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24.10.2012

Bundesfachkongress Interkultur

 

Sehr geehrte  Frau Deuflhard,

sehr geehrtes Veranstalter-Team, 

meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

zum Bundesfachkongress Interkultur 2012 begrüße ich Sie herzlich in Hamburg. Ich glaube, Sie haben einen guten Veranstaltungsort gewählt.

 

Mehr als 500.000 Hamburgerinnen und Hamburger haben einen Migrationshintergrund. Auch und ganz besonders ihnen ist es zu verdanken, dass Hamburg eine internationale, eine polyglotte Stadt ist. Dass sie ihren guten, vielleicht manchmal überstrapazierten, zu häufig beschworenen Ruf, liberal und weltoffen zu sein, bestätigen und weiter an ihm arbeiten kann. Denn dergleichen ist als bloße Floskel nicht viel wert. Wir müssen uns den Ruf immer wieder neu verdienen. 

 

Ebenfalls ist es nicht nur, aber auch den Eingewanderten zu verdanken, dass Hamburg erfreulicherweise wächst. Im Moment sind wir schon wieder bei 1,8 Millionen Einwohnern, bald werden es 1,9 Millionen oder noch mehr sein. Die Metropolregion hat fünf Millionen jeder hundertste EU-Bürger lebt und arbeitet entlang unserer beiden Elbufer.

 

Als große Stadt in einer großen Metropolregion haben wir die Chance, den Hamburgerinnen und Hamburgern große Möglichkeiten zu bieten: 

Wohnen, arbeiten, mobil sein, sich etwas aufbauen, selbstbestimmt leben, inmitten urbaner Infrastruktur, Kultur und Natur, und dasselbe auch seinen Kindern zu ermöglichen: durch gute Bildung und Ausbildung von der Kita bis zum Europäischen Filmpreis. Oder zum Hamburger Meisterbrief.

 

Das alles können wir in Hamburg, und wir können es, weil wir so viele unterschiedliche Kompetenzen und Erfahrungen in unserer Stadt versammeln. Weil wir keinen ausgrenzen und keinen zurücklassen. Darauf setzen wir.

 

Meine Damen und Herren,

zu den 1,8 Millionen Hamburgern gehören viele gläubige Musliminnen und Muslime. Den hier anwesenden Gläubigen möchte ich von Herzen ein gutes Opferfest wünschen, das morgen beginnt.

Wir bedanken uns bei Ihnen, dass Sie trotz dieses hohen islamischen Festes hier mit uns gemeinsam über die weitere Gestaltung unserer Gesellschaft nachdenken wollen.

 

Auch für einen erfolgreichen Kongress gilt schließlich: Je vielfältiger die kulturellen Hintergründe der Teilnehmer aus den Bereichen Wissenschaft, Politik, Medien, Schule, Kunst und Kultur sind, desto konkreter und zielorientierter wird wahrscheinlich diskutiert. 

 

Meine Damen und Herren,

wenn mehr als 180 Nationen in Hamburg vertreten sind, bedeutet das unter anderem, dass wir uns einer der wichtigsten gesellschaftlichen Herausforderungen erfolgreich annehmen müssen: der Integration.

 

Ich verwende diesen Begriff in einer wie es im Englischen so schön heißt zurückgelehnten Weise, wohl wissend, dass man schon darüber lange diskutieren kann. Wer integriert wen, wer muss sich wem wie anpassen, ab welchem Punkt gerät kulturelle Identität in Gefahr, oder ab welchem Punkt wird das Beharren auf tradierten Werten zur Gefahr für das Zusammenleben in einer Zivilgesellschaft?

 

Auf solche Fragen habe ich keine patentierten Antworten, so wie es auch dieser Kongress ja nicht anstrebt. Aber zweierlei ist sicher: Erstens bringt einen der Streit um Worte selten voran. Zweitens ist Integration dann gelungen, wenn Zuwanderer gleichberechtigt an allen Bereichen unseres öffentlichen Lebens teilhaben. Genauer: wenn sie es können und tun.

 

Von selbst, das wissen wir alle, fällt das von keinem morgen- oder abendländischen Himmel.  

Integration kann nur gemeinsam gelingen. Unsere Stadt stützt sich dabei wesentlich auf die sachkundige Mitarbeit des Hamburger Integrationsbeirates, dessen Mitglieder über ein unverzichtbares Erfahrungswissen in allen wichtigen Bereichen der Integration verfügen.

 

Das Herzstück der Integrationspolitik des Senats ist die neue Einbürgerungskampagne, die sehr ermutigende Ergebnisse zeigt.

 

Bereits die Kampagne Hamburg. Mein Hafen. Deutschland. Mein Zuhause war ein wichtiger Schritt, um diejenigen, die seit vielen Jahren bei uns leben, davon zu überzeugen, sich auch durch die Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft 

zu diesem Staat und zu dieser Gesellschaft zu bekennen.

 

Wir haben den nächsten Schritt getan und begonnen, potenzielle Einwanderungswillige aktiv anzusprechen.

 

Die Frage drängte sich ja auf: Wenn 500.000 Bewohner unserer Stadt Zuwanderer sind, oder deren Kinder, warum hat dann die Hälfte von ihnen bisher keinen deutschen Pass? Obwohl doch 137.000 schon so lange in Deutschland leben, dass sie die Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllen?

 

Vielleicht, so der Gedanke, ist ein Grund der, dass wir zu wenig informieren und dafür werben. Also entstand die Einbürgerungsinitiative. Unter anderem habe ich begonnen, nach und nach alle selbst anzuschreiben.

