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31.08.2015

Bürger und Banken: Berenberg im Wandel der Zeit Rede zum Senatsempfang 425-Jahr-Feier der Berenberg-Bank

Bürger und Banken: Berenberg im Wandel der Zeit Rede zum Senatsempfang 425-Jahr-Feier der Berenberg-Bank

 

Sehr geehrter Herr Dr. Peters,

sehr geehrter Herr Dr. Dombret,

sehr geehrter Herr Fitschen,

sehr geehrter Herr Otto,

sehr geehrter Herr Dr. Jacobs,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

ich freue mich, anlässlich Ihres 425-jährigen Jubiläums zu Ihnen zu sprechen. 425 Jahre das ist normalerweise ein historischer Zeitraum, über den man spricht, wenn es um Städte geht oder um kulturelle Traditionen, nicht um Unternehmen.  Allein das gibt uns schon einen Hinweis darauf, dass wir es hier mit einer echten Besonderheit zu tun haben, die schiere Quantität an Jahren, an Geschichte des Hauses Berenberg in dieser Stadt ist schon beeindruckend. Aber es wird noch viel beeindruckender, wenn man sich die Qualität dessen anschaut, was das Haus Berenberg in Hamburg geleistet hat. Ein gutes Stück weit geht das natürlich Hand in Hand, denn eins ist klar: Ein Unternehmen lebt nicht Jahrhunderte lang, wenn nicht zwischendurch mal der eine oder andere Unternehmenslenker die eine oder andere gute Idee gehabt hätte. Wir können uns heute und zu diesem Anlass den Luxus erlauben, ein bisschen in der Vergangenheit zu verweilen, weil die Brüder Berenberg ihren Blick immer fest in die Zukunft gerichtet hatten und das Haus, das sie gründeten, ist diesem Prinzip offensichtlich treu geblieben.

 

Die Brüder Hans und Paul Berenberg ließen sich im Jahr 1590 als Tuch- und Außenhändler in Hamburg nieder. In mehr als hundert Jahren dehnten sie ihre Handelsaktivitäten weit über die Grenzen Deutschlands aus, bis nach Portugal, Italien und Russland. Anfang des 18. Jahrhunderts wurden die Handelsaktivitäten dann mehr und mehr durch Geld- und Versicherungsgeschäfte abgelöst, und die Berenbergs begründeten ihren Ruf als Hamburger Bankiers.

 

Der Aufstieg Hamburgs und seine internationale Vernetzung wären ohne das Bankgeschäft  undenkbar gewesen. Die Produktion und die Aktivitäten der Hamburger Kaufleute benötigten schon damals erhebliche Finanzmittel, und natürlich auch die Schifffahrt. Dieser Kapitalbedarf war nur durch die Gründung von Banken, der Gewährung von Darlehen und der Verteilung der damit verbundenen Risiken auf mehrere Schultern zu decken. Hamburg ist durch den internationalen Handel seiner Kaufleute groß geworden, und der wäre ohne diese Art der Finanzierung nicht möglich gewesen. Die Versorgung der Wirtschaft mit Kapital war damals wie heute eine Säule des Hamburger Erfolgs, und das Haus Berenberg ist mindestens eine tragende Säule im Hamburger Bankenwesen. 

 

Zur Reichsgründung 1871 hatten die Kaufleute der Hansestädte Hamburg und Bremen erhebliche Vorbehalte gegen eine Zollunion Hamburgs mit dem Reich. Damals bewies John Berenberg-Gossler große Weitsicht. Gegen erhebliche Widerstände in der Kaufmannschaft verfocht er energisch die Sache der Zolleinheit. Er wusste, dass der Hamburger Freihafen ein wichtiger Motor für den Handel in Hamburg werden und den Wohlstand seiner Heimatstadt mehren würde. 

 

Für seine Verdienste um die Gründung des Freihafens wurde John Berenberg-Gossler 1889 in den Adelsstand erhoben. Und er vererbte nicht nur seinen Titel, sondern offensichtlich auch sein Gespür für das, was die Zukunft bringt.

