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21.09.2012

Bundesrat: Gesetzesinitiative für verbessertes Bleiberecht

Bundesrat: Gesetzesinitiative für verbessertes Bleiberecht

 

Herr Präsident,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

bei uns in Hamburg wurde eine 20-jährige Abiturientin namens Kate Amayo Jahrgangsbeste in Deutsch mit einem Notendurchschnitt von 1,8. Kurz darauf erhielt sie gemäß geltender Rechtslage Post: Sie sollte nach Ghana zurückkehren.

 

Dem jungen Saikou Ceesay ging es im vergangenen Jahr ähnlich: Schulabschluss, ein Ausbildungsplatz als Glaser und obendrein eine vielversprechende Zukunft als Fußballspieler änderten nichts daran, dass der damals 18-Jährige nach Gambia zurückgeschickt werden sollte. 

 

In beiden Fällen entschied die Härtefallkommission, dass diese jungen Leute zumindest für die kommenden Jahre in Deutschland bleiben dürfen. 

 

Auch die iranischen Brüder Mojtaba, Masoud und Milad Sadinam, die ihr Abitur mit Bestnoten abgeschlossen und in Frankfurt und Essen eine neue Heimat gefunden haben, sollten zurück in ihr Ursprungsland, das sie schon als Kinder verlassen mussten. Sie warteten seit 1996 auf eine Aufenthaltserlaubnis und darauf, sich in Deutschland frei bewegen zu können. Jetzt endlich dürfen sie hier studieren und sich eine Zukunft aufbauen.

 

Fälle wie diese gehen gelegentlich durch die Medien, aber diese jungen Leute sind keineswegs Ausnahmefälle. Im Gegenteil: Ähnliche Geschichten von Geduldeten gibt es zuhauf. Ihnen allen gemeinsam ist, dass sie ein realistisches Signal der Hoffnung vermissen, jenseits der ungewissen Möglichkeit, als Härtefall behandelt zu werden.

 

Um ein solches Signal geht es heute, und dafür möchte ich werben.

 

Meine Damen und Herren, 

 

parteiübergreifend eine Verständigung zu erzielen, ist bekanntlich keine Selbstverständlichkeit. 

 

Vor gut einem Jahr ist uns dies mit dem Einstieg in ein bundesgesetzliches Bleiberecht für gut integrierte junge Migranten und ihre Familien gelungen. Unser politischer Anspruch war es schon damals, die Integrationsleistungen tüchtiger junger Ausländerinnen und Ausländer auch aufenthaltsrechtlich anzuerkennen. Und zwar ohne ihnen ein Fehlverhalten ihrer Eltern vorzuhalten, wenn diese zuvor unerlaubt nach Deutschland eingereist oder ihren gesetzlichen Pflichten nicht nachgekommen waren. 

 

Damit sollte eine Lösung für zahlreiche Fälle geschaffen werden, die was auch nicht ganz unwichtig ist in der öffentlichen Wahrnehmung immer wieder Unverständnis gegenüber dem Vorgehen der Ausländerbehörden auslösten. Obwohl diese getreu ihrem verfassungsrechtlichen Auftrag geltende Bundesgesetze vollzogen. 

 

Dabei handelt es sich quantitativ keineswegs bloß um Einzelfälle, für die möglicherweise auch eine Lösung über das Verfahren der Härtefall-kommissionen gefunden werden könnte. Im Gegenteil: Wir sprechen hier über Hunderte, Tausende. 

 

Die absolute Zahl der Fälle ist allerdings nicht der entscheidende Aspekt. Vielmehr kommt es darauf an, eine klare Botschaft an diese Jugendlichen und Heranwachsenden zu schicken: Leistung in der Schule und in der beruflichen Ausbildung lohnt sich. 

 

Es geht darum, dass sich in den Familien und auf dem Schulhof herumspricht: Wer sich Mühe gibt, wer sich anstrengt, bekommt die Chance, sein Leben zu verbessern. 

 

Es kann nicht sein, dass wir unüberwindliche Hürden für das persönliche Weiterkommen aufbauen so verstehe ich den viel zitierten Satz Leistung muss sich lohnen. 

