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01.06.2017

Interview mit der Mitgliederzeitung "ver.di Publik"

 

"ver.di Publik": Herr Scholz, befristete Jobs bedeuten für die so Beschäftigten oft Unsicherheiten im Leben und am Arbeitsplatz. Stehen diese Beschäftigungsformen in Hamburg und bundesweit nicht konträr zu einem Fachkräftemangel und einem nachhaltigen Personalaufbau in Wirtschaft und Verwaltung?


Olaf Scholz: Ja, so sehe ich das auch. Das befristete Arbeitsverhältnis darf in einer funktionierenden Verwaltung oder in einem funktionierenden Betrieb nicht der Regelfall sein. Qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wollen unbefristete Arbeitsverträge.


"ver.di Publik": Ungefähr jeder zehnte Hamburger arbeitet laut Statistikamt Nord in einem befristeten Arbeitsverhältnis. Der Senat hat für die Hansestadt eine restriktive Befristungspraxis beschlossen. Was soll sich in Hamburg ändern?

Olaf Scholz: Bei der Stadt sind es viel weniger. Aber das ist kein Grund, die Dinge zu lassen wie sie sind. Die Freie und Hansestadt Hamburg als größter Arbeitgeber der Stadt möchte ein deutliches Zeichen setzen, dass das unbefristete Arbeitsverhältnis für unsere Beschäftigen der Regelfall sein soll. Wenn ein Arbeitsverhältnis befristet wird, muss dafür ein sachlicher Grund vorliegen.  Und das ist nur sehr selten wirklich der Fall. Die Zahl der befristet beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wird weiter zurückgehen.
 
"ver.di Publik": In einer Anweisung zur Einschränkung von Befristungen spricht das Personalamt vom Einflussbereich der Freien- und Hansestadt Hamburg. An welche Unternehmen wendet sich das Schreiben, neben der Kernverwaltung im Öffentlichen Dienst? Sind die Tochterunternehmen von öffentlichen Unternehmen oder beispielsweise Kitas auch in die Regelungen eingeschlossen?

Olaf Scholz: Die Regelung des Personalamtes über den Abschluss von Zeitverträgen gilt für alle Neueinstellungen in der Kernverwaltung,  also in den Behörden, Ämtern und Landesbetrieben. Die zuständige Senatskommission bereitet derzeit eine vergleichbare Regelung für öffentlichen Unternehmen und deren Tochtergesellschaften vor. So sind wir 2012 auch bei der Neuregelung der Beschäftigung von Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeitnehmern vorgegangen. Damals ging es um den Grundsatz equal pay. Außerdem wurde die Leiharbeit in der Verwaltung und in den öffentlichen Unternehmen deutlich reduziert. Beschäftigte der Freien und Hansestadt Hamburg sollen grundsätzlich auch bei der Stadt angestellt sein, und zwar im Regelfall unbefristet.

"ver.di Publik": SPD, LINKE und GRÜNE haben aktuell erklärt sachgrundlose Befristungen durch eine Änderung des Teilzeit- und Befristungsgesetz abschaffen zu wollen. Sehen Sie in der Hamburger Initiative den Auftakt für eine solche Änderung? 

Olaf Scholz: Die sachgrundlose Beschäftigung muss abgeschafft werden. Ich halte eine solche Gesetzesänderung für dringend geboten.

 

Das Interview erschien in der Ausgabe 4/2017 der ver.di Mitgliederzeitung.