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11.12.2013

Grußwort zur Eröffnung der Jugendberufsagentur Bergedorf

 

 

Sehr geehrter Herr Weise,
sehr geehrter Herr Dornquast,
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

sehr gern bin ich heute hier dabei, und zwar in doppelter Funktion. Als Bürgermeister kann ich diese wichtige Einrichtung am Standort Bergedorf mit eröffnen und damit ein Versprechen des Senats wahr machen, denn es haben nun alle sieben Hamburger Bezirke eine Jugendberufsagentur.

Sehr zufrieden bin ich auch als Bürger und Wähler der Bundesrepublik Deutschland und Mitglied einer Partei, die soeben mit einer anderen Partei einen Koalitionsvertrag geschlossen hat. Über den habe ich als Parteimitglied schon abgestimmt, geheim natürlich, aber ich verrate gern: mit ja. Warum konnte ich das guten Gewissens tun? Unter anderem wegen dieser Passage des Vertrages, ich zitiere wörtlich:  
 
Die beste und effizienteste Vorsorge gegen Ausbildungsabbrüche und lange Zeiten von Arbeitslosigkeit im Lebensverlauf sind passgenaue und tragfähige Übergänge von der Schule in Ausbildung und Beruf. Daher wollen wir den erfolgreichen Ausbildungs- und Berufseinstieg für leistungsschwache Jugendliche erleichtern und gezielt begleiten. Flächendeckend einzurichtende Jugendberufsagenturen sollen die Leistungen nach den Sozialgesetzbüchern II, III und VIII für unter 25-Jährige bündeln. Datenschutzrechtliche Klarstellungen sollen den notwendigen Informationsaustausch erleichtern.

Flächendeckend ist ein entscheidendes Wort, darauf haben wir hin verhandelt, dass Hamburgs Beispiel Schule macht.
Die Jugendberufsagentur Hamburg deckt ab heute die Fläche eines ersten Bundeslandes ab und sie unterstützt alle jungen Hamburgerinnen und Hamburger unter 25 Jahren dabei, passgenau ihren Weg in den Beruf zu finden. Deswegen ist heute ein guter Tag für Hamburg.

Denn jeder soll seine Chance nutzen und jede soll von ihrer Arbeit leben können. Also müssen alle jungen Erwachsenen in Hamburg, die dazu in der Lage sind, entweder das Abitur machen oder eine klassische Berufsausbildung absolvieren. Alle, die es können, müssen es auch tun und dabei darf niemand verloren gehen. Das ist ein ambitioniertes Ziel. Denn der Übergang von der Schule in Studium oder Berufsleben fällt nicht immer leicht; Unterstützung tut not.
Mit unseren Reformschritten mussten wir nicht bei Null anfangen. Stützen konnten wir uns zum Beispiel auf das Hamburger Hauptschulmodell, das vor mehr als zehn Jahren als Pilotprojekt begonnen wurde, unter maßgeblicher Hilfestellung zweier Sponsoren, und seitdem wertvolle Arbeit geleistet hat. Es hilft Schülerinnen und Schülern, den Übergang in eine ungeförderte Ausbildung eine klassische Lehre zu erreichen.

Die Jugendberufsagentur spannt den Bogen noch weiter. Mit ihr hat sich Hamburg die Möglichkeit geschaffen, bei jedem Schulabgänger genau hinzugucken, welche Perspektive er oder sie hat, wer schon ein Studium oder eine Ausbildung begonnen hat aber auch, bei wem das noch nicht so ist. Genau hinzugucken und dann auch zu handeln, sprich einzugreifen: Diejenigen jungen Leute, die noch nichts gefunden haben, werden von uns so lange unterstützt und begleitet, wenn nötig auch angeschoben, bis es mit einer Berufsausbildung doch geklappt hat.

Das entspricht, wenn Sie so wollen, einer eher kommunitären Vorstellung vom Sozialstaat, wie sie zum Beispiel in Schweden besteht, anders als in Deutschland, wo die libertäre Auffassung oft beliebter ist: Jeder sei seines Glückes Schmied, und wenn er zwei linke Hände hat oder das Feuer ausgehen lässt, hat er eben Pech. Ich bin dafür, dass der Staat mit dem Blasebalg nachhilft, wenn es sein muss. Und das machen wir jetzt.

