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25.02.2010

Westerwelles Vorstellungen müssen einem Liberalen den Magen umdrehen

Aktuelle Stunde "Schweigen der Bundeskanzlerin zur Sozialpolitik der Bundesregierung"

 

 

 

 

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!

Der FDP-Vorsitzende hat sich geäußert; viele haben dazu etwas gesagt. Ich will dem vielen nichts hinzufügen; denn alle wissen, wie man das verstehen kann. Es war unanständig, es war nicht in Ordnung, und alle sind sehr aufgeregt.

Ich verstehe sehr genau gestatten Sie mir diesen ernsten Ton , warum er das gemacht hat; ich finde, das muss hier erörtert werden. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil mehr zu den Regelsätzen gesagt als nur, wie die Regelsätze bemessen werden sollen. Es hat daran kann es gar keinen politischen Zweifel geben eine Kernvorstellung der arbeitsmarktpolitischen Strategien, die die FDP und mancher in der Union haben, für mit der Verfassung unvereinbar erklärt. Das ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.

Regelsätze müssen sich ausschließlich nach dem Bedarf richten. Es ist verboten wie die FDP oder Herr Koch von der CDU immer wieder mal gefordert haben , die Regelsätze zu senken mit der Idee: Dann gehen die Leute schon arbeiten. Das ist die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.

Deshalb noch einmal: Es geht darum, wie die Regelsätze dauerhaft bemessen werden. Es geht nicht um Sanktionen. Das bedeutet: Ihre Vorstellung, man müsse die Sätze senken, damit die Integration in den Arbeitsmarkt klappt, ist mit der Verfassung nicht vereinbar.

Wenn man das Urteil genau liest das tun nicht alle; denn viele haben schon eine Meinung, bevor sie es sich angeschaut haben , dann kommt man zu dem Ergebnis, dass es nur so auszulegen ist, dass es zu einer Erhöhung der Regelsätze kommen wird. All das, was in den letzten Tagen gesagt worden ist, ist mit dem, was im Urteil zu lesen ist, nicht vereinbar. Das heißt, die Klärung der Frage, was wir angesichts so vieler Millionen Arbeitsloser tun, um sicherzustellen, dass möglichst viele auf dem Arbeitsmarkt eine Chance haben, wird immer dringlicher. Was bleibt, sind so sage ich das einmal sozialdemokratische Arbeitsmarktstrategien. Man kann Mindestlöhne schaffen und sie erhöhen. Das kann dazu beitragen, dass sich Arbeit lohnt.

Man kann etwas dafür tun, dass genügend Arbeitsvermittler vorhanden sind und dass diejenigen, die ohne Arbeit sind, bei der Arbeitssuche und mit Qualifizierungsmaßnahmen unterstützt werden. Aber genau diese Dinge lehnen Sie ab. Im Liberalen Sparbuch steht, dass man Arbeitsvermittler einsparen soll, weil das angeblich zu Bürokratie führt, und dass man die Fördermaßnahmen für die Arbeitslosen beenden soll. All das ist falsch. Sie sind gegen das, was man richtigerweise tun könnte, um die Arbeitslosigkeit in diesem Lande zu bekämpfen.

Ich habe im letzten Jahr gegen Ihren hysterischen Widerstand mit der freundlichen Unterstützung der CDU/CSU die Zahl der Stellen für die Arbeitsvermittler um viele Tausend ausgeweitet. Dieser Weg muss weitergegangen werden und nicht zurück.

Die Antworten von Herrn Westerwelle sind aber nicht nur deswegen so aufgeregt, weil seine Politik für nicht mit der Verfassung vereinbar erklärt worden ist, sondern auch deshalb, weil er jetzt sieht, dass seine politischen Vorstellungen nicht realisierbar sind. Er liefert etwas, was einem Liberalen den Magen umdrehen muss. Ressentiments statt ordentlicher Löhne, das ist die Losung von Herrn Westerwelle.

Ich will Ihnen auch sagen, dass es dafür Vorbilder in der politischen Landschaft Europas gibt, Vorbilder, die man sich nicht nehmen sollte. Ich verweise auf die Lega Nord in Italien. Was Sie machen, ist Politik à la Lega FDP. Sie sagen nicht Nord gegen Süd, sondern geringverdienende Arbeitnehmer gegen Arbeitslose. Das ist nicht in Ordnung, und das ist zynisch.

Natürlich gibt es ein Problem mit den Findigen, von denen Herr Westerwelle gesprochen hat. Über sie hat er gesagt: Sie dürfen nicht besser wegkommen als diejenigen, die arbeiten. Ja, die Findigen gibt es. Das sind zum Beispiel die Menschen, die Konten in der Schweiz haben, die die anderen Steuerzahler betrügen und ihre Steuern nicht abführen.

Findig sind aber nicht nur diejenigen, die Konten in der Schweiz haben und FDP wählen. Findig sind auch bestimmte Hartz-IV-Empfänger, zum Beispiel Arbeitslose, die bei der Arbeitssuche nicht so engagiert sind. Die könnten die FDP wählen; denn wenn die FDP-Kürzungspläne hinsichtlich Arbeitsvermittlung und engagierter Arbeitsmarktpolitik durchgesetzt werden, dann können sich all die Leute, die in den RTL-Shows auftreten und sich damit rühmen, seit 30 Jahren ohne Arbeit zu sein, freuen. Die FDP ist ihr Freund, und das muss verhindert werden.