Meine sehr verehrten Damen und Herren,
herzlich willkommen zur Einbürgerungsfeier. Herzlich willkommen im Großen Festsaal des Hamburger Rathauses.
Schön, dass Sie hier sind!
Schauen Sie sich um. Ab heute gehören Sie zu den Hamburgerinnen und Hamburgern, die den größten und prächtigsten aller Räume im Hamburger Rathaus live erlebt haben.
Seit vielen Jahren feiern wir in Hamburg mehrmals im Jahr dieses Fest zu Ehren unserer neuen Bürgerinnen und Bürger und ich freue mich jedes Mal wieder ganz besonders darauf. Zum einen freue ich mich für Sie, weil Sie mit der Einbürgerungsurkunde nun Anspruch auf einen deutschen Personalausweis und Pass haben. Zum anderen freue ich mich für Hamburg, denn Sie alle sind ein wichtiger Teil unserer Zukunft. Deshalb ist diese Einbürgerungsfeier auch mehr als ein Fest für Sie und Ihre Angehörigen. Sie ist eine Einladung, an der Gestaltung unserer Stadt mitzuwirken.
Mehr als 5.000 neue Bürgerinnen und Bürger allein in diesem Jahr das ist eine stolze Zahl. Wir sind ein Einwanderungsland und wir sind es gerne. Deutschland ist zum Land der Hoffnung geworden, so wie die Vereinigten Staaten von Amerika es seit ihrer Gründung vor fast 240 Jahren sind. Dass es nicht immer gelingt, diesem hohen Ideal gerecht zu werden, daran hat Barack Obama, der amerikanische Präsident, gerade auf einer Einbürgerungsfeier in Washington erinnert. Für unser Ideal einer offenen Gesellschaft müssen wir uns immer wieder neu einsetzen.
Deshalb: Bringen Sie Ihre Erfahrungen ein und sagen Sie Ihre Meinung. Engagieren Sie sich und werben Sie auch bei anderen dafür, Einfluss zu nehmen: am Arbeitsplatz, im Sportverein, im Kindergarten, in der Schule Ihrer Kinder und in der Politik. Betrachten Sie die Angelegenheiten in Deutschland und in Hamburg als Ihre Angelegenheiten.
Mit der Einbürgerung erweitern sich zudem die beruflichen Möglichkeiten. Die Staatsbürgerschaft ermöglicht es, Beamter zu werden und eine Laufbahn im Staatsdienst anzustreben. Wir freuen uns in Hamburg sehr über Bewerberinnen und Bewerber mit ausländischen Wurzeln. Der Öffentliche Dienst sucht Mitarbeiter, die Erfahrungen aus anderen Kulturkreisen mitbringen und andere Sprachen beherrschen. Ob beim Einwohneramt oder bei der Polizei, in Schulen oder Kindertagesstätten Einwanderer bringen wertvolle Kompetenzen mit.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Bürgerin, Bürger dieses Landes zu werden ist ein Schritt, über den manche von Ihnen sicher schon länger nachgedacht haben. Das hängt vielleicht auch damit zusammen, dass eine Staatsbürgerschaft anzunehmen mehr bedeutet als eine Veränderung des rechtlichen Status. Bürgerin, Bürger eines Landes zu werden hat mit kultureller Zugehörigkeit zu tun und mit persönlicher Identität. Man könnte es so formulieren: Die Zugehörigkeit zu einem Staat bedeutet auch, ein Land als Heimat anzunehmen.
Lassen Sie mich ein wenig bei dem Wort Heimat verweilen, weil es aus zwei Gründen ein besonderes Wort ist. Heimat gibt es grammatikalisch nur in der Einzahl, es ist wie es im Lateinischen heißt ein singulare tantum, was übersetzt nur Singular bedeutet. Das Deutsche kennt etliche solcher Wörter, von denen es keine Mehrzahl gibt, zum Beispiel Wärme, Kälte, Schutz oder Schnee. Und eben Heimat.
Sie merken, worauf ich hinaus will. Im deutschen Wort Heimat steckte lange die Vorstellung, man könne nur eine Heimat haben. Viele von Ihnen wissen, dass das nicht stimmt. Wenn Heimat dort ist, wo man sich zu Hause fühlt, wo man Familie und Freunde hat, dann kann es mehrere Orte geben, an denen man beheimatet ist.
Weil wir das wissen, haben wir uns in Hamburg dafür stark gemacht, dass Kinder ausländischer Eltern, die in Deutschland geboren sind, sich nicht mehr mit dem 23. Lebensjahr für eine Staatsbürgerschaft entscheiden müssen, die deutsche oder die ihrer Eltern, sondern beide behalten können. Sie können also zwei Heimaten haben, auch wenn sich unser wichtigstes Deutsch-Wörterbuch, der Duden, mit dem Wort in der Mehrzahl noch schwer tut.
Und damit komme ich zur zweiten Besonderheit des Wortes Heimat: Es lässt sich in keine andere Sprache übersetzen. Heimat ist etwas anderes als Heimatland, als das französische Patrie oder das englische Native Country. Der Sänger Herbert Grönemeyer hat es in einem Song so auf den Punkt gebracht: Heimat ist kein Ort. Heimat ist ein Gefühl. Und zwar ein gutes Gefühl.
