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03.05.2012

10. Deutscher Seniorentag

 

Sehr geehrter Herr Bundespräsident,

sehr geehrte Frau Professorin Lehr,

sehr geehrte Frau Bundesministerin,

sehr geehrter Herr Dr. Dittmer,

sehr geehrter Herr Vizepräsident der Hamburgischen Bürgerschaft,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

zum 10. Deutschen Seniorentag heiße ich Sie im Namen der sehr alten, sehr jung gebliebenen Stadt Hamburg sehr herzlich willkommen.

 

In unseren Mauern kann ich nicht sagen, denn schon vor mehr als 200 Jahren hat die Stadt begonnen, sich zu entfestigen, und nach und nach die Wallanlagen und den Stadtgraben in einen botanischen Garten verwandelt.

 

Das war auch ein symbolischer Akt, denn Hamburg wollte damit Neutralität, gleichzeitig Offenheit demonstrieren und natürlich die Bereitschaft, mit aller Welt Handel zu treiben. Es war keine Entscheidung, die sich sofort auszahlte. Napoleons Truppen zeigten sich unbeeindruckt, die Stadt war besetzt und der freie Seehandel eine zeitlang sehr nachhaltig unterbunden.

 

Tor zur Welt ist Hamburg aber doch geworden. Und ich behaupte: Die Senatsentscheidung vom Oktober 1804 war, bei allen auch späteren Rückschlägen, die Geburtsstunde einer Kultur der Welt- und überhaupt Offenheit, des zivil-gesellschaftlichen Denkens, das uns im Ergebnis nur Gutes gebracht hat. Und übrigens auch: einer Kultur des Erkennens eigener Stärken.

Mauern, Wälle und Gräben wird Hamburg nie wieder errichten. Wir werden die Zukunftsfragen so angehen und lösen, wie es eine Gesellschaft verlangt, in der und zwar weltweit Wachstum der Städte und demografische Entwicklungen zu den herausragenden Themen gehören.

 

Die demografische Entwicklung in Deutschland kennen wir. Oft und aus statistischer Sicht auch zutreffend wird sie in Sätze gefasst wie Deutschland wird immer älter.

 

Ich möchte am heutigen Tag in Hamburg allen Alten und Jungen, allen Senioren und Junioren, allen Stadtbewohnern und Gästen zurufen: Es ist eine überaus positive, eine ganz wunderbare Entwicklung, dass immer mehr Frauen und Männer ein höheres Lebensalter erreichen als in früheren Generationen. Und vor allem: dass die meisten von uns viel länger eigenverantwortlich, selbständig wohnen, am sozialen Leben teilnehmen, ihre Erfahrungen und Kenntnisse weitergeben können und es tun. Auch im Beruf!

 

Leider gilt letzteres nicht für alle. Zu viele ältere Arbeitnehmer, die leistungsfähig sind und nicht vorzeitig in Rente wollen, haben Probleme manchmal schon ab 50 , einen Arbeitsplatz zu finden, der zu ihrer Qualifikation passt. Oder überhaupt vermittelt zu  werden. Das ist nicht in Ordnung, das ist diskriminierend und daran muss Deutschland noch arbeiten. 

 

Andererseits, und genauso wichtig, müssen die Rentenempfänger am wirtschaftlichen Fortschritt teilhaben. Und das heißt, sie müssen eine Rente beziehen, mit der sie auskommen, mit der sie gut zurechtkommen, eine Rente, die sie unabhängig sein lässt. Daran darf nie gerüttelt werden. Die Rentengarantie ist mir schon als Mitglied der Bundesregierung ein ganz wichtiges Anliegen gewesen. Sie gilt und ich bin froh, dass wir das haben durchsetzen können. 

 

Hamburg braucht ich benutze jetzt keinen Euphemismus, sondern das wahre Wort, das die meisten Alten auch selbst benutzen Hamburg braucht die Alten. Und das gilt für ganz Deutschland. Wir brauchen sie genauso wie die Jungen.

