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12.04.2013

Eröffnung des Zukunftsforums Kreativpakt


Sehr geehrter Herr Dressel,

sehr geehrte Frau Senatorin Kisseler,

sehr geehrter Herr Steinbrück,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

 

auch ich möchte die Gelegenheit nutzen, Sie herzlich in Hamburg zu begrüßen.

 

Richard Florida zählt ja Politikerinnen und Politiker ebenfalls zur creative class. Insofern dürfen wir uns hier gemeinsam in der Sache verbunden fühlen…

 

Unabhängig davon, ob man dieses überraschende Votum teilt, können wir uns einig sein, dass Kreativität in den politischen Prozess gehört.

 

Als Qualität aber auch als zu gestaltender Aspekt unseres gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Lebens. 

 

Wenn Sie hier in Hamburg leben, dann wissen Sie, wie wichtig und bedeutsam Kultur und Kreativität mittlerweile für die Stadt geworden sind. Und dass wir das seitens der Stadt und des Senats mit vielerlei Aktivitäten fördern.

 

Wenn Sie von auswärts gekommen sind, zum Beispiel mit der Bahn, dann haben Sie feststellen können, wie zentral kreative Orte bei uns in der Stadt liegen.

 

Andreas Dressel hat das anhand der Deichtorhallen eindringlich beschrieben. 

 

Ich könnte jetzt mit dem Kreativquartier Oberhafen gleich in der Nachbarschaft weitermachen. Oder ich könnte vom neuen Spiegelgebäude an der Ericusspitze reden, das Sie alle auf dem Weg hierher gesehen haben. Oder von der Museumsmeile. Oder vom Schauspielhaus. Oder vom Thalia-Theater. Oder vom Gängeviertel.

 

Die Liste der kultur- und kreativwirtschaftlichen Orte und Institutionen, die Sie sich zu Fuß von hier aus erlaufen können, wenn Sie nach der Veranstaltung noch ein wenig in Hamburg bleiben wollen, ist länger, als ich hier auch nur andeuten könnte.

 

Kreativität ist ein Charakteristikum von Hamburg. Das freut uns. Und wir haben uns vorgenommen, eine Menge dafür zu tun, dass das auch so bleibt. Es ist gut, dass die SPD-Bundestagsfraktion mit dem Kreativpakt einen Prozess auf den Weg gebracht hat, der das Bewusstsein für die Bedeutung der Kreativwirtschaft auch auf Bundesebene schärft.

 

Das liegt natürlich daran, dass die Kreativwirtschaft natürlich längst ein relevanter ökonomischer Faktor geworden ist. Wir haben das in einem eigenen Kreativwirtschaftsbericht einmal detaillierter aufgeschlüsselt. Mit beeindruckenden Ergebnissen.

 

Insgesamt macht die Kreativwirtschaft bei uns 10,5 Mrd. Euro Umsatz, das sind 2,8 Prozent der gesamtstädtischen Wirtschaftsleistung

 

Der Effekt auf den Arbeitsmarkt ist überproportional: Beinahe 80.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind hier in Hamburg in der Kreativwirtschaft tätig. Das sind rund acht Prozent aller Erwerbstätigen. 

 

Diese Zahlen zeigen, dass Kreativwirtschaft auch ökonomisch und auch politisch relevant ist.

 

Wer sich um die Kreativwirtschaft kümmert, der betreibt nicht bloß Kulturpolitik, sondern immer auch Wirtschaftsförderung gerade hier in Hamburg, einer Stadt, die von einer großen Kaufmannstradition geprägt ist und insofern nichts daran findet, wenn man mit sinnvoller und sinnstiftender Arbeit auch Geld verdienen kann.

 

Der Brand Eins-Kolumnist Wolf Lotter hat vor anderthalb Jahren bei einer Veranstaltung so schön gesagt: Hamburg, das ist Kreativwirtschaft für Erwachsene.

 

Denn natürlich geht es auch darum, aus guten Ideen gute Geschäftsmodelle zu machen. Kreativität und Kaufmannschaft müssen keine Gegensätze sein. Wer hier eine der preisgekrönten Werbe- oder Designagenturen besucht, der begreift das schnell.

 

Aber dass Kreativwirtschaft heute für Wachstum, Wohlstand und Beschäftigung in unserer Stadt mitverantwortlich ist, ist beileibe nicht der einzige Grund, warum wir uns um sie kümmern müssen.

 

Es geht auch darum, dass kreative Leistungen und Werke wichtige Beiträge zur Ausdeutung unseres modernen Lebens und unseres gesellschaftlichen Zustand sind. Darum, dass wir diese intellektuellen und innovativen Impulse brauchen, weil wir uns in ihnen selbst erkennen können.

