Sehr geehrter Herr Dinter,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
lassen Sie mich meinen Dank für die Einladung, in Ihrem Kreise über Hamburg, eine große Stadt in Europa zu sprechen, mit einem Geständnis verbinden.
Nämlich dem, dass es mein Lieblingsthema ist, einerseits. Und ein Thema, bei dem ich manchmal schon denke, andererseits: Es gibt ja ganz schön große Städte in Europa: London. Barcelona. Marseille. Kopenhagen. Budapest.
Sind wir in der Liga? Wenn ich die Frage, vielleicht nach einem kurzen Zögern, ganz klar mit ja beantworte, dann nicht aus Überschätzung und Überheblichkeit.
Nicht weil ich denke: Wir sind mindestens so schön, so großartig, so wichtig, oder gar: so liebenswert wie die anderen. Das alles ist subjektiv und aus Sicht jeder Stadt richtig.
Auch nicht weil ich denke: Wir haben mehr Brücken als Venedig. Das stimmt zwar und ist auch originell, aber bei aller Liebe zur Tourismuswerbung nicht der Punkt.
Der Punkt ist: Wir sind, wie die anderen auch, Teil einer Entwicklung, die großen Städten und ihren Bewohnern überhaupt erst richtige Entfaltungsmöglichkeiten gibt. Die sie Ankunftsstädte sein lässt, in die es immer mehr Familien, immer mehr Stadtbewohner zieht, nicht weil sie nicht wüssten, wohin sonst, sondern weil sie wissen, dass sie da gut leben und wenn das die Option ist ihren Kindern Zukunftsaussichten bieten können.
Welche Entwicklung meine ich? Hamburg ist viel mehr und in ganz anderer Weise als früheren Generationen vorstellbar Teil des Europäischen Einigungsprojektes.
Die Metapher vom Hamburger Hafen als Tor zur Welt ist nicht neu. Aber dass wir in viel größerem Rahmen denken und kooperieren können als vor dem Zusammenwachsen Europas, vor dem Verschwinden all der eisernen Vorhänge, Zäune, Zollgrenzen und Handelsschranken das ist ein unschätzbarer Fortschritt für uns.
Und der wirtschaftliche Aufbruch konnte nur gelingen durch den europäischen Aufbruch zur Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Rechtssicherheit, Reise- und überhaupt: Freiheit.
Wenn Hamburg eine große Stadt in Europa ist, dann ist das also nicht allein eine Frage der wachsenden Einwohnerzahl, so sehr uns diese Entwicklung freut und wir weiterhin daran arbeiten. Eine große Stadt in Europa zu sein, bedeutet eine Chance und Verpflichtung.
Knapp 1,8 Millionen Einwohner hat Hamburg. Bis 2030 werden es 1,9 Millionen sein, vielleicht mehr. Die Stadt wächst weiter, das wollen wir auch so.
Fünf Millionen hat neuerdings die Metropolregion, die sich weit nach Niedersachsen, Holstein und Mecklenburg hinein ausbreitet. Das ist immerhin schon jeder hundertste EU-Bürger. Die Zeichen für Hamburg stehen günstig.
Meine Damen und Herren,
ich gehe noch einen Schritt weiter als eben und sage: Die Zukunft findet in Städten statt. Dort lebt weltweit die Mehrheit schon längst, auch in Deutschland. Der Prozess der Verstädterung ist keineswegs abgeschlossen, auch in Deutschland nicht.
An vielen Stellen der Erde entstehen und wachsen in großem Tempo Mega-Cities. Und obwohl an vielen dieser Stellen die Lebensbedingungen nicht einfach sind, verbinden die meisten der neuen Einwohner mit dem Schritt in die Stadt die Hoffnung auf ein besseres Leben.
Der kanadische Journalist Doug Saunders hat das in seinem berührenden Buch über die Arrival Cities beeindruckend beschrieben.
Hoffnung und Ankunft. Hamburg ist eine Hoffnungs- und Ankunftsstadt. Wie gesagt, unter den Bedingungen eines zusammenwachsenden Europas. Und das sind großartige Bedingungen, auch wenn die Momentaufnahme vom Frühsommer 2012 mit der europäischen Schuldenkrise, die überwindbar ist, etwas anderes suggeriert.
