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08.09.2011

Deutscher Radiopreis 2011

 

 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,


ich freue mich, Sie alle heute hier in Hamburg zur zweiten Verleihung des Deutschen Radiopreises begrüßen zu können. Bereits im vorigen Jahr hat der Preis Glanz in die Medienstadt Hamburg gebracht. Ich bin mir sicher, das wird auch in diesem Jahr wieder so sein.


Und nicht nur in diesem. Der Radiopreis ist für Hamburg ein wichtiges Event, wie man heute sagt. Er unterstreicht die starke Position der Medienmetropole, die auch ein starker Radio-Standort ist.


Ich danke allen sehr herzlich, die sich für das Radio und für diesen Preis engagieren. Lassen Sie mich die öffentlich-rechtlichen und privaten Sender, die Institutionen der Radiowirtschaft und das Grimme-Institut nennen, die hier beispielhaft zusammengearbeitet haben.


Für meine Generation ist das Radio etwas Besonderes; wir sind mit diesem Medium aufgewachsen. Es gab nur drei Fernsehprogramme, an das Internet war nicht einmal zu denken. Es waren Radiosendungen, aus denen wir uns aktuell informierten und von denen wir lernten über politische Entwicklungen genauso wie über die neuesten Hits aus den britischen und amerikanischen Charts. Das Radio vereinte vieles eigentlich Unversöhnliche zu einem Programm. Das war sein Charme. Das war aber auch seine Herausforderung an die Gesellschaft.


In anderen Worten:

Von Anfang an hat der Rundfunk nahezu alle bestehenden Institutionen, die irgend etwas mit der Verbreitung von Sprech- oder Singbarem zu tun hatten, imitiert. Es entstand ein unüberhörbares Durch- und Nebeneinander im Turmbau zu Babel. Man konnte in diesem akustischen Warenhaus lernen, auf Englisch bei den Klängen des Pilgerchors Hühner zu züchten, und die Lektion war billig wie Leitungswasser.

 

Das hat Bertolt Brecht vor rund 80 Jahren über das Radio geschrieben. Ich möchte gar nicht wissen, was ihm heutzutage zum Internet eingefallen wäre.


Brecht trieb seinerzeit der Lebenszweck des neuen allumspannenden Mediums um. Augenscheinlich konnte das Radio von Beginn an beinahe alles, aber was sollte es können? Wozu war es in der Welt?


Jede medientechnische Entwicklung zwingt uns zu neuen Antworten auf diese Frage. In immer kürzeren Zyklen. Gerade sehen wir, wie Rundfunk und Internet zunehmend verschmelzen.


Die digitale Revolution ist die vielleicht tiefest greifende Umwälzung seit der Erfindung des Buchdrucks und der Möglichkeit, Informationen in terrestrischen Signalen zu übertragen. Doch was machen wir damit als Gesellschaft? Was ist der Lebenszweck unserer Neuen Medien? Und wie verändern sich dadurch die alten?


Auch wenn es manche der heutigen Preisträgerinnen und Preisträger hart treffen wird: Bertolt Brecht wandte sich seinerzeit dagegen, die Aufgabe des Rundfunks ihm bloßen Verschönen unseres Lebens zu sehen, schon allein weil unser öffentliches Leben leider wenig Eignung [zeige], verschönt zu werden, wie er schrieb.  


Der Dichter pochte auf eine gesellschaftliche und politische Bestimmung des Neuen Mediums. Und er hat recht. Er wollte, dass der Rundfunk den Austausch ermöglicht und die großen Gespräche der Gesellschaft organisiert. Aus dem Rundfunk sollte ein echter Kommunikationsapparat werden, der es auch denen ermöglicht, ihre Stimme zu erheben, die in der Öffentlichkeit sonst nicht gehört werden.


Das Radio eröffnete erstmals die Möglichkeit, allen alles zu sagen. Es wurde deshalb in den 30er und 40er Jahren übel zur Propaganda missbraucht.


Erst in einer Demokratie können die Chancen des Radios wirklich genutzt werden. Aber auch hier müssen wir seine angemessene Nutzung immer wieder aufs Neue bestimmen. Leicht ist das nicht.


Brecht ironisierte damals: Ein Mann der was zu sagen hat, und keine Zuhörer findet ist schlimm daran. Noch schlimmer sind die Zuhörer daran, die keinen finden, der ihnen etwas zu sagen hat.


Mit dem Radiopreis werden diejenigen ausgezeichnet, die etwas zu sagen haben.

  • Diejenigen, die versuchen, unser Leben trotz alledem zu verschönen.
  • Und diejenigen, die das gesellschaftliche Gespräch in Gang halten wollen.
  • Und vielleicht sogar diejenigen, die uns zu Klängen eines Pilgerchors auf Englisch das Hühnerzüchten beibringen…

 

Ihnen allen weiterhin gutes Gelingen. Bleiben Sie dabei. Halten Sie das alte Medium Radio jung und lebendig.

 

Schönen Dank!