arrow-left arrow-right nav-arrow Login close contrast download easy-language Facebook Instagram Telegram logo-spe-klein Mail Menue Minus Plus print Search Sound target-blank X YouTube
Inhaltsbereich

Detail

05.12.2014

Grußwort: Helferempfang / 50 Jahre FSJ

 

Sehr geehrte Freiwillige,

sehr geehrte ehrenamtlich Engagierte,

meine Damen und Herren,

 

es freut mich sehr, Sie heute zum traditionellen Helferempfang im Rathaus der Freien und Hansestadt Hamburg begrüßen zu dürfen.

 

Wie jedes Jahr hat der Empfang auch dieses Jahr ein Schwerpunktthema und gibt es eine Gruppe von Engagierten, die wir besonders hervorheben möchten. 2014 gibt es seit fünfzig Jahren das Gesetz zur Förderung des freiwilligen sozialen Jahres. Es geht daher heute um junge Frauen und Männer, die ein so genanntes FSJ ableisten. 

 

Ein komisches Wort eigentlich, ableisten, oder? Vielleicht sollten wir mal ein neues finden, in dem zwar das Leisten auch vorkommt, aber ebenso die Freude daran. Wie wäre es mit: die uns ein freiwilliges soziales Jahr schenken?

 

Ich freue mich aber genauso, dass Freiwillige aus weiteren Bereichen des Ehrenamts hier im Großen Festsaal versammelt sind. Es werden ja verschiedene Projekte, auch eines außerhalb des FSJ, gleich vorgestellt. Ihr aller Engagement steht heute im Mittelpunkt.

 

Wie und wofür, wo und in welchem Umfang Sie sich einsetzen, unterscheidet sie voneinander. Der Wunsch zu helfen und unsere Bürgergesellschaft mitzugestalten, der eint Sie und sorgt für den sozialen Zusammenhalt, für Vertrauen und Lebensqualität in unserer Stadt.

 

Wie wichtig das ist, weiß man auch anderswo. Eine chinesische Weisheit sagt:

 

Wer Kraft hat, soll anderen helfen; wer Weisheit besitzt, andere lehren; wer Reichtum erwirbt, ihn mit anderen teilen. Das wünscht sich der Himmel.

 

Das wünscht sich auch Hamburg, wobei die Weisheit manchmal spät kommt und der Reichtum oft gar nicht. Kraft zum Helfen, wie man sieht, haben Sie. Aber der beste Antrieb für freiwilliges Engagement zum Beispiel im Rahmen eines Freiwilligen Sozialen Jahres ist wohl einfach die Lust auf eine lebendige Gemeinschaft mit anderen. 

 

Ihre eigenen, ganz individuellen Motive kommen dazu und die kennen Sie selbst am besten. Aber wenn Sie nicht davon begeistert wären, die eigene Umgebung mitzugestalten, was ja gar nicht geht, wenn man nicht mit anderen in Kontakt tritt; und wenn Sie nicht gleichzeitig den Wunsch hätten, etwas für andere zu tun, ihnen zu helfen ein Wunsch, den ja so wunderbar viele haben , dann wäre Hamburg ärmer. Und vielleicht auch mit seiner Weisheit bald am Ende.

 

Am Anfang des Freiwilligen Sozialen Jahrs oder besser: der inzwischen fünf Jahrzehnte stand die Aufforderung: Gib ein Jahr.

 

Dieser Aufruf der evangelischen Landeskirchen richtete sich damals an junge Frauen, die zu einem freiwilligen Dienst an den Kranken und Pflegebedürftigen aufgefordert wurden. Im Bereich der Kirchen heißt es ja bis heute Diakonisches Jahr, und in der Tat hat in diesem Jahr die Diakonie schon mit einer eigenen Feier in Hamburg das FSJ geehrt.

 

Übrigens waren zu jener Zeit junge Männer bereits wehrpflichtig es war eben noch eine andere Zeit, was Geschlechterrollen betraf.

