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19.01.2010

In dieser Legislaturperiode müssen wir die Optionspflicht abschaffen

 

Rede in der Haushaltsdebatte des Deutschen Bundestages zum Etat des Innenministeriums

 

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, Sie haben über Zuwanderung und Integration als wichtige Aufgaben, die voranzubringen sind, gesprochen. Das ist ein Thema, das uns in dieser Debatte sicherlich wiederholt beschäftigen wird. Ich will ein paar Punkte ansprechen, die aus meiner Sicht eine große Rolle spielen sollten.

Infolge der meiner Meinung nach guten Reform des Staatsangehörigkeits- und Zuwanderungsrechts ist jetzt die Phase eingetreten, in der junge Leute für die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern oder diejenige, die sie aufgrund ihrer Geburt in Deutschland erworben haben, optieren müssen. Das ist eine Regelung, die kaum mit den Interessen dieser jungen Leute, aber auch nicht mit den Interessen der Bundesrepublik Deutschland an einer funktionierenden Integration übereinstimmt.

Die Regelung ist damals Gesetz geworden, weil nur so die Zustimmung zum Staatsangehörigkeitsrecht zu erhalten war. Das weiß jeder. Jeder wusste, dass das keine gute Lösung ist und dass man die Regelung zu gegebener Zeit ändern muss. Jetzt ist diese Zeit gekommen, und deshalb muss diese Legislaturperiode die Periode sein, in der wir die Optionspflicht abschaffen und dafür sorgen, dass endlich alle ihre Staatsangehörigkeit behalten können.

Wenn wir über Integration sprechen, dann darf das kein hohles Wort sein, das man wie eine Monstranz vor sich herträgt und denjenigen, die zu integrieren sind, vorhält. Wenn Integration immer nur ein Vorwurf ist und nicht etwas, was man tatsächlich ermöglicht, dann ist das
Bundesminister Dr. Thomas de Maizière zu wenig. Deshalb müssen wir auch etwas für diejenigen tun und denen helfen, die einen besonders schweren Zugang zu unserer Gesellschaft haben. Es geht zum Beispiel um diejenigen, die lange in Kettenduldung hier in Deutschland leben. Es hat für diese Menschen noch einmal eine Übergangsregelung der Innenministerkonferenz gegeben. Manche der Beteiligten haben hinterher erklärt, das sei das letzte Mal, wohl wissend, dass es keinesfalls das letzte Mal war, wenn es immer bei diesen verkrampften Lösungen bleibt. Es ist doch wichtiger, dass wir eine gesetzgeberische Botschaft aussenden, dass wir sagen, wie die Integration funktionieren kann, an welche Voraussetzungen wir sie knüpfen und wie wir es ermöglichen, dass jemand, der einen großen Integrationswillen besitzt, tatsächlich eine Chance auf einen gesicherten Aufenthalt in Deutschland bekommt. Deshalb sollten Sie einmal jenseits aller parteipolitischen Zuordnungen und vorschnellen Urteile sehr sorgfältig den Gesetzentwurf prüfen, den wir in den Deutschen Bundestag eingebracht haben und mit Ihnen diskutieren wollen.

Es geht darum, dafür zu sorgen, dass es eine dauerhafte Regelung gibt. Wir haben im Gesetzentwurf einen Vorschlag untergebracht, von dem ich gehört habe, dass der eine oder andere, der nicht der SPD oder den Oppositionsparteien angehört, ihn gut fand. Wir sollten sagen, dass diejenigen, die zum Beispiel durch einen Schulabschluss in Deutschland ihren Integrationswillen überaus deutlich gemacht haben, daraus einen Anspruch auf einen gesicherten Aufenthalt ableiten können. Ich glaube, das wäre das beste Integrationssignal, das wir in Deutschland aussenden können.

Da es um Integration und Integrationskurse geht, gestatten Sie mir diesen einen Hinweis: Besuchen Sie einmal die Integrationskurse, und zwar zum Ende der Laufzeit. Gehen Sie hin, wenn die Teilnehmer mit dem Kurs fast fertig sind und unterhalten Sie sich strikt auf Deutsch mit den Teilnehmenden. Wenn Sie das getan haben, dann kommen Sie wieder hierher zurück und wissen, dass die Kurse noch nicht ausreichen; denn das Niveau, das dort am Ende von Menschen erreicht werden kann, die aus ganz anderen Kulturkreisen kommen, ist noch nicht ausreichend für das, was wir hier politisch wollen. Es darf nie passieren, dass wir über Integration reden und dann Dinge tun, die im Ergebnis nicht zu Integration führen. Wir müssen mehr fördern. Für den Spracherwerb, der nötig ist, brauchen wir mehr Stunden, als wir heute ansetzen. Es muss im Ergebnis wirklich hinhauen.

