arrow-left arrow-right nav-arrow Login close contrast download easy-language Facebook Instagram Telegram logo-spe-klein Mail Menue Minus Plus print Search Sound target-blank X YouTube
Inhaltsbereich

Detail

13.04.2013

Eröffnungs-Grußwort zum 70. Geburtstag von Michael Otto

Eröffnungs-Grußwort zum 70. Geburtstag von Michael Otto

 

Sehr geehrter Herr Dr. Otto,

sehr geehrte Damen und Herren, 

 

Ich möchte gern in einer Gesellschaft leben, in der niemand sagen kann, er habe keine Chance bekommen.

 

Der Satz stammt nicht von mir, auch wenn ich ihn sofort unterschreiben möchte. Gesagt haben Sie ihn, verehrter Herr Dr. Otto, vor nicht allzu langer Zeit. Und haben damit nicht einfach einen frommen Wunsch geäußert, sondern griffig umschrieben, was als vielleicht wichtigste Ihrer inneren Antriebsfedern gelten darf: sozial verantwortliches Unternehmertum im Dienst der Gemeinschaft. 

 

Damit sind Sie so etwas wie die Personifizierung des sprichwörtlichen Hamburger Bürgersinns und das, obwohl Sie ja gar nicht in Hamburg, sondern in Westpreußen geboren sind. Dort konnten Sie durch die geschichtlichen Umstände aber nie heimisch werden, sondern wurden einer der tatkräftigsten und wirkungsreichsten Mitbürger  in unserer Stadt glückliches Hamburg! 

 

Sehr geehrter Herr Dr. Otto, 

ich befinde mich als Gratulant in der glücklichen Situation, dass weithin bekannt ist, wofür Sie stehen als Unternehmer und mit Ihrem privaten bürgerlichen Engagement: Als Unternehmer haben Sie in der deutschen Öffentlichkeit etwas Grundlegendes bewiesen: dass ökonomischer Erfolg und gesellschaftliche Verantwortung am besten Hand in Hand gehen. Zu diesem besonderen Geburtstag gratuliere ich im Namen des Senats der Freien und Hansestadt Hamburg sehr herzlich. 

 

Zum hanseatischen Erwerbsstreben gehören schon seit jeher untrennbar Anstand und Fairplay. Was heute Corporate Social Responsibility oder kurz CSR heißt, ist hier fest im Leitbild des Ehrbaren Kaufmanns verwurzelt und kann mit so altmodischen Worten wie Redlichkeit, Aufrichtigkeit und Weitblick beschrieben werden. Über das rein Unternehmerische hinaus ist aus derselben Haltung eine ausgeprägte Kultur der Stiftungen und Schenkungen gewachsen. 

 

Das sind nicht nur gute Taten am Anfang steht die Grundeinsicht, dass ethisches Wirtschaften und ethische Wirtschaft weiter führen als kurzsichtiges Quartalsdenken, dass es lohnt, die Gesellschaft zu stärken, die den eigenen Erfolg bedingt, und stets für den Ausgleich einzutreten. 

 

Damit stehen Sie für eine ebenso alte wie lebendige Tradition des unternehmerischen Ethos, die zeitgemäßer ist denn je. Schon früh gaben Sie ein weithin sichtbares Vorbild, an dem sich andere orientieren konnten. Sie haben mit Ihrer Position anderen einen schlüssigen Weg gewiesen!

 

Mit dem modernen Begriff der Nachhaltigkeit beschreiben wir gegenwärtig alle diejenigen Felder, die Ihnen, Herr Dr. Otto, als Pionier bereits lange am Herzen lagen, bevor sich dieses Wort dafür durchsetzte: soziale, ökologische und ökonomische Verantwortung. 

 

Es ist dies die langfristige Wertschöpfung des klassischen Familienunternehmens, die nicht auf den schnellen Gewinn zielt, sondern dauerhaft Vertrauen schafft und mit zufriedenen Kunden, zufriedenen Mitarbeitern und einem zufriedenen politischen Umfeld soziale Marktwirtschaft gestalten kann. 

