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02.08.2011

Rede beim Senatsempfang zum 10-jährigen Jubiläum der Eingetragenen Lebenspartnerschaft

 

Sehr geehrter Herr Dr. Peters  (1. Vorsitzender von Pride e. V.),

sehr geehrter Herr Paschen  (ehemaliger Leiter des Standesamtes Eimsbüttel),

sehr geehrte Frau Vizepräsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft,  

meine Damen und Herren,


zu diesem Senatsempfang heiße ich Sie herzlich im Rathaus willkommen. Er findet statt, weil es jetzt seit zehn Jahren die Eingetragene Lebenspartnerschaft gibt. Und er fügt sich in den Rahmen des Christopher Street Days oder eigentlich: der Christopher Street Week. Lassen Sie mich vorweg einige Worte zu dieser ganzen Woche sagen. Ich habe sehr gern die Schirmherrschaft übernommen.


Seit vielen Jahren ist der CSD ein gewohnter und, wie ich finde, unverzichtbarer Programmteil eines jeden hamburgischen Kalenderjahrs. Er ist im Laufe der Zeit zu einem großen, fröhlichen, friedlichen Fest geworden, zu einem kulturellen Ereignis mit künstlerischen Highlights auf vielen Bühnen. Gleichzeitig ist es immer noch eine, wie ich finde, beeindruckende und notwendige Demonstration für Vielfalt und Gleichstellung.


Zu den Highlights gehört die CSD-Parade, die voriges Jahr 80.000 Menschen angelockt hat, mit den phantasievoll, grandios, teilweise schrill kostümierten Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die sich bewundern ließen. Mit hörbarer Musikbeschallung. Und ich glaube, es schadet gar nichts und stellt die ernsthaften Ziele der Veranstalter überhaupt nicht in Frage, sondern ist schön zu sehen, wenn dabei längst auch Tausende oder Zigtausende mitfeiern, die sich an den anderen 364 Tagen des Jahres eher nicht zur schwul-lesbischen Community rechnen.


Ein selbstverständlicheres, weniger angstbesetztes, unverkrampftes Verhältnis zwischen Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung kann sich auch auf solche Weise entwickeln.


Aber es gehört natürlich mehr dazu.

Am Christopher Street Day so benannt nach der Straße in New York, die 1969 Schauplatz eines Aufbegehrens, eines Aufstandes von Homosexuellen und Transgender-Orientierten gegen willkürliche Polizeirazzien war , an diesem Tag unterstreichen seither weltweit Straßenumzüge den Protest gegen Ausgrenzung und Diskriminierung. Und die Forderung nach gleichen Rechten für homo- und hetero-, bi- und transsexuelle Menschen. In Hamburg und überall.

 

Dass diese Forderung weiterhin aktuell ist, wissen wir. Zwar gibt es unter Künstlern, Medienmenschen, Politikern, überhaupt im öffentlichen Bereich deutlich mehr Personen als früher, die offen mit ihrer sexuellen Orientierung umgehen. Aber längst nicht  alle haben das Privileg eines toleranten Umfeldes.


Nach wie vor sind schwule und lesbische Paare im Alltag verdeckten Diskriminierungen und immer wieder auch offenen Anfeindungen ausgesetzt. Viele wollen ein Outing nicht wagen sei es aus Furcht vor beruflichen Nachteilen oder aus Angst, im privaten Umfeld offen oder subtil ausgegrenzt zu werden. Als Schulhof-Schimpfwort ist schwul ungebrochen präsent, sicher oft aus bloßer Gedankenlosigkeit oder dem Anpassungszwang, unter dem Jugendliche stehen. Aber gerade die haben besondere Probleme mit sexueller Identitätsfindung und solche Äußerungen und Denkzwänge tragen dazu bei.


Als Schirmherr beim Christopher Street Day stehe ich für ein Hamburg, das tolerant, vielfältig und diskriminierungsfrei ist. Das wollen wir sein und das hat die Stadt auch bewiesen, als es um die rechtliche Gleichstellung ging. 

 

 

Meine Damen und Herren,

 

seit zehn Jahren gibt es die Eingetragene Lebenspartnerschaft als bundesweit gültiges Gesetz.


Hamburg kann von sich sagen, dass es den Weg dorthin mit bereitet hat. Schon zwei Jahre vorher hatte der Senat die so genannte Hamburger Ehe eingeführt. Das war ganz zuerst eine eher symbolische Angelegenheit und trotzdem ein wichtiger Schritt, den sieben lesbische und schwule Paare im Mai 1999 im Bezirksamt Eimsbüttel getan haben, bewusst öffentlich und mit Medienbegleitung.