Wenn wir die Hoffnungen nicht enttäuschen und die Dynamik nicht verlieren wollen, dürfen wir vor der großen Stadt keine Angst haben. Wir müssen Hoffnungen und Dynamik optimale Bedingungen bieten.
Was sind die Pfunde, mit denen Hamburg wuchern kann? Es sind die Lebensqualität und Infrastruktur, das Umfeld aus Bildung und Wissenschaft. Es ist das interessante und vielfältige Kulturleben, Hamburgs Weltoffenheit und das besondere Flair der Hafenlage, das in Umfragen immer wieder mit Hamburg verbunden wird.
Genauso wichtig ist aber auch die Attraktivität des Arbeitsmarktes, die Zahl an großen und kleinen Unternehmen und die Jobchancen, die sich dadurch ergeben. Die große Stadt hat einen Arbeitsmarkt, der breit genug ist, um im Verlaufe eines Arbeitslebens den Wechsel des Arbeitgebers zu möglichen. Und der es modernen berufstätigen Paaren ermöglicht, die jeweiligen eigenen beruflichen Wünsche zu realisieren.
Schon lange denke ich, dass wir die Entwicklung der Stadt noch öfter aus der Perspektive berufstätiger Eltern betrachten sollten. Im Grunde mit zumindest einem Auge ständig. Sind vor einiger Zeit Eltern wegen der Kinder aus der Stadt ins Grüne gezogen, dreht sich der Trend jetzt erkennbar um. Wegen der Krippen, der Kitas, der Ganztagsangebote in Krippen und Schulen. Aber eben auch wegen des breiten Arbeitsmarktes, der Männern und Frauen berufliche Perspektiven bei vielen Arbeitgebern ermöglicht, anders als in kleinen Orten.
Also: Hamburg wird und will wachsen. 200.000 neue Stadtbürger sind in den vergangenen 15 Jahren dazugekommen. Darunter sind auch viele Junge. Übrigens ist das ein wichtiges Gefühl: in einer Stadt mit wachsender Bevölkerung zu leben, während die Zahl die Zahl der Bürger und Bürgerinnen in Deutschland und auf dem Kontinent schrumpft.
Die demografische Rendite, von der manchmal die Rede ist, wird uns nicht in Form abnehmender Schüler-, Studenten- oder Erwerbstätigenzahlen zufallen. Umgekehrt: Wir werden darauf hinwirken, dass viel mehr gut ausgebildete, optimistische Stadtbewohner, für die und deren Familien das urbane Leben attraktiv ist, mit anpacken.
Städte sind Laboratorien der Moderne. Gesellschaftliche Trends zeigen sich in Städten früher, deutlicher und schärfer. Die Strategien des Umgangs mit ihnen auch. Stadtbewohner haben eine findige Vernunft, die viel mit alltäglichem Klarkommen zu tun hat. Was übrigens eine Internationale Bauausstellung, wie sie Hamburg zur Zeit erlebt, sehr gut darstellen und beweisen kann, indem sie Neues probieren und vorlebt.
So. Das, meine Damen und Herren, will alles gesagt sein bevor man dann, natürlich, über ein paar Voraussetzungen sprechen muss, die das Ganze braucht, um zu funktionieren.
Lassen Sie mich also auf die folgenden Themen eingehen: den Wohnungsbau; überhaupt die innerstädtische Infrastruktur, inklusive Stadtverkehr; und natürlich: Schule und Bildung.
Aber noch vorher über das, was die Voraussetzung für alles das ist: eine wirtschaftliche Basis, die auch in schwierigeren Zeiten eine Basis bleibt. So wie das Hamburger Rathaus, dessen Pfahlgründung es sehr sicher dastehen lässt, obwohl es dicht am Wasser gebaut ist.
Hamburg ist heute der Wirtschaftsraum mit den besten Aussichten in Deutschland. Die Behauptung könnte ich nicht wagen, wenn wir uns nur auf den Hafen verließen. Wir haben einen sehr vorzeigbaren Branchenmix, was in der Sprache von Investoren heißt: Hamburg hat kein Klumpenrisiko.
