arrow-left arrow-right nav-arrow Login close contrast download easy-language Facebook Instagram Telegram logo-spe-klein Mail Menue Minus Plus print Search Sound target-blank X YouTube
Inhaltsbereich

Detail

26.01.2011

Die Bürgerinnen und Bürger wollen vor allem wieder ordentlich regiert werden.

 

Frage: Herr Scholz, in Umfragen liegt die SPD schier uneinholbar vorn. Kaum jemand rechnet ernsthaft damit, dass Sie die Bürgerschaftswahl noch verlieren. Sie etwa?

Scholz: Die Zustimmung beflügelt uns natürlich. Aber wir haben uns vorgenommen, fest auf dem Boden zu bleiben. Wir wollen die Wahl gewinnen, nicht die Umfragen.

 


Frage: Im Bund kommt die SPD nur auf 24 Prozent, in Hamburg auf 43. Was machen Sie besser als ihr Bundesvorsitzender?


Scholz: Dass die Hamburger SPD so gut dasteht, hat auch damit zu tun, dass sie sich entschieden hat, ihre Tradition als sehr pragmatische und wirtschaftsfreundliche Hamburg-Partei zu pflegen.

 


Frage: In Ihrer Kampagne werben sie mit Schlagworten wie eben Pragmatismus, Vernunft und Klarheit, im Wahlprogramm steht solide Finanzpolitik an erster Stelle. Ist das nicht arg nüchtern?


Scholz: Die Bürgerinnen und Bürger wollen vor allem wieder ordentlich regiert werden. Dabei geht es eben auch um Prinzipien von Senatspolitik wie Klarheit, Vernunft und Verantwortung. Das ist in den letzten Jahren unter Schwarz-Grün von den Bürgern sehr vermisst worden.



Frage: Es reicht also für die SPD im Vergleich zur CDU das kleinere Übel zu sein?

Scholz: Wir wollen schon die bessere Politik machen. Und das ist dann ja nicht von übel.
 


Frage: Haben Sie eine Vision für das Hamburg im Jahr 2030?

 

Scholz: Wichtig bleibt vor allem, dass die Wirtschaft in Hamburg gut funktioniert. Deshalb habe ich auch mit Frank Horch den bisherigen Präses der Handelskammer und Unternehmer gebeten, Wirtschaftssenator zu werden. Und wir müssen dafür sorgen, dass der soziale Zusammenhalt in der Stadt wieder besser wird, Stichwort Wohnungsbau. Wir müssen auch für eine gute Bildung bei den jungen Leute sorgen.



Frage: Leuchtturmprojekte à Elbphilharmonie schweben Ihnen nicht vor?


Scholz: Natürlich muss Hamburg wachsen. Mein wichtigstes Leuchtturmprojekt wäre aber, dass nicht mehr fast ein Fünftel einer Generation junger Leute ohne berufliche Qualifikation bleibt. Wir wollen eine Stadt, in der es sich gut leben lässt, wo beruflich engagierte Eltern eine gute Kinderbetreuung und gute Schulen vorfinden. Das ist dann auch für Unternehmen hoch attraktiv.

 


Frage: Welche Rolle spielt für Sie die Zusammenarbeit Hamburgs mit Schleswig-Holstein?


Scholz: Die Kraft Hamburgs kommt aus der Metropolregion. Deshalb halte ich gar nichts davon, dass sich Hamburg und sein Umland als Konkurrenten begreifen.



Frage: Der UVNord hat gerade gefordert, die beiden Bundesländer sollten ein gemeinsames Ministerium für Raumordnung und Landesplanung einrichten. Ist das sinnvoll?


Scholz: Ich bin sehr vorsichtig, was institutionelle Überlegungen betrifft. Ich halte auch wenig von der Idee eines Nordstaates, weil dann vermutlich alle politisch Verantwortlichen sich die nächsten 20 Jahre vor allem mit den damit verbundenen Herausforderungen beschäftigen würden. Es kommt aber mehr darauf an, die Energie in eine wirkliche Vertiefung der Zusammenarbeit zu stecken als in neue institutionelle Rahmenbedingungen, die ja per se noch nicht besser sind.

 


Frage: Experten sagen voraus, die Schuldenbremse werde Bundesländer dazu zwingen, über Fusionen nachzudenken. Denken Sie, dass Hamburg und Schleswig-Holstein in 20 Jahren noch eigenständig sind?