 

Kulturelle Produkte stiften Sinn, regen an, stoßen ab, fordern zur Auseinandersetzung heraus.

 

Wer Kreativwirtschaft nur wirtschafts- und standortpolitisch denkt, der verschenkt wertvolles Potenzial.

 

Wer von Kreativwirtschaft spricht, der spricht auch von der Schaffung neuer Wertschöpfungskonfigurationen, auch von der Veränderung der Arbeitswelt und auch von der Transformation städtischer Räume.

 

Es sind die Schnittstellen und Zwischenräume und unser Umgang mit ihnen, an denen sich das Kreative festmacht.

 

Deswegen sind große Städte der Nährboden, den die Kreativwirtschaft braucht. Sie sind geprägt von der Dichte, der Geschwindigkeit und den Gegensätzen, die es braucht, um auf neue Ideen zu kommen und diese in Kunst, Kultur und Medien umzusetzen.

Sie ermöglichen die Begegnungen, aus denen Kreativität entspringt.

 

Neue Ideen entstehen eben nicht unbedingt, wenn ein Schafhirt aus der Lüneburger Heide mit seinem Kollegen in Spanien chattet, sondern eher, wenn ein paar Freunde beim Glühwein auf dem Altonaer Weihnachtsmarkt beschließen, künftig Kite-Reisen über Facebook anzubieten und das dann auch tatsächlich machen.

 

Oder wenn ein paar Kreative gleich hier nebenan im Oberhafen auf einem alten Güterbahngelände neben Kleinspediteuren ein neues Quartier entwickeln, in dem Autoren und Designer neben kleinen Werbeagenturen und bildenden Künstlern eine neue Heimat finden.

 

Im Mai wird der Art Directors‘ Club dort für vier Tage die besten Kampagnen des Jahres ausstellen.

 

Aber die Arbeit an der Rückgewinnung eines zentralen Raums in der Stadt geht auch an den anderen 361 Tagen im Jahr weiter.

 

Die Pioniere des Oberhafenquartiers sind auch Pioniere einer städtischen Entwicklung, die die Bruchkanten sucht und nicht versucht sie zu schleifen, sondern vielmehr danach strebt, in ihren Zerklüftungen Neues entstehen zu lassen.

 

Das gelingt auf ganz unterschiedliche Weise im Gängeviertel oder in der Viktoriakaserne genauso wie in der Schanze oder an der Großen Elbstraße oder an vielen anderen Orten in der Stadt.

 

Und wiederum anders zeigen in diesem Sommer die Internationale Bauausstellung und die Internationale Gartenschau auf den Elbinseln wie viel Dynamik in moderner Urbanität steckt, in der Verdichtung und in den Begegnungen, die sie schafft.

 

Wir tun daher gut daran, diese Dynamik und dieses Wachstum in den Städten weiter zu forcieren.

 

Denn wir wissen mittlerweile aus der Stadtsoziologie, dass große Städte Inkubatoren des Neuen und des Innovativen sind.

 

Und wir wissen auch, dass höhere Dichte zu größerer Produktivität und zu steigernder Kreativität führt. Und zwar ganz unabhängig vom weiteren Angebot und von der weiteren Infrastruktur. 

 

Insofern sind die Aussichten Hamburgs als wachsende Stadt, die in wenigen Jahrzehnten zur Zwei-Millionen-Metropole werden kann, schon rein nominell alles andere als schlecht.

 

Damit sie aber auch qualitativ gut werden, tun wir noch einiges darüber hinaus: Bereits 2010 hat die Kreativgesellschaft ihre Arbeit aufgenommen, die insbesondere den vielen Einzelkämpfern unter den kreativen dabei helfen soll, die richtige Schulung, die passende Finanzierung oder die bezahlbare Immobilie in der Stadt zu bekommen.

 

Sie leistet gemeinsam mit der für Kreativwirtschaft zuständigen Kulturbehörde eine wichtige und mittlerweile auch weithin über die Stadtgrenzen hinaus anerkannte Arbeit an der nicht ganz einfachen Schnittstelle zwischen Verwaltung und kreativer Szene.

 

Wir verstehen die Förderung der Kreativwirtschaft als gesamtstädtisches Thema: Stadt- und Immobilienentwicklung sind ebenso betroffen wie Bildungswesen, Finanzpolitik, Recht, Arbeit und Soziales. Dazu haben wir in Hamburg bewusst verwaltungsfremde Expertinnen und Experten für das Thema Kreativwirtschaft mit in den Prozess geholt, um von- und miteinander zu lernen, auf Augenhöhe. 