 

Meine Damen und Herren,

der Rückblick auf die Geschichte der Bank ist auch ein Rückblick auf fast 500 Jahre deutsche und europäische Geschichte. Immer wieder wechselten die Währungen. Nicht nur die in denen die Bank handelte, sondern auch die, die hier in Hamburg galten. Die europäischen Staaten bildeten sich allmählich heraus. Die Hanse spielte anfangs noch eine Rolle, später immer weniger. Das sogenannte heilige römische Reich der deutschen Kaiser erstreckte sich über weite Teile Europas. Und war doch kein Staat, denn Staaten bildeten sich in seinem Rahmen heraus. Kriege zerstörten das Land und brachten vielen Menschen den Tod; zuletzt die beiden Weltkriege in der ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts. Seuchen suchten die Menschen heim. In Hamburg noch am Ende des 19. Jahrhunderts.

 

Und immer wieder mussten Menschen fliehen, z.B. wegen ihres Glaubens. So wie die Gründer des Hauses, die wegen ihres Glaubens nach Hamburg kamen.

 

In diesen Tagen erleben wir in Deutschland, dass wir noch immer nicht in einer Welt leben, in der niemand wegen seines Glaubens oder seiner politischen Überzeugungen fliehen muss. Oder vor einem Krieg in seiner Heimat. Wir sehen die Bilder aus dem Irak, aus Syrien, dem Sudan. Und wir hoffen, dass diese Flüchtlinge eine Heimat in Deutschland finden. Und dass ihnen und ihren Familien ein neuer Anfang gelingt, wie einst den Brüdern Berenberg. Vielleicht beginnt bei dem einen oder anderen auch eine Erfolgsgeschichte wie die, die uns heute zusammenführt. Und ein Hamburger Bürgermeister spricht in einhundert Jahren auf einer Jubiläumsveranstaltung.

 

Der Blick zurück hilft uns auch klar in die Zukunft zu blicken. Und zu erkennen, welch eine große Errungenschaft die Europäische Union darstellt. Der Erfolg dieser Union muss unsere Sache sein. Deutschland darf sich als das bevölkerungsreichste und wirtschaftlich stabilste Land in der Mitte nicht heraushalten und das Geschehen vom Bühnenrand her kommentieren. 

 

Wir haben die Verantwortung für das Gelingen Europas. 

 

Ich bin fest davon überzeugt, dass die Herausforderungen, vor denen wir stehen, nur dann bewältigt werden können, wenn die Europäische Union dazu auch die geeigneten Kompetenzen hat. Das gilt nicht nur für die Banken- und Fiskalunion. Das gilt nicht nur für unsere gemeinsame Währung, den Euro. Es wird auch immer mehr für Fragen der Außenpolitik oder der Sicherheit gelten. Mit dem Historiker Brendan Simms sage ich: das schon erwähnte Heilige Römische Reich eignet sich nicht als Modell; viel eher schon die amerikanische Union.

 

Lassen Sie uns von diesem Ausflug nach Hamburg und zur Bank zurückkehren.

 

Der Sohn von John Berenberg-Gossler, Cornelius Freiherr von Berenberg-Gossler, zog sich Ende der Zwanzigerjahre des letzten Jahrhunderts aus dem aktiven Bankgeschäft zurück, weil er schon in den drückenden Jahren vor Beginn des nationalsozialistischen Terrors keinen Raum mehr für eine traditionell im Außenhandel engagierte Bank sah. 

 

Die Firma Joh. Berenberg, Gossler & Co. überstand die Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft als Holdinggesellschaft, in der die Beteiligungen der Firma zusammengefasst waren. 

 

Cornelius Freiherr von Berenberg-Gossler lehnte den Nationalsozialismus entschieden ab, das belegen seine Tagebücher. Ausdruck dessen war auch, dass er im Frühjahr 1938 seine 1881 erbaute Niendorfer Villa lieber abreißen ließ, als sie den Nazis als Parteischulungsheim zu überlassen. Gegenüber den nationalsozialistischen Machthabern sagte er: Ja, wissen Sie, das Haus war absolut abbruchreif und nicht mehr bewohnbar. Das Risiko, Ihre Leute in so einem Haus unterzubringen, das konnte ich ja gar nicht übernehmen. Das Haus musste abgerissen werden. Natürlich stimmte das nicht, und gefahrlos war sein Manöver auch nicht.

 

Er hat die Gefahr in Kauf genommen, und er hat damit etwas demonstriert, das wir in der Geschichte der Bank in Hamburg immer wieder gesehen haben: Ihre Verantwortlichen haben Verantwortung übernommen. 

 

Sie haben nicht nur im eigenen Interesse gehandelt, sondern an entscheidenden Stellen immer auch im Sinne der Stadt und ihrer Mitbürger. 

 

Wir finden in der Familiengeschichte gleich mehrere Senatoren, Ratsherren, Präsides der Commerzdeputation und der Handelskammer. 