Hamburg hat eine gesunde wirtschaftliche Basis. Industrie, Handel, Dienstleistungen, Medien, und natürlich der Hafen sind Stabilitätsanker realer Wertschöpfung. Mit denen sind die Stadt und die Metropolregion vergleichsweise unbeschadet durch kleinere und größere Krisen gekommen.
Logistik, Luftfahrt, Erneuerbare Energien, namentlich die Windkraft, Medien, aber auch klassische Industrien gewährleisten eine verlässliche weitere realwirtschaftliche Entwicklung. Als Windkraft-Hauptstadt Deutschlands werden wir gerade weiter aufgewertet durch die Entscheidung der Samsung Heavy Industries, dass sie ihre europäische Forschungs- und Entwicklungszentrale für die Windindustrie in Hamburg eröffnen wollen.
Wir setzen sehr bewusst auf die Windenergie. Da geht es um Hightech, es geht unmittelbar um die Kompetenz, moderne Technik in Deutschland im europäischen Rahmen zu entwickeln und anzuwenden.
An dieser Stelle rede ich übrigens eher über die norddeutsche Region als nur über Hamburg, aber Sie werden mir den aktuellen Exkurs verzeihen. Norddeutschland als eine weltweit führende Windenergieregion zu etablieren, erfordert aus meiner Sicht eine nationale Anstrengung, gerade jetzt, wo Deutschland die Energiewende weg von der Atomkraft anstrebt, in diesem Fall ohne sonderliche Einbettung in ein europäisches Konzept. Bisher jedenfalls. Der Ausbau der Windenergie on- und offshore ist unser vielleicht wichtigstes gemeinsames Thema.
Der Norden Deutschlands kann der Ort werden, der Energie schafft für eine Industrienation. Ich will sogar noch einen Schritt weiter gehen und sagen: Eine erfolgreiche Energiewende braucht den Windstrom aus Norddeutschland. Die meisten Potenziale liegen dabei im Offshore-Bereich.
Fest steht: Die Nachfrage nach Strom richtet sich nicht danach, ob gerade Wind weht oder nicht. Deshalb müssen wir Speicher bauen. Hamburg wird das ist unser Part der Energiewende auf dem Gebiet voran gehen und an den Kraftwerkstandorten innovative Speichertechnik installieren und testen: Wind zu Wärme und Power to Gas.
Außerdem engagiert sich Hamburg seit Jahren bei der Produktion von Wasserstoff aus erneuerbaren Quellen und seiner Nutzung als klimaschonender Energieträger unter anderem im Verkehr. Auch hiesige Unternehmen zeigen Interesse an so genanntem grünen Wasserstoff für ihre Produkte und Prozesse. Das Vorhaben trägt in idealer Weise dazu bei, Wasserstoff künftig zu wirtschaftlichen Preisen bereitzustellen und die Nutzung von Windenergie auszubauen.
Und Wasserstoff hat das Potenzial, in ausreichendem Umfang erneuerbare Energie aus Wind zu speichern. Die Unterelbeanrainer Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein wollen deshalb dieses Potential gemeinsam erkunden.
Meine Damen und Herren,
das habe ich jetzt sehr gerafft, weil allein das Energiethema schon abendfüllend wäre. Ich kam darauf durch die Windenergie als Beispiel für den Innovationsstandort. Sie ist nur eines von vielen Beispielen.
Hamburg zählt zu den führenden Industriestädten Deutschlands und ist Sitz zahlreicher Großunternehmen. Das verarbeitende Gewerbe ist hochmodern und international wettbewerbsfähig, mit industriellen Kernen wie der Maritimen Industrie, Maschinenbau und Elektroindustrie, Medizintechnik, Biotechnologie und Nahrungsmittelindustrie, mit Stahl-, Aluminium- und Kupferhütten. Die Luftfahrtindustrie nannte ich schon.
