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02.04.2012

Gespräch mit Mitwirkenden der Einbürgerungsinitiative

Liebe Einbürgerungslotsinnen und lotsen,

liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einbürgerungsabteilung, des Welcome Centers und der Hamburgischen Verwaltung,

 

ich freue mich, dass so viele von Ihnen meiner Einladung zu diesem Treffen mit Mitwirkenden unserer Einbürgerungsinitiative gefolgt sind.

 

Von dem Aphoristiker Hanns-Hermann Kersten stammt der Satz: 

 

Eine gute Idee erkennt man daran, dass sie geklaut wird. 

 

Unsere Einbürgerungsinitiative scheint offenbar dazu zu gehören. Mehrere andere Bundesländer und Kommunen haben bereits Interesse bekundet. 

 

Frau Steller vom Welcome Center und Frau Kersten aus unserer Integrationsbehörde haben das Projekt bei verschiedenen Gelegenheiten in Berlin vorgestellt, zum Beispiel beim British Council.

 

Und die Universität Bremen würde die Einbürgerungsinitiative und ihre Folgen gern wissenschaftlich untersuchen.

 

Sie sehen schon: Ich habe etwas Mühe, diesen Termin als schlichtes Arbeitstreffen zu sehen. Aus dem einfachen Grund, weil ich mich so über den bisherigen Erfolg der Einbürgerungsinitiative freue. 

 

In nur drei Monaten von Dezember bis März konnten wir, konnten Sie, die Zahl der Einbürgerungsanträge um 34 Prozent steigern. Die Zahl der Beratungsgespräche stieg sogar um 91 Prozent.

 

Dies ist also auch ein erstes Bilanzgespräch. Ein sehr positives. Hinter diesen Zahlen steckt viel gute Arbeit, auch und gerade viel ehrenamtliche Arbeit. Ohne die Einbürgerungslotsinnen und lotsen wäre die Hamburgische Verwaltung gar nicht in der Lage, diese Initiative umzusetzen. Ihnen allen meinen herzlichen Dank!

 

Politiker können noch so viele gute oder gut gemeinte Ideen haben. Was aus denen wird, hängt davon ab, ob sie auch andere überzeugen. 

 

Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen, die Lotsinnen und Lotsen, haben die Idee der Einbürgerungsinitiative mit viel Begeisterung und Engagement aufgegriffen und in Gang gesetzt. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft.

 

Denn Sie sorgen dafür, dass die gelebte Normalität in unserer Stadt auch eine behördliche Normalität wird, gleichsam einen Verwaltungsstempel bekommt. Und zwar einen endgültigen, der nicht immer wieder eingeholt werden muss.

 

Wer diesen, quasi, Normalitätsstempel will und die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen möchte, braucht in den meisten Fällen Geduld und Hartnäckigkeit, um etwa die erforderlichen Dokumente aus dem Herkunftsland zu beschaffen. 

 

Dazu muss er oder sie das Gefühl haben, dass dieser Aufwand es wirklich wert ist. Dass das Einbürgerungsland und seine Gesellschaft ihn oder sie wollen. Dieses Gefühl vermitteln wir zusammen hier in Hamburg mit der größten Einbürgerungsinitiative in der Geschichte der Freien und Hansestadt.

 

Wer persönlich dazu eingeladen wird, die deutsche Staatsbürgerschaft anzunehmen, ist motivierter. Wer dabei unterstützt wird von anderen, die das Verfahren bereits durchlaufen haben, ist zuversichtlicher. Und wer als deutsche Staatsbürgerin oder deutscher Staatsbürger feierlich im Rathaus begrüßt wird, freut sich mehr.

 

Diese persönliche Herangehensweise scheint sich zu bewähren. Das zeigen mir unter anderem die Reaktionen auf unsere stimmungsvollen Einbürgerungsfeiern. Die sind ein ganz wichtiges Zeichen der Wertschätzung. Ein Ritual, das eine Entscheidung würdigt, die meistens auch den Abschied von der alten Staatszugehörigkeit bedeutet.

 

Danach erhalte ich immer wieder begeisterte Briefe von eingebürgerten Hamburgerinnen und Hamburgern, die sich überschwänglich für die bewegende Feier bedanken. Neulich hat sich eine Teilnehmerin sogar spontan für eine Ausbildung in der, Zitat: ehrwürdigen und doch so lebendigen Atmosphäre des Hamburger Rathauses beworben.

 

Meine Damen und Herren,

dieses Beispiel zeigt, wie sehr die Briefaktion, das Lotsen-Projekt und die Einbürgerungsfeiern die Hamburgerinnen und Hamburger mit internationalem Hintergrund emotional erreichen. Wie sehr Sie, meine Damen und Herren, dazu beitragen, dass diese Bürgerinnen und Bürger sich mit unserer Stadt, mit unserem Land identifizieren und Lust bekommen, sich für unser Gemeinwesen einzusetzen. Und genau das wollen wir mit dieser Einbürgerungsinitiative erreichen.