Wenn wir über Innenpolitik reden, dann geht es auch um innere Sicherheit und um die Frage, was wir für das Funktionieren der inneren Sicherheit tun. Gerade die jüngsten Vorfälle haben uns gezeigt, dass niemand den Eindruck erwecken darf, alles sei in Ordnung. Der Terrorismus zum Beispiel, der internationale Terrorismus allemal, ist keineswegs eine Sache, über die man nicht mehr reden muss. Da besteht eine große Gefahr. Ich bin dagegen, dass wir den Eindruck erwecken, man könne innere Sicherheit nur durch guten Willen oder mit unzureichenden Mitteln herstellen. Das Wichtigste, um terroristische Aktivitäten und entsprechende Gewalttaten zu verhindern, ist eine gute Sicherheitsarchitektur und sind gut ausgebildete Polizistinnen und Polizisten. Die muss man bezahlen, egal wie man über den Haushalt reden mag.

Deshalb ist es auch so wichtig, dass wir immer sehr konsequent sind. Man kann nicht einmal eben 1 Milliarde Euro für Hoteliers ausgeben und im Zusammenhang mit der inneren Sicherheit sagen, man könne nicht genügend Polizisten zur Verfügung stellen. Das gefährdet jede Akzeptanz.

Ich will ausdrücklich sagen: Es ist ein großes Problem, dass die Stellen, die zum Beispiel bei der Bundespolizei zur Verfügung stehen sollten, keinesfalls alle besetzt sind etwa 1 000 Stellen sind unbesetzt und sich diese Entwicklung weiter zu verschärfen droht. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass genug Polizisten da sind. Es darf niemals passieren, dass wir über Gesetzesverschärfungen diskutieren und gleichzeitig immer weniger Polizisten haben. Das ist der falsche Weg.

Ich bin ein wenig irritiert, wenn zwar nicht hier in diesem Hause, aber unter den Landesministern und den Senatoren ich denke an meine Heimatstadt Hamburg diejenigen lauthals über Gesetze reden, die besonders erfolglos bei der Aufklärung von Straftaten gegen Polizisten sind. Ich jedenfalls habe mit großem Entsetzen zur Kenntnis genommen, dass in meiner direkten Nachbarschaft ein Anschlag auf eine Polizeiwache stattgefunden hat, der wie viele andere politische Straftaten in Hamburg seit Jahren unaufgeklärt ist. Gleichzeitig wird laut darüber geredet, was man gesetzgeberisch tun muss. Man muss dafür sorgen, dass die Polizei ihre Arbeit machen kann. Das ist die wichtigste Aufgabe. Sie hat auch etwas mit Stellen zu tun.

Aus meiner Sicht gilt das im Übrigen auch im Zusammenhang mit dem Einsatz von Scannern. Ich fand die Äußerungen des Ministers sehr wohltuend; das will ich ausdrücklich sagen. Aber muss es wirklich immer so sein, dass sich im Dezember die üblichen Verdächtigen, die gerne für Interviews und Fernsehauftritte zur Verfügung stehen, zu Wort melden und sagen: Da muss schnellstmöglich, am besten morgen früh, der Nacktscanner her? Informiert man sich über diese Technik, erfährt man, dass wohl erst 2011, wenn die zweite oder dritte Generation dieser Geräte existiert, ein solcher Scanner eingesetzt werden kann. Ich glaube, man hat in dieser Frage den falschen Weg eingeschlagen. Damit erzeugt man kein Sicherheitsbewusstsein in der Bevölkerung, sondern nur berechtigte Irritation.

Hierbei wird über die Durchführung von Kontrollen entschieden. Wenn es zum Einsatz solcher Geräte käme, müssten wir darüber auch hier in diesem Parlament diskutieren. Dazu sollten wir uns alle verpflichten. Wir sollten wenigstens einen Beschluss fassen, jenseits der Frage, ob es eine gesetzgeberische Notwendigkeit dazu gibt. Eines wünsche ich mir: Wenn es so ist, dass man eine solche Technik einsetzen möchte, dann müssen alle, die dafür stimmen, egal welcher Fraktion und Partei sie angehören, bereit sein, einmal durch einen solchen Scanner zu gehen und das, was dabei herauskommt, ein Foto, ins Internet zu stellen und damit öffentlich zu machen.