 

Das bedeutet, sich der Spannungsfelder bewusst zu bleiben, in denen Unternehmertum immer stattfindet. Und vor allem: nach seinen Überzeugungen zu handeln. 

 

Man muss dort, wo man selbst Verantwortung trägt, so gut wie möglich zur Lösung der Probleme beitragen. Wenn alle darauf warten, dass andere handeln, geschieht am Ende gar nichts. So hat Prof. Dr. Drenckhahn, der Präsident des WWF Deutschland, das sehr richtig zusammengefasst. 

 

Für mich stehen Sie in einer Reihe mit anderen Unternehmerpersönlichkeiten, die über ihre Zeit hinaus ein Vorbild gaben und geben. Trotz der räumlichen Entfernung denke ich dabei zum Beispiel an den Schwaben Robert Bosch. Auch dem Erbe dieser energischen Unternehmer-persönlichkeit sind Sie, namentlich als Gesellschafter der Robert Bosch Industrietreuhand, verpflichtet und verbunden. 

 

Für Bosch galt bereits zu Kaisers Zeiten, dass die Wirtschaft für den Menschen da ist, nicht umgekehrt. Ein Beispiel, wie sehr seine durchaus sozialreformerischen Ideen heute in der Mitte der Gesellschaft angekommen sind, ist die Einführung des Achtstundentags bei Bosch 1906. 

 

Robert Bosch hat sich jedoch weit darüber hinaus als Vorreiter eines solidarischen Gesellschafts-bildes einen Namen gemacht. Seine Haltung, der Gesellschaft als erfolgreicher Industrieller nach Kräften zurückzugeben, hatte eine Ausstrahlung, die ihn zum Vorbild machten und ich denke, seine Leidenschaft und  Glaubwürdigkeit erkennen wir in Ihnen wieder. 

 

Wir teilen die Hoffnung, dass solche Beispiele von Generation zu Generation Schule machen, dass immer neue Unternehmerpersönlichkeiten beweisen, wie man zugleich erfolgreich und wertebewusst einen Konzern führt und seinem Gewinn eine positive Relevanz für die bürgerliche Gemeinschaft verleiht.

 

Auch Ihr wegweisendes Beispiel zeigt sich an einer großen Bandbreite einzelner Beispiele. Hervorheben möchte ich Ihre arbeitspolitische Initiative für das Hamburger Hauptschulmodell, ein wegweisendes Projekts zur Berufsorientierung von Hauptschulabsolventen, dessen greifbare Bilanz besonders eindrucksvoll ausfällt: In den zehn Jahren seit Bestehen des Modells konnte die Quote der Hamburger Hauptschulabgänger, die direkt nach ihrem Abschluss einen ungeförderten betrieblichen Ausbildungsplatz fanden, auf rund 22 Prozent verdreifacht werden. 

 

Der Anteil der Schüler ausländischer Herkunft beträgt bereits mehr als ein Drittel. Nach dem Konzept des Hamburger Hauptschulmodells arbeiten inzwischen schon 20 weitere Regionen. 

 

Wir haben das jetzt zum Prinzip gemacht, dieses Erfolgsmodell in die neue Jugendberufsagentur integriert, ab 2014 mit Zweigstellen in jedem Bezirk und auf die Otto Group ist als Anbieter von Ausbildungsplätzen wieder einmal Verlass. Übrigens auch bei der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer. 

 

Wenn wir davon sprechen, dass Unternehmertum nicht am Firmentor endet, müssen wir auch davon sprechen, dass es in der Zeit der Globalisierung nicht an unseren Grenzen endet, und sogar weit über die Sphäre des Menschen hinaus unsere Umwelt betrifft. Bereits in den 80er-Jahren erklärten Sie den schonenden Umgang mit den Ressourcen zum Unternehmensziel. Ihre Stellung im Markt haben Sie genutzt, um bei Ihren Lieferanten in aller Welt soziale und ökologische Produktionsbedingungen zu schaffen. 

