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11.05.2012

Ausstellungseröffnung: 135 Jahre Blohm+Voss

 

Sehr geehrter Herr Professor Tamm,

sehr geehrter Herr Dr. Atzpodien,

sehr geehrter Herr Dr. Aly,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

die Geschichte von Blohm+Voss handelt von Gründergeist und technischem Fortschritt. Und sie ist untrennbar mit Hamburg und seinem Hafen verbunden. Sie zeigt exemplarisch und manchmal auf drastische Weise das Auf und Ab der wirtschaftlichen Entwicklung über fast anderthalb Jahrhunderte. 

Ebenso macht sie die Auswirkungen des Strukturwandels auf die Hafen- und Werftenstadt Hamburg deutlich. 

 

Die Geschichte von Blohm+Voss ist als Teil der Geschichte Hamburgs und Deutschlands überaus wechselvoll. Wird man nach Blohm+Voss gefragt, so denkt man an eine große Werft, die das Stadtbild prägt. Und an stolze Schiffe, die von Hamburg aus die Weltmeere befahren.   

 

Aber es ist auch eine Geschichte von Hochrüstung, Krieg, Zerstörung und Wiederaufbau. Und damit ist sie ein Spiegelbild des 20. Jahrhunderts mit all seinen Widersprüchen. Nicht zuletzt ist die Chronik von Blohm+Voss ein ganz wichtiger Teil der Hamburger Industriegeschichte.  

 

Sie begann im Frühjahr 1877, genauer gesagt, am 5. April: 

An diesem Tag gründeten Hermann Blohm und Ernst Voss die Schiffswerft und Maschinenfabrik Blohm & Voss Offene Handels Gesellschaft.

 

Das war durchaus ein Wagnis und in der Anfangsphase sah es nicht danach aus, dass das Unternehmen sich gut entwickeln würde. Die Firmengründer pachteten von der Stadt Hamburg ein Areal von 15.000 m² auf der Elbinsel Kuhwerder, wo sie Schiffe und Maschinen bauen wollten. 

 

Ein ehrgeiziges Vorhaben, denn zu jener Zeit gaben die Hamburger Reedereien ihre Schiffsneubauten vorzugsweise bei etablierten Werften in England in Auftrag. Deshalb mangelte es der neugegründeten Werft an Aufträgen. Blohm & Voss baute zunächst nur kleine Schiffe, meist auf eigene Kosten. 

Erst eineinhalb Jahre nach der Gründung kam es zum ersten Fremdauftrag für einen kleinen Raddampfer namens Elbe.

 

Der damals 29-jährige Lübecker Kaufmannssohn Hermann Blohm brachte nicht nur das Kapital von 500.000 Goldmark mit. Er hatte eine Ingenieursausbildung absolviert und in kleineren Reedereien Erfahrungen gesammelt und dabei unternehmerisches Talent bewiesen. 

 

Der 35 Jahre alte Diplomingenieur Ernst Voss, Sohn eines Hufschmieds, galt als das größere technische Talent. Er erwarb unter anderem in England wertvolle Kenntnisse im Maschinenbau. Hermann Blohm und Ernst Voss lernten sich in Hamburg kennen. Ihnen war klar, dass die Zukunft der Seefahrt Schiffen aus Eisen und Stahl gehörte. Mit rund 100 Fachleuten aus England machten sie sich ans Werk. 

Bergauf ging es mit der jungen Werft erst fünf Jahre später, 1882, als die beiden Gründer sich ein Schwimmdock bauen ließen und anfingen, neben dem Schiffsneubau auch Reparaturaufträge anzunehmen.

 

Weitere fünf Jahre später, 1887, legte die Geschäftsleitung dem Senat einen Antrag auf Ausweitung des Werftengeländes vor. Blohm+Voss beschäftigte zu diesem Zeitpunkt bereits 1.200 Mitarbeiter. 

 

Und das Unternehmen wuchs weiter: 1897, als Blohm+Voss 20 Jahre alt wurde, wurde ein weiteres Schwimmdock in Betrieb genommen. Im Zuge der Verabschiedung  des Flottengesetzes durch den Reichstag verbesserte sich die Auftragslage weiter. 

1899 wurde ein erstes großes Marineschiff ausgeliefert. Daraufhin nahm der Anteil an Bauten von Marineschiffen deutlich zu. Der militärische Geschäftszweig warf hohe Gewinne ab und galt als krisensicher, da Deutschland kräftig aufrüstete. Die Werft etablierte sich als Hauptbauwerft für Schlachtkreuzer der Kaiserlichen Marine.

 

So verwundert es nicht, dass die Werft 1905 noch einmal erweitert wurde: Ein neuer Pachtvertrag wurde mit dem Hamburger Senat geschlossen. Mit 560.000 m² Areal und 3 Kilometern Wasserfront hatte Blohm+Voss das größte geschlossene Werftgelände der Welt. 1907 waren dort über 4.000 Mitarbeiter beschäftigt Konstrukteure, Kaufleute, Meister und Arbeiter. 