 

Mehr als ein Fünftel der Einwohner Hamburgs hat neben dem deutschen noch einen anderen kulturellen Hintergrund. 

 

Dieses Fünftel soll nicht neben den restlichen vier Fünfteln her leben, verwaltet werden. Ich möchte dieses Fünftel in der Verwaltung selbst sehen. An den Wahlurnen. 

 

Das geht nicht von heute auf morgen. Wir haben bei denjenigen angefangen, die schon jetzt die Voraussetzungen zur Erlangung der deutschen Staatsbürgerschaft erfüllen. Das sind 137.000 Bürgerinnen und Bürger, die ich nach und nach persönlich anschreibe.

 

Aber ich bin mir sicher: Ihr Beispiel wird Schule machen. Es wird sich herumsprechen, dass mit der deutschen Staatsbürgerschaft vieles einfacher ist und man mehr Rechte hat. Noch mehr Frauen und Männer mit internationalem Hintergrund werden sich anstrengen, die Bedingungen zu erfüllen.

 

Denn die meisten dieser Mitbürgerinnen und Mitbürger sind voller Engagement, Ehrgeiz und Mut. Sie sind erfüllt von dem Wunsch, ihre persönliche Lebenssituation und die ihrer Kinder zu verbessern. 

 

Wer sich Mühe gibt, muss dadurch sein oder ihr Leben verbessern können. Wer sich anstrengt, verdient unsere Unterstützung. 

 

Die Eintrittskarte zur Teilhabe in unserer Erwerbsgesellschaft ist Arbeit. Und Bildung ist die Eintrittskarte zu einem erfolgreichen Erwerbsleben.

 

Noch immer verlassen zu viele Kinder, die selbst oder deren Eltern eingewandert sind, die Schule ohne Abschluss. Noch immer machen zu wenige das Abitur. Dabei ist das Polyglotte, das Wandeln können zwischen den Kulturen und Sprachen, gerade ihre Stärke; etwas, das sie anderen voraus haben. Ihnen und ihren Eltern wollen wir vermitteln: Es kommt auf euch an. Macht mit. Und zwar richtig. 

 

Die Perspektive der Einbürgerung ist ein Ansporn zum Mitmachen.

 

Meine Damen und Herren,

mit Ihrem Engagement für die Einbürgerungsinitiative beteiligen Sie sich am Herzstück der Integrationspolitik des Senats. Eine offensive Einbürgerungspolitik ist für mich der Schlüssel für die erfolgreiche Integration von Einwanderern und ihren Nachkommen.

 

Der kanadische Journalist Doug Saunders beschreibt in seinem Buch über sogenannte Ankunftsstädte eindrücklich, wo in der Welt diese Integration geglückt ist und wo nicht. In Deutschland steht es seiner Meinung nach nicht zum Besten. Den Grund dafür sieht er in der Zurückhaltung der deutschen Politiker beim Thema Einbürgerung.

 

Einbürgerung und Bildung, das sind daher zwei Schwerpunkte der Senatspolitik. Beides gehört für mich zusammen.  Meine Idealvorstellung von einem künftigen Staatsangehörigkeitsrecht ist, dass junge Leute, die einen allgemeinen Schulabschluss in Deutschland machen, auch einen Anspruch auf die deutsche Staatsbürgerschaft erwerben. Das ist im Aufenthaltsrecht schon ansatzweise verwirklicht, reicht aber auch dort nicht weit genug.

 

Und für noch etwas machen wir uns in Berlin stark: Für die Abschaffung der Optionspflicht. Die Vorteile der deutschen Staatsbürgerschaft werden nämlich auch deshalb noch zu wenig in Anspruch genommen, weil manche Nachteile im Umgang mit dem Herkunftsland befürchten. Die doppelte Staatsbürgerschaft würde hier Abhilfe schaffen.

 

Meine Damen und Herren,

mir ist klar, dass die Einbürgerungsinitiative des Senats für Sie eine Menge Arbeit bedeutet. Auch Mehrarbeit. Auch mehr ehrenamtliche Arbeit - für die Einbürgerungslotsinnen und -lotsen.

 

Auf Sicht werden wir aber alle profitieren: Unsere neuen Staatsbürger, weil sie die Tücken des deutschen Aufenthaltsrechts für immer vergessen können. Die Verwaltung, weil die ständigen Verlängerungen von Aufenthaltsgenehmigungen entfallen. Und Hamburg insgesamt, weil mehr Bürgerinnen und Bürger das passive und aktive Wahlrecht ausüben können.

 

Wie gesagt:

Eine gute Idee erkennt man daran, dass sie geklaut wird. 

 

Meine Damen und Herren,

unsere Einbürgerungsinitiative empfehlen wir gern zur Nachahmung.

 

ich danke Ihnen, dass Sie die Idee einer echten Willkommenskultur in unserer Stadt mit Leben erfüllen.

 

Schönen Dank.



 

Es gilt das gesprochene Wort.