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02.11.2014

Interview mit der "Welt am Sonntag"

 

Welt am Sonntag: Der Deutsche Olympische Sportbund will die Sommerspiele 2024 ins eigene Land holen, genauer: nach Hamburg oder nach Berlin. Was spricht für die Hansestadt und gegen die Hauptstadt?

 

Olaf Scholz: Ich gehöre nicht zu denjenigen, die schlecht über andere reden, schon gar nicht über die von uns geschätzte Stadt Berlin. Wir haben für Hamburg ein Konzept vorgelegt, das aufbaut auf unsere Tradition als unabhängige Stadtrepublik. Hamburg kann kompakte Spiele anbieten, die in ganz kurzer Entfernung zur Innenstadt fast alle wichtigen sportlichen Ereignisse realisierbar machen. Das ist etwas Besonderes. Wir wollen keine überdimensionierten Spiele. Wir kommen ohne die Großmannsideen aus, die hinter manchem Projekt stehen, das dann aus dem Ruder gelaufen ist. Wir werden keine Stadien bauen, die nachher als weiße Elefanten in der Landschaft stehen.


Welt am Sonntag: Ist es einfacher, Olympische Spiele auszurichten als ein Konzerthaus zu bauen oder einen Flughafen?


Olaf Scholz: Ich verstehe etwas vom Bau eines Konzerthauses. Und als Bürgermeister habe ich mit harten Verhandlungen dafür gesorgt, dass auf der Baustelle der Elbphilharmonie wieder gebaut wird. Wir liegen leicht vor dem Zeitplan und werden das Konzerthaus 2016 fertigstellen.


Welt am Sonntag: Dann kann ja auch bei den Spielen nichts schiefgehen.

 

Olaf Scholz: Ich erlaube mir den Hinweis: Meine Regierung hat von Vorgängersenaten zu verantwortende Fehlentwicklungen bei der Elbphilharmonie nicht nur korrigiert. Wir haben sie auch zum Anlass genommen, das öffentliche Bauen in Hamburg komplett neu zu organisieren. Projekte werden erst genehmigt, wenn sie eine bestimmte Planungstiefe erreicht haben. Denn erst dann ist die Kostenentwicklung abzusehen. Ganz klar: Es ist bei großen Projekten klug, viel Geld für die Planung auszugeben, bevor man überhaupt entscheidet, ob man dann auch baut.


Welt am Sonntag: Was kostet Olympia den Steuerzahler?


Olaf Scholz: Um die Ausrichtung der Spiele bewirbt sich die Bundesrepublik. Es geht darum, dass wir den Aufwand überschaubar halten und nicht in Größenwahn verfallen. Berlin und Hamburg haben fast identische Kalkulationen für die Sportstätten. In beiden Fällen sind es Investitionen von knapp über zwei Milliarden Euro. Das ist die Grundlage. Dazu kommen weitere Ausgaben, zum Beispiel für die Sicherheit.


Welt am Sonntag: Eine Bewerbung Münchens für die Winterspiele 2022 ist am Votum der Bürger gescheitert. Können Sie ein solches Fiasko für Hamburg ausschließen?


Olaf Scholz: Ich bin ganz sicher, dass die Hamburgerinnen und Hamburger sich mehrheitlich für die Ausrichtung der Olympischen Spiele entscheiden würden. Wir wollen in Hamburg ein Referendum abhalten und zwar gleich am Anfang des Prozesses. Transparenz ist dabei unverzichtbar, wenn wir das Vertrauen und die Zustimmung der Bürgerinnen und Bürger gewinnen wollen. Wir werden deshalb alles Mögliche offenlegen und zum Beispiel mit Transparency International zusammenarbeiten.


Welt am Sonntag: Olympia wäre auch ein Fest für Krawallmacher. Hamburg könnte ganzjährig Szenen erleben wie sonst am 1. Mai...


Olaf Scholz: Dafür spricht nichts.


Welt am Sonntag: Auf deutschen Straßen ziehen neuerdings Hooligans und Neonazis gegen Islamisten zu Felde. Sehen Sie die Gefahr, dass unsere Großstädte mehr und mehr zu Schlachtfeldern werden?


Olaf Scholz: Die Polizei ist stark genug, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten. Niemand kann verhindern, dass es Typen gibt, die absurde Gedanken und Pläne umtreiben. Aber der Rechtsstaat lässt sich davon nicht beeindrucken. Wir werden alle Möglichkeiten nutzen, um dagegenzuhalten. Die Versammlungsbehörden prüfen auch immer, ob es Anhaltspunkte gibt, die ein Verbot solcher Demonstrationen rechtfertigen.


Welt am Sonntag: Überwacht der Verfassungsschutz der Hansestadt auch Hooligans?


Olaf Scholz: Ich werde Ihnen keine Auskunft über Einzelmaßnahmen des Hamburger Verfassungsschutzes geben. Nur so viel: Der Verfassungsschutz beobachtet immer alle, die durch ihr Verhalten Anlass dazu geben.


Welt am Sonntag: Sind Ihnen Hooligans in den vergangenen Jahren als politisch motiviert aufgefallen?


Olaf Scholz: Es gibt Kontakte zwischen Teilen der Hooligan-Szene und Rechtsradikalen, die beobachtet worden sind.


Welt am Sonntag: Welchen Umgang mit gefährlichen Islamisten empfehlen Sie?