 

Bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs hatte sich diese Zahl noch verdoppelt, am Ende des Krieges 1918 arbeiteten über 14.000 Menschen auf der Werft.

 

Während der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts ging es Blohm+Voss mit dem Bau von Fracht- und Fahrgastschiffen recht gut. Auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise kam dann der Einbruch. 1932 beschäftigte die Werft weniger als 3.000 Arbeiter und Angestellte. Erst die erneute Phase der Aufrüstung und schließlich die Konzentration auf die Herstellung von Rüstungsgütern während des Zweiten Weltkrieges ließ die Produktion wieder auf Hochtouren laufen.

 

Nach Kriegsende, totaler Demontage, und Wiederaufbau erhielt Blohm+Voss Mitte der 50er Jahre wieder die Erlaubnis zum Seeschiffbau. 

In den folgenden Jahrzehnten machte sich die Werft weltweit einen Namen im Container- und Spezialschiffbau sowie in der Kraftwerkstechnik und im Offshore-Bereich. Neben der Ausführung von Umbau- und Reparatur-Aufträgen spielen heute Yachten und in der militärischen Sparte bei ThyssenKrupp Marine Systems Marineschiffe eine große Rolle. 

 

Heute ist Blohm+Voss die letzte verbliebene Großwerft in Hamburg. Ein Unternehmen mit Zukunft, denn der Industriestandort Hamburg braucht diese Werft.

 

Schon seit längerem setzt sie auch auf den Offshore-Bereich. Und hier liegen die Chancen für die Zukunft. Die Windenergie wird im künftigen Energiemix eine wichtige Rolle spielen. Sowohl weitere Potenziale an Land als auch riesige Windparks vor den Küsten werden erschlossen. 

Die Branche boomt und sucht im Zuge der Energiewende nach Partnern und Synergien. Es wird künftig also nicht nur um die Versorgung von Öl- und Gasplattformen gehen, sondern in stärkerem Maße auch um den Service für Schiffe und Plattformen der Windindustrie.

 

Spätestens nach dem verheerenden Unglück in Fukushima und dem Ausstiegsbeschluss, der in Deutschland darauf gefolgt ist, steht fest, dass wir vor einer bedeutenden technischen und gesellschaftspolitischen Herausforderung stehen.

 

Hamburg hat die Energiewende eingeleitet. Die Bürgerschaft hat in dieser Woche wichtige Beschlüsse dazu gefasst.  Klar ist, dass wir auch wirtschaftlich von der Wende in der Energiepolitik profitieren können, denn wir verbinden damit die begründete Hoffnung auf ein hohes Modernisierungspotenzial. 

Das technologische Know-How haben wir hier in Hamburg. Erneuerbare Energie, insbesondere die Windenergie, ist inzwischen ein weiterer bedeutender Wirtschaftsfaktor in der Metropolregion Hamburg. 

 

Hier ist eine große Vielfalt von Dienstleistern aktiv, die sich auf Planung, Finanzierung, Produktion, Installation, den Betrieb und die Wartung bis hin zur Versicherung von Windenergieanlagen spezialisiert haben. Damit wird ein großer Teil der Wertschöpfungskette bei uns abgedeckt. 

 

Hier, an der Schnittstelle zwischen verschiedenen Wirtschaftszweigen, liegt die große Chance für Unternehmen wie Blohm+Voss. Sicher, es hat ein Strukturwandel stattgefunden. Und die Werften haben so manche Krise erlebt. 

Doch die maritime Wirtschaft spielt in Norddeutschland nach wie vor eine bedeutende Rolle. Heute erwirtschaften mehr als 26.000 Beschäftigte der Metropolregion Hamburg in knapp 1.100 Unternehmen der maritimen Industrie rund 7,5 Milliarden Euro Umsatz.

 

Weitere 2.500 Beschäftige sind  in 53 Wissenschafts-, Bildungs- und Forschungseinrichtungen tätig. Neben den weltweit agierenden Werften und Schiffbau-Zulieferern geraten immer stärker Unternehmen der Meerestechnik, unter anderem aus den Bereichen Offshore-Technik für die Gas- und Ölgewinnung, Offshore-Windenergie und Unterwassertechnik in den Blickpunkt der Öffentlichkeit, weil ihnen ein hohes Wachstumspotenzial vorausgesagt wird.  

 

Die Aussichten sind also gut. Und umso erfreulicher ist es, dass durch die Übernahme der zivilen Sparte durch Star Capital Partners ausreichend Kapital bereitgestellt werden kann, um das Wachstum der bestehenden Geschäfte voranzutreiben.

 

Ich wünsche dem Unternehmen, das unsere Stadt nun schon seit so vielen Jahren mitprägt, eine erfolgreiche Zukunft und uns heute interessante Eindrücke beim Rundgang durch diese Ausstellung. 

 

Vielen Dank. 

 

Es gilt das gesprochene Wort.