Das muss so sein und bleiben. Denn wenn ich eben gesagt habe: Wir sind vergleichsweise unbeschadet durch kleinere und größere Krisen gekommen dann hat das ja genau darauf beruht.
Natürlich ist die Wirtschaft geprägt vom Aufwachsen des tertiären Sektors, immer mehr unternehmensbezogenen Dienstleistungen, von der rasanten Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie. Aber die Basis von Wohlstand und Beschäftigung bleibt eine leistungsfähige Industrie mit wettbewerbsfähigen Produkten.
Als Motor für Innovation und Fortschritt sichert die Industrie auch das technologische Know-how, das Hamburg braucht, um im Wettbewerb der Länder und Regionen bestehen zu können.
Wir setzen auf Innovation. So erhält, als nur ein Beispiel, mit dem Laserinnovationsforum eine Hochtechnologie von wachsender Bedeutung in Hamburg ein Standbein.
Vor einigen Jahren haben Hamburger Unternehmen, Hochschulen, Verbände und Senat gemeinsam die InnovationsAllianz Hamburg ins Leben gerufen. Die Allianz vernetzt diese Partner in verschiedenen Zukunftsfeldern, dazu gehören: erneuerbare Energien, etwa mit Brennstoffzellen- und Windenergie-Technik, Materialwissenschaften, die Laser- und Nanotechnologie, die Meerestechnik und der gesamte Bereich der Mobilität und Logistik.
Meine Damen und Herren,
Vor dem Hintergrund all dessen gewinnt das Wissen, den Hafen als Dreh- und Angelpunkt weltweiten Handels und Wandels in der Stadt zu haben, erst seine ganze Dimension.
Ich habe vorhin gesagt. Wir können uns nicht nur auf den Hafen verlassen. Natürlich ist der Hamburger Hafen als internationale Drehscheibe der größte Hafen Deutschlands und der zweitgrößte Europas. Er ist westlichster Ostseehafen von den großen und östlichster Nordseehafen Europas und das, obgleich er sich rund 130 km im Landesinneren befindet.
2010 waren in Hamburg und der Metropolregion 155.500 Arbeitsplätze direkt und indirekt vom Hafen abhängig. Allein innerhalb unserer Landesgrenzen beläuft sich die Zahl der hafenabhängigen Arbeitsplätze auf rund 133.500, das sind knapp 12 Prozent aller Hamburger Arbeitsplätze. Gemeinsam mit den anderen Häfen der Unterelbe, den Elbeseehäfen Niedersachsens und Schleswig-Holsteins stellt Hamburgs Hafen den größten Arbeitgeber Norddeutschlands dar.
Er ist, weit darüber hinaus, unverzichtbar für die wirtschaftliche Entwicklung Hamburgs, Schleswig-Holsteins, Niedersachsens und weit darüber hinaus: Hessens, Sachsens, Bayerns, Tschechiens. Und so weiter.
Vom Hamburger Hafen aus werden die Waren und Güter über exzellente Hinterlandanbindungen zu ihren Bestimmungsorten bis weit ins das Herz... nein, die Herzen Europas transportiert. Da gibt es ja nicht nur eines.
Hamburg und die Metropolregion haben die Chance auf ein überdurchschnittliches Wirtschaftswachstum und die wollen wir nutzen. Die Bedeutung des Hafens kann man dabei kaum überschätzen, einmal wegen der Arbeitsplätze im Hafen selbst, aber inzwischen noch mehr wegen der globalen Warenströme, die der Hafen nach Hamburg lenkt. Hamburg ist das deutsche Kompetenzzentrum für den Außenhandel. Hamburg sichert den Anschluss der deutschen Industrie an die Welt.
Meine Damen und Herren,
wenn der Hamburger Hafen deutsche Unternehmen mit ihren Absatzmärkten in aller Welt verbindet, wenn er durch den Import von Rohstoffen und Vorleistungsprodukten die Wettbewerbsfähigkeit des Produktionsstandortes Deutschland sichert dann ist natürlich der stetige Ausbau der vitalen Verkehrsverbindungen entsprechend bedeutsam. Den werden wir herstellen.