 

Wir möchten diesen jungen Leuten bei uns eine faire Lebensperspektive eröffnen, wenn sie durch erfolgreiche Ausbildungsleistungen ihre Bereitschaft unter Beweis stellen, ihre Lebensplanung in Deutschland zukunftsfähig zu gestalten.

 

Bislang ist dieses Signal, das vor gut einem Jahr mit dem Einstieg in ein bundesgesetzliches Bleiberecht für gut integrierte junge Migrantinnen und Migranten und ihre Familien ausgesandt wurde, noch nicht klar genug. 

 

Konkret heißt das: Nach der bisherigen Fassung des § 25a Aufenthaltsgesetz konnte den Bleiberechts-Anträgen nur in etwa einem Drittel der Fälle entsprochen werden. 

 

Nach Angaben des Ausländerzentralregisters haben bis Ende Juli dieses Jahres bundesweit insgesamt 1.347 gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende einer Aufenthaltserlaubnis nach der neuen Regelung erhalten, darüber hinaus 328 Familienangehörige. 

 

Die ausländerbehördliche Praxis hat jedoch gezeigt, dass in vielen weiteren Fällen trotz mehr als anerkennenswerter Integrationsleistungen ein Aufenthaltsrecht an verzichtbaren bürokratischen Hürden der geltenden gesetzlichen Regelung scheitert. 

 

So müssen die Antragsteller 

  • in Deutschland geboren oder vor Vollendung des 14. Lebensjahres eingereist sein, 
  • sich seit mindestens sechs Jahren in Deutschland aufhalten 
  • und hier mindestens sechs Jahre erfolgreich eine Schule besucht haben 
  • sowie den Bleiberechtsantrag nach Vollendung des 15. Lebensjahres und vor Vollendung des 21. Lebensjahres gestellt haben. 

 

Für die von uns angestrebte klare Botschaft, Integrationsleistungen zu honorieren und eine faire Lebensperspektive aufzuzeigen, kann es jedoch nicht darauf ankommen, in welchem Alter jemand eingereist ist und in welchem Zeitkorridor er oder sie den nötigen Antrag gestellt hat. 

 

Unser Gesetzesantrag konzentriert sich deshalb vor allem auf die Voraussetzung eines erfolgreichen Schulbesuchs bzw. eines anerkannten Ausbildungsabschlusses.

 

Das Schlagwort Bildung schafft Zukunft muss für alle gelten. Das ist eine Frage der Vernunft und eine Frage des Anstands. 

 

Unser Gesetzesantrag sieht darüber hinaus unabhängig vom Alter auch in sonstigen Fällen einer nachhaltigen Integration ein Bleiberecht für jene vor, die nach langjährigem Aufenthalt in Deutschland ihren Lebensunterhalt überwiegend eigenständig sichern können, über hinreichende Deutschkenntnisse verfügen und ihren gesetzlichen Mitwirkungspflichten nachkommen. 

 

Ihnen möchten wir die Hand reichen und würden uns freuen, sie hier im Land behalten zu dürfen, vielleicht sogar einmal als deutsche Staatsbürger, sofern sie die entsprechenden Voraussetzungen erfüllen. Und um allem Argwohn gleich zu begegnen: Straftäter bleiben ausgeschlossen.

 

Damit greifen wir in modifizierter Form einen Vorschlag des Landes Schleswig-Holstein wieder auf, der zuletzt im Juni dieses Jahres im federführenden Innenausschuss vertagt wurde, weil eine mehrheitsfähige Positionierung dort nicht zustande kam.  

 

Mit unserem Vorschlag auf der Grundlage weiterer Sondierungen sollte nun eine solche Positionierung des Bundesrates möglich sein.

 

Meine Damen und Herren, 

 

wir wollen, dass jene, die bereits in der Mitte unserer Gesellschaft angekommen sind, auch bei uns bleiben können. Und dass sie erkennen: Sie sind hier nicht nur geduldet, sondern erwünscht. 

 

Dafür bitte ich Sie um Ihre Unterstützung! 

 

Es gilt das gesprochene Wort.