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10.02.2016

Interview mit der "Passauer Neuen Presse"


"Passauer Neue Presse": Mal für, mal gegen das Asylpaket II, mal für eine Begrenzung des Zustroms, dann wieder dagegen die SPD hat keinen klaren Kurs in der Flüchtlingspolitik. Woran liegt es?
 
Olaf Scholz: Die SPD hat eine klare Linie. Unser Ziel ist es, dass Deutschland die Herausforderung, die mit der Aufnahme so vieler Flüchtlinge verbunden ist, bewältigen kann. Natürlich konzentrieren wir uns auf die, die zu Recht Schutz suchen, weil sie politischer oder religiöser Verfolgung oder dem Krieg entkommen sind. Das heißt auch: Wer kein Bleiberecht erhält, muss wieder zurück in sein Heimatland. Jetzt geht jetzt es darum, die Zahl der Flüchtlinge zu reduzieren, die nach Deutschland streben.
 
"Passauer Neue Presse": Aber mit den neuen Irritationen um das Asylpaket II hat sich die SPD keinen Gefallen getan, oder?
 
Olaf Scholz: Das Asylpaket II enthält zentrale Forderungen der SPD. Wir haben durchgesetzt, dass nicht mehr 400 Ausländerbehörden einzeln mit Ländern in der ganzen Welt über die Rücknahme abgelehnter Asylbewerber verhandeln müssen, die keine Ausweispapiere haben. Das übernimmt nun eine Bundesbehörde in Potsdam, die auch entsprechende Reisedokumente ausstellen kann. Außerdem wird eine gesetzliche Regelung zu medizinischen Abschiebehindernissen geschaffen. Die von Ihnen angesprochene offene Frage des Familiennachzugs von jugendlichen Flüchtlingen wird in dieser Woche endgültig geklärt. Sigmar Gabriel hat sich für Einzelfallentscheidungen ausgesprochen. Das halte ich für den richtigen Weg.
 
"Passauer Neue Presse": Angela Merkel kämpft für eine internationale, eine europäische Lösung. Viele sprechen bereits von einer Woche der Entscheidung. Wie lange bleibt ihr noch Zeit?
 
Olaf Scholz: Es geht nicht um Frau Merkel, oder um bestimmte Zeitachsen. Wir müssen Ansätze für einen Friedensprozess in Syrien und dem Irak erreichen. Die Länder der Region, die Millionen Flüchtlinge aufgenommen haben, Jordanien, Libanon, Türkei, benötigen unsere Unterstützung. Das Ziel muss eine gemeinsame europäische Verantwortung für die Flüchtlinge sein. Dann wird auch die Zahl der Flüchtlinge zurückgehen, die nach Deutschland kommen.
 
"Passauer Neue Presse": Sind nationale Maßnahmen zur Grenzsicherung für die SPD weiterhin tabu?
 
Olaf Scholz: Wir haben ein gemeinsames Europa mit einer gemeinsamen Außengrenze. Um die müssen wir uns kümmern. Ich erwarte, dass die 28 Mitgliedstaaten der Europäischen Union hier ihre Verantwortung gemeinsam wahrnehmen.
 
"Passauer Neue Presse": Die CSU droht weiter mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung. Wäre das der Casus belli, der Anfang vom Ende der Großen Koalition in Berlin?
 
Olaf Scholz: Jeder weiß, dass eine Klage nicht die geringste Aussicht auf Erfolg hätte. Das ergibt sich sogar aus dem Gutachten, das die bayerische Staatsregierung in Auftrag gegeben hat.
 
"Passauer Neue Presse": Wie würden Sie die Zusammenarbeit mit Horst Seehofer und der CSU in der Großen Koalition beschreiben?
 
Olaf Scholz: Die Zusammenarbeit in der Bundesregierung funktioniert. Gemeinsam mit den Ländern werden beachtliche Ergebnissen erzielt. Für die Handlungsfähigkeit der Großen Koalition wäre es allerdings ein Fortschritt, wenn CDU und CSU besser kooperierten.
 
"Passauer Neue Presse": Die SPD pocht auf ein milliardenschweres Integrationsprogramm. Sollte man dafür von der Schwarzen Null im Bundeshalt Abschied nehmen und wieder neue Schulden machen?
 
Olaf Scholz: Wir sollten unsere Haushalte weiter sanieren. Ich war immer ein Anhänger der Schuldenbremse. Unser Ehrgeiz sollte sein, keine neuen Schulden zu machen und die vorhandenen Spielräume zu nutzen. Klar ist, dass die Aufnahme von Flüchtlingen dazu führt, dass der Bedarf an Kitaplätzen und neuen Schulklassen steigt. Wir brauchen auch mehr Sprachkurse und spezielle Angebote zur Arbeitsmarktintegration.
 
"Passauer Neue Presse": Niemand in der Politik profitiert von der aktuellen Lage so wie die AfD. Ein ganz normaler Vorgang oder haben die etablierten Parteien etwas grundlegend falsch gemacht?
 
Olaf Scholz: Die AfD formuliert Politik aus schlechter Laune heraus. Das ist kein Konzept, das funktionieren kann. Es ist gut, wenn wir die Herausforderungen, die durch die Ankunft weiterer Flüchtlinge in diesem Jahr entstehen, parteiübergreifend anpacken. Dazu braucht man viel Kraft und Klarheit. All das sucht man bei der AfD vergeblich.
 
"Passauer Neue Presse": Am 13. März wird Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt gewählt. Droht der SPD da ein Schwarzer Sonntag?
 
Olaf Scholz: Nein. Wir haben gute Aussichten, dass die erfolgreiche und bei allen beliebte Ministerpräsidentin Malu Dreyer in Rheinland-Pfalz einen neuen Regierungsauftrag erhält. Immer mehr wissen, dass man die Ministerpräsidentin am besten behält, wenn man SPD wählt. In Baden-Württemberg haben Nils Schmid und die SPD hervorragende Arbeit geleistet. In allen drei Ländern gehen unsere Wahlkämpfer mit guten Aussichten auf Erfolg in die Auseinandersetzung.