Die Fahrrinnenanpassung der Elbe wird die Funktionsfähigkeit des Hafens sichern. Der große Standortvorteil, den der Hamburger Hafen bietet auch im Hinblick auf Nachhaltigkeit besteht in seinen umfassend ausgebauten Hinterland-Anbindungen. Deren Ausbau und Unterhaltung haben für den Senat hohe Priorität und gerade hier kommt immer wieder Europa ins Spiel oder besser: muss Europa das Spiel machen.
Die Revision der Transeuropäischen Netze Verkehr hat Hamburg und Schleswig-Holstein in das Kernnetz eingebunden, das bis 2030 vollendet sein soll. Zehn Korridore bilden die Grundlage für die künftige Verkehrsinfrastruktur Europas.
Hamburg kann der Entwicklung zuversichtlich entgegensehen, denn die feste Querung über den Fehmarnbelt ebenso wie die Strecke Kopenhagen-Hamburg via Fehmarn sind Teil dieser Planungen, inklusive der nötigen Zuführungsstrecken der Bahn. Auch die so genannte Y-Trasse, die im Süden Hamburgs den Güterverkehr flüssiger machen soll, ist aufgeführt.
Die Wachstumspotenziale des Hafens müssen wir, muss die Region nutzen. Das bringt Wirtschaft und Beschäftigung, Stadt und Region voran und der Hamburger Senat steht dafür ein. Er wird unter Beteiligung der Hafenwirtschaft, und mit Unterstützung des Bundes und der EU, die Rahmenbedingungen für noch bessere Verkehrsanbindungen schaffen.
Soviel, meine Damen und Herren, zu den Grundvoraussetzungen einer Ankunftsstadt. Jetzt zu den weiteren Voraussetzungen, ohne die die Stadt nicht wachsen kann, weil Neubürger gar keine Bleibe finden.
Derzeit fehlen uns 40.000 Wohnungen in Hamburg. Der vor einem Jahr angetretene neue Senat hat es sich zur zentralen Aufgabe gemacht, die Lücken zu schließen. In jedem Jahr soll mit dem Bau von 6.000 Wohnungen begonnen werden, davon 2.000 als geförderte Mietwohnungen.
Hamburg hat eine viel zu lange Pause im Wohnungsbau eingelegt und wir dürfen jetzt nie wieder aufhören, Wohnungen zu bauen und Wohnungsbau zu fördern.
Deshalb haben wir gemeinsam mit den Bezirken ambitionierte wohnungsbaupolitische und städteplanerische Ziele vereinbart.
Deshalb hat sich jeder Bezirk zu einer konkreten und verbindlichen Zahl jährlicher Baugenehmigungen verpflichtet.
Deshalb haben wir ein Bündnis für das Wohnen in Hamburg geschlossen, mit den Wohnungsunternehmen und Mietervereinen. Ein Bündnis für Wohnungsneubau, Klimaschutz und Energieeffizienz, Erhalt der Backsteinstadt Hamburg und integrative Wohnungspolitik.
Eines war uns klar: Wenn wir den Wohnungsbau fördern wollen, dann müssen wir die Stadtplanung als Ganzes in den Blick nehmen und einsehen, dass die Trennung von Wohnen, Einkaufen und Arbeiten in die Irre geführt hat. Bürgerinnen und Bürger erwarten heute zu recht Quartiere, in denen diese drei Grundfunktionen der Stadt nebeneinander vorhanden sind und so lebendige und attraktive Wohnumfelder schaffen.
Meine Damen und Herren,
zwischen diesen Wohnumfeldern, den Arbeitsstätten, den Schulen und Kitas, den Kinos, Theatern und Stadien müssen sich die Stadtbewohner hin- und herbewegen können wie Fische im Wasser, wäre vielleicht übertrieben, aber jedenfalls nicht wie Skater auf Kopfsteinpflaster.
Wir müssen also die Infrastruktur entwickeln. Die überregionalen Verkehrsprojekte habe ich erwähnt. Aber genauso wichtig, und genauso wert, ausgebaut zu werden, ist der innerstädtische Verkehr mit S-Bahnen, U- Bahnen, Bussen, Fahrrädern, Carsharing und Elektromobilität.