Das bedeutet auch, dass Jugendliche aufsuchend beraten werden, wenn es nötig ist. Durchschnittlich 600 aufsuchende Beratungen pro Monat haben zum Beispiel im Frühsommer 2013 stattgefunden, davon 100 Hausbesuche.

Ihrerseits haben mehr als 14.000 Jugendliche und junge Erwachsene in den ersten zwölf Monaten die Jugendberufsagentur Hamburg aufgesucht, sei es als Bewerberinnen und Bewerber (8.446) oder als Ratsuchende (5.865). Da waren alle vertreten: Vom Abiturienten mit gutem Zeugnis bis zum Jugendlichen, der unter eher schwierigen Voraussetzungen den Weg in Ausbildung suchte. Von den Bewerberinnen und Bewerbern konnte rund die Hälfte mit Hilfe der Jugendberufsagentur eine Ausbildung oder Beschäftigung aufnehmen. Andere haben eine geeignete weiterführende Schule gefunden oder ein Studium. Wenn nötig, werden die jungen Leute weiterhin begleitet und unterstützt.

Weitere aktuelle Zahlen, die bestätigen, dass die frühzeitige und systematische Begleitung der Jugendlichen erste Früchte trägt:

39 Prozent der Schulabgängerinnen und Schulabgänger aus Stadtteilschulen hatten bereits Mitte September dieses Jahres einen Ausbildungsplatz. Voriges Jahr waren es 25 Prozent, allerdings bei einer insgesamt höheren Abgängerzahl, weil Schülerinnen und Schüler 2012 noch nach den Klassen 9 und 10 aus den Stadtteilschulen abgehen konnten, 2013 nur noch nach Klasse 10. Real waren es in diesem Jahr trotzdem noch acht Prozent mehr Ausbildungsplätze in der dualen und vollschulischen Berufsausbildung (1.338 auf 1.443).

Also, insgesamt 39 Prozent, und nochmal genauso viele werden in der dualisierten Ausbildungsvorbereitung individuell beruflich orientiert. Von allen anderen Jugendlichen ist ebenfalls bekannt, was sie tun: Freiwilliges Soziales oder Ökologisches Jahr, Bundeswehr, Bundesfreiwilligendienst, Auslandsaufenthalt. Es sei denn, er oder sie hat sich aus Hamburg abgemeldet, dann sind andere in der Pflicht, für das Nicht-verloren-gehen zu sorgen.
Das wäre auch schlecht für alle, denn wir brauchen jeden und jede in der Mitte der Gesellschaft und als qualifizierte Fachkräfte auf dem Arbeitsmarkt.

Meine Damen und Herren,
auf diesen Zwischenergebnissen darf sich niemand ausruhen. Es muss unser Ziel sein, und wir müssen es nicht irgendwann, sondern bald erreichen, dass der Anteil derjenigen, die keine Ausbildung machen, unter fünf Prozent bleibt. Und dieses Ziel müssen sich schon die Schulen zu eigen machen, es muss in der Berufsorientierung bereits ein Thema sein. Viele Schulen haben sehr gute Ergebnisse, andere noch nicht so. Es ist noch Luft nach oben!

So ist meine Anerkennung und mein Dank an alle, die bisher mitgewirkt haben, verbunden mit einem Appell. Viele Partner haben mitgewirkt, ihre Arbeit miteinander verzahnt. Dabei sind unterschiedlich gegliederte Organisationen zusammengewachsen, die mal diesen, mal jenen bundes-, landes- und kommunalpolitischen Richtlinien unterworfen sind.

Darauf kann Hamburg, darauf können alle Beteiligten zu Recht stolz sein: auf Ihre, meine Damen und Herren, visionäre und beharrliche gemeinsame Arbeit. In Hamburg heißt es nicht: Bin ich zuständig? In Hamburg heißt es Wir sind verantwortlich. Gemeinsam!

