arrow-left arrow-right nav-arrow Login close contrast download easy-language Facebook Instagram Telegram logo-spe-klein Mail Menue Minus Plus print Search Sound target-blank X YouTube
Inhaltsbereich

Detail

30.06.2005

Rede im Deutschen Bundestag am 30.Juni 2005 - 2./3. Lesung Offenlegung von Managergehältern

Olaf Scholz (SPD):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zunächst einmal möchte ich dem Bundeskanzler meinen Dank aussprechen;

(Hartmut Schauerte (CDU/CSU): Wofür?)

denn es wird uns die Möglichkeit eröffnet, bald eine Neuwahl durchzuführen. Offenbar fördert das die Gedankenbildung. Dabei entstehen Situationen, in denen Vorhaben, die sonst nicht zustande gekommen wären, plötzlich zustande kommen.

(Beifall bei der SPD)

Der Gesetzentwurf, über den wir heute reden, ist ein solches Vorhaben.

Es wurde schon lange darüber diskutiert, die Vorstandsvergütungen offen zu legen. Immer wieder wird von allen die Offenlegung gefordert, aber wenn es darum geht, diese Forderung handfest zu machen, also in Form von Gesetzen zu gießen, denen man nicht ausweichen kann, wird es schwierig. Insofern bin ich sehr froh, dass die Tatsache, dass man wahrscheinlich in wenigen Wochen von den Wählerinnen und Wählern gefragt wird, welche Einstellung man zu diesem Vorhaben hat, nun dazu führt, dass die Ankündigungen umgesetzt werden.

Ich möchte eine zweite Vorbemerkung machen; sie hat etwas mit einem anderen Gesetzentwurf zu tun, über den wir heute diskutieren. Dabei geht es um die Transparenz von Einkünften von Bundestagabgeordneten, es geht um Nebentätigkeiten, die wir offen legen sollen. Es war zwar nicht geplant, aber es ist doch ein ganz kluger Zufall, dass wir heute über beide Gesetzentwürfe beraten; denn damit ist das Argument des einen oder anderen, der meint, die Vorstandsvergütungen müssten transparent sein und öffentlich gemacht werden, die Einkünfte der Bundestagsabgeordneten jedoch nicht, abgeschnitten. Für die Fraktionen von SPD und Grünen, die diesen Gesetzentwurf unterstützen werden, ist das jedenfalls so.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Darum, meine Damen und Herren, ist heute ein guter Tag.

(Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU): Sie können nur eindimensional denken! Deswegen sind Sie ja auch abgetreten worden!)

Wir tun etwas für die Transparenz der Vorstände und wir tun etwas für die Transparenz der Abgeordneten.

(Dr. Peter Ramsauer (CDU/CSU): Wer solches Zeug redet, taugt auch nicht zum SPD-Generalsekretär!)
Das passt gut zusammen.

Nun zum Inhalt des Gesetzentwurfes. Wir haben gesagt: Wenn es die deutsche Wirtschaft von sich aus schafft, eine Offenlegung von Vorstandsvergütungen zustande zu bringen, dann ist das gut. Hier haben wir uns im Einklang mit den Vorschlägen befunden, die die Cromme-Kommission gemacht hat. Aber wir haben auch gesagt: Wir warten ab, welchen Erfolg diese Freiwilligkeitsoffensive haben wird.

In diesem Jahr wurde uns ein Bericht vorgelegt, in dem wir erfahren mussten, dass Aktiengesellschaften, die an Börsen notiert sind, doch nicht in ausreichendem Maße zu dieser Transparenz der Vergütungen ihrer Vorstände gekommen sind. Nun musste man sich entscheiden, wie man mit dieser Situation umgeht. Daher wurde, nachdem uns dieser Bericht vorlag, sofort ein Vorschlag erarbeitet, darum gibt es diesen Gesetzentwurf von SPD und Grünen, und darum glaube ich, dass dieser Gesetzentwurf, den wir heute verabschieden, gut ist.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es geht das will ich ausdrücklich sagen nicht um die Befriedigung irgendeiner nicht berechtigten Neugier, die darin bestehen würde, dass man immer schon einmal in irgendeiner Zeitung lesen wollte, welches Vorstandsmitglied wie viel verdient. Das ist zwar interessant, aber dafür ist der Deutsche Bundestag nicht zuständig. Das herauszufinden ist eine journalistische Aufgabe. Dabei müssen wir nicht gesetzgeberisch nachhelfen.

