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18.10.2011

Grußwort beim Hamburger Herbstempfang

 

Sehr geehrter Herr Buss,

sehr geehrte Frau Lange,

meine Damen und Herren,


herzlichen Dank für die freundliche Begrüßung. Ich freue mich, beim Hamburger Herbstempfang dabei zu sein und mitzuerleben, wer in diesem Jahr die Sozial-Oscars in Empfang nehmen darf.


Die Laudatoren stehen bereit und ich will nichts vorher verraten. Wie wir hören werden, handelt es sich bei den Preisträgern um junge Leute, die so ein umständliches Wort wie bürgerschaftliches Engagement vielleicht gar nicht in den Mund nehmen. Was sie tun, ist aber genau das: Sie setzen sich, ohne viel Aufhebens, für andere ein. Sie helfen, sie engagieren sich, sie tun viel mehr als man von ihnen erwarten muss und sie haben offenbar auch Freude daran. Wie könnte man den Inhalt von bürgerschaftlichem Engagement besser beschreiben?


Ich glaube... nein, ich weiß mich da einig mit ehemaligen Bürgermeistern dieser Stadt, von denen ich mehrere heute schon begrüßen konnte. Vielleicht darf ich einen von Ihnen einfach zitieren:


Un­se­re Ge­sell­schaft wä­re är­mer, gä­be es nicht Men­schen wie Sie, die et­was für an­de­re tun: Frei­wil­lig, oh­ne Be­zah­lung, mit Be­gei­ste­rung.


Ende des Zitats, nicht der Begeisterung. Und des Dankes an alle, die dieses soziale Verhalten fördern, anregen, dazu herausfordern.

Sie, Herr Buss,

 

sorgen jedes Jahr im Herbst mit diesem Empfang für einen willkommenen Anlass, sich über gemeinsame Werte Gedanken zu machen.


Ist es Wunschdenken oder stimmt es, dass zumindest in Teilen der Gesellschaft ein Umdenken spürbar ist? Dass es wieder aus der Mode kommt, sich mehr oder weniger offen zum Ellenbogenprinzip zu bekennen? Zu einer Gesellschaft, in der nur der Stärkere, oder zumindest der Schlauere, Listigere, Schnellere zählt? Bis hinein in die Werbung, bis hinein in manche politisch-programmatischen Aussagen?


Ich glaube, es kommt aus der Mode. Dazu trägt sicher auch die aktuell zu beobachtende Bruchlandung bei, die so mancher Schlauere, Listigere, Schnellere auf dem Parkett hingelegt hat. Zum Beispiel auf dem Börsenparkett, wo solche Bruchlandungen nicht nur Hohn und Spott, sondern viel Schlimmeres auslösen, indem sie Tausende von Anlegern und Sparern um die Früchte ihrer Arbeit bringen und möglicherweise eine große Zahl von Arbeitsplätzen in Gefahr bringen.

Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang ruhig schon jetzt sagen: Der wieder stärker werdende Protest gerade jüngerer Leute gegen falsche Entwicklungen des weltweiten Finanzsystems sofern es denn noch ein System ist und nicht zunehmend anarchisches Chaos dieser Protest ist ja in vielen Punkten berechtigt. Er ist sicher ungerecht, wenn etwa alle im Bankengewerbe Beschäftigten unter den Pauschalverdacht der Raffgier und Unfähigkeit gestellt werden. Der Protest bewegt sich auf dünnem Eis, wenn er dieselbe Systemfrage stellt, die schon mehrfach falsch, nämlich anti-parlamentarisch beantwortet wurde. Aber das tun die meisten ja auch nicht. Sie fragen nach der Klugheit und Lösungskompetenz der Politik und der Wirtschaft und das ist mehr als angebracht.
 

Die protestierenden jungen Leute fragen letztendlich: Was sollen wir mit Leitbildern anfangen, die soziales Miteinander als Hindernis auf dem Weg zum Erfolg darstellen? Als Hindernis nicht nur für den persönlichen Erfolg, sondern auch für den Erfolg von Ökonomien oder Staaten?

 

Meine Damen und Herren,

 

 

die Erfahrungen seit Ausbruch der schweren, weltweiten Krise haben gezeigt, dass nicht nur junge Leute mit Guy-Fawkes-Masken, sondern dass die Mitte unserer Gesellschaft das anders sieht. Die meisten Bürgerinnen und Bürger wissen, dass ein Gemeinwesen nur mit Fairness, Gerechtigkeit und Solidarität funktioniert.


Das wissen auch die meisten derjenigen, die für das Funktionieren der Wertschöpfungskette und des Arbeitsmarktes verantwortlich sind. Denken Sie daran, wie in der Krise Unternehmer und Belegschaften in den Betrieben kooperiert haben, um den Fortbestand der Unternehmen zu sichern. Der Staat hat mit der Kurzarbeit diese Bemühungen unterstützt. Viele hunderttausend Arbeitsplätze das war wirklich so, ich übertreibe nicht konnten gerettet werden, und den Firmen blieb dringend benötigtes Fachpersonal erhalten.


Protest hat viele Gesichter. Solidarität auch. In der letzten Krise hat sich die Solidarität in unserer Gesellschaft bewährt, wie schon viele Male in der Geschichte der Bundesrepublik. Sie bewährt sich gerade auch im Kleinen. Besser gesagt: im Alltag und im gewohnten Umfeld, denn klein ist das keineswegs, was unsere heutigen Preisträger tun. Und ich sehe ihre Art von Solidarität gleichzeitig auch als non-verbalen Protest an: gegen falsche Leitbilder und vorauseilendes Einknicken vor dem, was angeblich Realität ist.


