Mopo: Die beiden Kirchen haben eine Erhöhung des Regelsatzes auf über 400 Euro gefordert. Ist das begründet?

Scholz: Klar ist, dass auf der Basis der zuletzt durchgeführten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe und bei Beachtung der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts eine Erhöhung der Regelsätze zwingend ist. Die Bundesregierung muss jetzt die Berechnungen offenlegen. Dann ergeben sich konkrete Werte. Dann kann auch festgestellt werden, ob die Regierung die verfassungsrechtlichen Vorgaben einhält oder sich vorbeimogeln will.  

Kann die SPD bei den Überlegungen in Richtung Bildungs- und Sportgutscheine für Kinder aus Hartz-IV-Familien teilweise mitgehen?

Wir wissen nicht, ob Union und FDP tatsächlich Gutscheine vorschlagen werden. Die Gefahr ist groß, dass damit vor allem eine große Bürokratie, erheblicher zusätzlicher Personalbedarf in den Job-Centern und eine Bevormundung von Leistungsempfängern verbunden sind. Deshalb werden wir die Vorschläge der Bundesregierung sehr kritisch prüfen.

Es ist eine hitzige Debatte darüber entbrannt, ob die Hartz-IV-Sätze steigen dürfen, während die Rentner Nullrunden drehen ...

Man darf nicht die einen gegen die anderen ausspielen. Trotzdem sollte sich niemand wundern, dass Skepsis aufkommt, wenn die Regelsätze steigen, aber die Renten nicht oder kaum. Da die Renten den Löhnen folgen, brauchen wir für bessere Renten vor allem eine ordentliche Lohnentwicklung.  

Was muss passieren, damit das Lohnabstandsgebot gewahrt bleibt?

Nicht zu hohe Regelsätze für Arbeitsuchende sind das Problem, sondern zu geringe Löhne. Deshalb brauchen wir einen ordentlichen, flächendeckenden Mindestlohn. Da kommt die Regierung aber nicht voran. Das ist nicht in Ordnung.  

Interview: Dierk Rohwedder

Das Interview finden sie auch unter www.mopo.de