Sehr geehrter Herr Postel,
meine Damen und Herren,
es derzeit faszinierend zu sehen, dass sich in vielen Metropolen Europas urbane Entwicklung auf Räume östlich der City konzentriert. East London und die Entwicklung um den Silicon Roundabout oder das East End sind da nur prominente Beispiele. Auch in Hamburg ist das nicht anders. Nach der HafenCity und dem Sprung über die Elbe richten wir den Blick stromaufwärts nach Osten.
Die Gründe? In Hamburg waren Stadtteile wie Hammerbrook oder Rothenburgsort schwer kriegszerstört, lagen teilweise brach oder waren gewerblich zwischengenutzt und sind erst allmählich wieder in das Blickfeld der Stadtentwicklung gekommen.
Stadtteile, die in den vergangenen Jahrzehnten in der funktional geteilten Stadt als reine Gewerbe- und Industriegebiete genutzt wurden, gewinnen neue Attraktivität.
In Hamburg hat der Senat deshalb vor wenigen Monaten seine Pläne für die Stadtentwicklung Stromaufwärts an Elbe und Bille vorgestellt.
Das ist die logische Weiterentwicklung der HafenCity und bedeutet zugleich auch die Wiederentdeckung einst zentraler städtischer Bezirke.
Wer heute durch Hammerbrook läuft, der mag schließlich kaum glauben, dass hier vor dem zweiten Weltkrieg einmal über 60.000 Bürgerinnen und Bürger gewohnt haben.
Ein wenig von dieser Urbanität wollen wir zurückgewinnen auch in dem wir Räume für städtische Pioniere öffnen und Wohnen und Arbeiten wieder näher zueinander bringen.
Die Dichte großer Städte ist schließlich auch eine kreative und ökonomische Ressource. Neue Ideen, auch neue Geschäftsideen entstehen, wenn man sich begegnet. Und zwar in der Regel im Realen und nicht bloß auf einer virtuellen Plattform. Solche Räume sind wichtig. Und sie können hier im Osten Hamburgs noch zu vertretbaren Preisen entstehen.
Es sollte uns nicht wundern, wenn das nächste Kreativquartier hier zu finden ist. Die dafür nötigen Netzwerke entstehen derzeit.
Ein Beispiel ist die Software Allianz Hamburg, die heute vorgestellt worden ist. Bereits seit vier Jahren arbeiten 22 mittelständische IT-Unternehmen aus Hamburg mit 1400 Mitarbeitern in der Allianz zusammen. Ich freue mich, dass sie heute das hanseatische Understatement abgelegt haben und davon auch erzählen, damit es andere mitbekommen.
Die Allianz kann bei so manchem großen Software-Projekt eine gute regionale Alternative sein.
Sie zeigt, welche Kraft in kluger Kooperation steckt und ist ein starkes Stück modern verstandener Netzökonomie.
Hamburg besitzt große IT- und Digitalkompetenz.
Es ist spannend, was zwischen großen etablierten Unternehmen und der jungen StartUp-Szene passiert, wie sich der Hafen zum SmartPort entwickelt und welche neuen digitalen Ideen rund um die etablierten Verlagshäuser entstehen.
Dieses Zusammenspiel von Kreativität und Kaufmannsgeist macht Hamburg aus.
In Hamburg geht es nicht darum, sich ohne funktionierendes Geschäftsmodell von Finanzierungsrunde zu Finanzierungsrunde zu hangeln. Hier geht es um funktionierende Geschäftsmodelle.
Die StartUp-Szene in Hamburg ist lebendig und vielfältig. Hier ist XING gegründet worden, hier sitzen Firmen wie JimDo oder MyTaxi. Hier hat Protonet kürzlich einen Weltrekord im Crowdfunding aufgestellt. Hier ist vielleicht etwas weniger Hype, dafür aber umso mehr erfolgreiches Business.
Was es braucht, sind auch hier die Orte, an denen sich Gründerinnen und Gründer treffen und den Austausch mit etablierten Unternehmen suchen können. Viele Initiativen entstehen zurzeit, die genau auf dieses Defizit zielen und es beheben sollen.