Wir werden das vorhandene Bussystem zu einem hochmodernen System entwickeln. Wir werden Kapazitäten erhöhen, weitere Busspuren und Vorrangschaltungen an Ampeln einrichten, zusätzliche Busse anschaffen.
Ein Schritt ist das Busbeschleunigungsprogramm, mit denen wir die hoch belasteten MetroBus-Linien stärker und verlässlicher machen. Eine U-Bahn-Linie, die U 4, wird über die neue HafenCity hinaus bis zu den Elbbrücken verlängert, eine weitere Bahnstrecke zur S-Bahn umgebaut. Für diejenigen mit Ortskenntnis: zur S 4. Ab 2020 schaffen wir nur noch emissionsfreie Busse an.
Und mit denen ergeben sich neue Perspektiven. Emissionsfreie Busse, zum Beispiel mit Wasserstoff angetriebene Brennstoffzellenbusse, wie sie die Hochbahn in Hamburg schon einsetzt, sind nicht nur leiser und bequemer, sie können auch an anderen Orten fahren als die bisherigen. Durch Gebäude zum Beispiel. Sie können Unterführungen nutzen ohne aufwendige Abgasentsorgungsprobleme.
Zentral für den Verkehr wird auch die Intermodalität. Große Städte in Europa brauchen genau das. Der Übergang von Bahn zu Bus, zu Stadtrad oder eigenem Rad, zum Carsharing-Angebot muss sicher und flächendeckend funktionieren.
Meine Damen und Herren,
große Städte in Europa sind Orte der Vielfalt und der Integration. Um eine Ankunftsstadt zu sein, genügt es nicht, die neuen Bürgerinnen und Bürger freundlich zu begrüßen. Wir müssen aktiv um sie werben und wir müssen ihnen die Perspektive der Integration eröffnen. Dass sie gebraucht und einbezogen werden.
400.000 der 1,8 Millionen Bewohner unserer Stadt sind Zuwanderer oder deren Kinder. Mehr als 200.000 haben bisher keinen deutschen Pass. 137.000 leben aber schon so lange in Deutschland, dass sie eigentlich die deutsche Staatsbürgerschaft erwerben könnten. Darum schreibe ich die jetzt nach und nach an und werbe als Bürgermeister für die Staatsbürgerschaft.
Aber im Kern gilt für alle Bürgerinnen und Bürger, ob alteingesessen oder neu zugezogen: dass wir ihnen exzellente Bildung ermöglichen. Das heißt, unabhängig vom Elternhaus müssen alle Kinder eine ausreichende, ihnen angemessene Bildung erwerben. Darum brauchen wir Krippen, Kitas, Grundschulen mit kleinen Klassen und Ganztagsbetreuung, Gymnasien und Stadteilschulen, die beide zum Abitur führen können.
Wir schaffen in Hamburg eine Schullandschaft, wie sie in vielen Bundesländern vielleicht erst in zehn Jahren aufgebaut wird. Wir kümmern uns um Berufsausbildungsangebote und Universitäten.
Natürlich tun wir das auch deswegen, weil die Kurzen von heute die Fachkräfte von morgen sind. Dass wir keine und keinen zurücklassen und ohne Abschluss lassen dürfen, hat also mit dem Recht auf ein eigenständiges Leben ebenso zu tun wie mit dem Nachwuchsbedarf der Wirtschaft. Da passt eines ins andere.
Und das ist noch nicht alles, denn wir wissen es doch längst: Erstklassige Krippen und Kitas und Schulen sind für viele Stadtteile und ihre Perspektive wichtiger als manches Konzept der Vergangenheit. Auch aus diesem Grund muss Hamburg in allen Stadtteilen die Probleme berufstätiger Eltern lösen und ein flächendeckendes Angebot von Krippen, Kitas und Schulen mit Ganztagsbetrieb gewährleisten.
Ähnliches dürfte für alle großen Städte in Europa gelten. Und grundsätzlich bestehen auch überall ähnliche Herausforderungen für die Baukultur und das öffentliche Bauen.
