Sehr geehrter Herr Professor Börsig,
sehr geehrte Herr Erster Vizepräsident der Hamburgischen Bürgerschaft,
sehr geehrter Ehrenbürger Herr Dr. Otto,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
es ist mir eine große Freude, Sie bei uns hier in unserem Rathaus willkommen zu heißen.
Singen macht Spaß hieß geradezu programmatisch das erste Lied, das wir heute von The Young ClassX gehört haben. Man kann es auch anders ausdrücken. Viele von Ihnen werden dem Satz des deutschen Regisseurs und Intendanten August Everding zustimmen, der einmal gesagt hat: Kultur ist keine Zutat. Kultur ist der Sauerstoff einer Nation.
Und wir alle wissen, ohne Sauerstoff können wir nicht leben.
Der kulturelle Sauerstoff speist sich aus vielen Quellen: Künstler und Kulturschaffende zählen dazu, Kunstvereine und als Gestaltungsinstanz die Politik. Wichtige Sauerstofflieferanten sind auch Unternehmen und Privatleute durch Sponsoring und Mäzenatentum.
Der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft bündelt solches Engagement, und ich freue mich, dass wir einige Ergebnisse dieses Engagements heute hier erleben dürfen.
Die heutige Veranstaltung mit der Verleihung des Musikpreises ist hier im Rathaus schon deswegen besonders gut angesiedelt, weil Hamburg eine Stadt ist, in der das Stiften eine lange, lebendige Tradition hat. Denn im Gegensatz zu anderen großen Städten konnte und wollte Hamburg nicht auf die Unterstützung eines Fürstenhofes zurückgreifen. Sozusagen hochherrschaftliche Kultur gab es hier nie. Stattdessen besannen die Bürger sich auf ihre Verantwortung und förderten seit jeher gemeinnützige Zwecke mit eigenen Mitteln.
Für den Umfang, in dem Mäzene die Hansestadt prägten, gibt es viele Beispiel: so etwa die erste Oper in Hamburg am Gänsemarkt. Sie wurde 1678 als erstes öffentliches Opernhaus in deutschen Landen von Kaufleuten und Bürgern ermöglicht.
Den Grundstock für die Hamburger Kunsthalle, die 1869 dank Spenden aus Bürgertum und Kaufmannschaft ihre Pforten öffnen konnte, stellte die Commerzdeputation. Sie hatte dem Hamburger Kunstverein einige Jahre zuvor in den Börsenarkaden Räume für eine Bildergalerie abgetreten.
Als Bollwerk gegen den schlechten Geschmack wurde 1900 das Deutsche Schauspielhaus in Form einer Aktiengesellschaft gegründet von 84 Kaufleuten und Bürgern. Ebenfalls zu Beginn des 20. Jahrhunderts verfügte der Hamburger Reeder Carl Laeisz in seinem Testament die Erbauung einer Musikhalle, und seine Nachfahren stellten den immensen Betrag von zwei Millionen Mark für den im Sommer 1908 eingeweihten Bau der Architekten Haller und Meerwein.
Wir sind sehr dankbar, dass sich diese Tradition dank einer einzigartigen Spenden- und Förderbereitschaft bis heute fortsetzt: Rund 40 Prozent der Hamburger Unternehmen fördern die Kultur der Hansestadt.
Beispiele dafür, wie sehr solche Initiativen auch heutzutage in unserer Stadt bewegen, finden sich zuhauf: Ich nenne nur als einige wenige prominente Beispiele das 2002 gegründete Bucerius Kunst Forum gleich hier neben dem Rathaus; viele von Ihnen werden dort eben beim Vorempfang gewesen sein. 1971 hatte der Verleger und Hamburger Ehrenbürger Gerd Bucerius die Zeit-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius gegründet.
Auch der Hamburger Unternehmer und Ehrenbürger Kurt A. Körber förderte nach dem Krieg zunächst den Wiederaufbau des Thalia Theaters und der Hamburgischen Staatsoper, und die Alfred Toepfer Stiftung unterstützt heute vor allem junge Kulturschaffende.
Helmut und Hannelore Greve haben unter anderem die Hochschule für Musik und Theater immer wieder in großem Umfang bedacht, so wie die Hermann Reemtsma Stiftung ein langjähriger und substanzieller Förderer im Denkmalschutz und beim Erwerb von Kunstgegenständen ist.
Besonders erwähnen möchte ich an dieser Stelle natürlich Hamburgs jüngsten Ehrenbürger Michael Otto, der als stellvertretender Vorsitzender im Kulturkreis des BDI Hauptsponsor und Gastgeber der diesjährigen Jahrestagung ist.
Er ist so etwas wie ein Multimäzen und zeigt in vielen Bereichen großes Engagement in Hamburg: als großzügiger Unterstützer der Elbphilharmonie, der staatlichen Jugendmusikschule, der Young ClassX, des Museums für Hamburgische Geschichte und der Hamburger Kunsthalle.
