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30.06.2014

Grußwort zum lftar-Empfang der Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde (AMJ)

Grußwort zum lftar-Empfang der Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde (AMJ)

 

 

Sehr geehrter Herr Ahmed,

sehr geehrter Herr Wagishauser,

sehr geehrte Frau Bischöfin,
sehr geehrter Herr Weihbischof,
sehr geehrte Damen und Herren,

ich danke Ihnen herzlich für die Einladung zu Ihrem diesjährigen Iftar-Empfang. Es ist mir eine Ehre, dass Sie diese bedeutsame Tradition mit mir teilen und ich an diesem Teil des Ramadan teilhaben darf: dem täglichen Fastenende am Abend.

Für die rund 130.000 Muslime in Hamburg ist das Fasten eine der fünf Säulen des Islam und der Ramadan eine Zeit der Hingabe und der Reflexion. Er ist der Monat der Solidarität, der Versöhnung und des Friedens, auch eine Zeit für Familie und Freunde. Alle kommen zusammen, des Glaubens und der Gemeinschaft wegen. In diesem Jahr sind die Herausforderungen an das Fasten sogar noch etwas höher, da sich der Ramadan im Kalender in unmittelbarer Nähe zu den längsten Tagen des Jahres befindet.

Fasten und zeitweilige Enthaltsamkeit ist seit Jahrtausenden ein wichtiger Bestandteil nahezu aller Religionen und Kulturen. Anders als beim Ramadan, dem neunten Monat des islamischen Mondkalenders, wurde etwa im Christentum bereits im 4. Jahrhundert der Aschermittwoch als erster Tag der Fastenzeit festgelegt und ihr Ende auf den Karsamstag. Die Protestanten haben diese Tradition seit einigen Jahrzehnten mit Aktionen wie 7 Wochen ohne in Verbindung mit gesellschaftlich-ethischen Anliegen verstärkt wieder aufgenommen.

Ich hoffe, ich habe das so richtig gesagt, hier in Anwesenheit von Frau Bischöfin Fehrs und Herrn Weihbischof Jaschke.

Die Tradition des Fastens und der Enthaltsamkeit ist seit jeher eine bewusste, spirituelle Handlung. Die heutige Gesellschaft kennt dafür die unterschiedlichsten Zugänge, Motive und Erwartungshaltungen. Doch eines gilt für alle, die sich eine Zeitlang dem Verzicht widmen: Sie werden daran erinnert, das eigene Wohlergehen nicht für selbstverständlich zu halten. Sie distanzieren sich ein wenig manche auch sehr vom Alltagsleben, denken und fühlen intensiver.

Der Sinn, der Kern des Fastens, besteht also nicht in einem Weniger von etwas sondern in einem Mehr. Das innere Reinigen, die Beschränkung und der Verzicht sorgen für ein Mehr an neuen Gedanken und Erkenntnissen über das, was wichtig ist. Das stärkt unseren Blick auf das Wesentliche. Viele Fastende berichten von klarerem Denken und trotz des Fastens einem Mehr an innerer Kraft.

Jeder kann seine Ziele erreichen, wenn er denken kann, wenn er warten kann, wenn er fasten kann diesen Satz schrieb der Schriftsteller Herrmann Hesse vor rund 100 Jahren.

Wer fastet, erfährt, dass der eigene Wille den Körper lenken kann. Wir verstehen so, dass wir Verantwortung haben für das, was wir tun oder unterlassen.

Dass wir unserer Verantwortung gegenüber den Anderen gerecht werden, ist eine zentrale Voraussetzung für ein gutes Miteinander. Das gilt im Kreis der Familie und Freunde, in der Nachbarschaft und im Berufsleben und erst recht für die Gemeinschaft.

Meine Damen und Herren,
mir ist bewusst, dass es sich bei der Ahmadiyya- Muslim-Gemeinde um eine ganz besondere Gemeinschaft im weiten Spektrum islamischer Strömungen handelt.

Auch der rechtliche Status der Ahmadiyya ist ein besonderer: Sie hat 2013 zunächst an ihrem deutschen Hauptsitz in Hessen und seit diesem Frühjahr auch bei uns in Hamburg den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts erlangt. Dafür gibt es gute Gründe: Sie ist zwar nicht die größte muslimische Gemeinde Hamburgs, entspricht aber den Voraussetzungen, von denen unser Grundgesetz den Körperschaftsstatus abhängig macht.

