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18.08.2009

Festakt 10 Jahre Nano-X GmbH - Rede von Olaf Scholz

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

herzlichen Dank für die Einladung nach Saarbrücken. Ich freue mich sehr, hier zu sein und mit Ihnen gemeinsam das 10-jährige Bestehen der Nano-X GmbH feiern zu können.

Es gibt sicherlich kaum ein Thema, dass uns heute mehr beschäftigen muss als die Frage, wie und womit wir in entwickelten Industrienationen wie Deutschland neue Arbeit, Teilhabe und damit auch soziale Gerechtigkeit sichern wollen.

Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass neue Arbeitsplätze in erheblichem Umfang in wissensintensiven Unternehmen und Wirtschaftsbereichen entstehen.

Die Förderung neuer Ideen in Wissenschaft und Wirtschaft ist deshalb gerade auch in konjunkturell schwierigen Zeiten die beste Strategie, um wirtschaftliche Wachstumskräfte zu stärken, zukunftssichere Arbeitsplätze zu schaffen und langfristig gesellschaftlichen Wohlstand zu sichern.

Vor allem auf die Schlüsseltechnologien kommt es an. Gemeint sind Technologien,

•    die als Wachstumstreiber in unterschiedlichen Branchen den Weg zu den Produkten und Dienstleistungen von morgen bereiten können,
•    die aber auch neue Chancen für unser Leben mit sich bringen: für unsere Gesundheit, unsere Umwelt und unsere Arbeitsbedingungen.

Die Nanotechnologie ist eine dieser Schlüsseltechnologien. In den letzten zwei Jahrzehnten hat sie sich von einem nur in Expertenkreisen bekannten Wissenschaftsfeld zu einem viel beachteten und viel diskutierten Technologietrend entwickelt. Dabei stehen sich Pragmatiker und Realisten, Visionäre und Utopisten gegenüber. Das Spektrum möglicher Anwendungen und die Folgen neuartiger Produkte werden durchaus unterschiedlich beurteilt.

Über eines allerdings herrscht ganz bestimmt Einigkeit: Nanotechnologie ist viel mehr als nur die Fortschreibung der Verkleinerung. Sie ist der Sprung in einen völlig neuen Kosmos, der eine Revolution unserer technologischen Fähigkeiten und Möglichkeiten darstellt.

Schon heute sind nanotechnologische Anwendungen Impulsgeber für zukunftsweisende Innovationen von der Optik über die Textilindustrie bis hin zur Baubranche.

Nanotechnologien erarbeiten die Grundlagen
•    für hochwirksame Filter zur Abwasseraufbereitung,
•    für Werkstoffe, aus denen sich in der Automobilindustrie ultraleichte Motoren und Karosserieteile fertigen lassen
•    oder für neue Diagnostik- und Therapieverfahren, die zielgenauer auf den Patienten abgestimmt und damit auch schonender sind und die langfristig zu einer kostengünstigeren Medizin führen werden.

In Sicht und vielfach bereits auf dem Markt sind Materialien mit revolutionären Eigenschaften oder Produkte wie zum Beispiel flexible und kontraststarke Flachdisplays, photovoltaische Lacke, selbstreinigende Fenster oder langzeitstabile Speichermedien mit erheblich kürzeren Zugriffszeiten.

Schon heute steht fest, dass sich wichtige Industrien unter ihnen auch die Leitmärkte Automobilbau und Elektronik den Nanokosmos erschließen müssen, wenn sie sicherstellen wollen, dass ihre Produkte auch morgen noch konkurrenzfähig sind. Die Bundesregierung hat die herausragende Bedeutung dieser Schlüsseltechnologie frühzeitig erkannt. Unsere Position ist deshalb gut: Wir sind die Nummer 1 in Europa.

