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24.08.2012

Einbürgerungsfeier im Rathaus

 

Sehr geehrte Frau Vizepräsidentin der Hamburgischen Bürgerschaft,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

herzlich willkommen als deutsche Bürgerinnen und Bürger im Hamburger Rathaus. Ich freue mich, dass Sie unsere gemeinsame Staatsbürgerschaft beantragt und alle Hürden auf dem Weg dahin glücklich genommen haben.

 

Ich begrüße Sie und Euch, die Kinder und Jugendlichen, die auch heute in so schön großer Zahl an dieser Feier teilnehmen.

 

Hinter dem äußerlich betrachtet  bürokratischen Akt der Einbürgerung stecken Geschichten von unterschiedlicher Herkunft, von unterschiedlichen Lebenswegen und Motiven. Und doch verbindet Sie, und Euch, eine große Gemeinsamkeit: Sie leben in Hamburg und Sie haben sich für den deutschen Pass entschieden.

 

Damit gehören Sie zu den gut 3000 Hamburgerinnen und Hamburgern, die in diesem Jahr unserer Einladung gefolgt sind, sich einbürgern zu lassen. Das sind in einem Halbjahr schon mehr als im gesamten Jahr 2008.  

 

Klar, wir haben da ein bisschen nachgeholfen, wenn ich das so sagen darf. Die Frage drängte sich ja auf: Wenn 400.000 Bewohner unserer Stadt Zuwanderer sind, oder deren Kinder, warum hat dann mehr als die Hälfte von ihnen bisher keinen deutschen Pass? Obwohl doch 137.000 schon so lange in Deutschland leben, dass sie die Voraussetzungen für eine Einbürgerung erfüllen?

 

Vielleicht, so der Gedanke, ist ein Grund, dass wir zu wenig informieren und dafür werben. Also entstand die Einbürgerungsinitiative, die sehr gut angekommen ist. Unter anderem habe ich begonnen, nach und nach alle Kandidaten, sozusagen, selbst anzuschreiben. Aber zu verdanken haben wir das jetzige tolle Ergebnis natürlich auch Ihrer Geduld und Entschlossenheit, meine Damen und Herren. 

 

Große Anerkennung gebührt den engagierten Einbürgerungslotsen, die mit Ihnen gemeinsam den Einbürgerungsprozess gestaltet haben. 

 

Nach allem, was ich höre, bringen sie dabei sehr viel Geduld, Einfühlungsvermögen und Kompetenz auf. Herzlichen Dank nochmal an dieser Stelle für Ihr Engagement.

 

Meine Damen und Herren,

 

viele von Ihnen haben weite Wege, Umwege und mitunter auch Auswege nach Hamburg geführt. 

Im Gepäck hatten Sie Hoffnungen und vielleicht Ängste, aber auch jede Menge Mut, Flexibilität und die besondere Fähigkeit, außerhalb von Grenzen zu denken. Der Antrieb, eine neue Welt zu entdecken, ist Hamburg nicht neu und war zu allen Zeiten ein ungemein belebender Faktor für unsere Hansestadt. 

 

Denn seit jeher tragen die Hamburger ihre Ideen durch das sprichwörtliche Tor zur Welt hinaus, während umgekehrt die Welt ihre Ideen nach Hamburg bringt. 

 

Schon im Jahr 1619 - damals war Hamburg Deutschlands größte Stadt - waren von den geschätzten 40.000 Einwohnern allein 10.000 so genannte Ausländer. Nicht zuletzt ihnen verdankte die Stadt ihren Aufstieg zur Handelsmetropole und ihre kulturelle Bedeutung. Dabei wurde es vielen noch schwer gemacht, auch weil die Religionsfreiheit beschränkt war.

 

Unter den Zuwanderern waren unter anderem Franzosen, Portugiesen, Spanier und eine große Zahl an Holländern. Weil sie sich im benachbarten Altona aufgrund einer liberaleren Stadtpolitik niederlassen und das Bürgerrecht erwerben durften, auch wenn sie keine Protestanten waren, nannten sie die dort neu gegründeten Straßen aus Dankbarkeit Große Freiheit und Kleine Freiheit. 

