sehr geehrte Frau Doyenne,
sehr geehrte Leiterinnen und Leiter der konsularischen Vertretungen,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
Ich begrüße Sie im ehemaligen Hauptzollamt in der Speicherstadt und freue mich, dass wir an einem so passenden Ort zusammenkommen. Im historischen Hauptzollamt wurden einst Gewürze, Kaffee und Tabak aus aller Welt kontrolliert, und viele der Säcke und Kisten kamen aus Lateinamerika. Nachdem die Reederei Hamburg Süd, die damals noch Hamburg-Südamerikanische-Dampfschifffahrts-Gesellschaft hieß, 1871 den ersten direkten Linienverkehr nach Brasilien eingerichtet hatte, war Schwung in den Handel gekommen, so dass den Hamburgern schon bald der Lagerplatz knapp wurde.
1871 war auch das Jahr der deutschen Reichsgründung und kurz darauf wurde die Stadt Teil des deutschen Reichszollgebiets, was die freiheitlich gesinnten Hamburger wenig erfreute. Sie erstritten deshalb die Einrichtung eines Freihafens und der Senat handelte als Ausgleich für den Verlust der Zollsouveränität 40 Millionen Goldmark heraus, welche er in den Bau der Speicherstadt steckte. So erhielt Hamburg ausreichend Lagerfläche für die Säcke aus Brasilien und anderswo und im letzten Jahr sogar noch eine Auszeichnung als Weltkulturerbe.
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
wie man sieht, ist aus den engen Verbindungen zwischen Hamburg, Lateinamerika und der Karibik schon viel Gutes erwachsen. Das setzt sich bis heute fort und macht beim Handel nicht halt: Ausgerechnet die kühlen Hamburgerinnen und Hamburger können manchmal verrückt nach Salsa, Tango und südamerikanischer Lebensart sein, das haben wir gerade erst wieder beim Lateinamerika-Herbst erlebt.
Aber auch in anderer Beziehung war 2015 ein Lateinamerika-Jahr: Der Gipfel mit der EU in Brüssel hat im Sommer die Bedeutung der Region erneut hervorgehoben. Dass viele iberoamerikanische und karibische Staaten das starke Wirtschaftswachstum zu Beginn des Jahrtausends genutzt haben, um die Armut in ihren Ländern zu mindern, hat viele Menschen in Europa und in Hamburg beeindruckt. Jetzt geht es darum, das Erreichte zu sichern, den gebremsten Aufschwung wieder anzukurbeln und neue Wirtschaftsprojekte anzubahnen.
Der Lateinamerika-Tag in Hamburg, die wichtigste Wirtschaftskonferenz für den Austausch zwischen Deutschland und den ibero-karibischen Staaten, war dafür im November das richtige Forum zur richtigen Zeit. Denn der lateinamerikanische Markt bleibt für uns interessant und das Know-how Hamburger Unternehmen, besonders in den Bereichen Zukunftstechnologien und Erneuerbare Energie, kann zur Entwicklung der lateinamerikanischen Wirtschaft sicherlich einen Beitrag leisten.
Eine besondere Freude war es für uns, dass wir beim Lateinamerika-Tag den Präsidenten des Plurinationalen Staates Bolivien, Herrn Juan Evo Morales Ayma, als Ehrengast begrüßen durften. Präsident Morales und seine Regierung haben viel für den sozialen und kulturellen Ausgleich im Vielvölkerstaat Bolivien unternommen, was in Hamburg Anerkennung findet. Nun hoffen wir, dass die geplanten Vorhaben mit deutschen Unternehmen bald umgesetzt werden können.
Verehrte Konsulinnen und Konsuln,
in diesen Monaten nehmen die kriegerischen Konflikte in Syrien und anderen Ländern sowie das Ringen um die Einheit Europas notwendigerweise viel Raum ein. Die Städte und Kommunen sind mit der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen stark beschäftigt und damit, den Zusammenhalt der Gesellschaft zu sichern. Aber wir haben Lateinamerika nicht aus dem Auge verloren.
Hamburg ist das lateinamerikanische Zentrum Deutschlands: In unserer Stadt haben die EU-Lateinamerika-Karibik-Stiftung (EU-LAC), das German Institut of Global and Area Studies (GiGA) mit dem Institut für Lateinamerika-Studien, das Europäische Zentrum für Lateinamerika (EZLA) und der Lateinamerika-Verein ihren Sitz.
Kaum zu glauben: Der Lateinamerika-Verein feiert in diesem Jahr bereits seinen 100. Geburtstag. Tanto tiempo! (so viel Zeit) kann ich da nur mit Ihnen sagen.
Die EU-LAC-Stiftung ist dagegen noch jung, sie hat 2011 ihre Arbeit in Hamburg aufgenommen.
Sie haben eben schon vom Generalkonsul gehört, dass in diesem Jahr die Präsidentin und der geschäftsführende Direktor abgelöst werden: Herr Leonel Fernández, früherer Präsident der Dominikanischen Republik, wird neuer Präsident der EU-LAC Foundation; und Frau Paola Amadei, EU-Botschafterin für Jamaica, Belize, die Bahamas, Turks and Caicos und die Caiman Inseln, wird Executive Director. Ich wünsche beiden alles Gute im neuen Amt. Außerdem soll die nach deutschem Recht bestehende Stiftung in eine internationale Organisation umgewandelt werden. Die neue Rechtsform ist eine wichtige Voraussetzung, um Projekte in Zukunft effektiver umzusetzen. Über Ihre Unterstützung dieses Vorhabens würden sich die Beteiligten freuen.
Meine Damen und Herren,
wir können in Hamburg zurzeit auf 20 Konsulinnen und Konsuln aus ibero-karibischen Ländern zählen. Dass Sie in der Stadt als verlässliche Ansprechpartner für ganz unterschiedliche Anliegen zur Verfügung stehen, dafür danke ich Ihnen im Namen des Senats herzlich. Auch Ihre Unterstützung bei der Organisation des Lateinamerika-Herbstes ist uns ein Anliegen. Wir sind schon gespannt auf das neue Programm für 2016.
Vorher wird Mexiko in Deutschland einige Aufmerksamkeit auf sich ziehen, denn 2016 widmen die beiden Länder einander im sogenannten dualen Jahr zahlreiche Veranstaltungen. Für das Frühjahr hat der mexikanische Präsident Enrique Peña Nieto seinen Besuch in Deutschland angekündigt wir würden uns freuen, ihn auch in Hamburg begrüßen zu dürfen.
Das Stichwort Mexiko in einem ehemaligen Hamburger Zollamt könnte in diesem Winter allerdings nicht ganz unproblematisch sein, denn die Erinnerungen an gefälschten Tequila, den Zollfahnder kürzlich im Hafen sicherstellten, sind noch frisch. Aber zum Trost sei gesagt, dass mexikanischer Tequila, sofern er echt ist, in Hamburg zahlreiche Anhänger hat. Und wir finden es auch ungemein sympathisch, dass es, wie wir bei diesem Anlass erfuhren, in Mexiko einen Tequila-Regulierungsrat gibt, der über die Einhaltung der gesetzlichen Tequila-Normen wacht. Diese gesetzliche Tequila-Norm muss so etwas Ähnliches sein wie unser 500 Jahre altes Reinheitsgebot bei der Bierherstellung, womit wir eine weitere Gemeinsamkeit entdeckt haben.
Ich wünsche Ihnen nun einen anregenden Abend mit Getränken aller Art. Und ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.
Vielen Dank.
Es gilt das gesprochene Wort.