taz: Freuen Sie sich, Herr Scholz, auf die Neuwahlen, die der Bundespräsident jetzt erlaubt hat?
Olaf Scholz: Aber ja. jeder weiß, dass der Wahlkampf schon längst begonnen hat, nun fängt er auch offiziell an. Es geht Jetzt um Alternativen: Um unseren Weg, den Sozialstaat zu modernisieren, gegen den von CDU und FDP ihn zumindest teilweise abzuschaffen. Das kann man jetzt im politischen Wettbewerb diskutieren und sich darüber streiten. und dann entscheiden die WählerInnen.
Große Aussichten, weiter zu regieren, hat die SPD aber zurzeit nicht. War der Entschluss, Neuwahlen herbeizuführen, ein polittaktischer Fehler?
Wir starten sicher nicht als Favoriten in diesen Wahlkampf, aber das heißt nicht, dass wir nicht gewinnen. Es ist besser, die politische Auseinandersetzung zu suchen, als eine anderthalbjährige Hängepartie zu veranstalten, in der niemand die wichtigen Entscheidungen trifft. Ich glaube, dass Deutschland eine Perspektive als Sozialstaat hat, wenn man rechtzeitig die richtigen Reformen auf den Weg bringt.
Diese Reformen scheinen aber eher ein erfolgreiches Programm zur Vertreibung von Parteimitgliedern und WählerInnen zu sein.
Politik ist nicht zuerst Wahltaktik, sondern zu tun, was man richtig findet. Ich bin weiterhin der Überzeugung. dass die schwierigen Reformen, die wir angepackt haben, die Voraussetzung dafür sind, dass der Sozialstaat weiter funktionieren kann. Mutige Politiker werben für das, wovon sie überzeugt sind ...
Mit richtiger Politik in die Opposition?
Wir wollen regieren.
Es gibt jetzt eine neue politische Kraft, die Linkspartei, entstanden wesentlich aus Enttäuschung über die Reformen, die Sie so vehement verteidigen. Ein Gegner, den die rot-grüne Regierungspolitik erst entstehen ließ.
Wer etwas anderes will, hat in der Demokratie selbstverständlich das Recht, sich zusammenzuschließen. Wir werden die ehrliche politische Auseinandersetzung mit dieser Partei führen. Im Wahlkampf wird sich zeigen, dass sie keine wirkliche und umsetzbare Alternative zu unserer Politik zu bieten hat...
Das klingt so, als ob sie die Linkspartei auf die leichte Schulter nehmen.
Keineswegs. Unsere Hauptkonkurrenten aber, mit denen wir uns im Wesentlichen auseinander setzen, sind die Union und die FDP.
Bundesweit und in der Kanzlerfrage - aber auch in Hamburg und für Sie persönlich im Wahlkreis Altona?
Ich sehe das genau so. Schwarz-Gelb ist die politische Alternative zu Rot-Grün, die zur Wahl steht.
Wenn sich der Rauch des Wahlkampfes verzogen hat, ist dann eine Koalition mit der Linkspartei denkbar, um Schwarz-Gelb zu verhindern?
Nein. Ich sehe nicht, wo die inhaltlichen Einigungsmöglichkeiten liegen. Außerdem wollen die ja gar nicht regieren und Verantwortung übernehmen, sondern Opposition machen. Das ist nicht wirklich konstruktiv.
Im Zweifel also Große Koalition aus CDU/CSU und SPD?
Wir Sozialdemokraten kämpfen, um zu gewinnen, und damit Gerhard Schröder Bundeskanzler bleibt.
Womit will die SPD denn gewinnen? Hat sie noch andere Themen als das wenig populäre Hartz IV?
Ein wichtiges Thema ist weiterhin die internationale Politik. Kaum jemand wird vergessen haben, dass CDU und CSU Deutschland an der Seite der USA in den Irakkrieg schicken wollten. Zudem gibt es die Fragen des sicheren und liberalen Zusammenlebens in dieser Gesellschaft, die Umweltbelange und die Bildungs- und Familienpolitik. Da haben wir richtige Wege eingeschlagen, aber noch nicht alle Probleme gelöst. Das wollen wir gerne tun mit einer aufgeschlossenen Regierung und einer stabilen Mehrheit im Parlament.
Am 3. August kommt Gerhard Schröder in Ihren Wahlkreis Altona. Für Sie, HerrScholz, Fluch oder Segen?
Ein Freundschaftsdienst des Bundeskanzlers, über den ich mich sehr freue.
Das Intervier führte Sven-Michael Veit.