 

Und wir freuen uns, dass wir mit dem Interessensverein Hamburg Hoch Elf die bundesweit erste Interessenvertretung der Kreativszene hier in Hamburg als Ansprech- und Kooperationspartner haben.

 

Für das spezifische Segment der Medienwirtschaft haben wir in dieser Legislaturperiode darüber hinaus das Amt Medien in der Senatskanzlei als Ansprechpartner geschaffen.

 

Dort wird direkt im Rathaus die Betreuung dieses für Hamburg wichtigen Teils der Kreativwirtschaft gebündelt und darüber hinaus auch die Grundlage dafür geschaffen, dass Hamburg in bundespolitischen Debatten zum Beispiel über das Urheberrecht, den Datenschutz und andere wichtige strukturelle Themen präsent ist.

 

Die digitale Transformation unserer öffentlichen Kommunikation ist schließlich eines der zentralen gesellschaftspolitischen Themen unserer Zeit und wird es sicherlich noch einige Zeit bleiben.

 

Sowohl beim Mediendialog in wenigen Wochen als auch beim IT-Gipfel im Dezember werden wir daher das Thema Content & Technology in den Fokus rücken.

 

Kreative sind Pioniere.

Sie gehen voran in wenig kartographiertem Gelände und probieren neue Wege des Wirtschaftens, des Arbeitens und des Lebens aus. Sie erlauben so auch dem Rest der Gesellschaft einen Blick in die Zukunft. 

 

Der Kreativpakt, den die SPD-Bundestagsfraktion angestoßen hat und um den es im weiteren Verlauf dieser Veranstaltung gehen soll, hat das Ziel, die Rahmenbedingungen für diese Pionierleistungen entsprechend zu gestalten.

 

Als ehemaliger Arbeits- und Sozialminister weiß ich um die Herausforderungen, vor denen unser Arbeitsmarkt und unsere sozialen Sicherungssysteme stehen, wenn es darum geht, die neuen kreativen Formen der Erwerbsarbeit genauso abzusichern, wie es uns mit der klassischen Industriearbeit gelungen ist.

 

Wir müssen den Sozialstaat als herausragende kulturelle Errungenschaft des 20. Jahrhunderts sichern und ihn zugleich so aufstellen, dass seine Leistungen auch in Zukunft für alle Bereiche unseres Lebens und Arbeitens Wirkung entfalten.

 

Da geht es um so handfest praktische Fragen wir die Verwirklichung des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz ab dem ersten Geburtstag.

 

Wir hier in Hamburg schaffen das zum Sommer. Aber eigentlich dürfte ich damit für mein Bundesland gar keine Werbung machen können, weil es in der ganzen Bundesrepublik selbstverständlich ist.

 

Eine weitere strukturelle Voraussetzung für die Kreativwirtschaft ist, dass Kreative sich auch in Zukunft darauf verlassen können, dass ihre Leistungen ausreichend rechtlich geschützt sind.

 

Dass das Urheberrecht in den letzten Jahren immer wieder in Frage gestellt worden ist, ist ein großer Fehler, der viel Schaden angerichtet hat. Natürlich brauchen wir angesichts der Digitalisierung und der neuen Verbreitungs- und Vervielfältigungsmöglichkeiten kluge Anpassungen. Aber sie ändern nichts an der grundlegenden und richtigen Entscheidung, dass ein Kreativer seine Idee auch als sein Eigentum begreifen und über dessen rechtmäßige weitere Verwendung selbst entscheiden kann 

 

Denn: Nur wenn Kreative sich sicher sein können, dass ihre geistigen Werke ebenso geschützt sind wie das Patent einer maschinellen Anlage, werden sie von ihrer kreativen Arbeit auch leben können.

 

Wir werden uns in den kommenden Monaten und Jahren intensiv daran machen müssen, hier die Spielregeln einer digitalen Medien- und Kreativwirtschaft so zu definieren, dass sie Akzeptanz sowohl der Inhalteproduzenten als auch der neuen digitalen Inhalteverwerter finden. Auch darum wird es heute sicherlich gehen.

 

Ich will der Diskussion daher nicht weiter vorgreifen. Ich bin mir sicher, dass Hamburg, der richtige Ort ist, um diese Fragen zu diskutieren und um Lösungen zu entwickeln. Die Nähe zum Hafen, hier am Tor zur Welt, weitet den Blick und die Gedanken.

 

Ich wünsche dem Zukunftsforum gutes Gelingen und dem Kreativpakt eine gute Entwicklung.

 

Es gilt das gesprochene Wort.