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26.02.2015

Grußwort zum Kongress christlicher Führungskräfte

 

Sehr geehrter Herr Marquardt, 

meine sehr geehrten Damen und Herren, 

 

herzlich willkommen in Hamburg! Ich finde, die Stadt der ehrbaren Kaufleute an der Wasserkante ist genau der richtige Ort für den diesjährigen Kongress christlicher Führungskräfte. 

 

Hamburg ist nicht nur ein herausragender Wirtschaftsstandort, sondern eine Ankunftsstadt für Reisende und Händler ebenso wie für Ideen. Auch dieser Kongress führt verschiedene Traditionen und Denkweisen zusammen, kleinere Betriebe und große Unternehmen, aus ganz unterschiedlichen Wirtschaftszweigen und christlichen Konfessionen. Sie zeigen uns einige Facetten dessen, was sich hinter dem Bild des ehrbaren Kaufmanns verbirgt, das in unserer Stadt geprägt wurde. 

 

Uns verbindet das Bewusstsein, dass erfolgreiche Unternehmen und Organisationen heute mehr denn je klare Werte brauchen. Permanente Veränderungen, Innovationsdruck, eine wachsende überregionale, oft sogar weltweite Konkurrenz verlangt nach immer kürzeren Reaktionszeiten, während die Dinge gleichzeitig immer komplexer werden. Manche Dinge, nicht alle.

 

Die Welt wird zunehmend das, was sie dem Wortsinn nach schon immer war, nämlich global. Vielleicht wird Globalisierung einmal als das Wort des frühen 21. Jahrhunderts gelten. In einer neuen Unübersichtlichkeit ist es wichtig, einen Kompass zu haben für Seefahrer schon immer überlebensnotwendig. 

 

Sie, meine Damen und Herren, haben sich zum Ziel gesetzt, Brücken zwischen Kirche und Management zu schlagen, und dieser Kongress steht unter dem Leitwort Mit Werten in Führung gehen. Für mich klingt das erst einmal sportlich bis ehrgeizig, vor allem aber klingt es nach einer an Werten orientierten Leitungskultur, nach Zielstrebigkeit in Verbindung mit Moral und sozialer Verantwortung. 

 

Das Motto berührt ein ganz elementares Bedürfnis in unserer Gesellschaft: Eine Wirtschaft ohne Werte verbindet Modernisierung mit sozialer Kälte, sie feiert Sieger und produziert Verlierer. Deshalb haben unsere Vorfahren und wir das Wirtschaftssystem der, wie wir heute sagen, westlichen Welt seit dem 19. Jahrhundert zu einer sozial gebundenen und sozial verantwortlichen Marktwirtschaft weiterentwickelt. 

 

Welche Werte haben entscheidend zu unserem Wohlstand beigetragen und eine Zivilgesellschaft geprägt, die ein verträgliches, in vielerlei Hinsicht auch solidarisches Miteinander gewährleistet? Als christliche Unternehmer leiten Sie Ihr Handeln auch aus der Bibel ab. Gleichzeitig werden Sie für viele konkrete Fragen dort aber genauso wenig eine unmittelbare Anleitung finden wie die Gläubigen anderer Weltreligionen in ihren jeweiligen Schriften. Hinzu kommt, dass das Ethos der Bergpredigt eine Selbstlosigkeit vermittelt, die mancher Praxis in der Wirtschaft widerspricht. 

 

Aber auf übergreifende Werte wie Anstand, Fairness und Chancengleichheit, die Würde des Menschen, die, so steht es auch im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, unverletzlich ist; darauf haben wir uns verständigt. Auf die Gleichheit nicht nur vor dem Gesetz, sondern in der realen Lebenswirklichkeit, wie auch immer Frauen und Männer religiös, ethnisch, von ihrer regionalen wie sozialen Herkunft vorgeprägt sind, welche Vorstellungen von Familie und Erziehung oder welche sexuelle Präferenz sie im Rahmen bestehender Gesetze haben.

 

Ebenso darauf und es gibt ja einen schrecklichen aktuellen Anlass, darauf hinzuweisen , dass die Freiheit der Meinungsbeschaffung und -äußerung kein Wenn und Aber kennen darf.  

 

Und auf die Erkenntnis haben wir uns verständigt, dass auch Unternehmensführung und die Führung von Arbeitnehmern ein Handwerk und mit lebenslangem Lernen verbunden ist. 