Scholz: Ja. Es gibt schließlich Länder in der Welt, die sind kleiner als Hamburg und kommen doch als selbstständige Staaten zurecht. Ich war übrigens immer ein großer Anhänger der Schuldenbremse. Das ist ein Instrument der Selbstdisziplinierung von Politik. Sie zwingt dazu, endlich öffentlich zu diskutieren, was wir uns leisten können und müssen, also das Machbare vom Wünschbaren zu unterscheiden. Das ist ein großer demokratischer Gewinn. 



Frage: Hamburg und der ganze Norden scheinen in Berlin kein echtes Gewicht zu besitzen. Wie will ein Bürgermeister Scholz das ändern?


Scholz: Zwei Dinge sind wichtig: Fleiß und Engagement in den Dingen, die Hamburg und den Norden betreffen. Der Bürgermeister und die Senatoren müssen da immer am Ball sein. Und zweitens: Ein Hamburger Bürgermeister muss in der deutschen Politik wieder eine Bedeutung haben, die er sich allerdings erarbeiten muss.



Frage: Sie haben die Elbvertiefung zu einem ihrer wichtigsten Themen erkoren. Lässt sich die Sache aus Hamburg überhaupt noch entscheidend voranbringen?


Scholz: Bisher ist das Thema nicht mit dem nötigen Nachdruck vorangetrieben worden. Das ist nicht nur mein Eindruck, sondern auch der der Hafenwirtschaft. Im Übrigen ist das eine gemeinsame Aufgabe aller, die in Hamburg, aber auch in den Nachbarländern, Verantwortung tragen. Ich bin deshalb sicher, dass wir am Ende auch Erfolg haben werden.

 


Frage: Die CDU wirft Ihnen unbezahlbare Wahlversprechen vor, vor allem die Gratis-Kitas. Woher nehmen Sie das Geld?


Scholz: Wir müssen wegkommen von der Betrachtung von Einzelpöstchen. Dass führt nur dazu, dass man an der einen Stelle spart und an anderer Stelle das Geld zum offenen Fenster rauswirft. Meine Alternative ist ein Gesamtdeckel für den Haushalt. Für neue Vorhaben gilt: Sie müssen aus dem laufenden Haushalt finanziert werden und nicht mit imaginären Mehreinnahmen. Ich halte mich an die Methode pay as you go des früheren US-Präsidenten Bill Clinton. Das funktioniert auch für die stufenweise Beitragsfreiheit für fünftstündige Kita-Betreuung. So etwas gibt es in vielen Ländern der Welt. Das wird die reiche Stadt Hamburg auch hinkriegen.

 


Frage: Wie denn?


Scholz: Jedenfalls nicht nach dem Motto: Das kommt alles oben drauf. Sondern die Ausgaben werden sorgfältig über den Gesamthaushalt verteilt. Wir brauchen jeweils 50 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren. Die werden wir auch finden.



Frage: Wo?


Scholz: Beispielsweise hat Schwarz-Grün langfristige Verpflichtungen im Betriebshaushalt produziert, in Zentralen der Behörden die Stellen dramatisch ausgeweitet, Büroflächen vermehrt, die Zahl der persönliche Referenten und Pressesprecher ausgeweitet. Dafür war also Geld da.



Frage: Die Grünen sind Ihr bevorzugter Koalitionspartner. Allerdings gibt es bei zentralen Themen kaum Übereinstimmungen, etwa bei der Stadtbahn, der Elbvertiefung und dem Rückkauf der Energienetze. Wo ist die Basis für Rot-Grün?

 

Scholz: Ich werbe für ein starkes Mandat für die SPD, bin aber Realist genug zu wissen, dass man in Deutschland zum Regieren einen Partner braucht. Mit den Grünen haben wir die meisten Schnittmengen. Aber es ist auch wahr, dass wir nicht in allen Punkten einer Meinung sind. Ich denke aber, die beste Grundlage für eine Kooperation von zwei Parteien ist es, wenn sie sich über ihre Unterschiede im Klaren sind und entspannt damit umgehen.

 


Frage: Koalitionen mit der CDU und den Linken haben Sie ausgeschlossen. Was ist mit der FDP?


Scholz: Niemand rechnet mit dem Einzug der FDP in die Bürgerschaft, am wenigsten sie selbst. Sie hat bundesweit ihren Ruf durch unrealistische Wahlversprechen sehr beschädigt. Und die Hamburger FDP fällt seit Jahren nur durch eine unendlich lange Serie von Personalquerelen auf.

 

 

Das Interview für den Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlag führte Markus Lorenz. Sie finden das Interview auch auf der Homepage des Schleswig-Holsteinischen Zeitungsverlags.