Natürlich freuen wir uns am meisten über die Gründerinnen und Gründer, die über so viel findigen Entrepreneurs-Geist verfügen, dass sie ihren Weg ganz alleine finden. Aber wir wissen eben auch, dass es auf die Rahmenbedingungen ganz entscheidend ankommt.
Gibt es ausreichend Zugänge zu Finanzierung? Lassen sich gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter finden? Gibt es Raum, um Ideen zu entwickeln? Passen die Netzwerke?
Das alles sind Themen, um die sich auch die Stadt, die Wirtschaftsförderung und nicht zuletzt auch die Kammer kümmern müssen. Wir haben deshalb das Netzwerk nextMedia.Hamburg entwickelt und werden hier unter anderem einen starken Schwerpunkt auf die StartUp-Kultur und ihre Entwicklung legen.
Mit dem StartHub-Office, das wir derzeit im Netzwerk entwickeln, wollen wir bestehende Initiativen nicht nachmachen, sondern ihre Vernetzung und Zugänglichkeit und damit letztlich auch ihre Wirksamkeit verbessern.
Ich freue mich, dass auch die Software Allianz Hamburg eine Initiative für StartUps gründet.
Die Gründerwerft, die heute vorgestellt wird, ist zunächst ein klassischer Inkubator, in dem Gründerinnen und Gründer Raum, Zeit und Geld zum Entwickeln ihrer Ideen bekommen. Allerdings ergänzt sie dieses bekannte Modell um ein kluges Sicherheitsnetz:
Wer mit seinem Gründungsvorhaben nicht so weit kommt, wie gedacht oder erhofft, der hat die Perspektive auf eine Festanstellung in einem der Partnerunternehmen der Allianz.
Das ist eine Antwort auf das größte Risiko bei einer Gründung, das immer noch viele abhält, ihre Ideen auszuprobieren: Was mache ich, wenn es scheitert?
Die Anstellungsgarantie nimmt nicht nur dieses Risiko, sie ist zugleich auch ein smarter Schachzug in einer Branche, die immer auf der Suche nach Fachkräften ist.
Hier am Brandshofer Deich soll um die Gründerwerft herum ein ganzer Gründercampus entstehen, der einen starken stadtentwicklungsbezogenen und brancheninternen Impuls setzen wird.
Wenn es gelingt, hier Kräfte zu bündeln und beispielsweise neben dem eher technologiebezogenen Focus der Gründerwerft auch andere, zum Beispiel contentorientierte StartUp-Vorhaben anzusiedeln, dann kann hier ein weiterer Nukleus der digitalen Zukunft Hamburgs entstehen.
Die Voraussetzungen dafür sind gut:
Wir haben eine starke, software- und anwendungsbezogene IT- und Entwickler-Szene.
Wir sind Sitz großer Plattformen wie Google, Facebook, Twitter und XING.
Wir verfügen über die kreative und kaufmännische Leidenschaft, neues Geschäft auch zum Erfolg zu bringen.
Und wir können auf gewachsene Netzwerke zwischen öffentlicher und privater Hand setzen, die den Aufbau der richtigen Rahmenbedingungen erleichtern.
Und mit den Ausbildungsangeboten unserer Schulen und Hochschulen verfügen wir über leistungsfähige Zentren der Nachwuchsförderung. Das wird da bin ich sicher in der Stadt noch einmal deutlicher werden, wenn wir die IT aus Stellingen an den neuen MIN-Campus der Universität an der Bundesstraße holen.
Die Zeit für die ersten Stapelläufe in der Gründerwerft könnte also besser kaum sein. Wir werden als Stadt unseren Beitrag dazu leisten, dass innovative neue Geschäftsideen hier in Hamburg erdacht und auch verwirklicht werden können. Die Kraft dazu haben wir. Gut, dass zunehmend auch die Räume und Plattformen entstehen.
Viel Erfolg!
Es gilt das gesprochene Wort.