 

Allein in diesem Jahr werden voraussichtlich mehr als 7.000 Hamburgerinnen und Hamburger unserer Einladung folgen, einen Einbürgerungsantrag zu stellen; 3.565 waren es bis Ende Juni. Das wird ein erfreulicher neuer Rekord nach jeweils mehr als 5.000 Anträgen, und tatsächlichen Einbürgerungen, 2011. 

 

Zu verdanken haben wir dieses sehr gute Ergebnis natürlich auch der Geduld und Entschlossenheit der Einbürgerungswilligen selbst. Und große Anerkennung gebührt den engagierten Einbürgerungslotsen, die auf der Grundlage ihrer eigenen Erfahrungen mit Ihnen gemeinsam den Einbürgerungsprozess gestaltet haben. 

 

Die Bundesrepublik Deutschland, das sollte nicht kleingeredet werden, ist ein Land mit einem liberalen Zuwanderungsrecht, das sich dennoch weiterhin verbessern lässt. Zuwanderung stellt den einzigen beeinflussbaren Positivfaktor für die künftige demografische Entwicklung dar, denn auf die Geburtenquote hat die Politik auch mit größten familienpolitische Anstrengungen nur sehr begrenzt Einfluss.

 

Meine Damen und Herren,

Kulturelle Vielfalt Differenzieren statt Pauschalisieren, das war das Motto des ersten Bundesfachkongresses Interkultur, den das Forum der Kulturen Stuttgart e.V. im Oktober 2006 im Stuttgarter Rathaus veranstaltet hat. In diesem Zusammenhang wurden die Stuttgarter Impulse mit Leitlinien und Handlungsempfehlungen formuliert.

 

Eine dieser Handlungsempfehlungen riet, Zitat: den Dialog zwischen den Religionen weiterzuentwickeln und dabei Geltungsansprüche anderer Denk- und Glaubenssysteme einzubeziehen.

 

Auf Hamburg bezogen, sagte ich eingangs: Wir müssen uns den Ruf gemeinsam neu verdienen, immer wieder. Vor einigen Wochen haben wir, glaube ich, gemeinsam etwas dafür getan.

 

Der Senat hat Verträge mit den Muslimen und Aleviten Hamburgs vorgelegt, in denen grundlegende Regelungen über das Verhältnis der Stadt zu den drei islamischen Verbänden DITIB, Schura und VIKZ sowie der Alevitischen Gemeinde getroffen sind.

 

Es geht darin um eine Selbstverständlichkeit, eigentlich, und viele Regelungen der Verträge bekräftigen auch lediglich das geltende Recht.

 

Wir nehmen zur Kenntnis, dass der Islam und das Alevitentum in unserer Gesellschaft als gelebte Religionen anwesend sind. Mit der Bestätigung ihrer Rechte und Pflichten erkennen wir den Gemeinden den Platz in der Mitte unserer Gesellschaft zu.

 

Meine Damen und  Herren,

In einer immer stärker globalisierten Welt ist weltweite Vernetzung von großem Vorteil. Das zeigt schon ein Besuch des Hamburger Hafens ich hoffe sehr, dass Ihnen das Kongressprogramm hinreichend Zeit dafür lässt. Wir sind eine große Handelsmetropole und Industriestadt und wollen das weiterhin sein.

 

Schon deshalb dürfen wir im Interesse Aller die Fähigkeiten und Talente von Migrantinnen und Migranten nicht brach liegen lassen. Wir brauchen jeden Einzelnen und deshalb müssen wir jedem die Chancen geben, die nötig sind, um Potenziale bestmöglich zu entwickeln.

 

Trotzdem ist das nur der Hintergrund, nicht  der eigentliche Grund, warum wir die Anerkennung ausländischer Abschlüsse forciert haben und es weiterhin tun. Dies ist ein nach wie vor sehr wichtiges Gesetzesvorhaben. Schon in den Jahren 2008/09 ist sehr sorgfältig über ein solches Gesetz gesprochen worden und in diesem Jahr stand erneut ein Gesetz zur Beratung an. Herausgekommen ist auch auf Drängen Hamburgs mit dem Bundes-Anerkennungsgesetz ein Fortschritt. 

 

Aber: Die Erwartungshaltung Vieler war mit Recht höher. Wir werden im Bund weiter an dem arbeiten müssen, was heute notwendig ist und was wir auf Landesebene, wo es rechtlich möglich war, bereits umgesetzt haben beispielsweise der gesetzliche Beratungsanspruch der Anerkennungssuchenden. Entscheidend ist: Wir haben ein Landesanerkennungsgesetz gemacht. Damit geht Hamburg über die Anerkennungsgesetze aller anderen Bundesländer hinaus. 

 

Meine Damen und Herren,

wie Sie sehen... nein, wie Sie besser als alle anderen wissen, gibt es auf dem Weg zum interkulturellen Zusammenleben noch viele Baustellen.  Heute freue ich mich, dass wir den vierten Bundesfachkongress Interkultur dieses Jahr hier in Hamburg ausrichten können, und die Senatskanzlei hat sich gern an der Ausrichtung des Kongresses mit Mitteln aus dem Integrationsfonds beteiligt. 

 

Sie haben sich ein sehr beeindruckendes Programm vorgenommen und ich bin gespannt: auf die Ergebnisse der sechs Fachforen, die morgen im Bürgerhaus Wilhelmsburg arbeiten werden, und auf die Handlungsempfehlungen, die sie uns vorlegen werden.

 

Dazu wünsche ich Ihnen allen gutes Gelingen und viele anregende Gespräche.

 

 

Es gilt das gesprochene Wort.