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28.10.2011

75. Geburtstag von Hans Peter Bull

 

Sehr geehrter Herr Prof. Bull,

sehr geehrter Herr Prof. Repgen

sehr geehrter Herr Prof. Ramsauer,

meine Damen und Herren,

 

nicht oft hatte ich bisher die Gelegenheit, einem ehemaligen Professor, Mentor, Spin-Doctor... was gibt es noch für zeitgemäße Begriffe? Einem Juristen, der mein eigenes berufliches Fortkommen wesentlich beeinflusst hat, an diesem besonderen Ort vom Katheder herab Glückwünsche zu sagen.   


Ich tue das außerordentlich gern und genieße die Situation. Zumal Sie, lieber Professor Bull, ja zu zwei Ereignissen heute Glückwünsche entgegen nehmen: nachträgliche zu Ihrem 75. Geburtstag und aktuelle zu der Festschrift, die heute im Rahmen dieser akademischen Feier überreicht wird.

 

Staat, Verwaltung und Information. Das ist ja schon ein sehr umfassender Titel. Und mit ihm scheint mir Ihr berufliches Wirken recht gut gegliedert und zusammengefasst soweit ganze drei Schlüsselbegriffe das überhaupt können.

 

Auf jeden Fall reflektiert die Dreiteilung die verschiedenen Funktionen, auf die sich Hans Peter Bull in seiner aktiven Zeit konzentriert hat, nacheinander, aber naturgemäß immer wieder auch verzahnt miteinander.


Der Professor hat am Aufbau der Einstufigen Juristenausbildung mitgewirkt; der allererste Bundesbeauftragte für den Datenschutz hat einen pragmatischen Umgang mit dieser Thematik gepflegt. Der Innenminister in der schleswig-holsteinischen Regierung Engholm lernte die Höhen und Tiefen der Politik kennen und mitgestalten.

 

Der breiten Öffentlichkeit war und ist Hans Peter Bull, glaube ich, auch heute noch als Datenschützer am besten bekannt. Kein Wunder, denn das war lange Zeit ein so schien es wenig aufregendes Thema gewesen, kam dann aber im Zuge des kritischer und selbständiger werdenden Mündigen Bürgers mehr und mehr in die Schlagzeilen. Just in den Jahren des ersten Bundesbeauftragten 1978 bis 83 braute sich auch in Hamburg eine Menge Veränderungspotenzial zusammen. Es entlud sich dann in ungewohnten Wahlergebnissen, die schon 1982 zu den so genannten Hamburger Verhältnissen führten, als sich die langjährige Regierungspartei von neu gegründeten Rivalen toleriert sah mal mehr, mal weniger.

Der Streit um den Datenschutz gehörte in den folgenden Jahren zu den Dauerbrennern zwischen etablierter und alternativer Politikbetrachtung. Wer erinnert sich nicht an die Volkszählung oder den maschinenlesbaren Personalausweis als Symbole des sich verschärfenden Zugriffs des Staates auf die Daten seiner Bürger? So sahen es viele, deren Kinder und Enkel sich heute bei Facebook adden, liken und alles Mögliche ins Netz stellen.

1986 Hans Peter Bull lehrte wieder öffentliches Recht an dieser Universität, bevor er 1988 Minister im Nachbarland wurde 1986 traf das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidung über ein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung. Es gehört gehört zu den großen und wichtigen Eckpfeilern unserer Verfassungsordnung. Der unbedingte Schutz persönlicher Daten, den die Richter damals eingefordert haben, ist in den letzten Jahren eher brisanter geworden.


Gleichwohl darf man nicht übersehen, dass sich die Konfliktlinien verschoben haben. Damals waren die schon genannte Volkszählung und die Einführung der digitalisierten ISDN-Telefonie in den Händen des staatlichen Fernmeldewesens Treiber der Debatte. Heute sind wir eher mit der Frage konfrontiert, welche Daten wie gut gesichert bei privaten Unternehmen liegen, und auf der Basis welcher Einwilligungen. Das Schutzbedürfnis vieler Bürgerinnen und Bürger ist da keineswegs mehr so eindeutig wie noch vor einem Vierteljahrhundert. Könnten Sie vertrauen, dann würden sie das an manchen Stellen auch durchaus tun.

Die Tatsache, dass uns Datenschutzfragen heutzutage beinahe allerorten begegnen und sie sich in aller Regel mit Fragen des Persönlichkeitsschutzes oder auch der Medienkompetenz mischen, zeigt aber doch, dass wir da Handlungsbedarf haben. Dieser verschärft sich noch dadurch, dass wir in Datenschutzfragen in Deutschland die Unwucht haben, dass 16 Bundesländer und ihre jeweiligen Beauftragten globalen Playern gegenüberstehen, um regional und kulturell besondere Traditionen zu vertreten. Da stehen einige, auch komplizierte Lernprozesse noch aus.

 

Umgekehrt müssen wir aufpassen, dass wir nicht Lösungen entwickeln, die eine etablierte und vernünftige Logik zwar fortentwickeln, dabei aber an den Herausforderungen der heutigen Praxis vorbei gehen. Der beste Datenschutz ist der, der im Interesse der Nutzer und der Unternehmen geregelt wird, so dass wünschenswerte Anwendungen funktionieren und sich alle sicher sein können, dass nichts veröffentlicht wird, das nicht veröffentlicht werden soll.

 

Wenn Sie mich nach einer persönlichen Einschätzung fragen, dann werden wir uns darum kümmern müssen, im Datenschutz kreativer und pragmatischer zu werden. Ich kann mir eine Regulierungspartnerschaft vorstellen, in deren Rahmen wir den Unternehmen helfen, datensichere Angebote zu entwickeln. So dass wir aus der ex post-Beurteilung zur ex ante-Unterstützung kommen.

Das wird nicht von jetzt auf gleich gehen. Das müssen sich beide Seiten auch zutrauen. Aber es ist allemal sinnvoller als die aktuellen Konflikte, die auf mich manchmal schon eher wie pflichtschuldige Rituale wirken und weniger wie lösungsorientierte Auseinandersetzungen.


So, das musste mal gesagt sein. Und, meine Damen und Herren, lieber Professor Bull, wer würde mir den kleinen Exkurs eher nachsehen als Sie?


Nach Ende Ihrer Amtszeit als Innenminister nach der ersten Wahl von Ministerpräsidentin Heide Simonis wurden Sie Geschäftsführender Direktor des Seminars für Verwaltungslehre, das Sie bis zu Ihrer Pensionierung innehatten. Mit dem Ruhestand ist es nicht so ganz viel geworden, da Sie weiterhin politisch aktiv geblieben sind, auch parteipolitisch wichtige Ämter bekleidet haben.


Sehr viel mehr werden die Leserinnen und Leser der Festschrift erfahren. Sicher wird dort auch der etwas rätselhafte Satz bei Wikipedia seine Erklärung finden, Zitat: Heute nimmt er Hans Peter Bull eine im Vergleich zu amtierenden Datenschützern eher moderate Haltung ein, was nicht zuletzt auf seine Tätigkeit als Landesinnenminister zurückzuführen sein mag.

Ich wünsche der Festschrift weite Verbreitung.

 

 

Es gilt das gesprochene Wort.