Vielmehr geht es darum, einen Weg zu finden, wie die Aktionäre von Unternehmen und diejenigen, die sich für Aktiengesellschaften interessieren und sich an ihnen beteiligen wollen sei es mit einer Aktie oder mit sehr vielen Aktien , etwas darüber erfahren, wie die Vorstände der Aktiengesellschaften in Deutschland finanziell ausgestattet sind.

Diese Frage das muss man ganz nüchtern sagen ist heute eine andere als in früheren Jahren. Wir wissen ja, in welchem Ausmaß die Gehälter von Fußballspielern gestiegen sind und welch hohe Ablösesummen in diesem Bereich gezahlt werden. Wenn man diese Summen auf die Verzinsung einer Kapitalanlage überträgt, kommen dabei, wenn man das umrechnet, ganz ordentliche mittelständische Unternehmen heraus. Einige Vorstandseinkommen bewegen sich in einer Größenordnung, die sich manch hart arbeitender Unternehmer mit vielen Mitarbeitern ganz ernsthaft als Dividende seines Unternehmens wünschen würde; aber eine solch hohe Summe wird er niemals erreichen.

(Dr. Uwe Küster (SPD): Ja, richtig!)

Angesichts dessen ist es von zentraler wirtschaftlicher Bedeutung, die Höhe der Gehälter, die gezahlt werden, zu erfahren. Daher ist es im Interesse des Wirtschaftsplatzes Bundesrepublik Deutschland, dass die Vorstandsgehälter offen gelegt werden.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das geschieht durch dieses Gesetz. Es geschieht auf eine so charmante und gesetzgeberisch kluge Weise, dass niemand etwas dagegen haben konnte. Das ist der Grund dafür, dass es letztendlich zu einer solch breiten Unterstützung gekommen ist, und das ist wohl auch der Grund dafür das will ich lobend sagen , dass die CDU/CSU die FDP allerdings nicht gesagt hat, dass sie unseren Gesetzentwurf unterstützt.

(Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die FDP ist ja auch die Klientel-Partei!)

Wir haben folgende Opting-Out-Lösung in unseren Gesetzentwurf aufgenommen: Wenn die Aktionäre, für die wir das machen, mit Dreiviertelmehrheit für fünf Jahre beschließen, dass sie die Höhe der Gehälter ihrer Vorstandsmitglieder nicht erfahren wollen, dann soll man sie daran nicht hindern. Weil das so ist, kann man jedem, der meint, hier gebe es verfassungsrechtliche Bedenken, sagen: Das ist nicht so. Es gibt keine verfassungsrechtlichen Bedenken; denn diejenigen, um die es geht, können selbst entscheiden und zu einer anderen Lösung kommen.

Auch ist dann jedem das Argument abgeschnitten, der sagt, hier gehe es um die Befriedigung unberechtigter Neugier; denn derjenige, der das alles schon weiß bzw. gar nicht genauer wissen will, kann eine andere Entscheidung treffen. Darum glaube ich, dass dieser Gesetzentwurf, den wir heute verabschieden, gut ist. Dieses Gesetz wird lange Zeit Bestand haben. Dadurch werden die Bundesrepublik Deutschland und ihre Aktiengesellschaften an die Transparenz moderner Aktienmärkte in anderen Ländern anschließen. Wir holen jetzt das nach, was anderswo schon existiert, und zwar unter einer modernen rot-grünen Regierung.
  
Schönen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)