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08.03.2011

Grußwort des Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz

zum Senatsempfang am 8. März 2011 anlässlich des Internationalen Frauentages  im Großen Festsaal des Rathauses

 

Sehr geehrte Frau Professorin Limbach,
sehr geehrte Frau Selek,
sehr geehrte Frau Professorin Randzio-Plath,
sehr geehrte Damen und Herren,

ich begrüße Sie alle sehr herzlich zum Senatsempfang anlässlich des Internationalen Frauentages.

Das ist mein erster Auftritt als neu gewählter Erster Bürgermeister. Das ist gut so. Und Zeichen und Auftrag zugleich für die Amtsführung des künftigen Senats.

Ein 100-jähriges Jubiläum wird nicht alle Tage gefeiert. Das haben sich auch die Frauen vom Bündnis 100 Jahre Internationaler Frauentag  gedacht, als sie sich für das Rathaus als Veranstaltungsort entschieden haben.

Senat und Bürgerschaft haben sich diesem Wunsch nicht verschlossen und ihre Türen für den 8. März 2011 geöffnet in Anerkennung des langen Kampfes der Frauen um gleiche Rechte hier und überall in der Welt.

Zunächst  möchte ich aber die Gelegenheit nutzen, Ihnen, liebe Gäste, zu danken.

Sie arbeiten für die Gleichstellung von Frauen und Männern:
·    als ehrenamtlich Tätige in Vereinen und Initiativen,
·    in Kirchen, Parteien und Gewerkschaften,
·    als neben- oder hauptamtlich tätige Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte in Betrieben oder Hochschulen.

Viele von Ihnen sind Vorbilder und Beleg dafür, dass Frauen alles schaffen können, sei es
·    in einer Führungsposition in der Wirtschaft oder Politik,
·    als Vorsitzende eines Verbandes oder
·    durch herausragende Leistungen im Sport.

Es war eine deutsche Sozialdemokratin, Clara Zetkin, die auf der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz am 27. August 1910 in Kopenhagen, an der mehr als 100 Delegierte aus 17 Ländern teilnahmen, erfolgreich die Einführung eines internationalen Frauentages vorschlug.

Der Tag sollte ursprünglich in erster Linie der Agitation für das Frauenwahlrecht dienen.

Von Anfang an wurde großer Wert auf den internationalen Charakter des Tages gelegt und so wurde am 19. März 1911 der Internationale Frauentag dann in Dänemark, Österreich, der Schweiz, den USA und Deutschland gefeiert.

Die Inhalte des Frauentages entwickelten sich bald weiter. Es ging mehr und mehr um
·    Arbeitsschutzgesetze,
·    ausreichenden Mutter- und Kinderschutz,
·    den Acht‑Stunden-Tag,
·    gleichen Lohn bei gleicher Arbeitsleistung, Mindestlöhne aber auch um Frieden und Gerechtigkeit.

Fortan wurde der Internationale Frauentag weltweit begangen und bekam 1921 auch ein festes Datum, nämlich den 8. März, bis er 1932 in Deutschland von den Nationalsozialisten verboten wurde.

Zu dem Zeitpunkt war Clara Zetkin Alterspräsidentin des Parlaments. Sie starb 1933 und man darf annehmen, dass sie höchst erstaunt wäre, was es  heute 100 Jahre nach dem ersten Frauentag noch alles zu tun gibt.

Aus seinem Nischendasein wurde der Internationale Frauentag im Laufe der sechziger Jahre durch Gewerkschaften, Aktivistinnen in Parteien und der autonomen Frauenbewegung befreit.

Er bewegte sich in die Mitte der Gesellschaft, in Teilen auch von der Straße in die Festsäle und kam 1986 auch hier im großen Festsaal des Hamburger Rathauses an.
Es war Eva Rühmkorf, die vor 25 Jahren dafür sorgte, dass im noch weit überwiegend von Männern genutzten Rathaus wenigstens ein Mal im Jahr beim Senatsempfang zum Internationalen Frauentag die Frauen in der Überzahl waren.

Es fügt sich gut, dass wir in Hamburg auf zwei weitere Jubiläen blicken können:

Ziemlich genau auf den Tag vor 20 Jahren, nämlich am 19. März 1991, wurde das bundesweit erste Gleichstellungsgesetz für den öffentlichen Dienst verabschiedet.

Hamburg belegte damit und mit der gute zehn Jahre vorher eingerichteten Leitstelle Gleichstellung der Frau eine leider längst wieder verlorene Spitzenposition.

Es wird nun Zeit, das Gleichstellungsgesetz in Hamburg weiter zu entwickeln, damit der öffentliche Dienst Vorbild bei der Gleichstellung von Frauen und Männern wird.

Ebenfalls die Nase vorn hatte Hamburg vor 15 Jahren im Juni 1996 als der Artikel 3 der Hamburgischen Verfassung ergänzt wurde um die Verpflichtung des Staates, die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern und dabei insbesondere auch auf eine gleichberechtigte Vertretung von Frauen und Männern in Beschluss- und Beratungsorganen hinzuwirken.

Um diesen Satz haben uns andere Länder in Deutschland oder genauer gesagt, die Frauen, die sich in den Ministerien mit Gleichstellung beschäftigten, lange beneidet.

Er scheint auch eine gewisse Wirkung gehabt zu haben, denn die durch den Senat zu besetzenden Plätze in öffentlich-rechtlichen Gremien nehmen mittlerweile zu 38% Frauen ein.

Leider lässt sich das von den öffentlichen Unternehmen nicht behaupten, ganz zu schweigen von der Privatwirtschaft.

Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich nach all den frustrierenden Erfahrungen eine Quote für die Aufsichtsräte der großen Publikumsgesellschaften für erforderlich halte.

Was aber steht auf der Tagesordnung?

Wo stehen wir, was liegt an und wie bewerkstelligen wir es?

Und muss noch weitere 100 Jahre um die volle gesellschaftliche Teilhabe gekämpft werden oder wird sich dann niemand mehr an den Frauentag erinnern?

Ich freue mich außerordentlich, dass Frau Professorin Jutta Limbach heute hier sprechen und uns mit Sicherheit inspirieren und bei der Beantwortung dieser Fragen helfen wird. Neben Professorin Limbach haben wir die türkische Wissenschaftlerin Pinar Selek eingeladen sie wird uns ihre Eindrücke zu Frauenleben in der Türkei und in Deutschland vermitteln.

Und Frau Professorin Randzio-Plath als Vorsitzende des Landesfrauenrates, die erst vor zwei Wochen für ihr jahrzehntelanges großes Engagement für die Gleichstellung von Frauen und die Gleichberechtigung von Frauen und Männern in allen Lebensbereichen mit der Bürgermeister-Stolten-Medaille des Hamburger Senats geehrt worden ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

an diesem Tag wird zurück geblickt, an Erfolge erinnert, Unerledigtes angemahnt, und werden Visionen entworfen.

Es wäre doch nicht schlecht, wenn dieser heutige besondere Tag einen neuen Aufbruch für die Gleichstellung von Frauen und Männern bedeutete.

Natürlich darf auch gefeiert werden.

Ich wünsche Ihnen für den heutigen Abend dabei viel Spaß!

Herzlichen Dank!