Einen wesentlichen Beitrag dazu leistet die konsequente Förderpolitik. Seit 1998 wurden die Mittel für die Projektförderung in der Nanotechnologie vervierfacht. Jährlich stehen derzeit rund 290 Millionen Euro an öffentlichen Fördermitteln zur Verfügung Deutschland liegt auch hier in Europa mit klarem Vorsprung in Führung. Jetzt kommt es darauf an, unsere Spitzenposition zu nutzen, die bestehenden Innovationspotenziale weiter auszuschöpfen und Deutschland zum weltweit führenden Nanotech-Standort in der Welt auszubauen.

Die Politik kann und muss hier materiell und strategisch unterstützend wirken. Dabei gilt ohne Frage, dass der Staat weder festlegen kann noch will, was sich auf den Märkten der Zukunft verkauft. Wir können aber gemeinsam mit Wirtschaft und Wissenschaft Felder ermitteln, die eine hohe Chance haben, die Innovationen von morgen zu liefern.

Politik kann aktiv fördernd und gestaltend eingreifen, wenn es gilt, die Chancen neuer Technologien auszuloten, Kreativität und Kompetenz für neue Lösungen zu bündeln, den Technologietransfer zu verbessern und vor allem auch qualifizierten Nachwuchs und Fachkräfte aus- und weiterzubilden.

Für die Fähigkeit, neue Forschungsergebnisse schnell und ohne Umwege zur Marktreife zu bringen, wurde mit Gründung von Kompetenzzentren ein entscheidender Schritt bereits getan (angestoßen und vorangetrieben übrigens von der damaligen Forschungsministerin Edelgard Bulmahn).

Derzeit kommt es darauf an, die entstandenen Netzwerke so weiterzuentwickeln,
•    dass sie erstens die Zusammenarbeit auch untereinander verbessern
•    und zweitens auch als eigenständige Dienstleister tätig sein können.

Unser besonderes Augenmerk muss darüber hinaus einer Aufgabe gelten, die ich in jeder Hinsicht für entscheidend halte: Ich meine die Notwendigkeit, den Nachwuchs zu fördern und neue Qualifizierungsangebote zu entwickeln.

Innovationen sind nicht zuletzt ein Ergebnis des Ideenreichtums junger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, des Know-hows talentierter Ingenieure und des Engagements gut qualifizierter Fachkräfte in der Produktion.

Wir haben zu Beginn dieses Jahrzehnts in der Informations- und Kommunikationsbranche erlebt, wie der Mangel an qualifiziertem Nachwuchs zum Hemmschuh für die Forschung und die wirtschaftliche Entwicklung werden kann. Dieser Fehler darf sich in der Nanotechnologie nicht wiederholen.

Deshalb müssen wir die Nachwuchsförderung in allen Bereichen großschreiben und damit so früh wie möglich anfangen. Der Weg hin zum erfolgreichen Nanotechniker beginnt zumeist bereits in den ersten Lebensjahren.

Kolumbus. Kolumbus überall! so überschreibt die Kindheitsforscherin Donata Elschenbroich die Einleitung zu ihrem Buch Weltwunder. Kinder als Naturforscher. Sie unterstreicht darin einmal mehr, wie leicht und selbstverständlich sich Kinder entdeckend und lernend Natur und Technik erschließen, wenn man ihrer Neugier entgegenkommt.

•    Wer solche Angebote nicht bekommt
•    und wem schlimmer noch aus sozialen Gründen gute Bildungsangebote überhaupt verwehrt bleiben,
der wird auch später kaum in einem Hightech-Labor anzutreffen sein.

Nicht zuletzt deshalb sind Qualität und gleiche Zugangschancen in Bildung, Ausbildung und Weiterbildung heute und in Zukunft wichtiger denn je. Die Länder und Kommunen sind in der Pflicht, gute Angebote in der frühkindlichen Bildung und den Schulen zu organisieren. Die Unternehmen und Betriebe selbst müssen ausreichend in Ausbildung investieren. Die entscheidenden Weichen stellen wir jetzt. Unser erstes Ziel heißt: Abgeschlossene Berufsausbildung oder Abitur für jeden.

Keine Frage: Wir brauchen mehr Akademiker als heute.