 

Der amerikanische Soziologe Richard Sennett hat vor einigen Jahren geschrieben, handwerkliches Denken und Können stehe für den Wunsch, etwas ganz Konkretes um seiner selbst willen gut zu machen. 

 

Das scheint mir ein ganz wichtiger Aspekt zu sein, der weit über das Handwerk hinausgeht er sollte unser ganzes Wirtschaften prägen. Sennett beschreibt das Handwerk als das geduldige Bearbeiten eines Materials durch jemanden, der etwas davon versteht, durch den Meister. Er spricht von der emotionalen Belohnung durch ein Gefühl der Kompetenz. Dieses Gefühl kann sich nicht nur bei der Herstellung eines Produkts einstellen, sondern ebenso im fairen, partnerschaftlichen Umgang mit Beschäftigten einer Firma. Ein ehrbarer hanseatischer Kaufmann würde das wahrscheinlich übersetzen mit: Tue Gutes und schweige darüber. 

 

Hamburg blüht im Bescheidenen als einer der erfolgreichsten Unternehmensstandorte in Deutschland. Unsere Wirtschaft verfügt über einen vielfältigen Branchenmix und ist stolz auf ihre Kompetenzen auf vielen Feldern zweifellos ein Hauptgrund dafür, dass Hamburgs Konjunktur ausgeglichener verläuft als im Bund; die Zahl der Erwerbstätigen steigt bei uns stärker als im deutschen Durchschnitt. Beim Kongress christlicher Führungskräfte ist es fast unnötig zu erwähnen, dass es in Hamburg eine Reihe hochverdienter christlicher Unternehmerpersönlichkeiten gibt. Nicht zuletzt sind die Kirchen selbst ein wichtiger Arbeitgeber in unserer Stadt. 

 

In den vergangenen Jahren sind wir gut mit der stillschweigenden Übereinkunft gefahren: Das soziale Bewusstsein von Unternehmern darf sich nicht auf der Haltung ausruhen, dass man ja die Arbeitsplätze zur Verfügung stellt. Zu einer verantwortlichen Führungskultur gehört eine Fürsorge für die Arbeitnehmer, die Bereitschaft zum Zuhören, ein partnerschaftlicher Umgang. 

 

Wir in Hamburg wollen, dass sich Anstrengung lohnt sowohl für werteorientierte Unternehmen als auch für ihre Mitarbeiter. Wir wollen, dass, wer sich Mühe gibt, vorankommt und sein oder ihr Leben verbessern kann, unabhängig vom Alter und Geschlecht. Auch deswegen hat Hamburg für alle städtischen Betriebe und Auftragsunternehmen den Mindestlohn eingeführt lange vor dem nun in Kraft getretenen Bundesgesetz, dessen Entstehung wir über den Bundesrat forciert haben. 

 

Auch in der Arbeitswelt gilt: Niemand darf zurückgelassen werden. Das Prinzip Gleiche Chancen für alle soll keine Phrase sein. 

 

Das gilt auch für die gerechte Teilhabe beider Geschlechter in allen Lebensbereichen. Die verbindliche Quote von mindestens 40 Prozent Frauen und Männern in den Aufsichtsräten börsennotierter und mitbestimmter Unternehmen ist dabei nur ein Ziel. 

 

Zu den Werten unseres Wirtschaftssystems gehört die Weltoffenheit. Ohne sie wäre Hamburg nie zu dem geworden, was es heute ist. Auch Toleranz gehört dazu und damit meine ich nicht nur die ursprüngliche Bedeutung des Wortes, nämlich etwas zu erdulden. Sondern tatsächlich: Respekt. 

 

Das ist ein zugegeben manchmal eigenwillig interpretierter Schlüsselbegriff des modernen politischen, gesellschaftlichen und ökonomischen Miteinanders. Respekt nicht im Sinne von: du schuldest mir Gehorsam. Sondern: Respekt für andere Haltungen, Kulturen, Religionen und das schließt das Respektieren derer ein, die keiner Religion angehören mögen. 

 

Meine Damen und Herren, 

die Werte, die uns prägen, sind unveräußerlich, und das Nachdenken über Wertefragen lohnt sich immer wieder aufs Neue. 

 

Ich wünsche Ihnen fruchtbare Diskussionen und viele Impulse für Ihre eigenen Unternehmen. 

 

Vielen Dank.

 

Es gilt das gesprochene Wort.