat. Auch Nutzerinnen und Nutzer von E-Books und Internet-Portalen müssen lesen können. Und die Zahl der verkauften Titel insgesamt schwindet keineswegs pro Jahr erstehen die in Deutschland lebenden Kunden rund 400 Millionen Exemplare der jährlichen 82.000 Neuerscheinungen in Papier- oder elektronischer Form. Selbst in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise ist die Buchbranche in Deutschland erstaunlich stabil geblieben.

Neben dem Internethandel und den Buchkaufhäusern, die zu groß geplant haben, könnte sich, schrieb vor einer Weile die Süddeutsche Zeitung, ein lachender Dritter zeigen: der gute, alte inhabergeführte Buchladen. In den Städten florieren wieder nicht wenige der kleinen Buchhandlungen, es gibt sogar in Berlin und anderswo einige Neueröffnungen.

Zur Förderung dieses zugegebenermaßen zarten Pflänzchens vergibt die Freie und Hansestadt Hamburg seit diesem Jahr einen mit 10.000 Euro dotierten Preis für besonders engagierte Buchhandlungen, die durch Programm, Service und interessante Veranstaltungen hervorstechen und durch zukunftsgerichtete Vertriebsmodelle inklusive Internet.

Ich bin überzeugt: Um die Zukunft der Literatur an sich müssen wir uns keine Sorgen machen. Denn bei aller Liebe zum gedruckten Buch: Es ist heutzutage nicht mehr die einzige Möglichkeit, Literatur an die Frau oder an den Mann zu bringen. Und am Ende geht es eben doch um das geschriebene Wort, um die Sprache und die Gedanken, nicht um ihr Trägermedium.

Schwieriger stellt sich mancherorts die Situation für die Autoren und ihre Verlage dar siehe die jüngsten Versuche des Online-Handels, mit Vertriebsbeschränkungen Margen und Honorare zu drücken.

Autoren ihrerseits können mittlerweile problemlos auch ohne Hilfe eines Verlags publizieren. Neue Finanzierungsformen wie das Crowdfunding befeuern den Boom des Selbstverlags dem dann allerdings in der Regel sowohl eine ansprechende Gestaltung des einzelnen Titels als auch ein kompetentes Lektorat fehlt.

Schwarzweiß-Denken hilft uns also nicht weiter. Es kommt vielmehr darauf an, die Chancen unserer Zeit zu nutzen. Und gerade Hamburg als starker und vielfältiger Medienstandort voller kreativer Köpfe kann und wird einen Beitrag leisten, um Antworten für die Medienwelt des 21. Jahrhunderts zu finden.

Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich nach diesem kleinen Ausblick in die Zukunft wieder auf die Gegenwart zurückkommen. Wir ehren heute mit Herta Müller eine Autorin, die wie es in der Begründung für die Preisvergabe heißt stets unbeirrt ihren Weg gegangen ist und ihre Stimme für die Freiheit erhoben hat.

Sie hat dies auf eine Weise getan, wie es wohl nur durch die künstlerisch gestaltete Form der Sprache möglich ist. Gute Literatur ist viel mehr als die reine Wiedergabe eines Geschehens oder eines Gedankens. Herta Müllers Werk lädt dazu ein, innezuhalten, Gedanken kreisen und Bilder entstehen lassen. Diese Kraft der Literatur ist durch keine andere Kunstform ersetzbar, weil es die individuellen Räume der Sprache sind, die die Lesenden erforschen und deren Grenzen sie mithilfe der Literatur zu erweitern vermögen.

Genau das hat Herta Müller mit ihrem Werk transportiert: die Freiheit, Grenzen zu überschreiten. Ich freue mich sehr, verehrte Frau Müller, dass Sie heute hier sind und den Hannelore-Greve-Literaturpreis aus der Hand der Stifterin und Ehrenbürgerin der Freien und Hansestadt Hamburg entgegennehmen. Herzliche Gratulation auch im Namen des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg!

Daran anschließen möchte ich den Dank an Sie, verehrte Frau Professor Greve, und Ihren Mann. Ihr Name ist längst ein Synonym für bürgerschaftliches Engagement in bester hanseatischer Tradition. In Hamburg und weit darüber hinaus schaut man mit Hochachtung auf die von Ihnen unterstützten großen baulichen, teils spektakulären Projekte.

Doch genauso wichtig sind die vielen kleineren Kulturprojekte, denen Sie sich widmen und die sie pflegen. Für diesen Preis und für Ihr gesamtes mäzenatisches Wirken danke ich Ihnen im Namen des Senats sehr herzlich.

Und damit mache ich nun Platz für die Laudatio von Frau Stoltenberg und wünsche uns noch einen schönen Abend hier im Rathaussaal.

Vielen Dank.

 

Es gilt das gesprochene Wort.