Erstes Ziel: Wir wollen 40 Prozent der Absolventen eines Jahrgangs an die Hochschulen bringen.

Zweites Ziel: Wir müssen gerade in den so genannten MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) besser werden.

Die Anstrengungen, die dazu unternommen werden, sind deshalb richtig.

Und auch hier gilt natürlich: Je früher, desto besser: So setzt zum Beispiel das Haus der kleinen Forscher bereits im Kindergarten an und qualifiziert Erzieherinnen und Erzieher praxisnah im Umgang mit Technik und Naturwissenschaften.

In den nächsten Jahren sollen mit dieser Initiative bundesweit rund 10.000 Kindertagesstätten erreicht werden.

Schließlich: Wir müssen die Durchlässigkeit von der beruflichen zur akademischen Bildung wesentlich erhöhen.

Aufstieg durch Bildung das ist deshalb der Grundgedanke einer Qualifizierungsinitiative, die die Bundesregierung auf den Weg gebracht hat.

•    Berufsschüler, die zur Fachhochschule wollen,
•    erfahrene Gesellen, die sich ein Studium zutrauen,
•    Meisterinnen, die sich für einen Ingenieursabschluss anstrengen wollen,
sie alle müssen vor offenen Türen stehen.

Es gibt gute Fortschritte, beispielsweise
•    die Vereinbarung der Kultusministerkonferenz über den Hochschulzugang beruflich qualifizierter Bewerberinnen und Bewerber
•    und die dazu passenden neuen Aufstiegsstipendien.

Aber auch die Hochschulen selbst sind durch die dynamische Entwicklung der Nanotechnologie herausgefordert. Neben der Erarbeitung von Zusatzqualifikationen und der permanenten Modernisierung von Studieninhalten müssen sie ihr Augenmerk besonders auf die Entwicklung von Aufbaustudiengängen richten.

Meine Damen und Herren,

rund 750 Unternehmen in Deutschland befassen sich auf unterschiedlichen Stufen der Wertschöpfungskette mit der Entwicklung und Vermarktung nanotechnologischer Produkte, Verfahren und Dienstleistungen.

Eines dieser Unternehmen ist die Nano-X GmbH. Ihre Geschichte ist einzigartig und doch beispielgebend für den Erfolg, den gute Ideen, unternehmerischer Mut und gewiss auch eine gehörige Portion Hartnäckigkeit möglich machen.

Auf den Tag genau vor zehn Jahren fing es in einem Gründerbüro der Völklinger Hütte an. Als Labor diente damals ein alter Duschraum, die erste Laborzeile war eine gebrauchte Küchenzeile der Marke Eiche Rustikal.

Heute
•    sind aus fünf 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geworden,
•    stehen exzellenten Nanotechnikern hochmoderne Forschungseinrichtungen zur Verfügung
•    und die Nano-X GmbH forscht und produziert nicht nur für Kunden aus aller Welt,
•    sondern hat mit ihren antibakteriellen Hydrophilschichten für Wärmeaustauscher im Columbuslabor sogar schon den Weltraum erobert.

Hier wird Zukunft gemacht so lautet ein griffiger Slogan der Initiative Deutschland Land der Ideen, die sich vorgenommen hat, Beispiele für Neugier, Mut und Innovation in unserem Land zu bündeln und bekannt zu machen.

Das passt zur Nano-X GmbH wie gelackt kratzfest natürlich!

Georg Christoph Lichtenberg hat einmal gesagt: Die Neigung des Menschen, kleine Dinge für wichtig zu halten, hat sehr viel Großes hervorgebracht. Ich finde, das ist ein gutes Motto für diesen Tag.

Verbunden mit meinem Glückwunsch zum Jubiläum und zur Auszeichnung Ort der Ideen wünsche ich Ihnen, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Unternehmens, weiterhin
•    Kreativität und Ideenreichtum,
•    den Mut, diese Ideen zu verwirklichen
•    und vor allem anhaltende Freude an Ihrem Job.