 

Die Idee hinter dem FSJ verbreitete sich sehr schnell in den evangelischen Landeskirchen und fand später auch Unterstützung in der katholischen Kirche. Dort wurde 1958 die Aktion Jugend hilft Jugend ins Leben gerufen, bei der sich junge Männer und Frauen in Flüchtlingslagern engagierten ein Thema, das uns ja heute an vielen Stellen der Welt, indirekt auch bei uns in Deutschland, wieder bedrückt. In den frühen 1960er Jahren folgten die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege, die innerhalb ihrer Organisationen die Grundlagen für ein Freiwilliges Jahr schufen. 

Als das FSJ 1964 durch den Bundestag novelliert wurde, verabschiedete das Parlament allerdings nicht nur ein Gesetz. Es erkannte mit diesem Schritt vor allem das Prinzip freiwilligen sozialen Engagements als gesellschaftlicher Aufgabe an und stellte das FSJ mit Blick auf die soziale Absicherung mit der Berufsausbildung gleich. Diese gesetzliche Grundlage besteht bis heute grundsätzlich fort und seit fünfzig Jahren gibt es damit einen verlässlichen Rechtsrahmen für junge Leute, die sich in besonderem Maße engagieren wollen.   Doch damit genug der Historie; es geht ja um Sie heute!

 

Auch in Hamburg ist die Zahl der Freiwilligen im Lauf der Zeit stark angestiegen. Wie so vieles in unserer Gesellschaft,  hat sich in den vergangenen Jahrzehnten allerdings auch der Charakter des FSJ gewandelt. Richtete es sich in den ersten Jahren seines Bestehens hauptsächlich an junge Frauen, haben im Laufe der Zeit immer häufiger junge Männer Gefallen daran gefunden. Wäre ja sonst auch ein trauriges Ungleichgewicht.

 

Das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) ist 1993 hinzugekommen und die gesetzlichen Grundlagen sind so novelliert und überarbeitet worden, dass zahlreiche neue Einsatzfelder entstanden sind. Dass ein FSJ heute im Kulturbereich, im Sport, in politischen Institutionen oder in der Denkmalpflege abgeleistet ich meine, uns geschenkt werden kann, zeigt, dass gesellschaftliche Verantwortung nicht mehr ausschließlich sozial-karitativ gedacht und verstanden wird. 

 

In vielen sozialen Einrichtungen machen FSJ´ler Zusatzangebote möglich, die ohne ihren Einsatz nicht zu leisten wären. Von diesem Engagement profitieren wir alle. Umgekehrt weiß ich, dass viele Freiwillige dankbar sind für die Kontakte und die Erkenntnisse aus dem FSJ. Sie erleben dieses jahr als einen Gewinn an Selbstbewusstsein und Lebenserfahrung. Viele wissen hinterher besser als vorher, welchen beruflichen Weg sie einschlagen wollen, manche haben vielleicht sogar ihren zukünftigen Arbeitgeber kennen gelernt.

 

Es war auch von Anfang an der Gedanke des sozialen Jahres, dass der Dienst etwas zur Persönlichkeitsbildung und zur Qualifikation der Freiwilligen beitragen sollte. Deshalb der verlässliche Rahmen für ein Bildungs- und Orientierungsjahr geschaffen werden. Wichtige Partner für die Politik und vor für die engagierten Bürgerinnen und Bürger waren in all den Jahren Kirchen, Verbände, Vereine, Stiftungen, Gremien, Initiativen und die Trägerorganisatoren der Freiwilligendienste. Sie haben die konkreten Einsatzmöglichkeiten geschaffen, mit ihrem Fachwissen und Sachmitteln den Einsatz zu einer konkret sinnvollen Sache gemacht. 

 

Sie haben darüber hinaus mit der Politik konstruktiv diskutiert, wie man die Rahmenbedingungen weiter ausgestalten soll. Der Senat hat jetzt im Juli eine umfangreiche Strategie vorgelegt; das ist die so genannte Engagementstrategie 2020.  Mit deren Hilfe wollen wir mit all den genannten Organisationen noch besser zusammenarbeiten und das Engagement Freiwilliger fördern.