Sie haben von Edward Glaeser gehört: Große Städte sind nicht statisch, sagt der Ökonomieprofessor aus Harvard in seinem Buch Triumph of the City. Er fährt fort: Städte können nicht mit neuen Gebäuden den Wandel forcieren, aber wenn es Wandel gibt, kann die richtige Art zu bauen diesem Prozess helfen.
Meine Damen und Herren,
auf Ihrer Einladung haben Sie meine Grundthese eigentlich besser zusammengefasst als ich es jetzt mit anderen Worten sagen könnte:
Die entscheidenden Weichen für die Zukunft werden in der Stadt gestellt. Mit dem Umzug in die Stadt verbinden viele weitere Bewohner die Hoffnung auf Verbesserung ihrer Möglichkeiten.
Es bedeutet natürlich, dass wir viel mehr Wohnungen bauen müssen als in der Vergangenheit, nämlich jährlich 6.000. Dafür, aber auch für die Natur haben wir noch viel
Platz. Hamburg wird also trotzdem eine grüne Stadt bleiben.
Auch und vor allem ist Hamburg eine global vernetzte europäische Metropole, Teil eines Europa mit mehr als 500 Millionen Einwohnern und 220 Millionen Arbeitskräften. Und der Blick unserer Stadt wird immer und immer mehr auf Europa gerichtet sein. Er wird nicht an einer nationalen Grenze halt machen. Was in Barcelona und Budapest geschieht, oder in Athen, interessiert uns nicht weniger als aktuelle Ereignisse in Berlin oder Düsseldorf.
Meine Damen und Herren,
Europa... Es stimmt: Unsere gemeinsame Währung bringt uns und andere zurzeit um manchen Schlaf. Von ermutigenden Fortschritten im Kampf gegen die Destabilisierung der Euro-Zone und das Zurückbleiben von Mitgliedsländern zu sprechen, fällt zurzeit nicht leicht.
Aber ich bleibe dabei: Wir brauchen sie alle und dürfen niemanden zurücklassen. Griechenland nicht, Spanien nicht und auch sonst kein Land.
Griechenland hat bereits bis heute viele und sehr harte Einschnitte vornehmen müssen. Ziel ist, dass es in Zukunft seine Schulden wieder selbst bedienen und seine Wettbewerbsfähigkeit zurückgewinnen kann.
Beim Konkretisieren dieser Maßnahmen ist vor allem Griechenland selbst gefragt. Unsere Aufgabe aber ist es, dem Land Zeit und die Möglichkeit zu Reformen, perspektivisch auch wieder zu Wachstum zu verschaffen. Es ist deshalb richtig, dass die Euro-Staaten die bisherigen Hilfen ermöglicht haben.
Der Kampf gegen die Eurokrise darf keiner Verschuldungsstrategie folgen. Wir wollen, dass eine Stabilitätskultur überall in Europa greift. Gleichzeitig muss es gelingen, Wachstumsprozesse nicht zu beeinträchtigen.
Das sieht manchmal nach der Quadratur des Zirkels aus, aber notwendige Impulse lassen sich finanzieren, ohne dass es zu zusätzlicher Verschuldung kommt, zum Beispiel mit einer Finanztransaktionssteuer.
Es macht Hoffnung, dass in und trotz und wegen der aufgeregten Debatte ein neuer Konsens in Europa entsteht. Zum Beispiel was die sehr begrenzte Zukunftsfähigkeit des Schuldenmachens betrifft. Hamburg weiß, dass es, auf zum Glück weniger dramatischem Niveau, seine eigenen Hausaufgaben erledigen muss. Wir haben den Fuß auf der Schuldenbremse.
Meine Damen und Herren,
die Schuldenkrise ändert nichts an meiner Überzeugung: Hamburgs Zukunft ist eng mit der Zukunft des Europäischen Einigungsprojektes verknüpft. Der Euro ist unsere Währung, so wie die D-Mark unsere Währung war. Er ist ein Meilenstein der Europäischen Integration und wir werden seine Entwicklung auch wieder als Erfolgsgeschichte erleben.
Vielen Dank.
Es gilt das gesprochene Wort.