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29.05.2015

Rede zum Deutschen Mietertag 2015

 

Sehr geehrter Herr Dr. Rips,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

ich freue mich sehr, dass ich Sie zum Deutschen Mietertag bei uns in Hamburg begrüßen darf. Sie haben einen ausgesprochen guten Zeitpunkt gewählt. Denn kommendes Wochenende, am 1. Juni, treten zwei neue Regelungen in Kraft, auf die der Hamburger Senat im Bund lange hingearbeitet hat: das Mietrechtsnovellierungsgesetz, das uns die Einführung einer Mietpreisbremse ermöglicht. Und das Bestellerprinzip bei Inanspruchnahme eines Maklers. Wer den Makler bestellt, der zahlt. Makler, welche dem Mieter weiterhin Leistungen in Rechnung stellen, die andere bestellt haben, handeln ab Montag ordnungswidrig. Die Bezirksämter können dies mit einer Geldbuße ahnden.

Der Mieterbund hat sich für beide Gesetzesinitiativen stark gemacht und ich denke, wir können hier - trotz sicher unterschiedlicher Bewertungen in Detailfragen - gemeinsam zufrieden auf das Erreichte blicken.

Ein guter Zeitpunkt ist es für mich aber auch, weil neue Zahlen zur Entwicklung der Mietpreise in Hamburg uns signalisieren: Unser Wohnungsbauprogramm zeigt Wirkung.

Anders als in vielen europäischen Städten, in denen sich kaum noch jemand leisten kann, in zentralen Lagen zu wohnen, gehören in Hamburg Familien und junge Leute weiterhin selbstverständlich ins Straßenbild der Innenstadt. Der Hamburger Wohnungsmarkt entwickelt sich positiv.

Der Hamburger Senat hat sich 2011 mit dem Wohnungsbauprogramm das Ziel gesetzt, jedes Jahr mehr als 6.000 neue Wohnungen zu schaffen, ein Drittel davon sozialgebunden. 24.000 Baugenehmigungen in 4 Jahren hatten wir uns vorgenommen fast 37.000 sind es geworden. Von den seit 2011 genehmigten Wohneinheiten sind, nach Meldung der Bezirke, zum Jahresende 2014 insgesamt 13.360 Wohneinheiten fertiggestellt worden.

Jeder Bezirk hat inzwischen sein eigenes Wohnungsbauprogramm und vergibt eine Mindestzahl an Baugenehmigungen. Allein 2014 haben die Bezirke den Neubau von annähernd 11.000 neuen Wohnungen bewilligt. Und auch in diesem Jahr liegen wir mit bisher mehr als 3.500 genehmigten Wohneinheiten bereits gut im Soll.

Neubau von Wohnungen, das bedeutet in Hamburg immer auch Drittelmix: Ein Drittel Eigentumswohnungen, ein Drittel frei finanziert, ein Drittel Sozialwohnungen. Das heißt, mindestens 33 Prozent der neuen Wohnräume sind auch mit kleinen Einkommen bezahlbar.

Etwa 130.000 Mietwohnungen stellen die Hamburger Wohnungsbaugenossenschaften. Dazu kommen weitere 130.000 Wohnungen von SAGA GWG. Die Wohnungen haben einen guten Ruf und weisen in der Regel ein moderates Mietniveau auf. Gemäß CRES-Studie 2013, in Auftrag gegeben von den wohnungswirtschaftlichen Verbänden, liegt die durchschnittliche Nettokaltmiete bei nicht preisgebundenen Wohnungen von Genossenschaften und SAGA GWG bei durchschnittlich 6,11 €/qm Wohnfläche, bei den Neuvertragsmieten sind es 6,60 €/qm.

Über 900.000 Wohnungen hat Hamburg aktuell, unser Ziel ist es, den Bestand bis zum Ende des Jahrzehnts auf eine Millionen Wohnungen zu erhöhen.

Zur Förderung des Wohnungsbaus gehört auch eine stabile Grunderwerbssteuer - sie liegt in Hamburg bei 4,5 %. Hamburg hat damit bundesweit die drittniedrigste Grunderwerbssteuer. Die Investitions- und Förderbank vergibt ihre Gelder zielgenau und berät kompetent. Hinzu kommt, dass die Finanzierungsmöglichkeiten für Investoren durch die historisch niedrigen Zinsen ausgesprochen gut sind.

Die Statistik gibt uns Recht: In Hamburg sind die Angebotsmieten für eine Referenzwohnung zwischen 2013 und 2014 um lediglich 1,1 Prozent gestiegen, heißt es im Frühjahrsgutachten Immobilienwirtschaft 2015 des Rates der Immobilienweisen. Diese Entwicklung wird von der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen bestätigt. Selbst wenn man eine gewisse Zurückhaltung der Wohnungssuchenden vor dem Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Regelungen berücksichtigt, bleibt sie bemerkenswert.

Vielleicht muss man sich zur Einordnung dieser Entspannungstendenzen auf dem Mietwohnungsmarkt noch einmal vor Augen führen, welche Mietsteigerungen die Mieter in den vergangenen Jahren hinnehmen mussten. Zwischen 2007 und 2014 waren es für Bestandswohnungen 28 %, im Neubau 44 %.