 

Ganz besonders haben Sie sich unserer elementaren Lebensgrundlage verschrieben, dem Wasser. Auch im WWF nehmen Sie seit Langem eine hervorragende Stellung ein. Gewichtige Ehrungen wie der Deutsche Umweltpreis und der Sustainability Leadership Award sprechen in diesem Zusammenhang für sich selbst. Dieser Einsatz wirkt weiter, wie die langfristigen Bestrebungen der Otto Group etwa in Hinsicht auf die Nachhaltigkeit der Baumwollproduktion oder die Reduktion von Emissionen zeigen. 

 

Ich gehe so weit, zu behaupten, dass der Wettbewerbsvorteil durch gelebte Nachhaltigkeit für einen Unternehmer ebenso wichtig geworden ist, wie eine ausgewogene Bilanz. Viele Menschen konsumieren bereits bewusster, und alle erwarten selbstverständlich  om Mittelstand ebenso wie von internationalen Konzernen, nicht mit moralischen Ungereimtheiten konfrontiert zu werden. 

 

Sie, Herr Dr. Otto, haben das frühzeitig erkannt. Wir schauen natürlich auch auf den weiteren Weg der Firma, die Ihren Namen trägt, mit gespannten Erwartungen beispielsweise was den harten Konkurrenzkampf im E-Commerce angeht. Ich denke aber, wir können selbst hier darauf vertrauen, dass der Konzern Kraft aus seinen prägenden Werten schöpft sowohl, was die starke Kontinuität der Veränderung angeht, wie Sie es selbst nennen, also die Fähigkeit, sich stets zielgerichtet neu zu erfinden, als auch in Hinsicht auf die sozialverträgliche Gestaltung dieses Umbaus. 

 

Als Vorreiter, Impulsgeber und Mutmacher bleiben Sie ein Ansporn, die Idee der Nachhaltigkeit zu verwirklichen. Ich glaube, dass die Strahlkraft Ihrer Erfolge für den Manager- und Unternehmer¬nachwuchs ein wichtiges Identifikationsmodell bietet. 

 

Unübersehbare Zeichen setzen Sie sogar im Stadtbild: Das viel bewunderte Glasdach über dem Innenhof des Museums für Hamburgische Geschichte jetzt Hamburgmuseum war Ihr persönliches Geschenk zum 800. Hafengeburtstag. Das Michael-Otto-Haus der Jugendmusikschule Hamburg ehrt konsequenterweise den Namen seines großzügigen Stifters. 

 

Wenn wir heute nicht bereits in der Elbphilharmonie feiern können, so ist das am wenigsten Ihre Schuld, denn auch hier haben Sie Ihrer Liebe zu den Künsten, zu Musik und Architektur signifikante Taten folgen lassen. Und die Staatsoper wie die Kunsthalle haben ebenso von Ihrem Engagement zum Nutzen der Hamburgerinnen und Hamburger profitiert wie Hamburgs Hochschule für Bildende Künste. 

 

Ihr vielleicht bedeutendstes Verdienst aber bleibt, über den Tag hinaus in freiwilliger Initiative Maßstäbe für das umwelt- und sozialpolitische Unternehmerengagement gesetzt zu haben. Sie haben langfristige Grundlagen für die Verwirklichung Ihrer Ziele geschaffen, nicht zuletzt die Grundlagen, speziell junge Menschen auch in Zukunft für diese Ziele zu begeistern. 

 

Mit Ihrem ganzheitlichen Denken, Ihrer authentischen Persönlichkeit und Ihrem moralischen Format sind Sie weltweit ebenso wie in Ihrer Heimatstadt für den Fortschritt eingetreten. Der Erfolg gibt Ihnen Recht. 

 

Eine Stadt mit Persönlichkeiten wie Ihnen kann sich glücklich schätzen. Bleiben Sie, lieber Herr Dr. Otto, bitte so, wie Sie sind: bodenständig und bescheiden, aber auch leidenschaftlich und leistungsstark alles in allem echt hamburgisch. 

 

Nochmals: Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag! 

 

Es gilt das gesprochene Wort.