Olaf Scholz: Ich empfehle einen Umgang, der der Situation angemessen und nicht hysterisch ist. Wir müssen  diejenigen, die in unserem Land aufgewachsen sind, daran hindern, in Syrien oder dem Irak auf der Seite des IS zu kämpfen. Ich bin dafür, das Instrument des Ausreiseverbots zu stärken. Man kann aber nicht alle über einen Kamm scheren. Bei manchen Islamisten ist eine Abschiebung das richtige, bei anderen ein Ausreiseverbot. Die Länder haben auch Möglichkeiten der Prävention. In Hamburg geben wir über eine Million Euro aus, um zu helfen, bevor etwas Schlimmes passiert. Eltern zum Beispiel sollen in die Lage versetzt werden, eine Radikalisierung ihrer Kinder schneller zu erkennen. Und sie sollen wissen, an wen sie sich dann wenden können.


Welt am Sonntag: Wer wird denn die Hansestadt regieren, wenn 2024 Olympia kommt? 


Olaf Scholz: Ich wäre dann noch knapp vor der Rentengrenze.


Welt am Sonntag: Trotz Rente mit 63?


Olaf Scholz: Mir hat die Rentenversicherung geschrieben, dass ich bis 66 arbeiten soll. Ich könnte aber auch noch länger.


Welt am Sonntag: Im Februar haben Sie Bürgerschaftswahl. Wer wäre Ihr liebster Koalitionspartner?


Olaf Scholz: Es gilt, was ich vor der letzten Bürgerschaftswahl gesagt habe: Ich wünsche mir ein starkes Mandat für die SPD. Und falls es nicht reicht, allein zu regieren, fragen wir als erstes die Grünen. Bei der letzten Wahl haben die Wahlberechtigten daraus den Schluss gezogen, der SPD ein so starkes Mandat zu erteilen, dass sie keinen Koalitionspartner braucht.

 

Welt am Sonntag: Die FDP haben Sie abgeschrieben?

 

Olaf Scholz: Es spricht wenig dafür, dass der FDP der Sprung in die Bürgerschaft gelingen könnte. In den Umfragen bewegt sich die Partei auf Bundesebene deutlich unterhalb der Fünf-Prozent-Marke. Und in Hamburg haben die Liberalen auch Probleme untereinander, um es zurückhaltend zu formulieren.

 

Welt am Sonntag: Wie schätzen Sie die Linkspartei ein?

 

Olaf Scholz: In Hamburg stellt sich die Frage nach einer Regierungsbeteiligung jedenfalls nicht.

 

Welt am Sonntag: Und warum nicht?

 

Olaf Scholz: Das passt nicht.

 

Welt am Sonntag: In Thüringen möchte die SPD den Linkspolitiker Ramelow zum Ministerpräsidenten wählen.

 

Olaf Scholz: Das Wahlergebnis hat es nicht ermöglicht, dass die SPD die Regierung in Thüringen führen kann. Alles Weitere wird vor Ort entschieden.

 

Welt am Sonntag: Die Bürger muss es irritieren, wenn die SPD mal Frau Merkel, mal Herrn Kretschmann und mal Herrn Ramelow zum Regierungschef wählt. Wozu dann noch SPD?

 

Olaf Scholz: Ich habe das Gefühl, die meisten Hamburger finden es gut, wenn der nächste Bürgermeister wieder Olaf Scholz heißt.

 

Welt am Sonntag: Die Bundespartei kann von Ihnen lernen, wollen Sie sagen.

 

Olaf Scholz: Dagegen sprechen das Hamburgische Understatement und die hanseatische Tradition.

 

Welt am Sonntag: Bleiben Sie bei Ihrer Einschätzung, dass die Linke auf Bundesebene über 2017 hinaus nicht regierungsfähig sein wird?

 

Olaf Scholz: Alles, was wir von der der Partei Die Linke hören, spricht nicht dafür, dass sie sich nach der nächsten Wahl an einer Bundesregierung beteiligen kann.

 

Welt am Sonntag: Sieht das Parteichef Gabriel genauso?

 

Olaf Scholz: Sigmar Gabriel spricht für sich selber. Und da äußert er sich ähnlich wie ich. Die Partei Die Linke vertritt Positionen, die eine gemeinsame Regierung auf Bundesebene nicht ermöglichen. Meine Einschätzung ist, dass es nach der nächsten Bundestagswahl einen sozialdemokratischen Kanzler gibt - und zwar deshalb, weil die SPD stärker wird als die CDU.

 

Welt am Sonntag: Die SPD liegt im Bund bei 25 Prozent, auf dem Niveau ihres schwachen Ergebnisses bei der Wahl vor gut einem Jahr.

 

Olaf Scholz: Unser Ehrgeiz muss sein, 2017 deutlich besser abzuschneiden. Die SPD muss geduldig bleiben. Wir können das ganze Land führen.

 

Welt am Sonntag: Mit wem an der Spitze?

 

Olaf Scholz: Ach, Sie haben Probleme…

 

Welt am Sonntag: Es sind nicht unsere.

 

Olaf Scholz: Wir haben einen Parteivorsitzenden, der Vizekanzler ist und die Sache gut macht.

 

Welt am Sonntag: Steht Gabriel für Kompetenz und Stetigkeit?

 

Olaf Scholz: Ich könnte es nicht besser ausdrücken.

 

Das Interview führten Jochen Gaugele und Daniel Friedrich Sturm.