 

Die gehören heute zu Hamburg, nahe der Reeperbahn.

 

Heute, 400 Jahre danach, hat knapp ein Viertel der Hamburger Bevölkerung einen  Migrationshintergrund, auch wenn sich die Einwohnerzahl nahezu verfünfzigfacht hat.

 

Wir leben in einer Stadt der Gegensätze, in der unterschiedliche Sichtweisen und Fähigkeiten, unterschiedliche Kulturen und Identitäten von vielen als große Chance begriffen werden. 

 

Nicht nur für die Produktivität, für Wachstum und die innovative Kraft der Hansestadt. Sondern auch für eine anregende kulturelle Vielfalt, die immer mehr Männer und Frauen nach Hamburg lockt und zum Bleiben bewegt. 

 

Damit dies so bleibt, setzen wir einerseits auf eine Kultur der Anerkennung, die auf Rechtsgleichheit und Chancengerechtigkeit fußt. Schließlich wissen wir: Ohne den Zugang zu sozialen, ökonomischen und kulturellen Ressourcen gelingt weder Integration noch Partizipation. 

 

Andererseits schaffen wir ein neues Wir-Gefühl, das Zusammengehörigkeit vermittelt und zusätzlich anspornt, die Zukunft unseres Landes gemeinsam zu gestalten. Unsere Einbürgerungsinitiative ist ein Schritt dahin und ein sichtbares Zeichen dafür, dass es uns ernst damit ist.

 

Wir wollen, dass Sie sich anerkannt fühlen als Hamburger, als gleichberechtigte, polyglotte, das heißt: mehrsprachige Bürger in Ihrer Stadt.

 

Wir möchten, dass Sie langfristig planen können. 

 

Und wir wünschen uns, dass Sie sich identifizieren mit dem Land, in dem Sie leben. Kurzum: Sie gehören  - wie wir  alle  - längst hierher. Sie sind hier zuhause!

 

Zuhause ist ja nicht nur der Ort, an dem wir geboren oder aufgewachsen sind. Heimisch können wir auch in einem anderen Land, in einer anderen Stadt werden, wenn wir eine Verbindung zu den anderen dort lebenden Bewohnern haben.

 

Sehr ermutigend finde ich in diesem Zusammenhang eine Umfrage der Bertelsmann Stiftung, nach der sich über zwei Drittel der Zuwanderer in Deutschland heimisch fühlen und dem deutschen Staat und seinen Institutionen großes Vertrauen entgegenbringen. 

 

Es ist unsere Aufgabe, die verschiedenen Welten miteinander zu verbinden, Brücken zwischen der Herkunftskultur und dem Leben in Deutschland zu schlagen und Gemeinsamkeiten zu stärken. Die es ja in großer Zahl gibt, mit unserer enormen Vielfalt von Wertvorstellungen, Zielen und Lebensstilen. 

 

Was interessiert uns, was bewegt uns oder macht uns Angst? Nur wenn wir offen sind, miteinander sprechen, lernen wir uns wirklich kennen und verstehen. Nur wenn wir im Gespräch bleiben, kann aus anfänglichem Argwohn oder Gleichgültigkeit Neugierde, Vertrauen und Anteilnahme werden. Wie gut uns das gelingt, liegt an uns. 

 

Meine Damen und Herren,

nachdem ich gleich nach dem Chor zur Tat schreite und einigen von Ihnen die Einbürgerungsurkunden übergebe, danach die Fotos gemacht sind, singen wir gemeinsam unsere Nationalhymne. 

 

In unserem Land muss keiner gut singen können und gezwungen wird sowieso niemand. Also, wer Lust hat, darf mit einstimmen. Ich bin sicher, wir werden uns grandios anhören. 

 

Vielen Dank! 

 

Es gilt das gesprochene Wort.