BILD: Seit fast einem Jahr werden Sie als Bürgermeisterkandidat gehandelt. Weshalb haben Sie so lange gezögert, Ihre Kandidatur offiziell bekannt zu geben?
Scholz: Mit der Ankündigung einer Bürgermeisterkandidatur ist auch ein Wahlkampf verbunden. Jetzt ist es so weit. Und jetzt habe ich mich erklärt.
BILD: Welche Chancen rechnen Sie sich für die Wahl aus?
Scholz: Wir liegen in allen Meinungsumfragen der letzten Monate bei 40 Prozent. Diese Umfrageergebnisse müssen jetzt in Wählerstimmen umgewandelt werden. Mein Ziel sind 40 Prozent plus x.
BILD: Streben Sie eine Koalition mit den Grünen an, obwohl die gerade erst bewiesen haben, dass sie kein verlässlicher Partner sind?
Scholz: Wenn wir nicht allein regieren können, was ja zu vermuten ist, brauchen wir einen Koalitionspartner. Mit den Grünen gibt es inhaltlich die größten Übereinstimmungen.
BILD: Welche Schwerpunkte werden Sie im Wahlkampf setzen?
Scholz: Erstens Wirtschaft und Arbeit. Hafen und Elbe als Lebensader der Stadt dürfen nicht weiter so vernachlässigt werden wie bisher. Zweitens Wohnungsbau. Wir werden den Wohnungsbau, auch den sozialen Wohnungsbau, massiv forcieren. Alle Bürger sollen bezahlbare Wohnungen bekommen. Drittens Bildung. Wir werden sicherstellen, dass möglichst jeder Schüler die Schule mit einem Abschlusszeugnis verlässt. Und wir werden den Haushalt konsolidieren. Da ist einiges aus den Fugen geraten.
BILD: Wollen Sie ein TV-Duell mit CDU-Bürgermeister Ahlhaus?
Scholz: Fände ich gut.
BILD: Die schwarz-grüne Schulreform wurde per Volksentscheid gekippt. Gilt Ihr Wort noch, dass die Volksabstimmung respektiert wird, die Schulen in den nächsten zehn Jahren von Experimenten verschont bleiben?
Scholz: Ja, uneingeschränkt. Wir haben in Hamburg jetzt eine klare Schulstruktur mit Grundschulen mit kleinen Klassen, Gymnasien und Stadtteilschulen, die ebenfalls zum Abitur führen. Und wir haben das Elternrecht, das Eltern garantiert, selbst über die Schulkarriere ihrer Kinder zu entscheiden. Das alles haben wir übrigens in den Verhandlungen über eine Schulreform gegen den schwarz-grünen Senat durchgesetzt.
BILD: Nehmen Sie, falls Sie Bürgermeister werden sollten, die familienfeindliche Erhöhung der Kita-Gebühren zurück?
Scholz: Ja. Das wird eine meiner ersten Amtshandlungen sein. Darüber hinaus will ich die Kita-Gebühren sogar schrittweise senken.
BILD: Für die Grünen ist die Stadtbahn ein Prestigeprojekt. Sie machen den Bau in jüngster Zeit von einer gesicherten Finanzierung abhängig.
Scholz: Das geht doch gar nicht anders. Hier geht es um ein zwei Milliarden Euro teures Projekt. Ich bin ein Freund der Stadtbahn, aber wenn sich beispielsweise der Bund nicht an der Finanzierung beteiligt, was ja bisher ungeklärt ist, kann sie nicht gebaut werden. Hamburg allein kann das nicht wuppen.
BILD: Wie stehen Sie zur Elbvertiefung, die sich die Grünen in den Koalitionsverhandlungen mit der CDU nur widerwillig abringen ließen?
Scholz: Die Elbvertiefung muss kommen. Es ist traurig, wie wenig Energie der bisherige Senat in dieses Projekt investiert hat. Ich werde die Elbvertiefung ganz energisch vorantreiben. Der Hafen hat schon jetzt gegenüber Konkurrenten wie Antwerpen verloren, darf nicht weiter zurückfallen.
BILD: Gehen Sie mit einem Schattenkabinett in den Wahlkampf?
Scholz: Nein. Ich halte das für eine merkwürdige Marotte. Ich werde gute Leute berufen, wenn ich den Regierungsauftrag habe. Aber natürlich habe ich schon jetzt Namen im Hinterkopf.
BILD: Kommt für Sie auch Rot-Rot-Grün infrage, wenn es allein mit der GAL nicht für eine Mehrheit reicht?
Scholz: So weit wird es nicht kommen. Das ist für unsere Stadt keine Perspektive.
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