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29.10.2004

Rede im Deutschen Bundestag am 29. Oktober 2004

Olaf Scholz (SPD):
Herr Präsident! Meine Kolleginnen und Kollegen! Wir führen heute eine sehr wichtige Diskussion über den Gesetzentwurf zur Einführung der Europäischen Gesellschaft. Hierbei geht es nicht nur darum, formal irgendeinen Gesetzentwurf zu beschließen. Vielmehr geht es darum, dass unsere Unternehmen mit anderen europäischen Unternehmen auf einer guten Grundlage fusionieren können. Diese Grundlage schaffen wir heute. Das ist sehr wichtig, weil in zusammenwachsenden Wirtschaftsräumen nicht darauf verzichtet werden kann, dass den Menschen und den Unternehmen Rechtsformen zur Verfügung gestellt werden, in denen sie sich zusammen schließen können. Das wird nun geschehen. Ich glaube, das ist ein richtiger Schritt und ein guter Erfolg. Diese Diskussion ist immer schwierig gewesen, weil nicht klar war, wie die insbesondere in der Frage der Mitbestimmung bestehenden unterschiedlichen Traditionen in den verschiedenen europäischen Ländern miteinander zu vereinbaren sind. Das hat dazu geführt, dass es lange gedauert hat, bis auf europäischer Ebene eine entsprechende Richtlinie ausgearbeitet wurde, die wir jetzt in nationales Recht umsetzen können. Letztendlich ist dabei allerdings etwas Gutes herausgekommen. Die gute Botschaft für unser Land lässt sich wie folgt zusammenfassen: Die deutsche Form der Unternehmensmitbestimmung wird auf europäischer Ebene gut funktionieren.

(Otto Fricke [FDP]: Was aber nicht sinnvoll ist!)

Die Europäische Gesellschaft und die europäische Wirtschaft sind mit der deutschen Mitbestimmung vereinbar. Das ist die Botschaft, die heute vom vorliegenden Gesetzentwurf ausgeht. Diese Botschaft ist positiv und wir sollten sie weitersagen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, das sehen auch andere so.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ja, die Gewerk-
schaften!)

Erst vor kurzem hat Herr Schrempp verkündet, dass er gute Erfahrungen mit der Mitbestimmung gemacht hat, dass er es auf der Arbeitnehmerseite überall, wo er zuständig gewesen ist, mit kompetenten Menschen zu tun hatte und dass es, wenn es wirklich einmal Schwierigkeiten gegeben hat, oft daran lag, dass sich diejenigen, die eine unternehmerische Entscheidung zu treffen hatten, diese nicht zugetraut haben, obwohl sie im Aufsichtsrat ein Zweitstimmrecht hatten. Also noch einmal: Die Mitbestimmung ist europarechtskonform und auch viele wichtige deutsche Unternehmerpersönlichkeiten finden, dass sie etwas Gutes ist und wir sie in diesem Land bewahren sollten.
Was ist in der Diskussion hier passiert? Sie haben versucht, zum Kampf gegen die Mitbestimmung zu blasen. Sie haben gesagt: Das geht alles nicht. Der kleine Vorwand Europa sollte herhalten für ein Ende der Mitbestimmung in Deutschland, insbesondere der paritätischen. Der große Wind, den Sie da gemacht haben, ist in der fachlichen Anhörung ein bisschen untergegangen.

(Dr. Norbert Röttgen [CDU/CSU]: Da haben Sie aber nicht zugehört!)

Denn was ist herausgekommen? Eine einzige kleine Botschaft: In dem Fall, dass man sich in Deutschland nicht für das bekannte dualistische System mit Vorstand und Aufsichtsrat entscheidet, sondern für das monistische System eines Verwaltungsrates, zu dem die geschäftsführenden Direktoren gehören, in diesem einen seltenen Fall soll es so sein, dass theoretisch eine Mehrheit der Arbeitnehmerseite entstehen kann. Wegen dieser kleinen Nebensache wollten Sie gleich die ganze Mitbestimmung abschaffen. Dabei reicht es völlig, das Stimmrecht so zu regeln, dass es dann keine Mehrheit geben kann. Ihr großer Wind war ein lauer Luftzug.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Deshalb vielleicht eine letzte Bemerkung, auch als strategische Warnung: Passen Sie auf, dass Sie sich hier nicht die zweite Kopfpauschale holen!

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)