Der Appell lautet: noch größere Anstrengungen folgen zu lassen. Hamburgs Modell findet große Beachtung, auch wegen der Vorgeschichte. Schon vor dem jetzigen Koalitionsvertrag hatten sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Bundesagentur für Arbeit in einer gemeinsamen Vereinbarung zum Ziel gesetzt, die berufliche Integration junger Leute in Ausbildung oder Arbeit zu erhöhen und die Jugendarbeitslosigkeit zu reduzieren. Bundesweit sollte sich die Zusammenarbeit zwischen den Rechtskreisen SGB II, III und VIII verbessern. Hamburg wurde im Januar 2011 als eine der Modellregionen für die Erprobung dieser Zusammenarbeit ausgewählt.

Vor diesem Hintergrund ist Hamburgs Konzept einer Jugendberufsagentur ausgearbeitet worden. Bereits drei Monate nach dem Beschluss durch die Hamburgische Bürgerschaft eröffneten im September 2012 die beiden ersten Standorte in Hamburg-Mitte und Harburg. 15 weitere Monate später stehen wir jetzt hier und sind flächendeckend.

Meine Damen und Herren!
Nur empfehlen kann ich die Lektüre der neuen Broschüre: Jede und jeder wird gebraucht / Ein Jahr Jugendberufsagentur. Sie enthält einen Rückblick mit Erfolgsbilanz, vor allem aber praktische Hinweise für die Profis und für die, die jetzt am Ende ihrer Schulzeit sind und gute Profis werden wollen.

Man erkennt, erstens: Die gebündelte Arbeit der Partner in den regionalen Standorten sichert kurze Wege und eine schnellere Hilfe;

zweitens: Weil die Arbeit der Jugendberufsagentur bereits frühzeitig in den Schulen beginnt, können Jugendliche besser systematisch und nachhaltig auf den Übergang von der Schule in den Beruf vorbereitet werden;

und drittens, etwas bürokratischer formuliert: durch koordinierte Maßnahmenplanung werden Förderlücken vermieden und Doppelstrukturen abgebaut.

Zum zweiten Punkt sage ich es noch einmal ganz deutlich: Die schulische Ebene ist einzigartig in Deutschland ein grundlegender Bestandteil der Jugendberufsagentur Hamburg. Und so muss es sein, denn Jugendliche müssen rechtzeitig schon während der Schulzeit eine klare Vorstellung von ihren beruflichen Zielen und Möglichkeiten entwickeln. Deswegen hat Hamburg die Berufs- und Studienorientierung in den Jahrgangsstufen acht bis zehn an den Stadtteilschulen weiter intensiviert.

Die Schülerinnen und Schüler klären in Klasse 8 ihre berufsbezogenen Interessen und Fähigkeiten, sammeln in Klasse 9 Erfahrungen in der Berufs- und Arbeitswelt und bereiten in Klasse 10 gezielt ihren Übergang in Ausbildung, die gymnasiale Oberstufe oder andere Angebote der Sekundarstufe II vor. Das sieht das neue Konzept verbindlich für alle Stadtteilschulen ab dem Schuljahr 2014/15 vor. Viele Schulen haben sich schon jetzt auf den Weg gemacht. Und die Jugendberufsagentur und die Berufsschulen sind eng in die Berufs- und Studienorientierung eingebunden.

Meine Damen und Herren,
dass in diesem Jahr die Jugendberufsagentur alle Schulabgängerinnen und Schulabgänger aus den Stadtteilschulen und Förderschulen so sorgfältig begleiten konnte, ist wesentlich der Netzwerkstelle am Hamburger Institut für Berufliche Bildung (HIBB) zu danken.  

Was am Ende, von Jahr zu Jahr stärker, dabei herauskommt, ist im Sinne der Jugendlichen, der Institution Schule und auch der Wirtschaft. Die Stadt unterstützt die Unternehmen dabei, motivierten betrieblichen Nachwuchs zu finden. Betriebe wiederum können das große Potenzial ihrer zukünftigen Azubis frühzeitig kennenlernen, indem sie betriebliche Praktika im Rahmen der Berufsorientierung anbieten. Ich wünsche mir, dass fortan in noch stärkerem Maß davon Gebrauch gemacht wird.

Heute hat Hamburg ein wichtiges Etappenziel erreicht. Dafür vielen Dank und weiter geht's.
Stellen wir Hand in Hand, Schritt für Schritt sicher, dass Hamburger Jugendliche und junge Erwachsene eine sichere Zukunft haben.

 

Es gilt das gesprochene Wort.