 

Wobei ich eines nicht versäumen will, gleich zu sagen:

 

Freiwilliges Engagement, auch das FSJ, können und sollen weder staatliche Aufgaben ersetzen noch staatlich verordnet werden. Vielmehr geht es darum, staatliche Aufgabenfelder zu ergänzen. Aufgabe des Staates ist es dabei, dass er Rahmenbedingungen schafft, in denen freiwilliges Engagement anerkannt und gewürdigt wird und sich entfalten kann. 

 

Auf diese Weise richtig verstanden, soll die Engagementstrategie 2020 unterstreichen, dass Politik allein nicht alle Probleme unserer Zukunftsgestaltung lösen kann. Glaubt ja sowieso keiner.

 

Sondern: Sie muss einerseits selber gute Arbeit leisten, andererseits dafür sorgen, dass zum Beispiel das FSJ in der Breite der Gesellschaft verankert ist, attraktiv bleibt und für noch mehr junge Leute zugänglich wird.

 

Ich weiß, dass viele Freiwillige sich für die Anerkennung ihres Engagements auf Ausbildung und Studium einheitlichere und klarere Regelungen wünschen.

 

Ob im Katastrophenschutz oder in einer Kultureinrichtung: Das FSJ fängt die Bereitschaft, sich für die Belange anderer stark zu machen, in einer prägenden Lebensphase auf. Es eröffnet wichtige Spielräume und sorgt durch die verpflichtende pädagogische Begleitung für wertvolle Lern- und Reflexionsräume, und zwar für Freiwillige genauso wie für die Träger. Der Dienst am Nächsten stellt sich also in einen neuen Zusammenhang er hilft, eine aktive Bürgergesellschaft zu entwickeln. 

 

Meine Damen und Herren,

dass Jugendliche und junge Erwachsene bereit sind, ehrenamtliches und freiwilliges Engagement zu übernehmen, kommt auch auf anderen Feldern zum Ausdruck. Zum Beispiel bei dem Projekt Kiezläufer. 

 

Dieses Projekt hat zwar keinen direkten Bezug zum FSJ, aber es ist ein nicht minder herausragendes Beispiel für freiwilliges Engagement von Jungerwachsenen. Sie sind Vorbilder, die gewaltpräventiv arbeiten, manche Konflikte herunterdimmen und dadurch auch zum Sicherheitsempfinden der Anwohnerinnen und Anwohner beitragen. Das sagt sich mit Sicherheit leichter als es im Alltag ist. Aber wir werden ja gleich mehr darüber hören.

 

Meine Damen und Herren,

wir können uns in diesem Jahr über das 50-jährige Jubiläum eines Gesetzes freuen, das den Boden für eine immer stärkere Engagementkultur bereitet hat. Hamburg hat junge Leute, die sich für ihre Mitbürger einsetzen, solidarisch sind und  Verantwortung zeigen.  

 

Und genau dafür danke ich den Freiwilligen, aber auch den Trägern und der Landesarbeitsgemeinschaft im Namen der ganzen Stadt, heute bei diesem Senatsempfang.

 

Wir können uns glücklich schätzen, dass in unserer Hansestadt eine ausgeprägte Kultur des Helfens zuhause ist. Bürgerinnen und Bürger berufen sich seit jeher auf ihre Freiheit und Selbstständigkeit. Und gleichzeitig setzen sich fast eine halbe Million Stadtbewohner aktiv in einem Ehrenamt ein. 

 

Liebe Freiwillige,

machen Sie weiter so. Wenn es dieser Anfeuerung überhaupt bedarf, denn Sie tun es ja freiwillig.


Vielen Dank! Ich freue mich jetzt auf die Vorstellungen und wünsche uns noch einen angenehmen Abend.

 

Es gilt das gesprochene Wort.