Wahrscheinlich haben sie, wie so Viele, auch schon den Satz zu hören bekommen: Die Welt draußen tickt aber anders. Meine Damen und Herren, wir sehen ja gerade, wie sie tickt, nämlich nicht ganz richtig. Sie tickt nicht richtig, wenn sie sich den angeblichen Erfordernissen des Rattenrennens unterwirft, wie die Engländer sagen: ratrace; wenn sie Solidarität und bürgerschaftliches Engagement vergisst.


Natürlich muss die Politik, das sind in Hamburg die Bürgerschaft und der Senat, das ihre tun. In meiner Regierungserklärung vor der Hamburgischen Bürgerschaft habe ich im März gesagt: Dieser Senat tritt an mit dem Versprechen, Hamburg wieder ordentlich zu regieren. Ich will das nicht wie ein Mantra ständig wiederholen, aber ich sage es immer mal wieder, weil hier und da schon zu hören war, das sei doch selbstverständlich. Oder: das sei ja keine besondere Vision. Glauben Sie mir: Wenn ich die kommenden Aufgaben ansehe, finde ich das ziemlich visionär.

 

Da dies ein Herbstempfang ist, wissen wir, dass der Winter vor der Tür steht. Wie lang und hart er wird, wissen wir nicht. Dass niemand mehr die Szenen der beiden vorigen Winter miterleben will, in denen Passanten monatelang über den vereisten Gänsemarkt balancieren mussten, dass wiederum wissen wir. Da, zum Beispiel, fängt das bürgerschaftliche Engagement von Politik und Verwaltung an. Oder beim Blick auf den Zustand, in dem uns manche Straßen und Brücken begegnen.


Es gibt das, was man Sanierungsstau nennt und da hat sich eine Menge sehr gestaut. Der Präsident des Rechnungshofes, Herr Meyer-Abich, hat von grauer Verschuldung gesprochen und so kann man die Hinterlassenschaft mancher Jahre in der Tat nennen.


Die Frage ist, mit welcher Farbe man die andere Verschuldung in Verbindung bringen soll, die wir ja auch haben. Fest steht, dass die Zukunft unserer Stadt und ihrer Bewohner nicht farbenfroh ist, wenn es uns nicht gelingt, hier wie dort zielstrebig über Jahre hinweg zu sanieren: den städtischen Haushalt und den öffentlichen Teil der Bausubstanz der Stadt.

 

Leider geht nicht beides mit den gleichen Mitteln. Um den Haushalt in Ordnung zu bringen, haben wir die klare Vorgabe der Schuldenbremse ab 2020 und auf dem Weg dorthin wirtschaften wir nicht später, sondern ab jetzt nachhaltig. Die Ausgaben werden nur noch so weit wachsen, dass sie unterhalb der Einnahmensteigerung bleiben. Das ist ein ziemlich schmaler Korridor.

Meine Damen und Herren,

 

 

das war nur die Einleitung. Der Hauptteil zum Thema Vernünftige und solidarische Politik für die Stadt Hamburg folgt nicht jetzt, sondern im Laufe der kommenden Jahre. Aber lassen Sie mich doch ein paar Sätze daraus vorwegnehmen.

Hamburg ist wirtschaftlich erfolgreich und funktioniert als Gemeinwesen. Das wird in dem Maße noch mehr der Fall sein, wie es gelingt, die kreative und innovative Seite des Stadtlebens in den Vordergrund zu stellen. Und den Bewohnern Lebensqualität und Lebens-Perspektive zu bieten. Das gilt für junge Familien, um die wir besonders werben.


Aber es gilt auch für alle anderen, denn niemand darf zurückbleiben, schon gar nicht ohne ordentlichen Schul- und Berufsabschluss. Wir wollen dafür sorgen, dass jeder die Chance auf einen solchen Abschluss hat und damit die Chance, auf eigenen Füßen zu stehen und beruflichen Erfolg zu haben. Das ist ein wesentlicher Bestandteil solidarischer Politik.


Hamburg bietet ein flächendeckendes Angebot an Krippen, Kindertagesstätten und Ganztagsbetreuung in Grundschulen, Gymnasien und Stadtteilschulen. Das ist unverzichtbar, denn nur ausreichende und hochwertige Betreuungsmöglichkeiten eröffnen Männern und Frauen die Möglichkeit für erfolgreiche Berufswege.

 

Hamburg zählt mit 1,8 Millionen Einwohnern im Stadtgebiet und fast 5 Millionen in der Metropolregion zu den großen Städten in Europa. Die große Stadt hat Zukunft, wenn sie an dieser Zukunft arbeitet. Und wenn sie eine weltoffene Metropole ist, denn dann profitiert sie auch von einer lebendigen und vielfältigen Kulturszene, wie Hamburg sie hat. Wo viele unterschiedliche Menschen zusammenleben und sich die unterschiedlichsten Talente im Alltag begegnen, da entstehen neue Ideen und Lösungsansätze.

Hamburg und die Zahl seiner Einwohner können so wachsen, dass Wohlstand, Lebensqualität, Wirtschaftskraft, Kultur und Wissenschaft davon profitieren. Dass aus Mut und Intelligenz neue Unternehmen und neue Jobs entstehen. Und dass sich Stadtbewohner in solidarischer Weise helfen können, sehen wir hier und heute beim Herbstempfang.

Meine Damen und Herren,

 


das sind einige wenige Schlaglichter und will es damit bewenden lassen. Hobbymäßig mache ich gerade eine vergleichende Studie zum Thema: Veranstaltungen und wie man ihren Ablauf plant. In der heutigen Ablaufplanung heißt es, Zitat: Begrüßung durch Hamburgs Ersten Bürgermeister, anschließend Kulinarisches, Lounge, Wohlfühlen, Menschen und Freunde treffen.


Na dann, viel Spaß.

 

Es gilt das gesprochene Wort.