Wenn in Hamburg bei einer Neuvermietung der Quadratmeter immer noch mehr als 10 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche kostet, wie die Ohmoor-Untersuchung gezeigt hat, dann ist das für Familien und für alle mittleren Einkommen zu viel, hier stimme ich dem Mieterverein zu. Zumal diese Durchschnittswerte in den begehrten Stadtteilen übertroffen werden.

Gegen die Verknappung von Wohnraum durch Zweckentfremdung, etwa durch die Vermietung als Ferienwohnung, haben wir mit dem reformierten Wohnraumschutzgesetz einen Riegel vorgeschoben. Die Mieter sind in Hamburg auch gut geschützt, wenn ihre Wohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden.

Meine Damen und Herren,
wenn sich das Leben verändert, muss man umziehen - können. Ein Wohnungswechsel darf nicht zum unkalkulierbaren Risiko werden. Es ist auch nicht gut für den Wohnungsmarkt, wenn Mieter aus Angst vor einem Wechsel über Jahrzehnte in Wohnungen verharren, die ihnen zu groß oder zu klein sind. Der Mietmarkt funktioniert nur, wenn er in Bewegung bleibt.

In Zukunft wird die Miete bei Wiedervermietung von Bestandswohnungen höchstens 10% über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen dürfen. Die Mietpreisbremse bietet beiden Seiten Planungssicherheit. Mieterschutz und Investitionsanreize arbeiten zusammen. Deshalb ist die Mietpreisbremse richtig. Und es ist richtig, dass zwei Einschränkungen gelten: Vermieter, die neu bauen oder alte Häuser umfangreich sanieren, dürfen aufgrund hoher Investitionskosten den Mietpreis weiterhin frei festlegen.

Der Hamburger Senat wird die Mietpreisbremse einführen. Bei der Umsetzung nimmt der Senat die fachliche Beratung der Partner im Bündnis für das Wohnen in Anspruch, dazu gehört auch der Mieterverein zu Hamburg. Abschließende Gespräche werden derzeit geführt. Ich bin davon überzeugt, dass wir zu einem guten Ergebnis für Hamburgs Mieterinnen und Mieter kommen werden.

Sehr geehrte Damen und Herren,
Hamburg ist eine Ankunftsstadt. Das sehen wir in den Bewegungen der imposanten Terminals ebenso wie an den Umzugswagen. In Hamburg kommt etwa jeder dritte Wohnungssuchende von außerhalb. Wer hier wohnt, bleibt gerne. Ein gutes Jobangebot lockt von der Isar an die Elbe, ein Studienplatz oder eine neue Liebe haben einen Städtewechsel zur Folge. Den Hamburger Mietmarkt kennzeichnet eine positive Suchbilanz. Das ist typisch für wachsende Metropolen. Wohnungswechsel gehören zum modernen Menschen. Nur das Wanderverhalten hat sich in den letzten fünf Jahren stark verändert: Wer die wachstumsschwachen ländlichen Regionen verließ, zog bislang traditionell in die nächstgrößere Stadt oder in den Nachbarkreis. Doch inzwischen zieht es die meisten in die Metropolen: 11 Prozent der Wohnungssuchenden aus ländlichen Gebieten wollen in eine Stadt, aber 32 Prozent drei Mal so viel, wollen ins Zentrum einer Metropole ziehen. Deshalb kommt dem Mieten von Wohnungen immer größere Bedeutung zu.

Dass der Wohnungsmarkt als Mieter- und Mieterinnenmarkt funktioniert, verdanken wir einem funktionierenden Mieterschutz. Das System des Mieterschutzes kommt den Städten zugute und trägt wesentlich dazu bei, die Mieten in Städten erschwinglich zu halten.

Dabei ist wichtig zu sehen: Mieterschutz ist nicht nur gut für die Mieter, sondern auch für Investoren und Vermieter. Denn ohne das System des Mieterschutzes gäbe es keinen funktionierenden Mietwohnungsmarkt.

Zu dem Geschäftsmodell des Mieterschutzes, wie ich das mal nennen möchte, gehören spezifische Mietrechtsbestimmungen, juristische Beratung und Unterstützung bei der Durchsetzung des Rechts, wie das der Deutsche Mieterbund macht.

Mietervereine sind kompetente Partner, wenn es darum geht, praktische Lösungen bei der Gestaltung der Wohnraumversorgung zu entwickeln. Ihre Expertise wird gebraucht. Etwa auch beim Erstellen und Überarbeiten der Mietspiegel und Vergleichsmieten. Die empirische Erfassung der Daten und ihre Interpretation nach wissenschaftlichen Standards sind sensible Voraussetzungen, damit ein Instrument wie die Mietpreisbremse funktionieren kann.

Dass man in Deutschland auch in Großstädten Wohnungen finden kann, dass in den Zentren einer Metropole wie Hamburg Mieterinnen und Mietern leben und auch mal umziehen können, dass es in jeder deutschen Großstadt viele attraktive Kieze und Quartiere gibt, die Neuankömmlingen ein Zuhause bieten können, all das zeigt, wie erfolgreich das Geschäftsmodell Mieterschutz ist.

Das ist ein großartiger Erfolg, den wir Ihrer Beharrlichkeit, Ihrer Expertise und Ihrem Engagement verdanken.

 

Es gilt das gesprochene Wort.