Eines dieser Kriterien ist insbesondere eine klare Mitgliederstruktur die keineswegs eine Formalie ist, sondern eine Grundvoraussetzung der Religionsfreiheit. Zu ihr gehört nämlich ganz wesentlich, dass man die freie Wahl hat, Mitglied einer Glaubensgemeinschaft zu sein oder auch nicht. Nur dies verhindert unfreiwillige Vereinnahmung und gewährleistet die persönliche Freiheit eines jeden, über seine Religion selbst zu entscheiden, auf die unser Grundgesetz mit Recht den größten Wert legt.

Wie groß dieser Wert ist, lässt sich dabei nur  ermessen, wenn man sich vor Augen führt, dass dieser Teil unserer heutigen Rechts- und Werteordnung jahrhundertelang Gegenstand schlimmster Auseinandersetzungen, blutiger Kriege und inakzeptabler Diskriminierungen gewesen ist, bevor er zum Grundkanon unserer Gesellschaft geworden ist. Deutlich wird der Wert gelebter Religionsfreiheit vor allem auch dann, wenn man sieht, welches Leid in vielen islamischen Staaten zurzeit von Fanatikern versursacht wird, denen der Gedanke an religiöse Freiheit undenkbar erscheint.  

Und man muss hierbei gar nicht erst die jüngsten Entwicklungen im Irak oder Syrien betrachten.

Mir ist bewusst, dass sich auch Ahmadis wie übrigens leider auch viele Christen in verschiedenen islamischen Ländern erheblicher Diskriminierung und Verfolgung ausgesetzt sehen. In Hamburg und in Deutschland ist das anders: Der säkulare Staat ist religionsneutral.

Ich freue mich, dass mit der Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde eine Gemeinschaft den Körperschaftsstatus erlangt hat, die sich in besonderer Weise für das Zusammenleben in unserer Stadt und den interreligiösen Dialog einsetzt und seit Langem als aktive Trägerin und zuverlässige Partnerin in der Integrationsarbeit gilt.

Die Verbundenheit Ihrer Religionsgemeinschaft zu Hamburg hat eine lange Tradition: Die 1957 eröffnete Fazle-Omar-Moschee in Eimsbüttel hat als älteste Moschee Hamburgs und zugleich erste Moschee der deutschen Nachkriegsgeschichte überhaupt einen wichtigen Stellenwert.

Neben der Ausübung der Religion und der Verrichtung des Gebets werden dort regelmäßig interreligiöse Dialoge, Diskussionsrunden sowie Sprachkurse veranstaltet, außerdem beteiligt sich die Ahmadiyya-Muslim-Gemeinde am Tag der offenen Moschee, der bewusst jedes Jahr am 3. Oktober, dem Tag der Deutschen Einheit, stattfindet. All dies belegt das beeindruckende gesellschaftliche Engagement Ihrer Gemeinde. Dafür möchte ich Ihnen im Namen des Senats herzlich danken.

Es ist wichtig, dass Männer und Frauen aus unterschiedlichen Kulturen, Generationen, Religionen und sozialen Gruppen friedlich miteinander leben und gemeinsam das Bild unserer Gesellschaft gestalten.

Ich finde, in Hamburg gelingt uns das schon ziemlich gut. Bei vielen Gelegenheiten und nicht zuletzt an Tagen wie heute stelle ich mit großer Freude fest, dass Vielfalt und Zusammenhalt das Leben in unserer Stadt bestimmen.

Meine Damen und Herren,
im vergangenen Monat feierte die Bundesrepublik Deutschland den 65. Jahrestag der Verabschiedung des Grundgesetzes, unserer Verfassung. In einer Feierstunde für neu eingebürgerte Deutsche plädierte Bundespräsident Gauck für die Einheit der Verschiedenen und brachte damit auf den Punkt, worauf das Deutschland des 21. Jahrhunderts verlässlich fußt.

Das gilt in besonderem Maße für unsere Stadt, deren Wesen seit jeher von Offenheit bestimmt ist. Vor diesem Hintergrund ist eine Religionsgemeinschaft, die sich die Worte Liebe für alle Hass für keinen zum Motto gemacht hat, ist ein hoch willkommener Partner.

Ich freue mich auf unser gemeinsames Iftar-Essen und anregende Gespräche.

 

Es gilt das gesprochene Wort.