 

Ohnehin wird es nicht zu viele Alte in Deutschland geben, sondern zu wenig Junge! 

 

Meine Damen und Herren,

Hamburg ist eine große Stadt in einer Fünf-Millionen-Metropolregion, eingebettet in ein Europa, dessen Einigungsprozess voranschreitet. Manchmal, so wie jetzt, mit schweren Schritten, aber nach dem richtigen Kompass.

 

Hamburg wird und will wachsen. 200.000 neue Stadtbürger sind in den vergangenen 15 Jahren dazugekommen. Und die Zahl der Bürgerinnen und Bürger wird weiter zunehmen, bis ungefähr 2030 auf 1,9 Millionen oder mehr. Darunter sind auch viele Junge. Übrigens ist das ein wichtiges Gefühl: in einer Stadt mit wachsender Bevölkerung zu leben, während die Zahl  die Zahl der Bürger und Bürgerinnen in Deutschland und auf dem Kontinent schrumpft.

 

Die demografische Rendite, von der manchmal die Rede ist, wird uns nicht in Form abnehmender Schüler-, Studenten- oder Erwerbstätigenzahlen zufallen. Vielmehr werden wir für sie arbeiten und darauf hinwirken, dass viel mehr gut ausgebildete, optimistische Stadtbewohner, für die und deren Familien das urbane Leben attraktiv ist, mit anpacken und die Voraussetzung dafür schaffen, dass auch die Alten hier gut leben können.

 

Das setzt zweierlei voraus: dass die Bildungs- und Ausbildungswege von der Kita bis zum Abitur, und darüber hinaus, oder bis zur Berufsausbildung allen die Chance bieten, als Ergebnis ein selbständiges Leben auf der Basis eigenen Einkommens zu führen. Hier ist der Staat in der Pflicht, alle mitzunehmen sogar die, die es von sich aus nicht sofort wollen und die Bildungswege zu ebnen, wenn nötig auch, indem Gebühren gesenkt oder abgeschafft werden, wie es Hamburg, außerdem die Stadt mit den kleinsten Grundschulklassen, getan hat.

 

Zweitens muss die Infrastruktur bereitstehen, und das betrifft nicht nur die Bildungseinrichtungen selbst. Es muss ausreichend Wohnraum in guter Qualität, und bezahlbar, zur Verfügung stehen, nötigenfalls neu gebaut werden, und es muss ein urbanes öffentliches Verkehrssystem vorhanden sein, nötigenfalls geschaffen werden, das diesen Namen verdient.

 

Dafür muss es unter anderem barrierefrei zugänglich sein. Perspektivisch müssen alle, und spätestens bis 2020 sollen fast alle U- und 

S-Bahnhöfe in Hamburg dieses Qualitätsmerkmal haben. Daran arbeiten wir zusammen mit der Deutschen Bahn. Außerdem sorgt ein Hamburger Beschleunigungsprogramm Barrierefreiheit dafür, dass schon bis 2015 die ersten 20 U-Bahn-Haltestellen diese Eigenschaft haben. Das ist ein umfangreiches Investitionsprogramm, um die Schnellbahnen für alle Kunden zu modernisieren.    

 

Meine Damen und Herren,

zum Modernisieren der Infrastruktur gehört selbstverständlich das Ziel, eine Stadt für alle Generationen zu werden. Hamburgs jetzt vorliegendes Konzept Älter werden in Hamburg hat genau dieses Ziel.

 

Die Zahl der über 60-Jährigen hat bei uns mit fast 430.000 schon selbst die Größe einer Großstadt erreicht. Bis 2030 wird ihr Anteil an der Hamburger Bevölkerung von 24 auf ungefähr 30 Prozent steigen.

 

60, das ist ja beileibe noch nicht besonders alt. Aber es kommen mehr und mehr Jahre dazu und früher oder später werden wir alle merken, dass das Bedienen eines Smartphones aus rein motorischen Gründen, und solchen der Sehschärfe, schwieriger wird. Dass man beim Laufen, vor allem treppauf, langsamer wird.

