Laudatio: Hamburger des Jahres Kategorie Fairness & Courage
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Hamburger, so hat es Helmut Schmidt einmal formuliert, Hamburger ist man aus Gesinnung. Was eine Hamburger Gesinnung ausmacht, wird besonders deutlich, wenn Hamburg 1 die Preise für den Hamburger oder die Hamburgerin des Jahres vergibt.
Man sieht zum Beispiel, wie viele bemerkenswerte Hamburgerinnen und Hamburger es gibt. Und man hört Hamburger, die sagen, der Preis sei nicht nur für sie, sondern auch für viele andere. Manche nennen das Hamburger Understatement. Aber, mit Blick auf die heutigen Preisträgerinnen sehen wir, es hat vor allem damit zu tun, dass sich Hamburger typischerweise Großes zutrauen. Und große Herausforderungen muss man mit anderen gemeinsam meistern.
Zwei, die in diesem Jahr großes geleistet haben, möchte ich heute hervorheben. Es sind zwei, die sich an einer Aufgabe beteiligen, über die ganz Europa diskutiert: die Aufnahme und Betreuung von Flüchtlingen.
In der Kategorie Fairness & Courage geht der Preis an die Mitinitiatorin der Kleiderkammer Simone Herrmann und die Mitarbeiterin der Wohnunterkunft Billbrook von fördern & wohnen, Julia Röder.
Hochstapeln gehört zu ihrer Kernkompetenz, jedenfalls wenn es darum geht, sorgfältig etikettierte Kartons zu verstauen, in denen Herrenjacken, Wintermäntel oder Schuhe verpackt sind. Das Team um Simone Herrmann hat aus einer spontanen Hilfsaktion in wenigen Wochen das Phänomen Kleiderkammer in den Messehallen geschaffen. Durch vorbildliche Logistik, effiziente Personalführung und auch einer zufriedenen internationaler Kundschaft hat sich die Kleiderkammer zu einer zentralen Größe der Hamburger Flüchtlingshilfe entwickelt. Laufende Innovationen gehören zum Programm: Hanseatic Help heißt der Verein inzwischen und das kann man wörtlich nehmen: Für tausende Hamburger ist die Kleiderkammer die Adresse, um Unterstützung für Flüchtlinge zu leisten. 1,7 Millionen Artikel wurden gesichtet, sortiert und verpackt. Und wenn Sachen kommen, die unpraktisch sind? Dann ist Zeit für eine neue Innovation: bei Hanseatic Heels, dem Second-Hand Shop [im Karoviertel] werden die Sachen verkauft, die gut, aber nicht so passend für Flüchtlinge sind. Und die nächste Veränderung steht auch schon an. Seit gestern rollen die Kartons Richtung Wandsbek, denn dort ist nun das neue Zuhause der Kleiderkammer. Wir alle freuen uns über diese Lösung und sind gespannt auf die nächste Innovation!
Für die zweite Hamburgerin des Jahres geht es gegen den Strom, die Bille entlang zur Berzeliusstraße in Billbrook. 600 Flüchtlinge leben dort in einer öffentlichen Unterbringung, die von Julia Röder und ihrem Team betreut wird. Julia Röder kommt aus Trier, sie ist eine Hamburgerin im Schmidtschen Sinne. Und das bedeutet, es klappt. Die Waschmaschine funktioniert, der Bolzplatz wird genutzt, die Post kommt und der Müll wird entsorgt. Wer hier neu ist, dem wird Mut gemacht. Das Team erklärt, wie die Kinder in die Kita und in die Schule kommen, besorgt Wohnungen und hilft beim Ausfüllen von Anträgen. Sie binden hunderte von Freiwilligen ein, organisieren Deutschkurse und Freizeitangebote, bei denen die neuen Nachbarn die kennen lernen, die schon länger da wohnen. Und alle im Team nehmen den ganzen Stress in Kauf, weil sie wissen: Die wirklich großen Herausforderungen stellen sich denen, die vor Krieg, Terror und Gewalt zu uns geflohen sind.
Julia Röder und Simone Herrmann gehören zu denen, deren Willkommenskultur Präsident Obama in der Generalversammlung lobte. Sie stehen für sich und für viele andere.
Herzlichen Glückwunsch
Es gilt das gesprochene Wort.