Sehr geehrte Frau Teller,
sehr geehrter Herr Teller,
ein gutes Gefühl ist es auch für mich als Bürgermeister, dass ich Sie bei unserer Einbürgerungsfeier begrüßen darf. Die Familie Teller lebt und engagiert sich nicht nur seit vielen Jahren in Hamburg, Herr Nicolas Teller hat in diesem Herbst auch das Amt als britischer Honorarkonsul in der Hansestadt übernommen und ist nun Ansprechpartner für etwa 5.000 in Hamburg lebende Briten. Mein herzliches Willkommen an Sie und Ihre Frau!
Hamburg ist eine Stadt, in der Zuwanderer seit Jahrhunderten eine neue Heimat gefunden haben. Für eine Handelsstadt, die mit Häfen aus aller Welt verbunden ist, war es schon immer selbstverständlich, dass viele Händler sich in Hamburg ansiedelten und blieben. Auch die Industrialisierung Deutschlands im 19. Jahrhundert ist ohne Einwanderung nicht denkbar und das Gleiche gilt für das sogenannte Wirtschaftswunder, wie der Aufschwung nach dem Weltkrieg vor sechzig Jahren genannt wurde.
Zudem hat Hamburg früher ebenso wie heute Flüchtlinge aufgenommen. Als nach der Reformation Religionskriege den europäischen Kontinent erschütterten, flohen viele Männer, Frauen und Kinder aus Spanien, Portugal, Frankreich und den Niederlanden nach Hamburg und machten die Stadt zu einer europäischen Metropole. Im 17. Jahrhundert lebten zeitweilig so viele Niederländer in Hamburg, dass Niederländisch zu einer zweiten Geschäftssprache wurde.
Straßennamen wie Holländische Reihe oder Caffamacherreihe zeugen von dieser Geschichte. Die Flüchtlinge brachten neue Impulse für den Handel mit fernen Ländern und sie brachten neue Kenntnisse im Schiffbau, im Deichbau oder in der Webkunst mit. Caffa beispielsweise war ein Samt mit seidener Kette und Caffamacher waren holländische Samtweber, die diese Technik nach Hamburg mitgebracht hatten. Ein klassisches Beispiel für Innovation durch Migration.
In Hamburg ist, Sie wissen es, die Welt zu Hause. Hamburger und Hamburgerinnen tragen Namen aus aller Welt und haben Familienmitglieder auf allen Kontinenten. Inzwischen hat in unserer Stadt fast jedes zweite Kind eine Zuwanderungsgeschichte. Allein im HSV spielen Fußballer aus 16 Nationen.
Etwa jeder sechste Selbstständige in Deutschland kommt aus einem anderen Land, oder seine Vorfahren tun es und sie beschäftigen häufig von Anfang an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Migranten gründen häufiger Unternehmen als das im Bundesdurchschnitt der Fall ist. Sie sind eine tragende Säule des Gründungsgeschehens in Deutschland, heißt es sogar in einer Studie der staatlichen KFW-Bank.
Lagen früher die Schwerpunkte der Gründung bei Gastronomie und Handel, engagieren sich heute immer mehr Bürgerinnen und Bürger mit nichtdeutscher Herkunft in wissensbasierten Unternehmungen. Das ist ein unverzichtbarer Beitrag zur ökonomischen Kultur und man darf auch das gern erwähnen zu Steuern und Sozialversicherungen.
So unterschiedlich die Gründe sind, aus denen Männer, Frauen, ganze Familien in Hamburg eine neue Heimat suchen und finden, die Zuwanderung war und ist ein Gewinn für die Region.
Liebe Hamburgerinnen, liebe Hamburger,
Ab heute sind sie nicht nur nicht nur deutsche Staatsbürger. Sie werden auch Bürger Europas und damit eines Kontinents, der in seiner Vielfalt weltweit seinesgleichen sucht. Die Staaten Europas sind wie eine große Familie, in der viel diskutiert und manchmal leidenschaftlich um die richtigen Entscheidungen gerungen wird. Wir erleben das gerade in der Flüchtlingspolitik.
Bei alledem bleiben die Länder Europas eine Familie, die ihren Mitgliedern Zusammenhalt und Zugehörigkeit bietet. Hinzu kommt die wohl größte Errungenschaft, die man gerade heutzutage gar nicht oft genug hervorheben kann: In Europa leben die Bewohnerinnen und Bewohner der 28 Mitgliedstaaten in friedlicher Nachbarschaft zusammen. Europa ist der Beweis, dass ein Miteinander der Völker möglich ist. Das gibt es so auf dieser Welt kein zweites Mal.
Ich wünsche Ihnen, dass Sie in Ihrer neuen Heimat Hamburg Ihr berufliches und persönliches Glück finden. Die Stadt bietet viele Möglichkeiten, sich einzubringen. Tragen Sie zu dem offenen und toleranten Miteinander bei, das für Hamburg so typisch ist. Hamburg braucht Sie alle und wir freuen uns, dass Sie da sind.
Vielen Dank.
Es gilt das gesprochene Wort.