 

Und, auch das wissen wir, dass ein Teil von uns im Alter nicht mehr das wird tun können, was ich eben als eigenverantwortlich, selbständig wohnen, am sozialen Leben teilnehmen, Erfahrungen und Kenntnisse weitergeben aufgezählt habe. Manche, von der absoluten Zahl her mehr von uns werden pflegebedürftig sein, Hilfe in vielfältiger Form brauchen.

 

Deshalb brauchen wir Pflegekräfte in ausreichender Zahl, die gut ausgebildet sind. Und denen wir das ist die Voraussetzung und steht ihnen zu gute Löhne zahlen. 

 

Hamburg will die Chance nutzen, den vielen Tausend Besucherinnen und Besuchern des Deutschen Seniorentages zu zeigen, dass es eine lebenswerte Stadt für alle Generationen ist, in der man sein gesamtes Leben verbringen möchte und kann, so angenehm wie möglich auch im Alter.

 

Am Handlungsplan der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz haben alle Hamburger Fachbehörden, Bezirksämter und natürlich der Landes-Seniorenbeirat mitgearbeitet. Eine gesamtgesellschaftliche Querschnittsaufgabe ist das, die wir gemeinsam anpacken.

 

Die wesentlichen Bausteine liegen bereit. Das Miteinander der Generationen zu fördern mit mehr freiwilligem Engagement, mit ehrenamtlichen Mentoren- und Patenprojekten, mit einem Gesetz zur Stärkung der Mitwirkung der Seniorinnen und Senioren, das wir jetzt einbringen, ist ein Handlungsschwerpunkt. 

 

Hamburgs groß angelegtem Wohnungsbauprogramm einen starken Schwerpunkt Wohnbedarfe älterer Menschen zu geben im Neubau wie auch im Bestand , zum Beispiel Barrierefreiheit selbstverständlich zu machen, ist ein zweiter. Vernetztes Wohnen im Quartier, zum Beispiel im Zusammenhang mit dem Ziel Länger selbstbestimmt leben durch Telemedizin und Unterstützungssysteme, und auch Hamburg als Vorreiter in Pflege und Geriatrie sind ebenfalls mit zahlreichen konkreten Vorhaben unterfüttert.

 

 

Meine Damen und Herren,

gesamtgesellschaftliche Querschnittsaufgabe:

Man muss bürokratische Namen für große Projekte nicht lieben. Grandiose Namen auch nicht. Aber denken Sie an den ökologischen Umbau der Industriegesellschaft, der vor Jahren in aller Munde war und inzwischen viel weiter fortgeschritten ist, als viele Skeptiker geglaubt haben. Auch wenn der Begriff wieder aus der Mode ist. Einen demografischen Umbau der Zivilgesellschaft vielleicht so, vielleicht auch anders ließe sich das bezeichnen, was jetzt ansteht.

 

Eine große Aufgabe ist es jedenfalls und wir müssen sie erfüllen. Auch, natürlich, was die finanzielle Sicherung der Sozialsysteme betrifft, die mit den Arbeitsmarktreformen begonnen hat und der stetigen Anpassung an neue Entwicklungen bedarf.

 

Meine Damen und Herren,

Mauern, Wälle und Gräben dürfen wir nie wieder errichten, noch dürfen wir sie dulden. Zwischen den Generationen sind sie so überflüssig und gefährlich wie es einst die Kanonen der Hamburger Befestigungsanlagen waren.

 

Die zu entfernen und durch einen botanischen Garten zu ersetzen, war eine kluge Entscheidung. Das werden hoffentlich sehr viele unserer Besucherinnen und Besucher am Rande des offiziellen Programms beim Eis essen und vielleicht Sonnenbaden in den Wallanlagen feststellen.

 

Das, und einen inhaltsreichen Deutschen Seniorentag, wünsche ich uns allen. Vielen Dank!

 

 

Es gilt das gesprochene Wort.