 

Nach dem Ende des Krieges begannen stürmische Aufbaujahre. Die Berenberg-Bank fand neue Betätigungsfelder. Die industrielle Wiederbelebung und der beginnende Außenhandel brachten einen großen Teil alter Kunden zurück und die Auslandsverbindungen früherer Jahre konnten schnell wieder aufgenommen werden.

 

Heute ist die Berenberg Bank eine der führenden Privatbanken Europas. Sie verwalten ein Vermögen von 36 Milliarden Euro. In Hamburg und an siebzehn weiteren Standorten im In- und Ausland beschäftigen Sie 1.250 Mitarbeiter und Sie haben allein 2015 schon sieben Börsengänge begleitet. 

 

Für die internationale Bedeutung des Finanzplatzes Hamburg ist die Bank mit Stammsitz in Hamburg wichtig. Sie wird heute in der ganzen Welt als Global Player bei Börsengängen wahrgenommen. Aber Sie sind nicht nur Bankiers, sondern im allerbesten Wortsinne Bürger, und Sie haben es in Ihrer 425-jährigen Geschichte verstanden, Tradition mit Innovation zu verbinden, und Sie engagieren sich in großartiger Weise in der Stadt, zum Beispiel bei der Elbphilharmonie und der Olympiabewerbung, durch vielfältige Nachwuchsförderung im kulturellen Bereich, durch das soziale Engagement Ihrer Mitarbeiter bei der BerenbergKids Stiftung, in der Sportförderung und der Wissenschaftsförderung als strategischer Partner des HWWI und in der Universitätsgesellschaft. 

 

Ihre feste Verwurzelung in Hamburg ist umso erfreulicher, als die Gründer Ihres Instituts, Hans und Paul Berenberg, keine gebürtigen Hamburger waren. Als Glaubensflüchtlinge kamen sie in unsere Stadt, weil sie in den Niederlanden als Protestanten verfolgt wurden. Nach anfänglichen Benachteiligungen stellte Hamburg sie und die übrigen Geflohenen bald den Hamburger Bürgern gleich. Die Stadt erlebte danach einen wirtschaftlichen Aufschwung, der maßgeblich auch von den Neubürgern getragen wurde. 

 

Die Tradition der Integration von Menschen die zu uns kommen haben wir bis heute bewahrt. Ohne sie wäre unsere Stadt wesentlich ärmer, kulturell und wirtschaftlich. 

 

Meine Damen und Herren, 

die Banken stehen heute vor vielen Herausforderungen. Da sind die Folgen der Finanzkrise zu nennen und die neuen Regulierungen zur Stärkung des Finanzsektors, die mit dafür sorgen sollen, dass solche Krisen in Zukunft nicht noch einmal die gesamte Finanzarchitektur ins Wanken bringen. Auch die Digitalisierung fordert Konsequenzen. Auf diesen Herausforderungen haben Sie durch die intensive Ausrichtung auf neue Geschäftsfelder reagiert.

 

Der Senat unterstützt Sie und die übrigen Unternehmen der Finanzwirtschaft im Rahmen der Brancheninitiative Finanzplatz Hamburg e. V.. Gemeinsam müssen wir Strategien und Konzepte entwickeln, die den Bankenplatz Hamburg noch stärker, zukunftssicherer und erfolgreicher machen. Dazu gehören auch gemeinsame Veranstaltungen, wie die Information von Stiftungen über Möglichkeiten der Vermögensanlage, die Ihr Institut gemeinsam mit der Börse Hamburg und der Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation im vergangenen Jahr durchgeführt haben.

 

Für die Zukunft wünsche ich Ihnen, dass Ihre Bank weiter ihre Traditionen pflegt und mit Innovationen und Elan auf kommende Herausforderungen reagiert. Wenn man bei Ihnen von Zukunft spricht, dann ist das ja potenziell eine sehr lange Zeit, das ist mir bewusst. Ich bin angesichts Ihrer Geschichte aber doch ganz zuversichtlich, dass noch einige Jubiläen folgen werden. Ich wünsche Ihnen Erfolg und Glück und dass Sie weiter zur Strahlkraft des Bankenplatzes Hamburg beitragen. 

 

Im Namen des Hamburger Senats gratuliere ich der Berenberg Bank und damit auch Ihnen allen sehr herzlich zum 425. Geburtstag. 

 

Schönen Dank!

 

Es gilt das gesprochene Wort.