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08.07.2013

BILD Sommerinterview


BILD: Herr Bürgermeister, in wenigen Tagen beginnt Ihr Urlaub. Nehmen Sie politische Probleme mit in die Ferien?

Olaf Scholz: "Ich kann Urlaub machen und mich auch auf die Erholung konzentrieren. Dass ich aber vergesse, was hier in Hamburg zu tun ist, passiert nicht. Ich bin erreichbar, gucke im Urlaub aber nicht ununterbrochen aufs Handy."
BILD: Lesen Sie Akten in den Bergen?
Scholz: "Ja. Ich nehme immer etwas mit, dessen Lektüre etwas länger dauert...
BILD: ... Tatsächlich? Und was sagt Ihre Frau dazu?...
Scholz: ... Darüber hinaus habe ich mir spannende Romane gekauft. Und ich freue mich auf die viele Zeit mit meiner Frau."
BILD: Stichwort Wohnungsbau. Von ihrer Zielzahl von 6000 Wohnungen pro Jahr sind Sie weit entfernt. Ist die Zahl zu hoch gewesen?
Scholz: "Nein, sie ist das mindeste, was wir schaffen müssen. Über 8700 Baugenehmigungen 2012 sind ein guter Anfang..."
BILD: ... Aber noch keine fertigen Wohnungen. Im zweiten Jahr in Folge verfehlen sie die 6000.
ScholzScholz: "Natürlich dauert es etwas, bis aus einer Genehmigung eine Wohnung wird. Das weiß doch jeder. Aber: Die Kräne drehen sich, die Investoren legen los. Und die Saga beginnt dieses Jahr mit dem Bau von mehr als 1000 Wohnungen. Wir werden das Ziel von 6000 Wohnungen erreichen."
BILD: Sie wissen doch gar nicht genau, wie viele Wohnungen tatsächlich fertig werden. Viele Bauherren melden das den Bezirksämtern nicht.
Scholz: "Leider wahr. Früher hatten die Ämter eigens Mitarbeiter, die das gezählt haben. Aber das ist vorbei.
BILD: Was heißt das für die gemeldete Zahl von 3793 fertigen Wohnungen für 2012?
Scholz: "Das sind viel mehr als in den vergangenen Jahren. Und es ist sehr wahrscheinlich, dass die Zahl der tatsächlich gebauten Wohnungen höher liegt."
BILD: Der Volksentscheid über den Rückkauf der Energienetze durch die Stadt im September: Sie sind gegen den Rückkauf von 100 Prozent des Stromnetzes. Das könnte Ihre erste große politische Niederlage im Amt werden...
Scholz: "Volksentscheide gehen mal so aus und mal so. Die Bürgerinnen und Bürger sollten zwei Dinge wissen: Diese Aktion würde zwei Milliarden Euro kosten. Das ist bannig viel Geld. Ich bekomme da ein mulmiges Gefühl, weil ich keine Idee habe, wie wir das bezahlen sollten. Und der Strom würde durch den Rückkauf auch nicht günstiger werden."
BILD: Ihr Wirtschaftssenator Frank Horch kritisiert das Verbandsklagerecht, mit dem Naturschutzverbände zum Beispiel gegen die Elbvertiefung vorgehen.
Scholz: "Es ist heute nun mal so, dass gegen alles geklagt wird. Ich verstehe, dass viele angesichts dieses Umstands skeptisch sind. Aber was das Verbandsklagerecht angeht, bin ich Realist: Das bekommen wir nicht wieder weg."
BILD: Bundesumweltminister Peter Altmaier war gerade wegen der Energiewende in Hamburg. Passiert in Berlin genug?
Scholz: Nein. Alle wichtigen Entscheidungen sind auf die Zeit nach der Bundestagswahl verschoben.
BILD: Man tritt also auf der Stelle?
Scholz: "Ja. Wenn 2022 die letzten Atomreaktoren vom Netz gehen, brauchen wir grundlastfähige Offshore-Windkraftanlagen und entsprechende Leitungen. Es wird zurzeit kaum noch investiert. Das ist fatal. Die Zeit rennt..."
BILD: Nach der jüngsten Umfrage haben Sie mit 43 Prozent die absolute Mehrheit verloren. Schwächeln Sie?
Scholz: "In der einen Umfrage sind es 48 Prozent, in der anderen 43. Alles über 40 Prozent bedeutet eine enorme Zustimmung! Außerdem sind wir bei der Arbeit - und nicht im Wahlkampf. Aber wissen Sie, was mich am meisten freut: Viele Leute sagen mir: 'Mit Ihnen würde ich nicht tauschen wollen'. Sie haben das Gefühl, dass wir uns anstrengen und uns kümmern. Das ist für mich das größte Lob."