Um privates kulturelles Engagement angemessen zu würdigen, fördert die Stadt gemeinnütziges Wirken auf unterschiedliche Weise und initiiert unter anderem zahlreiche Veranstaltungen, Auszeichnungen und Preise. Die Handelskammer Hamburg und die vom Senat gegründete Hamburgische Kulturstiftung zum Beispiel haben 1999 den KulturMerkur ins Leben gerufen. Seither werden jedes Jahr ein kleines und ein großes Hamburger Unternehmen ausgezeichnet, die in besonderer und nachahmenswerter Weise Kunst und Kultur fördern, darunter Firmen wie British American Tobacco, die Beiersdorf AG oder der Zeitverlag Gerd Bucerius.
Viele private und unternehmerische Förderer dürften sich zudem durch das liberale Stiftungsrecht der Freien und Hansestadt Hamburg ermuntert gesehen haben, ihr Mäzenatentum mit der Gründung einer Stiftung zu verstetigen. Kein Bundesland weist, gemessen an seiner Einwohnerzahl, eine höhere Dichte auf!
Ob als Stifter, Spender, Mäzene oder Sponsoren: Hamburgs Unternehmer, ja Deutschlands Unternehmer, haben seit jeher gesellschaftliche Verantwortung übernommen. Das Geheimnis des Erfolgs liegt dabei im kooperativen Verhältnis, im partnerschaftlichen Umgang von Staat und Privatinitiativen. Das funktioniert in Hamburg sehr gut. Und die Stifter haben verstanden, dass Stiftungen, die mit dauerhaften Belastungen der öffentlichen Haushalte verbunden sind, sich angesichts des Neuverschuldungsverbots zu Lasten anderer öffentlicher Aufgaben auswirken können.
Verantwortung übernehmen: Das ist nach eigenem Bekunden die Hauptmotivation für unternehmerische Kulturförderung, wie eine Studie des Kulturkreises aus dem Jahr 2009 belegt. Neun von zehn befragten Unternehmen nannten dies als wesentlichen Grund ihres Engagements.
Die Hamburger Wirtschaft ist aber nicht nur materieller Unterstützer des kulturellen Lebens unserer Stadt. Erst im vorigen Monat hat die Handelskammer ein Standpunktepapier zur Musikstadt Hamburg veröffentlicht, in dem sie Hamburgs Musikleben mit seinem vielfältigen Mix aus Klassik, Pop, Musicals und bedeutenden Festivals würdigt und wertvolle Denkanstöße für die Weiterentwicklung Hamburgs zur Musikstadt Nr. 1 in Deutschland gibt eine Initiative, die der Senat ausdrücklich begrüßt.
Eine direkte Anschauung von Hamburgs musikalischem Potenzial können all diejenigen unter Ihnen gewinnen, die morgen die Chance haben, die Baustelle der Elbphilharmonie zu besuchen. Deren Netto-Kosten für den Hamburger Steuerzahler betragen übrigens 789 Millionen Euro, trotz des getätigten und angekündigten Engagements privater Spender für Bau und Betrieb.
Alle anderen kommen wieder und besuchen ein Konzert in der Elbphilharmonie wer weiß, vielleicht sogar bei einem Konzert der heutigen Preisträger des Musikpreises.
Meine Damen und Herren,
Helmut Schmidt hat einmal zusammengefasst, woher das besondere Verantwortungsgefühl und die Förderbereitschaft in Hamburg rühren. Er sagte: Die Mischung von Urbanität und Liberalität, von Weitläufigkeit mit Stadt-Stolz, von kaufmännischem Rechnen mit der Verpflichtung gegen die eigene Stadt, von sozial gesonnenem Unternehmertum und selbstbewusster Arbeiterbewegung, diese Synthese aus Buddenbrook und Bebel, dieses Amalgam hat Hamburg und seinen Geist geprägt.
Sie alle, als Vertreter der Unternehmen, die gemeinnützig wirken und sich in besonderem Maße für Kunst und Kultur einsetzen, Sie prägen unsere Gesellschaft und ihren Geist.
Deshalb brauchen wir Sie für ein geistiges Klima, in dem Kunst und Kultur gut reifen können, für ein sauerstoffreiches Städteklima, kurz: für ein funktionierendes lebendiges kulturelles Leben.
Davon dürfen wir heute eine ausgiebige Kostprobe genießen.
Ich freue mich auf die Auftritte der heutigen Preisträgerinnen Elsa Dreisig und Menna Cazel Davies mit den Hamburger Symphonikern unter der Leitung von Martin Brauß und wünsche uns allen noch einen schönen Abend.
Vielen Dank.
Es gilt das gesprochene Wort.