 

Am 1. August 2001 haben sich dann die ersten Paare in Hamburg als Lebenspartnerschaft eintragen lassen. Zu den Hauptpersonen gehörten unsere heutigen special guests: Frau Burmeister-Ruf und Frau Ruf.Die anschließende Runde wird Sie an den Tag erinnern und Sie werden Ihre eigenen Erfahrungen mit der Eingetragenen Lebenspartnerschaft schildern.

 

Die eingetragene Lebenspartnerschaft wurde 2001 bundesweit Realität... und nicht von allen begrüßt. Mehr war damals politisch nicht durchsetzbar und die Regelungen brachten neben Pflichten auch manche Rechte mit sich, aber nicht alle erhofften. Auch die Eintragung auf dem Standesamt war 2001 noch nicht überall möglich. Mancherorts müssen Lesben und Schwule heute noch zur Eintragung auf Kfz-Zulassungsstellen oder Forstämter ausweichen. Erst jetzt wird das endlich geändert.

Trotzdem lässt sich am Beispiel der Lebenspartnerschaft sehr schön die gegenseitige Wechselbeziehung von Recht und Gesellschaft erkennen: Gesellschaftliche Entwicklungsprozesse schlagen sich in unserer Gesetzgebung nieder, und Rechtsnormen können zum Wandel von gesellschaftlichen Wertvorstellungen beitragen.

Inzwischen hat sich viel getan. Kaum jemand meint noch, die Lebenspartnerschaft würde der Ehe schaden und auch die Rechte haben sich den Pflichten weiter angenähert.


Noch sind völlige Gleichstellung und Akzeptanz nicht erreicht. Genau das hat sich der Hamburger Senat aber zum Ziel gesetzt! Dazu gehört das volle Adoptionsrecht und dazu gehört die Gleichbehandlung im Steuerrecht.

 

 

Meine Damen und Herren,

 

als einfachste und praktikable Lösung streben wir die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare an. Wir werden dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 22. Juni nachkommen, eine neue Bundesratsinitiative zu starten. Voriges Jahr ist eine gleichgerichtete Initiative im Bund leider gescheitert und die Mehrheitsverhältnisse haben sich noch nicht sehr geändert. Aber wir werden es erneut versuchen.

 

Das Entscheidende in einer Ehe ist, dass man füreinander einsteht. Und ich bin der Meinung, dass es Aufgabe der Politik ist, dieses für einander Einstehen in jeder Beziehung auch rechtlich für alle Paare zu erlauben. Und nicht, es zu verhindern. 

 

Es ist das erklärte Ziel des Senats, die Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen und Transgender-Lebensweisen real und selbstverständlich zu machen. Wir wirken deshalb auch an der Diskussion um die Erweiterung des Artikels 3 Grundgesetz um das Merkmal der sexuellen Identität mit.

 


Meine Damen und Herren,

 

der Fortschritt ist spürbar und doch braucht er manchmal quälend lange. Allerdings sind unserem Land bisher Debatten, wie sie die öffentliche Diskussion in anderen Ländern beherrschen, weitgehend erspart geblieben. Dort machen relevante politische Kräfte Wahlkampf mit der Forderung, die Uhr wieder zurückzudrehen. Zwar haben Deutschlands Konservative sich noch jedes Mal gegen weiteren Fortschritt auf diesem Gebiet gewandt und sogar die Gerichte bemüht. Aber bisher haben sie das jeweils Erreichte nicht in Frage gestellt oder versucht, es wieder rückgängig zu machen. Das ist gut so.


Noch einmal zum Christopher Street Day 2011: Die CSD-Parade am Sonnabend startet diesmal unter dem Motto: Trau Dich! Zeig Dich! Out ist in!.

Heute sind auch einige Paare der ersten Stunde anwesend, die im Standesamt Altona als erste die eingetragene Lebenspartnerschaft gewagt haben. Sie haben sich getraut, Sie sind Vorbild. Und: Sie haben Hamburg bereichert.   


Im vergangenen Jahr gab es schon ein Jubiläum, das mit einem Senatsempfang geehrt wurde: 30 Jahre Christopher Street Day in Hamburg. Auch der 31. CSD in diesem Jahr ist hoffentlich wieder ein Anlass für Viele zum Rausgehen, zum sich-Zeigen, und für ganz Hamburg zum Feiern.

 

Eine musikalische Einlage hören wir schon jetzt und dann bin ich gespannt auf Ihre Erfahrungsberichte.

 

Vielen Dank.


 

Es gilt das gesprochene Wort.